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Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: T-305/02
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke
Vorschriften:
Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke Art. 7 Abs. 1 Buchst. b |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 3. Dezember 2003. - Nestlé Waters France gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM). - Gemeinschaftsmarke - Dreidimensionale Marke - Form einer Flasche - Absolute Eintragungshindernisse - Unterscheidungskraft - Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94. - Rechtssache T-305/02.
Parteien:
In der Rechtssache T-305/02
Nestlé Waters France mit Sitz in Issy-les-Moulineaux (Frankreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Cléry,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Rassat und O. Waelbroeck als Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 12. Juli 2002 (Sache R 719/2000-4), mit der die Eintragung einer aus der Form einer durchsichtigen Flasche bestehenden dreidimensionalen Marke abgelehnt wurde,
erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN
(Vierte Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin V. Tiili sowie der Richter P. Mengozzi und M. Vilaras,
Kanzler: B. Pastor, Hilfskanzlerin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2003
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Die Firma Perrier Vittel France, nunmehr Nestlé Waters France (im Folgenden: Klägerin), reichte gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) ein.
2 Die Marke, deren Eintragung beantragt wurde, ist das nachstehend wiedergegebene dreidimensionale Zeichen:
3 Die angemeldete dreidimensionale Marke wird wie folgt beschrieben:
"Der Flaschenkörper geht an der Basis in einen leicht kegelstumpfartigen Sockel über, der auf seinem ebenen Teil ein Relief mit einem stilisierten Stern enthält. Der zylindrische Flaschenkörper weist in seinem unteren Teil mehrere wellenförmige Rillen auf, während der obere Teil, der einen etwas kleineren Durchmesser besitzt und wie ein Diabolo geformt ist, durch spiralförmige Rillen gekennzeichnet ist, so dass in der Durchsicht Rhomben entstehen. Der obere, leicht kegelstumpfartige Teil endet in einem zylinderförmigen Flaschenhals, der mit einer blauen Verschlusskapsel versehen ist."
4 Die Anmeldung umfasst auch Farben, die im Anmeldungsformular wie folgt bezeichnet werden: "Durchsichtige Flasche mit blauem Verschluss auf blauem Grund".
5 Die Waren, für die die Eintragung der Marke beantragt wurde, gehören zu Klasse 32 im Sinne des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung und entsprechen folgender Beschreibung: "Mineralwässer und kohlensäurehaltige und mit Kohlensäure versetzte Wässer, Quellwässer, aromatisierte Wässer, insbesondere aromatisierte Getränke auf der Grundlage von Mineralwasser und Früchten oder Fruchtextrakten, Fruchtgetränke, Fruchtsäfte, Nektare, Limonaden, Sodawasser sowie ganz allgemein alle alkoholfreien Getränke".
6 Mit Entscheidung vom 8. Mai 2000 wies der Prüfer die Anmeldung nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft habe.
7 Am 20. Juni 2000 erhob die Firma Perrier Vittel France gegen diese Entscheidung Beschwerde beim HABM gemäß Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94.
8 Die Beschwerde wurde durch Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 12. Juli 2002 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), der Klägerin zugestellt am 6. August 2002, mit der Begründung zurückgewiesen, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft habe.
Verfahren und Anträge der Parteien
9 Unter diesen Umständen hat die Klägerin mit Klageschrift, die am 3. Oktober 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
10 Mit Schreiben vom 3. März 2003, das am selben Tag bei der Kanzlei eingegangen ist, hat die Klägerin beantragt, eine Erwiderung und ergänzende Unterlagen einreichen zu dürfen. Auf diesen Antrag ist der Klägerin nur gestattet worden, die erwähnten zusätzlichen Unterlagen einzureichen, was sie am 16. April 2003 getan hat.
11 Die Klägerin beantragt,
- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
- dem HABM die Kosten aufzuerlegen.
12 Das HABM beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
13 Nachdem sie vom Gericht in der mündlichen Verhandlung zur Präzisierung ihres Vorbringens aufgefordert worden ist, hat die Klägerin erklärt, dass der einzige von ihr angeführte Aufhebungsgrund ein Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 sei, während ein Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e oder Absatz 3 nicht geltend gemacht werde; dies ist in das Protokoll der mündlichen Verhandlung aufgenommen worden.
Vorbringen der Parteien
14 Die Klägerin führt aus, erstens habe sich die Beschwerdekammer insoweit geirrt, als sie die Unterscheidungskraft der angemeldeten Form im Hinblick auf Flaschen geprüft habe, bei denen es sich um von der Anmeldung nicht betroffene Waren der Klasse 21 handele, und nicht im Hinblick auf die Getränke, um die es allein bei der Anmeldung gehe und die zu Klasse 32 gehörten.
15 Zweitens vermenge die Beschwerdekammer in ihrer Schlussfolgerung Originalität und Unterscheidungskraft. Ein Zeichen könne schon dann unterscheidungskräftig sein, wenn es weder üblich noch notwendig sei, was gerade auf den vorliegenden Fall zutreffe, berücksichtige man die besondere Formgebung der Flasche, die sich aus deren Taillenform im oberen Teil und den verschiedenen in das Material der Flasche eingebetteten, rein willkürlichen dekorativen Elementen ergebe.
16 Diese Elemente bestuenden aus den sich um den oberen Teil des Flaschenkörpers windenden schrägen Rillen und aus den sechs wellenförmigen horizontalen Linien im unteren Teil. Zudem erinnerten die Form der Flasche und ihr oberer Teil an den Oberkörper einer in einen leichten Schleier gehüllten Frau. Diese symbolische Darstellung, auf eine Flasche angewandt, sei ebenso neu wie originell.
17 Die Form und die gesamte Dekoration der Flasche verliehen deshalb dem angemeldeten Zeichen Unterscheidungskraft. Hierfür sprächen auch die Ergebnisse zweier Umfragen, die im April 1997, also über ein Jahr vor der Anmeldung als Gemeinschaftsmarke, und im Juli 2000 durchgeführt worden seien, was die Beschwerdekammer zu Unrecht nicht berücksichtigt habe.
18 Drittens sei festzustellen, dass das HABM und die Beschwerdekammer zwar nicht in Abrede stellten, dass "sich eine Flasche als solche abstrakt als Marke eigne", dass jedoch eine zu restriktive Beurteilung der Unterscheidungskraft dazu führe, dass Flaschen ohne Inhalt jeder markenrechtliche Schutz vorenthalten werde.
19 Viertens sei schließlich auf verschiedene Eintragungsentscheidungen nationaler Fachbehörden zu dem angemeldeten Zeichen hinzuweisen, für das der gleiche Schutz gefordert werde, wie ihn das HABM bereits für zwei aus der Form einer Flasche bestehenden Marken gewährt habe.
20 Das HABM trägt vor, die Beschwerdekammer habe Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 korrekt angewandt.
21 Erstens ergebe sich die fehlende Unterscheidungskraft aus der Üblichkeit der für die fraglichen Waren verwendeten Form, und nur in diesem Sinne sei die angefochtene Entscheidung, insbesondere in den Randnummern 12 und 17, zu verstehen. Nirgendwo in dieser Entscheidung verlange die Beschwerdekammer eine besondere Originalität oder eine Individualität - Kriterien, die dem Urheberrecht entnommen seien - als Voraussetzung für die Gewährung markenrechtlichen Schutzes.
22 Zweitens stehe fest, dass sich das absolute Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 zum einen nur unter Berücksichtigung der Marke in ihrer Gesamtheit und zum anderen nur für die Waren beurteilen lasse, für die die Eintragung des Zeichens beantragt worden sei (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 1990 in der Rechtssache T-163/98, Procter & Gamble/HABM [BABY-DRY], Slg. 1999, II-2383, Randnrn. 20 und 21), und auch nur im Hinblick auf die Wahrnehmung durch die Verbraucherkreise, die diese Waren kauften (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-355/00, DaimlerChrysler/HABM [TELE AID], Slg. 2002, II-1939, Randnr. 25).
23 Nachdem das HABM daran erinnert hat, dass Getränke ihrer Natur nach nicht als solche, sondern nur in festen Behältern, herkömmlicherweise Flaschen, zum Kauf angeboten werden könnten, trägt es vor, die Klägerin könne der Beschwerdekammer nicht vorwerfen, dass sie einer "bedauerlichen Verwechslung" erlegen sei, indem sie die Unterscheidungskraft der Flasche im Hinblick auf Flaschen geprüft habe, da aus der angefochtenen Entscheidung klar hervorgehe, dass die fragliche Flasche nur im Hinblick auf die in der Anmeldung bezeichneten Waren beurteilt worden sei.
24 Da es sich bei den in der Anmeldung bezeichneten alkoholfreien Getränken um gängige Verbrauchswaren handele, seien die für die Prüfung der Verwechslungsgefahr des fraglichen Zeichens zu berücksichtigenden Verkehrskreise das allgemeine Publikum, das aus allen potenziellen Käufern dieser Getränke in der gesamten Europäischen Union bestehe.
25 Drittens habe die Beschwerdekammer festgestellt, dass die angemeldete Gemeinschaftsmarke nur eine Summe von "für die üblichen Behälter [der fraglichen Waren] sehr oft anzutreffenden" Merkmalen sei, die keinesfalls eine unterscheidungskräftige Gesamtheit darstellen könne, da es sich nur um die Variante einer gewöhnlichen, nahe liegenden Verpackungsform handele, die von vornherein ungeeignet sei, als Herkunftshinweis zu dienen. Auch das auf die Symbolkraft der Flasche gestützte Argument sei unerheblich, da die von der Klägerin angeführte symbolische Darstellung sicher nicht von dem ausreichend aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, der zum ersten Mal mit der fraglichen Flasche konfrontiert sei, wahrgenommen werde, was die Klägerin auch ausdrücklich einräume.
26 Viertens sei schließlich auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, das sich auf das Vorliegen von Gemeinschaftseintragungen beziehe, die zwei mit der angemeldeten Marke nicht übereinstimmende Marken beträfen, oder von nationalen Eintragungen, die jedenfalls keine das HABM bindenden "Präzedenzfälle" im rechtlichen Sinne des Wortes darstellten.
Würdigung durch das Gericht
27 Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 sind "Marken, die keine Unterscheidungskraft haben", von der Eintragung ausgeschlossen.
28 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 insbesondere solche Marken erfasst, die aus der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise im geschäftlichen Verkehr gewöhnlich für die Aufmachung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen verwendet werden, oder bei denen zumindest aufgrund konkreter Hinweise anzunehmen ist, dass sie in dieser Weise verwendet werden können (Urteil des Gerichts vom 20. November 2002 in den Rechtssachen T-79/01 und T-86/01, Bosch/HABM [Kit Pro und Kit Super Pro], Slg. 2002, II-4881, Randnr. 19). Die von dieser Bestimmung erfassten Zeichen sind im Übrigen ungeeignet, die wesentliche Funktion der Marke zu erfuellen, nämlich auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung hinzuweisen, um den Verbraucher, der die durch die Marke bezeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, in die Lage zu versetzen, bei einem späteren Erwerb die gleiche Wahl zu treffen, wenn sich die Erfahrung als positiv erweist, oder sich anders zu entscheiden, wenn sie negativ war (Urteile des Gerichts vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T-79/00, Rewe-Zentral/HABM [LITE], Slg. 2002, II-705, Randnr. 26, Kit Pro und Kit Super Pro, Randnr. 19, und vom 30. April 2003 in den Rechtssachen T-324/01 und T-110/02, Axions und Belce/HABM [Form einer braunen Zigarre und Form eines Goldbarrens], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29).
29 Die Unterscheidungskraft einer Marke kann daher nur im Hinblick auf die Erzeugnisse und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, und auch nur im Hinblick auf die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise beurteilt werden (Urteile LITE, Randnr. 27, Kit Pro und Kit Super Pro, Randnr. 20, sowie Form einer braunen Zigarre und Form eines Goldbarrens, Randnr. 30).
30 Was die erste erwähnte Prüfung angeht, so ist daran zu erinnern, dass das beanspruchte Zeichen durch die Form der Verpackung für die fragliche Ware und nicht durch die Form der Ware selbst gebildet wird, da Getränke ihrer Natur nach selbstverständlich nicht lose verkauft werden können, sondern eine Verpackung brauchen.
31 Unter diesen Umständen hat die Beschwerdekammer die Unterscheidungskraft im Hinblick auf die Form und das Aussehen der Flasche, die Gegenstand der Anmeldung ist, beurteilt, wobei sie die Flasche nicht als solche, sondern als Behälter für die in der Anmeldung bezeichneten Waren betrachtet hat. So hat die Beschwerdekammer, nachdem sie zunächst diese Flasche und andere Flaschen für alkoholfreie Getränke einer vergleichenden Prüfung unterzogen und den "klassischen" Charakter der erstgenannten Flasche festgestellt hat, ausgeführt, dass dies "für alle in der Anmeldung bezeichneten Waren, insbesondere für die "Mineralwässer, kohlensäurehaltigen und mit Kohlensäure versetzten Wässer, Quellwässer und aromatisierten Wässer" gilt" (Randnr. 13 der angefochtenen Entscheidung).
32 Als unbegründet zurückzuweisen ist daher die Rüge der Klägerin, dass die Beschwerdekammer insoweit geirrt habe, als sie die Unterscheidungskraft der angemeldeten Form im Hinblick auf Flaschen, bei denen es sich um von der Anmeldung nicht betroffene Waren der Klasse 21 handele, und nicht im Hinblick auf Getränke, um die es allein bei der Anmeldung gehe und die zu Klasse 32 gehörten, beurteilt habe.
33 Was die maßgeblichen Verkehrskreise betrifft, so ist festzustellen, dass alkoholfreie Getränke Konsumerzeugnisse sind. Die von diesen Waren angesprochenen Verkehrskreise sind alles Endverbraucher. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke ist daher auf die mutmaßliche Erwartung eines normal informierten und ausreichend aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 26), was die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung auch getan hat.
34 Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Wahrnehmung der Marken durch die betroffenen maßgeblichen Verkehrskreise durch den Grad der Aufmerksamkeit dieser Kreise beeinflusst wird, der je nach der fraglichen Waren- oder Dienstleistungskategorie variieren kann (Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer, Randnr. 26). Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Wirtschaftsteilnehmer, die auf dem durch einen starken Wettbewerb gekennzeichneten Markt für die betreffenden Waren tätig sind, alle bei der Vermarktung dieser Waren mit den technischen Zwängen der Verpackung konfrontiert sind und die notwendige Etikettierung der Waren beachten müssen. Unter solchen Umständen haben einige Wirtschaftsteilnehmer seit mehreren Jahren in der Form der Verpackung das Mittel gesucht, um ihre Waren von denen der Konkurrenz zu unterscheiden und die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen. Dies zeigt, dass der Durchschnittsverbraucher vollauf in der Lage ist, die Form der Verpackung der betreffenden Waren als Hinweis auf deren betriebliche Herkunft wahrzunehmen, sofern diese Form hinreichende Merkmale aufweist, um seine Aufmerksamkeit zu erwecken.
35 Zweitens ist festzustellen, dass Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 nicht zwischen den verschiedenen Markenkategorien unterscheidet. Daher sind bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dreidimensionaler Marken, die aus der Form der Waren selbst oder wie im vorliegenden Fall aus der Form der Verpackung dieser Waren bestehen, keine strengeren Kriterien anzuwenden als bei anderen Markenkategorien (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 7. Februar 2002 in der Rechtssache T-88/00, Mag Instrument/HABM [Form von Taschenlampen], Slg. 2002, II-467, Randnr. 32).
36 Die Beschwerdekammer ist in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis gelangt, dass der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft fehle, weil "die Grundform der Flasche eine klassische [ist], sowohl was deren glatten Teil am Sockel als auch was ihre in Höhe des dritten Viertels leicht taillierte zylindrische Form, die danach wieder in einen weiteren Teil übergeht, ihr kegelstumpfförmiges Ende oder ihre blaue Verschlusskapsel angeht". Zur Dekoration dieser Flasche hat die Beschwerdekammer ausgeführt: "Die Vertiefungen, die sie an verschiedenen Stellen aufweist, gehören ebenfalls zu dem für diese Verpackungsart üblichen Rahmen", und "[d]ie diagonalen Rillen und horizontalen Wellenlinien sowie insbesondere das in der Durchsicht erscheinende Rhombenmuster ändern an der fehlenden Unterscheidungskraft der Gesamtheit nichts, da es sich um einfache Symbole handelt, die auf dieser Art Unterlage in klassischer Weise ausgerichtet und angeordnet sind" (Randnr. 12 der angefochtenen Entscheidung).
37 In seiner Klagebeantwortung macht das HABM geltend, dass die Beschwerdekammer keinen Beurteilungsfehler begangen habe, und legt eine Reihe von Unterlagen vor, die einer in der angefochtenen Entscheidung genannten Website entnommene fotografische Darstellungen verschiedener Flaschen enthalten, die in ihrem oberen Teil eine Taillenform und in ihrem unteren Teil horizontale Wellenlinien oder schräg angeordnete Rillen aufweisen.
38 Diese Schlussfolgerung, zu der die Beschwerdekammer im Wesentlichen aufgrund einer individuellen Prüfung der verschiedenen Gestaltungselemente gelangt ist, beruht auf einer irrigen Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94.
39 Um beurteilen zu können, ob die Form der betreffenden Flasche vom Publikum als Herkunftshinweis wahrgenommen werden kann, ist der durch das Erscheinungsbild der Flasche hervorgerufene Gesamteindruck zu prüfen (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1997 in der Rechtssache C-251/95, SABEL, Slg. 1997, I-6191, Randnr. 23, und Urteil des Gerichts vom 4. März 2003 in der Rechtssache T-194/01, Unilever/HABM [Ovoide Tablette], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 54).
40 Im vorliegenden Fall sind zwar die Taillenform der Flasche sowie die horizontalen und die schrägen Rillen bei zahlreichen gegenwärtig auf dem Markt erhältlichen Flaschen anzutreffen, doch ist vor allem die Art und Weise, in der diese verschiedenen Elemente angeordnet sind, zu beachten. Insoweit kann ein Zeichen, das aus einer Kombination von Elementen besteht, denen jeweils die Unterscheidungskraft fehlt, gleichwohl Unterscheidungskraft haben, sofern konkrete Anhaltspunkte - wie die Art und Weise, in der die verschiedenen Elemente miteinander kombiniert sind - darauf hindeuten, dass das Zeichen insgesamt mehr darstellt als die bloße Summe seiner einzelnen Bestandteile (vgl. Urteile des Gerichts vom 2. Juli 2002 in der Rechtssache T-323/00, SAT.1/HABM [SAT.2], Slg. 2002, II-2839, und Kit Pro und Kit Super Pro, Randnr. 29).
41 Eine Prüfung aller von den Parteien in diesem Verfahren vorgelegten Schriftstücke ergibt, dass die Kombination der genannten Gestaltungselemente, die die angemeldete Marke darstellt, wirklich spezifisch ist und nicht als ganz gewöhnlich angesehen werden kann. So weist der deutlich zylindrische Körper der Flasche schräge Rillen auf, die einerseits den taillenförmigen Teil der Flasche vollständig bedecken und die Krümmungs- und Wölbungswirkung ihres oberen Teils betonen und die andererseits durch das Vorhandensein von Rillen mit entgegengesetzter Ausrichtung im unteren Teil der Flasche zur Geltung gebracht werden, wobei das Ganze ein bemerkenswertes, leicht zu behaltendes Design bildet. Diese Kombination verleiht der fraglichen Flasche also ein besonderes Erscheinungsbild, das auch angesichts des ästhetischen Gesamtresultats dazu angetan ist, die Aufmerksamkeit der betreffenden Verkehrskreise auf sich zu ziehen und es ihnen, die für die Form der Verpackung der fraglichen Waren sensibilisiert sind, zu ermöglichen, die in der Anmeldung bezeichneten Waren von den Waren einer anderen betrieblichen Herkunft zu unterscheiden (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. März 2003 in der Rechtssache T-128/01, DaimlerChrysler/HABM [Kühlergrill], noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 46 und 48).
42 Im Übrigen ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer dadurch, dass sie der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft abgesprochen hat, gegen den Wortlaut von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat, dem zu entnehmen ist, dass eine minimale Unterscheidungskraft genügt, um das in diesem Artikel geregelte Eintragungshindernis entfallen zu lassen (Urteile des Gerichts vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T-34/00, Eurocool Logistik/HABM [EUROCOOL], Slg. 2002, II-683, Randnr. 39, und Kühlergrill, Randnr. 49). Da jedoch, wie oben ausgeführt, die angemeldete Marke aus einer charakteristischen Kombination von Gestaltungselementen besteht, die sie von den anderen auf dem Markt für die fraglichen Waren vorhandenen Formen unterscheidet, ist festzustellen, dass diese Marke insgesamt betrachtet die erforderliche minimale Unterscheidungskraft aufweist.
43 Ohne dass über die anderen Argumente der Klägerin zu entscheiden wäre, folgt aus allen vorstehenden Erwägungen, dass die Beschwerdekammer der angemeldeten Marke zu Unrecht die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 abgesprochen hat.
44 Der Klagegrund ist demnach stichhaltig, und die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben.
Kostenentscheidung:
Kosten
45 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
46 Da das HABM unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT
(Vierte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 12. Juli 2002 (Sache R 719/2000-4) wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Ende der Entscheidung
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