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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 15.07.1994
Aktenzeichen: T-281/93
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 178
EWG-Vertrag Art. 215 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES PRAESIDENTEN DES GERICHTS ERSTER INSTANZ VOM 15. JULI 1994. - FINBARR WALSH GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN UNION UND KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - STREICHUNG. - RECHTSSACHE T-281/93 UND 102 ANDERE.

Entscheidungsgründe:

1 Mit Klageschriften, die zwischen dem 23. Februar und dem 26. April 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, haben Finbarr Walsh und die anderen im Anhang zu diesem Beschluß aufgeführten Kläger gemäß Artikel 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag gegen den Rat und die Kommission Klage auf Ersatz des Schadens erhoben, der ihnen angeblich durch die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) entstanden ist, soweit diese Verordnung keine Zuteilung einer repräsentativen Referenzmenge an die Erzeuger vorsah, die sich gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L 131, S. 1) verpflichtet hatten, für einen begrenzten Zeitraum keine Milch zu erzeugen.

2 Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofes vom 23. April 1993 ist das Verfahren in diesen Rechtssachen bis zum 19. Mai 1993 ausgesetzt worden. Mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofes vom 14. September 1993 ist das Verfahren bis zur Verkündung des Urteils in den verbundenen Rechtssachen C-104/89 (Mulder u. a./Rat und Kommission) und C-37/90 (Heinemann/Rat und Kommission) ausgesetzt worden.

3 Mit Beschlüssen vom 27. September 1993 hat der Gerichtshof gemäß Artikel 47 des Protokolls über die EWG-Satzung des Gerichtshofes die Rechtssachen gemäß Artikel 3 des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 319, S. 1) in der Fassung des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 (ABl. L 144, S. 1) an das Gericht verwiesen.

4 Die Kläger sind auch Kläger in der Rechtssache T-541/93 (McCutcheon u. a./Rat), in der sie die Nichtigerklärung der Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 des Rates vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren (ABl. L 196, S. 6), beantragt haben. Ausserdem waren sie Antragsteller in der Rechtssache T-541/93 R, in der sie die Aussetzung des Vollzugs dieser Verordnung beantragt hatten. Dieser Antrag auf Aussetzung wurde mit Beschluß des Präsidenten des Gerichts vom 1. Februar 1994 in den Rechtssachen T-278/93 R und T-555/93 R, T-280/93 R und T-541/93 R (Jones u. a./Kommission, Slg. 1994, II-11) zurückgewiesen.

5 Mit Schriftsätzen, die zwischen dem 25. Februar und dem 18. April 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Kläger ihre Klagen in den genannten Rechtssachen zurückgenommen.

Gemäß Artikel 87 § 5 Absatz 1 Satz 1 der Verfahrensordnung wird die Partei, die die Klage zurücknimmt, auf Antrag der Gegenpartei zur Tragung der Kosten verurteilt. Im vorliegenden Fall beantragen die Kläger jedoch, Artikel 87 § 5 Absatz 1 Satz 2 der Verfahrensordnung anzuwenden, wonach die Kosten der Gegenpartei auferlegt werden können, wenn dies wegen des Verhaltens dieser Partei gerechtfertigt erscheint.

6 Der Rat und die Kommission haben sich in ihren Schriftsätzen, die am 10. und am 11. Mai 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, dem Kostenantrag der Kläger widersetzt.

7 Die Kläger machen zur Begründung ihres Antrags drei Hauptargumente geltend:

Erstens seien die beklagten Organe für die Häufung der Rechtsstreitigkeiten im Bereich der Milchquoten verantwortlich, da sie sich in der Mitteilung vom 5. August 1992 (ABl. C 198, S. 4) und in der Verordnung Nr. 2187/93 gegenüber Erzeugern in einer ähnlichen Lage wie die Kläger auf Verjährung berufen hätten. Infolge dieser Haltung werde den Klägern für einen Teil der ihnen ihrer Ansicht nach entstandenen Schäden der Entschädigungsanspruch genommen.

Zweitens müsse die Kommission, die sich in ihrer Verordnung (EWG) Nr. 2648/93 vom 28. September 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 (ABl. L 243, S. 1) zu einer pauschalen Erstattung der Honorarrechnungen derjenigen Anwälte der Milcherzeuger bereit erklärt habe, die vor der Mitteilung vom 5. August 1992 tätig geworden seien, auch die nach dem 5. August 1992 angefallenen Anwaltskosten entsprechend übernehmen, weil die Einschaltung dieser Anwälte sich als notwendig erwiesen habe, um die Lage der Erzeuger zu verbessern.

Drittens ergebe sich aus dem genannten Beschluß Jones u. a./Rat und Kommission, insbesondere aus dessen Randnummer 52, daß den Klägern für den Fall, daß die in den Verfahren zur Hauptsache angefochtenen Vorschriften der Verordnung Nr. 2187/93 für rechtswidrig erklärt würden, kein Schaden aus der zwischenzeitlichen Annahme des in dieser Verordnung enthaltenen Entschädigungsangebots entstehe. Diese Erwägung beruhe auf einer entsprechenden Erklärung der Bevollmächtigten der beklagten Organe während der Anhörung der Parteien, die in der Randnummer 51 des Beschlusses wiedergegeben sei. Angesichts der grösseren Rechtssicherheit, die der Beschluß für die Kläger geschaffen habe, könnten sie die Klage jetzt zurücknehmen.

8 Die Beklagten weisen in ihren Schriftsätzen das Vorbringen der Kläger zurück.

Was das erste Argument betreffe, so sei die Erhebung dieser Klagen nach der Mitteilung vom 5. August 1992 aufgrund der von der Kommission den Klägern gegebenen Garantien völlig überfluessig gewesen. Die Organe hätten sich in dieser Mitteilung verpflichtet, für die Entschädigung aller betroffenen Milcherzeuger eine allgemeine Lösung zu finden; gleichzeitig hätten sie sich auch verpflichtet, sich gegenüber diesen Erzeugern nicht auf Verjährung zu berufen, sofern deren Entschädigungsanspruch am 5. August 1992 nicht verjährt gewesen sei. Aufgrund dessen habe keinem Erzeuger ein Nachteil daraus erwachsen können, daß er vor der Veröffentlichung der Regelung der Modalitäten des allgemeinen Angebots zur Lösung des Problems der Entschädigung der Milcherzeuger keinen Rechtsbehelf eingelegt habe.

Zu den beiden anderen Argumenten tragen der Rat und die Kommission vor, daß in dem genannten Beschluß Jones u. a./Rat und Kommission nur festgestellt worden sei, daß die Organe alle Maßnahmen zu ergreifen hätten, die sich aus einem Urteil des Gerichts oder des Gerichtshofes ergäben, falls in diesem die Verordnung Nr. 2187/93 wegen falscher Anwendung der Bestimmungen der EWG-Satzung über die Verjährung für nichtig erklärt würde. Diesem Beschluß könnten die betroffenen Milcherzeuger nichts entnehmen, was die Einreichung ihrer individuellen Entschädigungsanträge nach dem 5. August 1992 rechtfertigte. Das in der Verordnung Nr. 2648/93 enthaltene Angebot zur Zahlung der Anwaltskosten sei an die Annahme des Entschädigungsangebots gebunden, dessen Einzelheiten in der Verordnung Nr. 2187/93 festgelegt seien, und könne ausserhalb dieses Zusammenhangs nicht angewendet werden.

9 Zunächst ist daran zu erinnern, daß mit der am 5. August 1992 veröffentlichten Mitteilung des Rates und der Kommission an die Erzeuger von Milch und Milchprodukten (Dokument SEK 1480 endg.) ein zweifaches Ziel verfolgt wurde, wie sich aus ihrem Wortlaut und aus den Erläuterungen zu ihr ergibt. Zum einen wollten die Organe ihre Absicht bekunden, allgemeine Maßnahmen zur Durchführung des Urteils des Gerichtshofes vom 14. Mai 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061) zu treffen, in dem die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft gegenüber den Milcherzeugern bejaht wurde, denen nach ihrer Beteiligung an dem Programm zur Einstellung der Milcherzeugung gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 später eine Referenzmenge für die Milcherzeugung verweigert worden war. Zum andern wollten die Organe den betroffenen Milcherzeugern die Garantie geben, daß sie sich ihnen gegenüber bis zum Erlaß allgemeiner Entschädigungsmaßnahmen nicht auf Verjährung berufen würden, sofern die Verjährungsfrist im Zeitpunkt der Mitteilung oder sogar vorher zu dem Zeitpunkt, zu dem die Erzeuger bei den Organen einen Antrag auf Entschädigung gestellt hatten, nicht schon verstrichen war.

Die Kommission hat diese Haltung in einem Schriftwechsel mit den Klägern nach Veröffentlichung der Mitteilung bekräftigt.

10 Mit Rücksicht auf die Garantien, die die Organe insbesondere in der genannten Mitteilung gegeben haben, ist festzustellen, daß die betroffenen Erzeuger in dem Zeitraum zwischen der Veröffentlichung der Mitteilung und der Veröffentlichung der Verordnung Nr. 2187/93 keine Klage zu erheben brauchten, um die Einrede der Verjährung gegenüber ihrem Entschädigungsanspruch auszuschließen.

11 An diesem Ergebnis ändert nichts der Umstand, daß nach dem genannten Zeitraum die Verordnung Nr. 2648/93 veröffentlicht wurde, die in Artikel 2 nur die Zahlung der vor dem 5. August 1992 angefallenen Anwaltskosten vorsieht. Dieses Ergebnis wird auch nicht durch den genannten Beschluß Jones u. a./Rat und Kommission in Frage gestellt, der in Zusammenhang mit der Verordnung Nr. 2187/93 erging, die nur die Mitteilung vom 5. August 1992 ausführte (siehe oben, Randnr. 9). Dieser Beschluß kann also im Rahmen der nach dem 5. August 1992 und vor der Veröffentlichung der Verordnung Nr. 2187/93 eingereichten Klagen auf Entschädigung keine Grundlage sein, um die Kosten der Kläger gemäß Artikel 87 § 5 Satz 2 den Beklagten aufzuerlegen.

12 Es wäre jedoch nicht gerechtfertigt, den Klägern die Kosten der Beklagten aufzuerlegen, deren Verhalten, wie der Gerichtshof zuletzt in seinem genannten Urteil Mulder u. a./Rat und Kommission bestätigt hat, zu den Rechtsstreitigkeiten über die Milchquoten geführt hat.

13 Es entspricht also einer gerechten Beurteilung der Umstände, jeder Partei die eigenen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1) Die Rechtssachen werden im Register des Gerichts gestrichen.

2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 15. Juli 1994

Ende der Entscheidung

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