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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 11.12.2003
Aktenzeichen: T-59/99
Rechtsgebiete: EGV, Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998, Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Art. 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr


Vorschriften:

EGV Art. 81
Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 Art. 1 Abs. 2
Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 Art. 2
Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Art. 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr Art. 18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Fünfte Kammer) vom 11. Dezember 2003. - Ventouris Group Enterprises SA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Wettbewerb - Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 - Nachprüfung in den Räumlichkeiten einer anderen Gesellschaft als derjenigen, die Adressatin der Nachprüfungsentscheidung ist - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Festsetzung der Preise - Nachweis der Zuwiderhandlung - Fehlerhafte Tatsachenwürdigung - Geldbußen - Verhältnismäßigkeit - Mildernde Umstände. - Rechtssache T-59/99.

Parteien:

In der Rechtssache T-59/99

Ventouris Group Enterprises SA mit Sitz in Panama (Panama), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Proestou, M. Velmachou und E. Kinini, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt A. Oikonomou, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/34.466 - Griechische Fährschiffe) (ABl. 1999, L 109, S. 24)

erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. D. Cooke sowie des Richters R. García-Valdecasas und der Richterin P. Lindh,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2002

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die klagende Ventouris Group Enterprises SA ist eine Schifffahrtsgesellschaft, die Fährschiffe betreibt, mit denen sie Passagiere und Kraftfahrzeuge zwischen Griechenland und Italien befördert, und zwar hauptsächlich auf der Route Patras-Bari.

2 Auf die im Jahr 1992 eingereichte Beschwerde eines Fahrgastes, dass im Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien auf den einzelnen Strecken sehr ähnliche Fährpreise gälten, richtete die Kommission gemäß Artikel 16 der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr (ABl. L 378, S. 4) Auskunftsverlangen an bestimmte Fährdienstbetreiber. Anschließend nahm sie gemäß Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4056/86 in den Geschäftsräumen von sechs Fährdienstbetreibern - fünf in Griechenland und einem in Italien - Nachprüfungen vor.

3 Am 4. Juli 1994 erließ die Kommission die Entscheidung C (94) 1790/5, mit der der Gesellschaft Minoan Lines aufgegeben wurde, eine Nachprüfung zu dulden (im Folgenden: Nachprüfungsentscheidung). Am 5. und 6. Juli 1994 durchsuchten Bedienstete der Kommission die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, die, wie sich im Nachhinein herausstellte, der Gesellschaft European Trust Agencies (im Folgenden: ETA) gehörten, einer anderen rechtlichen Einheit als der in der Nachprüfungsentscheidung genannten. Bei der Nachprüfung erlangte die Kommission Kopien zahlreicher Dokumente, die später als Beweise gegen die verschiedenen von der Untersuchung betroffenen Unternehmen verwendet wurden.

4 In der Folge ergingen an die Klägerin und andere Reedereien weitere Auskunftsverlangen gemäß Artikel 16 der Verordnung Nr. 4056/86 mit der Aufforderung, nähere Auskünfte zu den bei den Nachprüfungen aufgefundenen Unterlagen zu erteilen.

5 Mit Entscheidung vom 21. Februar 1997 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren ein, indem sie neun Gesellschaften, zu denen auch die Klägerin gehört, eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übersandte.

6 Am 9. Dezember 1998 erließ die Kommission die Entscheidung 1999/271/EG in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/34.466 - Griechische Fährschiffe) (ABl. 1999, L 109, S. 24, im Folgenden: Entscheidung).

7 Die Entscheidung enthält folgende Bestimmungen:

"Artikel 1

(1) Minoan Lines, Anek Lines, Karageorgis Lines, Marlines SA und Strintzis Lines haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen, indem sie Preisabsprachen für Roll-on-/Roll-off-Fährdienste zwischen Patras und Ancona trafen. Die Verstöße fanden in folgendem Zeitraum statt:

a) für Minoan Lines und Strintzis Lines vom 18. Juli 1987 bis zum Juli 1994;

b) für Karageorgis Lines vom 18. Juli 1987 bis zum 27. Dezember 1992;

c) für Marlines SA vom 18. Juli 1987 bis zum 8. Dezember 1989;

d) für Anek Lines vom 6. Juli 1989 bis zum Juli 1994.

(2) Minoan Lines, Anek Lines, Karageorgis Lines, Adriatica di Navigazione SpA, Ventouris Group Enterprises SA und Strintzis Lines haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen, indem sie Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari bzw. Brindisi trafen. Die Verstöße fanden in folgendem Zeitraum statt:

a) für Minoan Lines, Ventouris Group Enterprises SA und Strintzis Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994;

b) für Karageorgis Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum 27. Dezember 1992;

c) für Anek Lines vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994;

d) für Adriatica di Navigazione SpA vom 30. Oktober 1990 bis zum Juli 1994.

Artikel 2

Gegen folgende Unternehmen werden wegen des in Artikel 1 festgestellten Verstoßes folgende Geldbußen festgesetzt:

- Minoan Lines: eine Geldbuße in Höhe von 3,26 Mio. ECU;

- Strintzis Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1,5 Mio. ECU;

- Anek Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1,11 Mio. ECU;

- Marlines SA: eine Geldbuße in Höhe von 0,26 Mio. ECU;

- Karageorgis Lines: eine Geldbuße in Höhe von 1 Mio. ECU;

- Ventouris Group Enterprises SA: eine Geldbuße in Höhe von 1,01 Mio. ECU;

- Adriatica di Navigazione SpA: eine Geldbuße in Höhe von 0,98 Mio. ECU.

..."

8 Die Entscheidung war an sieben Unternehmen gerichtet: an Minoan Lines mit Sitz in Heraklion, Kreta (Griechenland) (im Folgenden: Minoan), Strintzis Lines mit Sitz in Piräus (Griechenland) (im Folgenden: Strintzis), Anek Lines mit Sitz in Chania, Kreta (im Folgenden: Anek), die Marlines SA mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Marlines), Karageorgis Lines mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Karageorgis), die Ventouris Group Enterprises SA mit Sitz in Piräus (im Folgenden: Klägerin oder Ventouris Ferries) und die Adriatica di Navigazione SpA mit Sitz in Venedig (Italien) (im Folgenden: Adriatica).

Verfahren und Anträge der Parteien

9 Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 1. März 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung erhoben.

10 Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat sie einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der Entscheidung und einen Antrag auf Befreiung von ihrer Verpflichtung zur Stellung einer Bankbürgschaft gestellt. Mit Beschluss vom 20. Juli 1999 hat der Präsident des Gerichts diese Anträge zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten.

11 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat die Kommission im Rahmen prozessleitender Maßnahmen um schriftliche Beantwortung einer Frage und um Vorlage bestimmter Dokumente gebeten. Die Kommission hat diesem Ersuchen innerhalb der gesetzten Frist entsprochen.

12 Die Parteien haben in der Sitzung vom 2. Juli 2002 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

13 Die Klägerin beantragt,

- die Entscheidung ganz oder teilweise für nichtig zu erklären;

- hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße aufzuheben oder herabzusetzen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

14 Die Kommission beantragt,

- die Klage in vollem Umfang abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

15 Die Klägerin stützt ihren Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung auf vier Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund wird eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung gerügt, da in der Entscheidung die Beteiligung der Klägerin an einer Preisabsprache für die Route Patras-Bari als erwiesen angesehen werde. Der zweite Klagegrund wird daraus hergeleitet, dass die Nachprüfung bei ETA, in deren Verlauf die Kommission die meisten Beweise erlangt habe, rechtswidrig gewesen sei. Mit dem dritten, hilfsweise vorgetragenen Klagegrund wird geltend gemacht, dass Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) auf den Sachverhalt fehlerhaft angewandt worden sei, da es sich um Vereinbarungen von geringer Bedeutung handele. Mit dem vierten Klagegrund wird ein Begründungsmangel gerügt.

16 Ihren hilfsweise gestellten Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße stützt die Klägerin auf einen fünften Klagegrund, mit dem sie geltend macht, dass bei der Festsetzung der Geldbuße hinsichtlich der Beurteilung der Dauer und Schwere der Zuwiderhandlung sowie des Umfangs der Verantwortlichkeit der Klägerin für die Zuwiderhandlung der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt worden sei.

I - Zum Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung

Zum ersten Klagegrund: fehlerhafte Tatsachenwürdigung, da die Kommission die Beteiligung der Klägerin an einer Preisabsprache für die Route Patras-Bari als erwiesen angesehen habe

A - Vorbemerkungen

Vorbringen der Parteien

17 Die Klägerin trägt zunächst vor, dass sie selbst 1984 die Fährschiffverbindung Patras-Igoumenitsa-Korfu-Bari begründet habe und dass sie mit ihren eigenen Mitteln und in Zusammenarbeit mit den örtlichen italienischen Behörden zur Schaffung einer angemessenen Infrastruktur im Hafen von Bari beigetragen habe, damit dort für den Lkw-Transport geeignete Schiffe anlegen könnten und auf diese Weise die Nachfrage auf dem Markt gedeckt und den Verbrauchern - den Passagieren und Transportunternehmen - ein besserer Dienst angeboten werden könne. Sie habe einen treuen und stabilen Kundenkreis aufgebaut, der, was die Beförderung von Lkws angehe, aus internationalen Transportunternehmen bestehe, mit denen sie seit mehreren Jahren auf der Grundlage besonderer Vereinbarungen mit dem jeweiligen Unternehmen zusammenarbeite. So habe jede Seeroute ihre geopolitischen und wirtschaftlichen Besonderheiten und einen anderen Nutzerkreis. Die Reedereien, die auf einer bestimmten Route tätig seien, hätten daher keinerlei wirtschaftliches, technisches oder geschäftliches Interesse daran, eine oder mehrere andere Routen zu betreiben.

18 Die Klägerin macht geltend, dass sie aufgrund ihrer besonderen und herausragenden Stellung auf der Route Patras-Bari sowie aufgrund der Stabilität und Treue ihres Kundenkreises keinen Anlass gehabt habe, mit anderen Gesellschaften, die auf anderen Seerouten (Patras-Ancona, Patras-Brindisi) tätig seien, Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws zu treffen, wie ihr die Kommission vorwerfe. Sie habe im Gegenteil allein über ihre Geschäfts- und Preispolitik entscheiden können und dies unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse, der Konkurrenz auf dem Markt, der Inflationsrate, der Fluktuation der griechischen Drachme und der Betriebskosten der von ihr betriebenen Schiffe auch getan. Außerdem habe sie ihre Geschäftspolitik stets unter Beachtung der Empfehlungen und Vorschriften des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine festgelegt, um unlauteren Wettbewerb und eine Festsetzung unverhältnismäßig niedriger Preise zu vermeiden.

19 Die Kommission habe die Beweise falsch bewertet, als sie festgestellt habe, dass sie sich an einer Preisabsprache für die Beförderung von Lkws auf der Route Patras-Bari für die Zeit vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994 beteiligt habe. So habe die Kommission auf ihre Beteiligung an einer Absprache anhand von Beweisen geschlossen, die in einer Korrespondenz zwischen anderen Gesellschaften bestuenden, in der es vornehmlich um eine andere Route, die zwischen Patras und Ancona, gegangen sei, sowie anhand von Nennungen der Klägerin in dieser Korrespondenz, die einige dieser Gesellschaften für angebracht gehalten hätten. Bei der ohne Ankündigung erfolgten Nachprüfung in ihren Geschäftsräumen habe die Kommission kein einziges Schriftstück oder sonstiges Material gefunden, das ihre Beteiligung oder Mitwirkung an einer Preisabsprache oder Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws belegt hätte.

20 Darüber hinaus wirft die Klägerin der Kommission vor, sie habe es versäumt, eine Reihe von Schriftstücken, von denen sie bei der Nachprüfung Kenntnis erlangt habe (Korrespondenz zwischen hauptsächlich auf der Route Patras-Ancona tätigen Gesellschaften) und die bewiesen, dass die Klägerin mit diesen Gesellschaften keine Preisabsprache getroffen habe, als entlastende Beweise zu berücksichtigen.

21 Schließlich erläutert die Klägerin die Gründe für ihre Ansicht, dass das Material, das die Kommission zur Rechtfertigung der gegen sie gerichteten Beschwerdepunkte verwendet habe, nicht beweiskräftig sei.

22 Die Kommission führt zunächst aus, dass sie in Randnummer 5 der Entscheidung erklärt habe, dass die drei fraglichen Routen nicht getrennt als Einzelmärkte betrieben würden, sondern dass zwischen ihnen ein gewisses Maß an Austauschbarkeit bestehe. Ferner habe die Klägerin indirekt eingeräumt, dass diese drei Routen einen einheitlichen Markt bildeten, da sie behaupte, dass sie den Umfang der Preiserhöhungen für 1993 und 1994 dem von den Gesellschaften der anderen Routen angestrebten Umfang angepasst habe, um einen Preiskrieg zu vermeiden.

23 Was die herausragende Stellung der Klägerin auf der Route Patras-Bari betreffe, so beziehe sich Artikel 85 des Vertrages nicht nur auf Kartelle, die eine Beschränkung des tatsächlichen Wettbewerbs bezweckten oder bewirkten, sondern auch auf solche, die eine Beschränkung des potenziellen Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt bezweckten oder bewirkten. Die Klägerin habe aber nicht dargetan, dass es (wirtschaftlich, technisch oder geschäftlich) für die Betreiber anderer Routen auf dem Markt nicht möglich gewesen sei, die Route Patras-Bari zu betreiben. Die Behauptungen der Klägerin seien insoweit willkürlich und widersprüchlich. Zwar räume sie ein, dass die drei fraglichen Routen Griechenland und Italien verbänden und in gewissem Maße austauschbar seien, zugleich aber mache sie geltend, dass jede Route ihre geopolitischen und wirtschaftlichen Besonderheiten und einen anderen Nutzerkreis habe und deshalb letztlich eigenständig sei.

24 Die Feststellung der Kommission, dass der relevante Markt der Markt für Roll-on-roll-off-Fährdienste zwischen Griechenland und Italien sei und dass die verschiedenen Routen dieses Marktes nicht getrennt als Einzelmärkte betrieben würden, sondern dass zwischen ihnen ein gewisses Maß an Austauschbarkeit bestehe (Randnrn. 3 bis 5 der Entscheidung), sei demnach in der Sache nicht widerlegt.

25 Sodann sei das Vorbringen der Klägerin, dass sie keinen Anlass gehabt habe, Vereinbarungen zu treffen, unbeachtlich, da ihre Beteiligung an den Absprachen über die internationalen Beförderungspreise für Lkws bewiesen worden sei.

Würdigung durch das Gericht

26 Mit ihrem Vorbringen zielt die Klägerin darauf, zwischen den einzelnen Seerouten zwischen Griechenland und Italien zu differenzieren und der Kommission vorzuwerfen, sie habe ungerechtfertigterweise versäumt, die grundlegenden Unterschiede zwischen diesen Routen zu berücksichtigen. Die Kommission weist den Ansatz der Klägerin zurück und ist der Ansicht, dass eine einheitliche Zuwiderhandlung vorliege. Daher stellt sich die Frage nach der Art der in der Entscheidung geahndeten Zuwiderhandlung, die zu prüfen ist, bevor untersucht wird, wie sich die Kommission gegenüber der Klägerin bei der Beweissuche verhalten hat.

27 Nach dem Wortlaut des verfügenden Teils der Entscheidung hat die Kommission im vorliegenden Fall zwei Zuwiderhandlungen geahndet: Artikel 1 Absatz 1 betrifft eine Preisabsprache für verschiedene Beförderungsdienste (Lkws, Passagiere, Pkws usw.), die im Roll-on-roll-off-Verkehr zwischen Patras und Ancona erbracht werden; Artikel 1 Absatz 2 betrifft eine Preisabsprache für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari und Brindisi.

28 An der ersten Zuwiderhandlung, die von Juli 1987 bis Juli 1994 gedauert haben soll, sollen sich nur Unternehmen der Route Patras-Ancona beteiligt haben. Es handelt sich um Minoan, Anek, Karageorgis, Marlines und Strintzis. An der zweiten Zuwiderhandlung hingegen, die die Routen von Patras nach Bari und Brindisi betrifft und von Dezember 1989 bis Juli 1994 gedauert haben soll, sollen sich drei der auf diesen Routen tätigen Unternehmen (Adriatica, Ventouris Ferries und Strintzis), aber auch drei Unternehmen beteiligt haben, die nicht auf diesen Routen tätig sind (Minoan, Anek und Karageorgis). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Kommission umgekehrt nicht festgestellt hat, dass sich die Unternehmen der südlichen Routen (von Patras nach Bari und Brindisi) an einer Absprache mit den Unternehmen der nördlichen Routen (von Patras nach Ancona) über die Preise für die letztgenannten Routen beteiligt hätten.

29 Die Kommission ist der Ansicht, dass die Entscheidung nicht zwei separate Zuwiderhandlungen, sondern eine kontinuierliche Zuwiderhandlung betreffe. Sie macht geltend, dass Artikel 1 der Entscheidung im Licht der Gründe der Entscheidung zu lesen sei und dass in den Gründen stets auf eine einheitliche Vereinbarung auf den drei Routen (Ancona-/Bari-/Brindisi-Patras), die als ein einheitlicher Markt angesehen würden, Bezug genommen werde. Die Kommission zitiert insbesondere Randnummer 144 der Entscheidung, in der sie festgestellt hat:

"Aus den genannten Gründen vertritt die Kommission die Auffassung, dass Minoan, Anek, Karageorgis, Marlines und Strintzis unter Verstoß gegen Artikel 85 EG-Vertrag an einer Vereinbarung beteiligt waren, indem sie sich über Preise für Roll-on-/Roll-off-Fährdienste zwischen Patras und Ancona verständigten. Die Kommission vertritt ebenfalls die Auffassung, dass sich Minoan, Anek, Karageorgis, Strintzis, Ventouris Ferries und Adriatica über die Höhe der Beförderungspreise für Lkws auf den Routen von Patras nach Bari bzw. Brindisi verständigten. Diese Vereinbarungen bildeten einen Bestandteil eines umfassenden Absprachearrangements der Preisfestsetzung für Fährdienstleistungen zwischen Griechenland und Italien. Diese Vereinbarungen sind daher zwar als separate Zuwiderhandlungen, aber im Rahmen einer kontinuierlichen Zuwiderhandlung zu betrachten."

30 Der verfügende Teil der Entscheidung und deren Randnummer 144 geben unbestreitbar nicht denselben Gedanken wieder, da im verfügenden Teil nicht vom Vorliegen einer einheitlichen Zuwiderhandlung die Rede ist.

31 Es ist aber daran zu erinnern, dass die Kommission Art und Ausmaß der von ihr geahndeten Zuwiderhandlungen im verfügenden Teil der Entscheidungen feststellt. Gerade soweit es um Umfang und Art der geahndeten Zuwiderhandlungen geht, kommt es grundsätzlich auf den verfügenden Teil und nicht auf die Gründe an. Nur dann, wenn der verfügende Teil nicht eindeutig formuliert ist, ist er unter Heranziehung der Gründe der Entscheidung auszulegen. Wie der Gerichtshof entschieden hat, ist für die Frage, an welche Personen sich eine Entscheidung richtet, in der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, der verfügende Teil der Entscheidung maßgeblich, sofern er keinen Anlass zu Zweifeln gibt (Urteil vom 16. Dezember 1975 in den Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663, Randnr. 315).

32 Im vorliegenden Fall enthält der Wortlaut der Entscheidung keine Unklarheiten, er ist vielmehr eindeutig und genau. Aus diesem Wortlaut geht klar hervor, dass die Kommission zum einen eine Absprache zwischen den Gesellschaften der nördlichen Route (Patras-Ancona) über die Preise für diese Route und zum anderen eine Absprache zwischen allen von der Entscheidung betroffenen Unternehmen (mit Ausnahme von Marlines) über die Preise eines der auf den südlichen Routen (Patras-Bari und Patras-Brindisi) erbrachten Beförderungsdienste, und zwar desjenigen für Lkws, als erwiesen angesehen hat. Darüber hinaus wird im verfügenden Teil der Entscheidung nicht nur an keiner Stelle der einheitliche Charakter der Zuwiderhandlung erwähnt, vielmehr ist der verfügende Teil in seiner Beschreibung der geahndeten Zuwiderhandlungen auch besonders genau. Zum einen ist nämlich Artikel 1 der Entscheidung in zwei Absätze unterteilt, die verschiedene Unternehmen betreffen, und zum anderen stellt der verfügende Teil hinsichtlich der Gruppe von Unternehmen, die in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung genannt sind, klar, dass der Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages darin besteht, dass diese Unternehmen Preisabsprachen für die Beförderung von Lkws trafen, und zwar nur auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi. Die beiden Absätze des Artikels 1 der Entscheidung bezeichnen somit Zuwiderhandlungen, die aus zwei Gründen eigenständig sind: Sie betreffen verschiedene Unternehmen und unterscheiden sich nach Umfang oder Intensität.

33 Da der verfügende Teil der Entscheidung keine Unklarheiten enthält, ist bei der Prüfung der verschiedenen Klagegründe, die im vorliegenden Fall vorgebracht worden sind, davon auszugehen, dass die Kommission nicht eine einheitliche Zuwiderhandlung auf allen Routen, sondern zwei eigenständige Zuwiderhandlungen, eine auf der nördlichen Route (Artikel 1 Absatz 1) und eine auf den südlichen Routen (Artikel 1 Absatz 2), festgestellt und geahndet hat. Was die Klägerin angeht, so geht aus der Entscheidung klar hervor, dass sie nur insoweit verantwortlich gemacht wird, als es um die Zuwiderhandlung nach Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung geht.

B - Zur Begründetheit des Klagegrundes

34 Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist im Rahmen des ersten Klagegrundes zu prüfen, ob die Klägerin zu Recht geltend macht, dass die Kommission einen Beurteilungsfehler begangen habe, indem sie die in der Entscheidung zitierten Dokumente als urkundliche Beweise dafür angesehen habe, dass sie an dem in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung genannten Kartell, d. h. an einer Preisabsprache für die Beförderung von Lkws auf den Routen von Patras nach Bari und Brindisi für die Zeit vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994, beteiligt gewesen sei. Die Prüfung der Begründetheit dieses Klagegrundes setzt eine eingehende Untersuchung der verschiedenen urkundlichen Beweise voraus, die den Feststellungen der Kommission zur Beteiligung der Klägerin an diesem Kartell zugrunde liegen.

1. Zum Fax vom 8. Dezember 1989

- Vorbringen der Parteien

35 Die Klägerin bezieht sich zunächst auf ein Fax von Strintzis vom 8. Dezember 1989 an Anek, Minoan, Karageorgis und die Gesellschaft Hellenic Mediterranean Lines, dem angebliche "Preislisten" beigefügt waren, die vom 10. Dezember 1989 an auf den Routen Patras-Ancona und Patras-Bari/Brindisi für Lkws gelten sollten. Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission in den Randnummern 128 und 129 der Entscheidung zu Unrecht unter Berufung auf dieses Fax festgestellt habe, dass sie sich an einer Preisabsprache für die Beförderung von Lkws für 1990 (die zum 8. Dezember 1989 in Kraft treten sollte) beteiligt habe. Sie habe ihre Beförderungspreise für Lkws für das Jahr 1990 deutlich vor Versendung des Fax durch Strintzis beschlossen und festgesetzt. Zur Untermauerung dieser Behauptung beruft sich die Klägerin insbesondere auf ein Fernschreiben mit den neuen Beförderungspreisen für Lkws, das sie am 4. Dezember 1989 ihrem Hauptvertreter in Italien, Pan Travel, gesandt habe.

36 Die Klägerin macht geltend, dass die "Preislisten", die dem Fax vom 8. Dezember 1989 beigefügt gewesen seien, keine "Vereinbarung" über die Beförderungspreise für Lkws gewesen seien, die sie mit den übrigen Adressaten der Entscheidung getroffen hätte, sondern lediglich die Preise wiedergegeben hätten, die sie für die Routen zwischen Griechenland und Italien für angemessen gehalten und für die Route Patras-Bari bereits zuvor beschlossen habe. Sie habe dieses Schriftstück letztlich deshalb unterzeichnet, weil es die Preise wiedergegeben habe, die sie für angemessen gehalten und, soweit sie sich auf die Route Patras-Bari bezogen hätten, bereits zuvor beschlossen und über das Netz ihrer Agenten veröffentlicht habe. Die Klägerin betont, dass, bevor sie ihre Preise am 4. Dezember 1989 habe mitteilen können, viel Zeit benötigt worden sei, in der die zuständigen Abteilungen des Unternehmens die Daten ihrer Analyse des betroffenen Marktes und ihrer Prognosen bezüglich der voraussichtlichen Fluktuationen der griechischen Drachme gegenüber den anderen europäischen Währungen und der voraussichtlichen Fluktuationen auf dem Erdölmarkt verarbeitet hätten, um dann ihren Preisvorschlag zu formulieren und dem Verwaltungsrat der Gesellschaft vorzulegen, der ihn schließlich genehmigt oder geändert habe. Die Kommission könne daher nicht behaupten, dass die Klägerin die dem Fax vom 8. Dezember 1989 beigefügten Tarife, da sie kein Datum trügen, einige Tage früher hätte gegenzeichnen können.

37 Die Klägerin ergänzt, dass ein Schriftstück, das einige Richtpreise wiedergebe und auf dem sich nur einige Unterschriften befänden, jedenfalls keine Vereinbarung darstelle, da es nichts enthalte, was ihm zwingenden Charakter verleihe, z. B. nicht Sanktionen für den Fall eines Verstoßes gegen die Vereinbarung oder die Anwendung von Strafklauseln, Zahlung von Zinsen oder Ähnliches vorsehe.

38 Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass die Klägerin einräume, dass sie die dem Fax vom 8. Dezember 1989 beigefügte Preisliste unterzeichnet habe. Sodann brauche eine "Vereinbarung" im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages nicht zwingend zu sein; es genüge, dass die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht hätten, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Urteile des Gerichts vom 24. Oktober 1991 in der Rechtssache T-1/89, Rhône-Poulenc/Kommission, Slg. 1991, II-867, Randnr. 120, und vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-347/94, Mayr-Melnhof/Kommission, Slg. 1998, II-1751, Randnr. 65).

39 Daher sei unbeachtlich, ob die fragliche Preisliste die Preisniveaus wiedergegeben habe, die die Klägerin für angemessen gehalten habe und die Gegenstand der Vereinbarung mit den anderen beschuldigten Unternehmen gewesen seien, oder ob sie den Vorschlag der übrigen Unternehmen dargestellt habe, dem sich die Klägerin angeschlossen habe.

- Würdigung durch das Gericht

40 Das Fax, das Strintzis am 8. Dezember 1989 Minoan, Anek, Karageorgis und der Gesellschaft Hellenic Mediterranean Lines sandte, enthält Angaben über die Beförderungspreise für Lkws, die vom 10. Dezember 1989 an auf den Routen von Patras nach Ancona, Bari und Brindisi gelten sollten. In dem Fax heißt es: "Beigefügt finden Sie eine Kopie der Beförderungspreise für Lkws für die Routen zwischen Griechenland und Italien, die auch von Ventouris Ferries unterzeichnet worden ist." Diese Preisliste ist von Strintzis, den verschiedenen Adressaten und der Klägerin unterzeichnet.

41 Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin in ihrer Klageschrift einräumt, dass sie die dem Fax beigefügte Preisliste unterzeichnet hat.

42 Dieses Fax ist somit ein eindeutiges Indiz dafür, dass es zwischen den betreffenden Gesellschaften einschließlich der Klägerin eine Vereinbarung zur Festsetzung der Beförderungspreise für Lkws gab. Dass die Klägerin nicht zu den Adressaten dieses Fax gehört, kann diese Feststellung weder entkräften noch zu dem Schluss führen, dass sie nicht dem Kartell angehörte, da der Verfasser des Fax ausdrücklich erklärt, dass die Klägerin mit den vorgeschlagenen Preisen einverstanden sei.

43 Die Klägerin macht geltend, dass sie am 4. Dezember 1989 ihrem Netz von Agenten ihre neuen Beförderungspreise für Lkws für das Jahr 1990 mitgeteilt habe und dass dieser Umstand beweise, dass die Preisliste, die dem Fernschreiben von Strintzis vom 8. Dezember 1989 beigefügt gewesen sei, keine Vereinbarung gewesen sei, sondern lediglich die Preise wiedergegeben habe, die sie für die Routen zwischen Griechenland und Italien für angemessen gehalten und für die Route Patras-Bari bereits zuvor beschlossen habe.

44 Dieses Vorbringen greift nicht durch.

45 Zunächst trägt, wie die Kommission hervorhebt, die dem Fax beigefügte Preisliste kein Datum, weshalb nicht geklärt ist, wann die Vereinbarung getroffen und unterzeichnet wurde; dies kann an dem Tag geschehen sein, als das Fax versandt wurde, oder einige Tage früher. Einige Umstände scheinen darauf hinzudeuten, dass die Vereinbarung über die neuen Preise vor der Versendung des Fax getroffen worden war.

46 Erstens scheint der Umstand, dass der Verfasser des Fax erklärt, dass der Tarif für Lkws bereits von Ventouris unterzeichnet worden sei, darauf hinzudeuten, dass die Klägerin bereits vor Versendung des Fax ihre Zustimmung geäußert hatte. Wie die Kommission zu bedenken gibt, könnte die Liste, die Strintzis am 8. Dezember 1989 Anek, Minoan, Karageorgis und Hellenic Mediterranean Lines mitgeteilt hat und die die Unterschriften dieser fünf Unternehmen sowie die Unterschrift der Klägerin trägt, sogar vor dem 4. Dezember 1989, dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin ihren Agenten die Preise für 1990 mitteilte, unterzeichnet worden sein. Unter diesen Umständen, d. h., wenn die Klägerin nach Unterzeichnung der Preisliste die Preise sofort ihren Agenten mitteilte, wäre das Fernschreiben vom 4. Dezember 1989 nur die praktische Durchführung der zuvor getroffenen Vereinbarungen. Die Klägerin macht geltend, dass ihre Preise von den anderen Unternehmen übernommen worden seien. Diesem Vorbringen kann jedoch nicht gefolgt werden, zum einen, weil im Fax ausdrücklich erklärt wird, dass die Klägerin Partei der Vereinbarung ist, und zum anderen, weil selbst dann, wenn man das Vorbringen der Klägerin, sie habe bereits beschlossen, die neuen Preise eigenständig anzuwenden, als zutreffend ansieht, der nicht bestrittene Umstand, dass sie eine Preisliste gegengezeichnet hat, nur als Beteiligung an einer Vereinbarung über die zukünftigen Preise verstanden werden kann.

47 Zweitens enthielten die beiden Preislisten für Lkws für das Jahr 1990, d. h. die Preisliste vom 4. Dezember 1989, die die Klägerin eigenständig festgelegt haben will, und die Preisliste vom 8. Dezember 1989, die von allen Unternehmen unterzeichnet wurde, nicht nur exakt die gleichen Preise, sondern sahen auch denselben Zeitpunkt für das Inkrafttreten vor, nämlich den 10. Dezember 1989.

48 Die Kommission durfte daher davon ausgehen, dass die plausibelste Erklärung war, dass die gemeinsame Preisliste vor dem 4. Dezember 1989 beschlossen worden war, aus nicht näher erläuterten Gründen aber erst am 8. Dezember 1989 an die anderen Gesellschaften gesandt wurde. Die Unterzeichnung einer derartigen Preisliste durch die sechs beteiligten Unternehmen konnte nämlich nur bei einem Treffen oder nach vorheriger Zusendung der fraglichen Seiten durch Rundschreiben erfolgen. Daher liegt nahe, dass die Adressaten des Fax von Strintzis vom 8. Dezember 1989 das Schriftstück jeweils auf Aufforderung von Strintzis unterzeichneten und dass die Klägerin als letzte Unterzeichnerin eine Kopie des von allen beteiligten Unternehmen unterzeichneten Schriftstücks behielt und Letzteres Strintzis zurückschickte, die gewissermaßen als Sekretärin den vier anderen Gesellschaften mitgeteilt haben wird, dass alle beteiligten Gesellschaften unterzeichnet hatten, und ihnen eine Kopie der Preisliste mit den sechs Unterschriften zugeleitet haben wird.

49 Selbst wenn die Preise in der Liste den zuvor von der Klägerin beschlossenen Preisen entsprechen sollten, genügt jedenfalls der nicht bestrittene Umstand, dass die Klägerin diese Preise Strintzis gesandt hat, um zu dem Schluss zu gelangen, dass sie an der Preisabsprache beteiligt war, von der im Fax vom 8. Dezember 1989 die Rede ist. Zwei Umstände bestätigen diese Deutung der Tatsachen, zum einen, dass alle Gesellschaften einschließlich der Klägerin die Preisliste unterzeichnet haben, und zum anderen, dass Strintzis ausdrücklich erklärt hat, dass die Klägerin mit den vorgeschlagenen Preisen einverstanden sei, da der Beschluss der Klägerin, ihre Preise für 1990 ihren Konkurrenten mitzuteilen, nicht anders verstanden werden kann.

50 Angesichts der Bedeutung und der traditionellen Präsenz der Klägerin auf der Route Patras-Bari, die sie, wie sie in der Einleitung zu ihrer Klageschrift betont, bis 1990 allein betrieben hatte, bestätigt das Vorbringen der Klägerin, dass sie diejenige Gesellschaft sei, die sich mit den Preisen für 1990 für die Route Patras-Bari eingehend und im Voraus befasst und die den übrigen Gesellschaften ihre Ansicht zu den anzuwendenden Preisen mitgeteilt habe, lediglich die wichtige Rolle der Klägerin bei der praktischen Durchführung dieses Aspekts des Kartells. Wie die Kommission unterstreicht, entlastet dieser Umstand daher die Klägerin nicht.

51 Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass es sich nur um Richtpreise gehandelt habe, da sie, wenn dies der Fall gewesen wäre, es nicht nötig gehabt hätte, sich mit den anderen Unternehmen, die die Preisliste unterzeichnet hatten, einzulassen. Es handelte sich somit um eine Preisabsprache zwischen den betroffenen Unternehmen und nicht um einen bloßen Austausch von Informationen.

52 Was die fehlende Pflicht der Unterzeichner der Preisliste zur Anwendung der Preise angeht, auf die sich die Klägerin beruft, so genügt es, darauf hinzuweisen, dass kein zwingender Vertrag erforderlich ist, damit ein Kartell zwischen Unternehmen eine nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verbotene Vereinbarung ist. Es genügt, dass die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Urteile Mayr-Melnhof/Kommission, Randnr. 65, und Rhône-Poulenc/Kommission, Randnr. 120).

53 Außerdem brauchen nach ständiger Rechtsprechung bei der Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckt (Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juli 1966 in den Rechtssachen 56/64 und 58/64, Consten und Grundig/Kommission, Slg. 1966, 322, und Urteil des Gerichts vom 15. März 2000 in den Rechtssachen T-25/95, T-26/95, T-30/95 bis T-32/95, T-34/95 bis T-39/95, T-42/95 bis T-46/95, T-48/95, T-50/95, bis T-65/95, T-68/95 bis T-71/95, T-87/95, T-88/95, T-103/95 und T-104/95, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 2000, II-491, Randnrn. 1120 und 1170).

54 Der Umstand, dass die sechs fraglichen Gesellschaften eine Preisliste für die verschiedenen Kategorien von Dienstleistungen unterzeichnet haben, die ein einheitliches Datum für den Beginn der Anwendung vorsieht, genügt daher als Beweis für das Bestehen einer Vereinbarung. Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass sie sich über die Folgen ihrer Unterzeichnung der Preisliste nicht im Klaren gewesen sei. Sie hätte damit rechnen müssen, dass die Mitteilung der von ihr beschlossenen Preise und die spätere Unterzeichnung einer einheitlichen Preisliste mit den gleichen Tarifen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in Kraft treten sollten, durch alle ihre Konkurrenten eine nach dem Vertrag verbotene Preisabsprache darstellen konnten. Nach der Rechtsprechung setzt nämlich die Einstufung einer Zuwiderhandlung als vorsätzlich nicht voraus, dass sich das Unternehmen des Verstoßes gegen Artikel 85 des Vertrages bewusst gewesen ist; es genügt vielmehr, dass es sich nicht in Unkenntnis darüber befinden konnte, dass das ihm zur Last gelegte Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs bezweckte (Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1989 in der Rechtssache 246/86, Belasco u. a./Kommission, Slg. 1989, 2117, Randnr. 41).

2. Zum Fax vom 30. Oktober 1990

- Vorbringen der Parteien

55 Die Klägerin bestreitet, dass sie das Fax erhalten hat, das Strintzis am 30. Oktober 1990 acht Gesellschaften sandte, die auf dem Markt für Seeverkehr zwischen Griechenland und Italien tätig waren, und dem eine Tabelle mit den Preisen (in griechischen Drachmen und italienischen Lire) für die Beförderung von Lkws auf den Routen Patras-Ancona, Patras-Bari und Patras-Brindisi beigefügt war, die zum 5. November 1990 in Kraft treten sollten.

56 Weiter macht sie geltend, dass dieses Fax entgegen der Auffassung der Kommission, die in Randnummer 130 der Entscheidung festgestellt habe, dass die Klägerin zusammen mit den übrigen Adressaten der Entscheidung an einer Preisabsprache für die Beförderung von Lkws für 1991, die zum 5. November 1990 habe in Kraft treten sollen, beteiligt gewesen sei, keine Beweiskraft habe. Die Kommission verkenne bei ihrer Feststellung, dass die Klägerin bereits Anfang Oktober 1990, d. h. vor Versendung des Fax, die Preise, die 1991 für die Beförderung von Lkws gelten sollten, festgesetzt und veröffentlicht habe, wie aus Schriftstücken hervorgehe, die der Kommission übermittelt worden seien (vertrauliche Schreiben der Klägerin vom 11. Oktober 1990 an ihre Mitarbeiter und an die Transportunternehmen).

57 Die Klägerin macht insoweit geltend, dass sich die Nennung der von ihr für 1991 beschlossenen Preise in einer mit "Bari" überschriebenen Spalte der dem Fax von Strintzis beigefügten Tabelle dadurch erkläre, dass, da sie ihren Mitarbeitern die fraglichen Preise fast einen Monat zuvor mitgeteilt habe und der Markt hinsichtlich der von den einzelnen Gesellschaften veröffentlichten Preise relativ transparent sei, die auf den anderen Routen tätigen Gesellschaften durch Agenten oder Transportunternehmen über die Beförderungspreise der Klägerin für Lkws unterrichtet worden seien und sie in die Tabelle aufgenommen hätten. Mit diesem Vorbringen solle jedoch nur eine Handlung eines Dritten, nämlich von Strintzis, logisch erklärt und gedeutet werden; die Klägerin habe die genauen Gründe, aus denen ihre eigenen Preise in die dem Fax beigefügte "Preisliste" aufgenommen worden seien, nicht gekannt und kenne sie nach wie vor nicht. Der Umstand, dass die dem Fax von Strintzis vom 30. Oktober 1990 beigefügte "Preisliste" kein Datum trage, beweise als solcher nichts, vor allem nicht, dass die dort aufgeführten Preise Gegenstand einer zuvor getroffenen "Vereinbarung" gewesen seien.

58 Das Fax beweise im Gegenteil, dass es kein Kartell gegeben habe, an dem sie sich beteiligt habe. Der Umstand, dass Strintzis in ihrem Fax vom 30. Oktober 1990 die Klägerin aufgefordert habe, ihre Zustimmung zum Inhalt des Fax zu bestätigen, belege, dass es keine endgültige Vereinbarung zwischen der Klägerin und den übrigen Gesellschaften gegeben habe, da Strintzis andernfalls die Klägerin nicht hätte aufzufordern brauchen, ihre Zustimmung zu bestätigen.

59 Die Kommission macht geltend, dass, weil die dem Fax beigefügte Preisliste kein Datum trage, die Vereinbarung durchaus zu einem beliebigen Zeitpunkt vor der Versendung des Fax habe getroffen werden können, zumal das Fax und das Fernschreiben der Klägerin an ihren Agenten dieselbe Preisliste und sehr ähnliche Zeitpunkte für das Inkrafttreten enthielten.

- Würdigung durch das Gericht

60 Strintzis hat das fragliche Fax am 30. Oktober 1990 acht Betreibern von Fährschiffen zwischen Griechenland und Italien gesandt (Adriatica, Anek, Hellenic Mediterranean Lines, Karageorgis, Minoan, Med Lines, Strintzis und Ventouris Ferries). Darin heißt es: "Wir übermitteln hiermit die endgültige Vereinbarung über Beförderungspreise für Lkws. Bitte bestätigen Sie Ihre Zustimmung zum Inhalt. Wir schlagen vor, die Preise am 1. November bekannt zu geben und sie - wie vereinbart - am 5. November 1990 in Kraft zu setzen." Dem Fax war eine Liste mit in griechischen Drachmen und italienischen Lire angegebenen Preisen für verschiedene Kategorien von Lkws für die Routen von Patras nach Ancona, Bari und Brindisi beigefügt.

61 Ferner hat laut Randnummer 20 der Entscheidung Minoan anschließend seinen Agenten am 2. November 1990 ein Schriftstück mit den ab 5. November 1990 geltenden neuen Preisen gesandt, aus dem hervorgeht, dass die Preise von den Betreibern aller Fährverbindungen zwischen Griechenland und Italien gemeinsam festgelegt wurden.

62 Die Klägerin, die zu den Adressaten des Fax vom 30. Oktober 1990 gehört und logischerweise als einer der Betreiber der Routen zwischen Griechenland und Italien anzusehen ist, kann die Beweiskraft, die dieses Schriftstück hinsichtlich ihrer Beteiligung an dem Kartell hat, nicht in Abrede stellen.

63 Sie behauptet, sie habe das von Minoan am 2. November 1990 gesandte Schriftstück nicht erhalten. Aus dem Wortlaut dieses Schriftstücks, dessen Existenz und Authentizität von der Klägerin nicht angezweifelt werden, geht aber hervor, dass sie den Beförderungspreisen für Lkws und dem Zeitpunkt für das Inkrafttreten der neuen Preislisten zugestimmt hatte.

64 Deshalb und unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles, nämlich des Bestehens ähnlicher Vereinbarungen für die Jahre zuvor, kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass die Kommission nicht über ein Schriftstück verfüge, das belege, dass sie der Bitte von Strintzis, ihre Zustimmung zum Inhalt des fraglichen Fax zu bestätigen, gefolgt sei. Nach der Rechtsprechung liegt eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages nämlich schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (Urteile des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-49/92 P, Kommission/Anic Partecipazioni, Slg. 1999, I-4125, Randnr. 130, und in der Rechtssache C-235/92 P, Montecatini/Kommission, Slg. 1999, I-4539, Randnr. 162; Urteile des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-141/89, Tréfileurope/Kommission, Slg. 1995, II-791, Randnr. 95, Cimenteries CBR u. a./Kommission, Randnr. 958, und vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache T-41/96, Bayer/Kommission, Slg. 2000, II-3383, Randnr. 67).

65 Das Vorbringen der Klägerin, sie habe ihre neuen Preise vorab festgesetzt und veröffentlicht, ist aus den Gründen, die bei der Prüfung der Beweiskraft des Fax vom 8. Dezember 1989 dargestellt worden sind, zurückzuweisen. Der Umstand, dass die verschickte Preisliste kein Datum trug, könnte als Indiz dafür angesehen werden, dass zuvor eine Vereinbarung getroffen worden war. Ein Indiz für das Bestehen der Vereinbarung ist auch, dass die beiden Preislisten für die Beförderung von Lkws für 1991, d. h. die Preisliste, die die Klägerin eigenständig festgelegt haben will (vertrauliche Schreiben der Klägerin vom 11. Oktober 1990 an ihre Mitarbeiter und an die Transportunternehmen), und die Preisliste in dem Fax, das Strintzis am 30. Oktober 1990 allen Unternehmen gesandt hatte, nicht nur exakt die gleichen Preise enthielten, sondern auch sehr ähnliche Zeitpunkte für das Inkrafttreten nannten (Ende Oktober/Anfang November einerseits und 5. November andererseits).

3. Zum Fax vom 25. Februar 1992

- Vorbringen der Parteien

66 Die Klägerin weist die Interpretation des Fax von ETA vom 25. Februar 1992 an Minoan in der Entscheidung (Randnr. 131) zurück, der zufolge dieses Schriftstück ihre Beteiligung an einer Preisabsprache für die Beförderung von Lkws für 1992 auf der Route Patras-Bari beweise. Sie macht geltend, dass es sich lediglich um ein internes Schriftstück von Drittgesellschaften handele, das weder an sie gerichtet noch ihr auf irgendeine Weise übermittelt worden sei und in dem sich ETA besorgt wegen der Entscheidung der Klägerin geäußert habe, ihre Tätigkeit auf eine neue Route, die Route Patras-Ortona, auszudehnen. Außerdem betreffe dieses Schriftstück nicht die Klägerin, sondern andere Gesellschaften, die die von der Klägerin beschlossenen und angekündigten Preise beobachteten, um eventuell ihre eigenen Preise anzupassen. Der Inhalt dieses Fax bestätige vielmehr in vollem Umfang die Richtigkeit ihres Vorbringens, dass sie auf der von ihr betriebenen Route eine eigenständige Preispolitik verfolgt und keinen Anlass gehabt habe, mit den Gesellschaften, die auf anderen Routen tätig seien, Vereinbarungen zu treffen oder zusammenzuarbeiten. Schließlich führt die Klägerin hilfsweise aus, dass, selbst wenn man ihre Beteiligung an einer "Vereinbarung" zur Festsetzung der Preise unterstelle, aus diesem Fax hervorgehe, dass die Beteiligung mit Sicherheit 1992 geendet habe.

67 Die Klägerin ergänzt, dass eine nicht nur am Wortlaut orientierte, sondern auch teleologische Auslegung dieses Satzes in Verbindung mit dem übrigen Text des Fax ergebe, dass ETA gegenüber Minoan ihre Besorgnis wegen der Rentabilität der Verbindung und der Politik der Klägerin auf der Route nach Ortona geäußert habe, damit Minoan ihre eigene Politik entsprechend ausrichte und entscheiden könne, ob sie ein Schiff auf der Route nach Ortona betreiben wolle und zu welchen Preisen. Darüber hinaus schreibe ETA zwar, dass "Gespräche in dieser Angelegenheit... bereits begonnen [haben]", doch gebe sie nicht an, mit wem oder zu welchem Zweck.

68 Schließlich habe ETA Minoan die Preisliste für die Routen nach Bari, Ortona und Ancona mitgeteilt, d. h. Preise, die auf diesen Routen tatsächlich in Kraft gewesen und angewandt worden seien; dieser Preisliste habe sie ihre Vorschläge für die Preise auf der Route nach Ortona beigefügt. Dass die Kommission die Worte "in Kraft befindliche Preisliste" als "vereinbarten Tarif" verstanden habe, sei daher willkürlich und verfälsche die wahre Bedeutung des Ausdrucks "in Kraft", nämlich "gültig" oder "angewandt".

69 Die Kommission macht geltend, da die Vereinbarung über die Preisliste für die Route Patras-Bari bereits bestanden habe, zeige dieses Schriftstück, dass Gespräche mit der Klägerin über die auf der Route nach Ortona zu verfolgende Preispolitik begonnen hätten. Aus dem Schriftstück gehe eindeutig hervor, dass sich die Frage der auf der Route Patras-Bari zu verfolgenden Preispolitik nicht stelle, da dort bereits eine Preisliste, die Gegenstand einer Vereinbarung gewesen sei, gegolten habe und die Anstrengungen auf einen neuen Umstand, nämlich die Initiative der Klägerin auf der Route nach Ortona konzentriert worden seien, bezüglich deren bereits Gespräche begonnen hätten.

- Würdigung durch das Gericht

70 Bei dem fraglichen Schriftstück handelt es sich um ein Fax vom 25. Februar 1992, mit dem der Alleinvertreter von Minoan, ETA, die Zentrale von Minoan wie folgt unterrichtete:

"Wir möchten Sie hiermit über die neuesten Entwicklungen auf den Strecken nach Italien unterrichten.

Die Gesellschaft Ventouris hat ihr neues Schiff, die "Polaris", auf der neuen Route Patras/Ortona in Betrieb genommen; das Schiff hat Raum für 150 Lkws.

Die Gesellschaft Karageorgis Lines hat das von ihr gecharterte Schiff "Nordboard" mit Raum für 100 Lkws auf der Route Patras-Ancona in Betrieb genommen.

Damit ist klar, dass auf dieser Route bereits jetzt extrem viel Schiffsraum zur Verfügung steht und dass wir ganz sicherlich eine schwierige Übergangszeit erleben werden.

Wir hoffen, schrittweise die Marilia & Noromorg in Betrieb nehmen zu können. Deshalb konzentrieren wir unsere Anstrengungen auf die Preispolitik, die von der Firma Ventouris auf der Route nach Ortona zu verfolgen ist.

Gespräche in dieser Angelegenheit haben bereits begonnen.

Zur besseren Orientierung geben wir die derzeitigen Beförderungspreise für Bari, Ortona und Ancona sowie die von uns vorgeschlagenen Preise für Ortona an.

...

Wir werden Sie über jede Entwicklung auf dem Laufenden halten."

71 Die Klägerin macht geltend, dass dieses Schriftstück allein kein Beweis für ihre Beteiligung an dem Kartell auf der Route Patras-Bari oder dafür sei, dass das Kartell auf der Route Patras-Bari-Brindisi fortbestehe.

72 Wie aus Randnummer 28 der Entscheidung hervorgeht, hat jedoch die Kommission dieses Schriftstück nicht als Beweis für die Beteiligung der Klägerin am Kartell angesehen, sondern als Indiz dafür, "dass die Vereinbarung zur Beibehaltung der unterschiedlichen Tarife für die einzelnen Fährverbindungen zwischen Griechenland und Italien auch 1992 andauerte". Dieses Schriftstück ist folglich nicht als Beweis für die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell, sondern als Beweis für die Fortdauer des Kartells verwendet worden. Daher braucht im Rahmen der Prüfung der Begründetheit dieses Klagegrundes nicht untersucht zu werden, ob das Schriftstück die Beteiligung der Klägerin beweist.

73 Was die in Randnummer 28 der Entscheidung indirekt geltend gemachte Beweiskraft dieses Schriftstücks hinsichtlich der Fortdauer des Kartells auf der Route Patras-Bari angeht, so ist festzustellen, dass der Verfasser der Schriftstücks, ETA, dem Adressaten, Minoan, die "derzeitigen Beförderungspreise für Bari, Ortona und Ancona" mitteilte. Die Preise für die Routen nach Bari und Ancona stimmen aber mit den Preisen überein, die die beteiligten Unternehmen, darunter die Klägerin, 1990 angewandt hatten, wie aus dem oben geprüften Fax vom 30. Oktober 1990 hervorgeht. Die Kommission konnte daher davon ausgehen, dass die Frage der für die Route Patras-Bari geltenden Preise im Fax vom 25. Februar 1992 deswegen nicht angesprochen wurde, weil das Kartell fortbestand.

74 Dieses Schriftstück konnte folglich als Beweis für die Fortdauer des Kartells auf der Route von Patras nach Bari im Jahr 1992 verwendet werden, wie die Kommission dies in Randnummer 28 der Entscheidung getan hat.

4. Zum Fernschreiben vom 24. November 1993 und zum Treffen vom selben Tag

- Vorbringen der Parteien

75 Die Klägerin bezieht sich auf das Fernschreiben von ETA vom 24. November 1993 an Minoan. Zunächst trägt sie vor, dass ihr dieses Fernschreiben nicht geschickt worden sei. Außerdem enthalte die Entscheidung einen Fehler, da darin auf der Grundlage dieses Schriftstücks erklärt werde, dass die Klägerin an einer Preisabsprache für die Beförderung von Lkws für die Zeit von 1993 bis zum Juli 1994 beteiligt gewesen sei. Seit 1992 habe sie eine eigenständige Preispolitik verfolgt, der 1993 der Gedanke zugrunde gelegen habe, dass sie durch eine Erhöhung ihrer Preise um 5 % bis 10 % die Inflation auffangen könne. Wegen der Markttransparenz in Preisfragen und in der Annahme, dass sie entschlossene Reaktionen der übrigen Gesellschaften des relevanten Marktes auslösen würde, wenn sie ihre Preise um den genannten Prozentsatz erhöhen würde, zumal sie ein kleines Unternehmen sei, habe sie, um den übrigen Gesellschaften, die noch stärkere Erhöhungen ins Auge gefasst hätten, zuvorzukommen, eigenständig und unabhängig beschlossen, ihre Preise um 15 % zu erhöhen.

76 Die Klägerin bestreitet nicht, dass sie an dem Treffen vom 24. November 1993, auf das in dem vorstehend genannten Fernschreiben verwiesen wird, teilgenommen hat. Sie behauptet aber, dass sie, nachdem sie die übrigen dort vertretenen Gesellschaften darüber unterrichtet habe, dass sie ihre Preispolitik bereits zuvor beschlossen habe, und ihnen die von ihr geplanten Preiserhöhungen für die Beförderung von Lkws auf der Route Patras-Bari mitgeteilt habe, das Treffen verlassen habe, bevor die Teilnehmer eine Vereinbarung erzielt hätten, wodurch sie den übrigen Gesellschaften klar zu verstehen gegeben habe, dass sie Vereinbarungen oder Verhandlungen dieser Art ablehne.

77 Sodann weist die Klägerin den Schluss zurück, den die Kommission aus diesem Fernschreiben hinsichtlich des Zeitpunkts des Inkrafttretens der angeblichen Vereinbarung gezogen hat. Da die Zusammenkunft, bei der die Vereinbarung getroffen worden sei, am 24. November 1993 stattgefunden habe, könne die Kommission, selbst wenn man ihre Beteiligung an der Vereinbarung als erwiesen unterstelle, auf keinen Fall die Ansicht vertreten, wie sie dies in den Randnummern 128 und 154 der Entscheidung getan habe, dass sie an einer "Vereinbarung" zur Festsetzung der Beförderungspreise für Lkws für das gesamte Jahr 1993 beteiligt gewesen sei. Die Klägerin bezieht sich in diesem Zusammenhang auf das Postskriptum des Verfassers des Fernschreibens, in dem von dem günstigen Ergebnis die Rede ist, zu dem 14 Gesellschaften gelangt seien und an das sie sich halten würden, ohne dass ein Vertrag erforderlich wäre. Diese Aussage sei so vage, dass sie nicht als Beweis für ihre Beteiligung an dem "günstigen Ergebnis" oder irgendeiner "Vereinbarung" angesehen werden könne. Schließlich unterstreicht die Klägerin, dass aus dem fraglichen Fernschreiben weder hervorgehe, welche Parteien die "bisherige Vereinbarung" getroffen hätten, noch, in welchem Zeitraum diese in Kraft gewesen sei und wann sie geendet habe.

78 Die Kommission ist der Ansicht, dass sich aus diesem Schriftstück ergebe, dass bei dem Treffen vom 24. November 1993, an dem die Klägerin nach ausdrücklichem Eingeständnis teilgenommen habe, die Erhöhung der Preise um 15 % erörtert und schließlich eine Vereinbarung erzielt worden sei.

- Würdigung durch das Gericht

79 Das Fernschreiben vom 24. November 1993 hat ETA Minoan gesandt, um ihr die Ergebnisse eines Treffens vom selben Tag zwischen mehreren Reedereien mitzuteilen, dessen Zweck die Anpassung der Preise auf den Strecken von Patras nach Ancona, Brindisi und Bari im Jahr 1994 war. In dem Fernschreiben heißt es:

"Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir uns auf dem heutigen Treffen auf eine Anpassung des Tarifs für die Fahrzeugbeförderung um ca. 15 % geeinigt haben,... die schon am 16. Dezember 1993 in Kraft treten soll.

Darüber sind wir sehr zufrieden, denn zunächst standen wir ja vor dem Problem, dass die bisherige Vereinbarung aufgrund des Widerstands von Kosma-Giannatou und Ventouris A. in die Brüche gegangen war. Wir brachten die Dinge nach und nach in Ordnung, setzten uns erfolgreich gegen die vorgeschlagenen 5 % bis 10 % (wie von Strintzis, Ventouris G. und Adriatica befürwortet) durch und gelangten schließlich zum oben genannten Prozentsatz.

Wir rechnen nicht damit, dass diese Erhöhung nachteilige Auswirkungen auf den Waren- oder Passagierverkehr haben wird.

Außerdem erreichten wir im Hinblick auf die verschiedenen Konflikte, die bekanntlich wegen der vorhandenen Diskrepanzen zwischen den Häfen bestehen, einen Interessenausgleich.

Wir können wirklich sehr zufrieden sein, denn legt man das Aufkommen von 1993 zugrunde, wird unser Unternehmen ab sofort einen zusätzlichen Nettoerlös in der Größenordnung von 600 000 000 [Drachmen] jährlich verbuchen können.

...

PS: Wir hoffen, dass diese Vereinbarung dazu beitragen wird, dass bei dem Treffen in der nächsten Woche zwischen Vertretern der Gesellschaften aus Kreta (die beiden Vertreter der Gesellschaften waren heute anwesend) eine ähnliche Vereinbarung (im Sinne des Preisschutzes) zustande kommt und wir den Erfolg von 14 Gesellschaften (die nichts anderes gemeinsam haben) wiederholen werden, die diese Vereinbarung einhalten, ohne dass ein Vertrag erforderlich wäre. Wir bitten um Nachsicht für unser Drängen, doch so ist die Lage, weil wegen des scharfen Wettbewerbs in Kreta viel Geld verloren gegangen ist und bedauerlich ist, dass die im Ausland erzielten Erfolge dazu verwendet werden, diese Verluste in entsprechender Höhe auszugleichen.

..."

80 Dieses Fernschreiben belegt, dass am 24. November 1993 einige der auf den Routen zwischen Griechenland und Italien tätigen Reedereien (wahrscheinlich 14) zusammenkamen, um zu versuchen, sich über eine Anpassung der Preise für 1994 zu einigen. Das Schriftstück zeigt, dass es Versuche gab, zu einer Willensübereinstimmung zwischen einigen Gesellschaften hinsichtlich des Verhaltens auf dem Markt zu gelangen.

81 Die Klägerin räumt ein, dass sie an diesem Treffen teilgenommen habe. Sie behauptet aber, dass sie sich darauf beschränkt habe, den übrigen vertretenen Gesellschaften mitzuteilen, dass sie sie vorab über ihre Preispolitik unterrichtet habe, und dass sie, nachdem sie ihnen die von ihr geplanten Erhöhungen der Beförderungspreise für Lkws auf der Route Patras-Bari um 15 % mitgeteilt habe, das Treffen verlassen habe, bevor die Teilnehmer eine Vereinbarung erzielt hätten, wodurch sie den übrigen Gesellschaften klar zu verstehen gegeben habe, dass sie Vereinbarungen ablehne.

82 Die Klägerin legt jedoch keine Beweise für diese Behauptungen vor. Es gibt nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin das Treffen vor dem Abschluss der Vereinbarung verließ oder dass sie gegenüber den übrigen Gesellschaften, die an dem Treffen teilnahmen, zum Ausdruck brachte, dass sie diese Art von Vereinbarung oder Abstimmung ablehne. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass diesem Treffen andere Treffen und Schriftwechsel mit demselben Gegenstand vorangegangen waren, an denen nach dem fraglichen Schriftstück die Klägerin ebenfalls beteiligt gewesen war.

83 Unter diesen Umständen kann nicht bestritten werden, dass die Klägerin an einer gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden Vereinbarung über die Anpassung der Beförderungspreise für Lkws für das Jahr 1994 beteiligt war.

84 Die Behauptung der Klägerin, sie habe sich darauf beschränkt, den anderen Gesellschaften ihren bereits eigenständig getroffenen Beschluss mitzuteilen, und sich anschließend von den streitigen Verhandlungen zurückgezogen, wird durch den Inhalt des Schriftstücks widerlegt. Dessen Verfasser erwähnt nämlich das "Problem, dass die bisherige Vereinbarung aufgrund des Widerstands von Kosma-Giannatou und Ventouris A. in die Brüche gegangen war", und schreibt weiter: "Wir brachten die Dinge nach und nach in Ordnung, setzten uns erfolgreich gegen die vorgeschlagenen 5 % bis 10 % (wie von Strintzis, Ventouris G. und Adriatica befürwortet) durch...". Die zitierten Passagen beweisen, dass Erörterungen und Verhandlungen stattfanden, in deren Rahmen es einige interne Einwände und Unstimmigkeiten gab, die ausgeräumt werden konnten, und dass eine Vereinbarung erzielt wurde. Schließlich hat die Klägerin nicht bestritten, dass sie ausdrücklich als eines der Unternehmen genannt wird, die ursprünglich einen anderen Standpunkt geäußert hatten und die sich im Verlauf der Erörterungen mit dem Prozentsatz der Erhöhung der fraglichen Preise einverstanden erklärten, dem schließlich alle Unternehmen zustimmten.

85 Auch das Vorbringen, die Klägerin sei autonom gewesen und habe vorab und einseitig beschlossen, die Preise um 15 % zu erhöhen, ist zurückzuweisen. Der Wortlaut des Fernschreibens ist hinreichend klar, um zu belegen, dass eine Erörterung stattgefunden hatte und dass die Klägerin daran aktiv teilgenommen hatte.

86 Außerdem geht aus dem Text des Fernschreibens hervor, dass vor dem Treffen im November 1993 bereits eine Vereinbarung existierte und fortbestand. Im Postskriptum des Fernschreibens wird nämlich auf die Vereinbarung Bezug genommen, die von den 14 Gesellschaften eingehalten werde, ohne dass ein Vertrag erforderlich wäre. Unter diesen Umständen konnte die Kommission davon ausgehen, dass die Klägerin, die als eines der Unternehmen genannt wird, die ihren Standpunkt bei dem Treffen bereits geäußert hatten, eine der 14 Gesellschaften war, die die Vereinbarung in der Vergangenheit, d. h. im Jahr 1993, eingehalten hatten. Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass das Fernschreiben keine genauen Angaben dazu enthalte, welche und wie viele Unternehmen die "bisherige Vereinbarung" getroffen hätten und in welchem Zeitraum diese in Kraft gewesen sei.

87 Unter diesen Umständen durfte die Kommission davon ausgehen, dass die Klägerin gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßen hatte, selbst wenn sie bei der Festlegung ihrer Preispolitik die bei dem Treffen ausgehandelten Parameter nicht beachtet haben sollte.

88 Durch das Vorbringen der Klägerin wird diese Feststellung nicht entkräftet.

89 Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dass der Verfasser des Schriftstücks mitteilt, dass die bisherige Vereinbarung nicht den erwarteten Erfolg gehabt habe. Nach der Rechtsprechung brauchen nämlich bei der Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckt (Urteile Consten und Grundig/Kommission, und Cimenteries CBR u. a./Kommission, Randnrn. 1120 und 1170).

90 Darüber hinaus stellt die Beteiligung an Verhaltensabstimmungen zum Zweck der Beschränkung des Wettbewerbs eine Zuwiderhandlung dar, ohne dass ermittelt werden müsste, ob die Klägerin an der fraglichen Konferenz freiwillig oder entsprechend ihrem Vorbringen unter Zwang teilgenommen hat (Urteile Mayr-Melnhof/Kommission, Randnr. 135, und Tréfileurope/Kommission, Randnrn. 58 und 71).

91 Die vorstehenden Feststellungen werden nicht dadurch entkräftet, dass die Klägerin nicht Adressatin des Fernschreibens war und dass ihr Name darin nicht genannt wurde. Die Schriftstücke, die bei einer Kontrolle in den Geschäftsräumen anderer beschuldigter Unternehmen gefunden werden, können nämlich als Beweis gegen die Klägerin verwendet werden (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1991 in der Rechtssache T-3/89, Atochem/Kommission, Slg. 1991, II-1177, Randnrn. 31 bis 38). Auch die fehlende Erwähnung eines Unternehmens in einem Schriftstück führt nicht dazu, dass seine Beteiligung an der Vereinbarung verneint wird, wenn diese bereits durch andere Schriftstücke bewiesen wurde und die fehlende Erwähnung kein anderes Licht auf die schriftlichen Beweise werfen kann, die die Kommission verwendet hat, um die Beteiligung des Unternehmens an der Vereinbarung darzutun (Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, Randnrn. 1390 und 1391).

92 Was schließlich das Vorbringen angeht, die Klägerin habe nicht gewusst, dass bereits ihre Beteiligung an dem Treffen als Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages eingestuft werden könne, so ist daran zu erinnern, dass die Einstufung einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft als vorsätzlich nicht voraussetzt, dass sich das Unternehmen des Verstoßes gegen Artikel 85 des Vertrages bewusst war; es genügt, dass es wissen musste, dass das ihm zur Last gelegte Verhalten eine Einschränkung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt bezweckte oder bewirkte (Urteile des Gerichts vom 2. Juli 1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnr. 157, und vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-310/94, Gruber + Weber/Kommission, Slg. 1998, II-1043, Randnrn. 249 und 259).

93 Nach alledem hat die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten, dass die vorstehend untersuchten Schriftstücke die Beteiligung der Klägerin an dem Kartell auf der Route Patras-Bari bewiesen.

94 Das weitere Vorbringen der Klägerin, das nachstehend geprüft wird, ist nicht geeignet, diese Feststellung zu entkräften.

5. Zum Vorbringen bezüglich des Fernschreibens vom 7. Januar 1993

95 Die Klägerin wirft der Kommission zu Unrecht vor, sie habe Schriftstücke, die die Klägerin entlasteten, nicht berücksichtigt. Sie bezieht sich insoweit auf das Fernschreiben von Minoan vom 7. Januar 1993 an die übrigen Gesellschaften der Route Patras-Ancona (Anek, Karageorgis und Strintzis) und insbesondere auf den Hinweis auf die "endlosen Diskussionen" mit den auf den übrigen Routen tätigen Gesellschaften, aus dem verständlich werde, dass sie keine Absicht und keinen Grund gehabt habe, sich an den Diskussionen zu beteiligen, die auf den Abschluss einer Preisabsprache gezielt hätten. Dieses Fernschreiben sei eines von zahlreichen Schriftstücken, die bewiesen, dass die fragliche "Vereinbarung" nur die Gesellschaften der Route Patras-Ancona und nicht die Gesellschaften der anderen, südlicher verlaufenden Routen betroffen habe.

96 In diesem Fernschreiben vom 7. Januar 1993, in dem Minoan Strintzis, Anek und Karageorgis einen Vorschlag für eine Anpassung der Beförderungspreise für Fahrzeuge auf den Routen zwischen Griechenland und Italien unterbreitete, heißt es: "Unsere Entscheidung, mit Ihnen zu einer Vereinbarung über die Anpassung zu gelangen, ohne erst die Unternehmen auf den anderen Routen nach Italien zu konsultieren, rührt aus dem Wunsch her, die endlosen Diskussionen zu vermeiden, die sich im Fall einer solchen Konsultation ergeben würden. Wir glauben, dass diese gemeinsame Vereinbarung von diesen Unternehmen positiv aufgenommen wird. Sollte dies nicht der Fall sein, gehen wir davon aus, dass der Verlust an Verkehrsaufkommen an billigere Häfen nicht mehr als die der Anpassung unserer Preise entsprechenden 15 % betragen wird... Wir rechnen mit Ihrer Zustimmung." Dem Fernschreiben war eine Preisliste beigefügt.

97 Aus diesem Fernschreiben ergibt sich, dass Minoan unmittelbar mit ihren Hauptkonkurrenten auf der Route Patras-Ancona, d. h. mit Strintzis, Anek und Karageorgis, verhandeln und die Betreiber der anderen Routen, darunter die Klägerin, von den Verhandlungen ausschließen wollte. Dieses Schriftstück allein kann somit nicht die Beteiligung der Klägerin und der übrigen Gesellschaften der Route Patras-Bari-Brindisi an dem in ihm erwähnten Versuch einer Preisanpassung belegen.

98 Gleichwohl ergibt sich keineswegs aus diesem Fernschreiben, dass die beteiligten Unternehmen (der Verfasser und die Adressaten) dagegen waren, dass sich die anderen Unternehmen, d. h. die Betreiber der übrigen Routen nach Italien, an der fraglichen Anpassungsinitiative beteiligten. Das Fernschreiben zeigt vielmehr, dass Minoan völlig darauf vertraute, dass die beigefügte Vereinbarung "von diesen Unternehmen positiv aufgenommen wird". Auch der Umstand, dass Minoan in dem Fernschreiben betonte, dass sie die "endlosen Diskussionen" mit den Betreibern der anderen italienischen Routen vermeiden wolle, ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin kein Beweis dafür, dass sie dem Kartell nicht angehörte und keine Absicht und keinen Grund hatte, sich an Diskussionen zu beteiligen. Zwar kann dieses Schriftstück nicht als Beweis dafür angesehen werden, dass die auf den Routen Patras-Bari-Brindisi tätigen Gesellschaften an der Vereinbarung über die Preisanpassung beteiligt waren, doch belegt der Hinweis auf die endlosen Diskussionen mit den Gesellschaften der anderen italienischen Routen, dass in der Vergangenheit, nämlich im Jahr 1992, Verhandlungen mit wettbewerbswidrigem Zweck stattgefunden hatten. Außerdem ist dieses Schriftstück ein Indiz dafür, dass Minoan und die übrigen Gesellschaften, die auf der Route Patras-Ancona tätig waren, die auf den anderen Routen tätigen Gesellschaften auffordern wollten, sich der für die Route Patras-Ancona beschlossenen Preisanpassung anzuschließen.

6. Zum Vorbringen, das aus dem gesetzlichen Rahmen und der Politik der griechischen Behörden hergeleitet wird

99 Das Vorbringen, das aus dem gesetzlichen Rahmen und daraus hergeleitet wird, dass die Reedereien darauf angewiesen gewesen seien, Preisinformationen auszutauschen, um sicherzugehen, dass sie angemessene Preise anwendeten, wie dies von der Regierung verlangt werde, kann nicht berücksichtigt werden, da insoweit keine rechtliche Verpflichtung besteht.

100 Das Ministerium für die Handelsmarine hat in seinem in Randnummer 101 der Entscheidung erwähnten Schreiben vom 23. Dezember 1994 Folgendes auf das Schreiben der Kommission vom 28. Oktober 1994 geantwortet:

"...

Was das Memorandum von Strintzis Lines angeht, so habe ich keine besonderen Anmerkungen und möchte nur darauf hinweisen, dass sich das Ministerium nicht in die Preisfestsetzungspolitik der Gesellschaften auf den internationalen Routen einschaltet. Wir werden nur bei der Festsetzung der Preise für die Verbindungen zwischen griechischen Häfen tätig.

Wie ich Ihnen bereits bei unserem Treffen im September erläutert habe, kommt nach Ansicht Griechenlands dem Meereskorridor zwischen den Häfen an seiner Westküste und den Häfen an der Ostküste Italiens größte Bedeutung für das eigene Land und für die Gemeinschaft zu, da dies die einzige wichtige direkte Verbindung zwischen Griechenland und dem Rest der Europäischen Union ist.

Es liegt daher in unserem nationalen Interesse und im Gemeinschaftsinteresse, dass die Schiffe ganzjährig zwischen Griechenland und Italien fahren, damit unsere Ein- und Ausfuhren und der Passagierverkehr erleichtert werden. Sie werden außerdem verstehen, dass wir daran interessiert sind, dass die Tarife wettbewerbsfähig, aber auch so festgelegt sind, dass der Beförderungspreis niedrig bleibt, damit unsere Ein- und Ausfuhren auf den europäischen Märkten wettbewerbsfähig bleiben.

Um zu der speziellen Frage zu kommen, die Sie mir gestellt haben, so muss ich sagen, dass ich im Memorandum von Strintzis nichts entdeckt habe, was mich zu dieser Schlussfolgerung veranlassen könnte.

Ich bin mir sicher, dass es sich um ein Missverständnis handelt. Es ist undenkbar und kommt überhaupt nicht in Frage, dass das Ministerium mit dem Entzug von Betriebsgenehmigungen für die Verbindungen zwischen Inlandshäfen droht, wenn Gesellschaften eine Einigung über die Preise der internationalen Verbindungen ablehnen.

Wie Sie den beigefügten einschlägigen Rechtsvorschriften entnehmen können, ist die vom Ministerium erteilte Betriebsgenehmigung für die Inlandsverbindungen mit bestimmten Verpflichtungen verbunden (ganzjähriger Betrieb, Häufigkeit der Fahrten usw.); wenn diese Verpflichtungen nicht beachtet werden, kann das Ministerium die Genehmigung entziehen. Darüber hinaus werden die Preise periodisch durch Ministerialbeschluss festgelegt. Diese Sondervorschriften betreffen die Schiffe von Gesellschaften, die Betriebsgenehmigungen für den inländischen Teil der Strecke zwischen Griechenland und Italien haben (Patras-Igoumenitsa-Korfu)..."

101 Mit Schreiben vom 17. März 1995 (siehe Randnr. 103 der Entscheidung) hat der Stellvertreter des Ständigen Vertreters der Hellenischen Republik bei den Europäischen Gemeinschaften wie folgt auf ein Schreiben der Kommission vom 13. Januar 1995 geantwortet:

"1. Die griechische Regierung misst dem ungestörten Betrieb der Seeverbindung zwischen den westgriechischen Häfen (hauptsächlich Patras, Igoumenitsa und Korfu) und den italienischen Häfen von Ancona, Bari, Brindisi und Triest große Bedeutung bei.

...

Der ganzjährige, regelmäßige und ununterbrochene Betrieb der Verbindungen zwischen den griechischen und den italienischen Häfen trägt entscheidend dazu bei, die Entwicklung der griechischen Ein- und Ausfuhren, die auch den Gemeinschaftshandel insgesamt berührt, zu erleichtern und sicherzustellen.

Das Interesse der griechischen Regierung und insbesondere des Ministeriums für die Handelsmarine, das die nationale Politik im Bereich des Seeverkehrs ausarbeitet, ist deshalb darauf gerichtet, den reibungslosen Betrieb der Verbindung zwischen Griechenland und Italien zu erhalten.

Die auf dieser Route angebotenen Dienste werden von uns daher als Dienstleistungen eingestuft, die im öffentlichen Interesse unseres Landes liegen. Sie werden deshalb verstehen, dass der griechischen Regierung sehr daran gelegen ist, die Lebensfähigkeit dieser Route zu erhalten, indem mit allen Mitteln ein Preiskrieg verhindert wird, der nicht nur die reibungslose Abwicklung unseres Ein- und Ausfuhrhandels, sondern auch einen reibungslosen Fahrzeug- und Personenverkehr behindern könnte. Wie bereits gesagt, besteht unser Hauptanliegen darin, den Verkehr auf dieser Seeroute ganzjährig sicherzustellen und zu verhindern, dass die Verkehrsströme infolge eines Preiskrieges austrocknen.

2. Auf der Grundlage dieser Feststellungen und der daraufhin eingenommenen Standpunkte haben die zuständigen Abteilungen des griechischen Ministeriums für die Handelsmarine Entscheidungen getroffen, um die Frage des reibungslosen Fahrzeugverkehrs für die einzelnen Jahreszeiten möglichst angemessen zu regeln. Dementsprechend sind Maßnahmen ergriffen worden, damit auf Passagier- und Fahrzeugfähren stets eine bestimmte Zahl von Plätzen für Güterkraftfahrzeuge reserviert ist und der Parkraum der Schiffe insbesondere in den Sommermonaten, wenn der Passagierverkehr lebhafter ist, nicht bereits durch Pkws ausgelastet ist. Auf diese Weise ist es ermöglicht worden, den Warenstrom zu erhalten und die reibungslose Versorgung der Märkte sicherzustellen.

Ferner ist auf strenge Beachtung der Streckenpläne der Schiffe geachtet worden, damit Verspätungen vermieden werden, aber auch, damit Fragen wie das Vorhandensein angemessener Liegeplätze in den Zielhäfen der Schiffe geregelt werden können, um deren Sicherheit zu gewährleisten und die Dienstleistungen für die beförderten Passagiere und Kraftfahrzeuge zu verbessern.

3. Was die von den Reedereien verlangten Frachtraten angeht, so weisen wir darauf hin, dass sich die Tätigkeit des Ministeriums für die Handelsmarine als zuständiger Behörde für die Schifffahrtskontrolle hinsichtlich der Frachtraten für die Küstenverbindungen auf die Festsetzung der Preise für die inländische Küstenschifffahrt beschränkt. Auf den internationalen Routen wird auch in den Fällen, in denen die Fahrt Zwischenstopps in griechischen Häfen umfasst (z. B. Patras-Korfu-Ancona), zwar die Strecke zwischen den griechischen Häfen durch eine genehmigte Preisliste geregelt, die Preise für die Fahrt zwischen Griechenland und Italien von den Betreibern der Linie aber frei festgesetzt. In diesem Fall wird der Gesamtpreis der für einen Endzielort in Italien ausgestellten Fahrkarte durch den staatlich festgesetzten Preis für den griechischen Beförderungsabschnitt beeinflusst, selbstverständlich jedoch nur mittelbar und partiell.

Was die Preise für Reisen ins Ausland betrifft, die, wie bereits gesagt, frei festgesetzt werden, so gibt das Ministerium für die Handelsmarine den Reedereien Anreize, die Preise niedrig und wettbewerbsfähig zu halten und auf jeden Fall zu vermeiden, dass die jährlichen Erhöhungen die Inflationsrate überschreiten. Unsere nationalen Interessen verlangen nämlich, dass unser Ausfuhrhandel wettbewerbsfähig und unsere Einfuhren so billig wie möglich bleiben. Auf dieser Grundlage können die Reedereien ihre Preise anhand ihrer eigenen geschäftlichen und wirtschaftlichen Kriterien festlegen.

Diese Freiheit wird durch die griechischen Rechtsvorschriften dann beschränkt, wenn sie zu unlauterem Wettbewerb führt. Im Einzelnen soll das Gesetz Nr. 4195/1929 (Kopie in der Anlage) einen unlauteren Wettbewerb zwischen Reedereien verhindern, die Linien zwischen Griechenland und dem Ausland betreiben, indem insbesondere unseriös niedrige Preise, das gleichzeitige Auslaufen von zwei oder mehr dieselbe Route befahrenden Schiffen aus demselben Hafen und die Nichtdurchführung der angekündigten Fahrt (mit Ausnahme bestimmter Fälle höherer Gewalt - Artikel 3) untersagt werden. Im Fall unlauteren Wettbewerbs kann das Ministerium für die Handelsmarine Preisunter- und -obergrenzen festsetzen (Artikel 4). In diesem Rahmen gibt das Ministerium den Gesellschaften informelle Anreize, ihre Preise niedrig zu halten und zu vermeiden, dass die jährlichen Erhöhungen die Inflationsrate überschreiten.

4. Die vorstehenden Ausführungen erschienen uns notwendig, um zu verdeutlichen, dass der Seeverkehr zwischen Patras und Italien, der ohne jede staatliche Hilfe durch private Initiative eingerichtet wurde, weiter ungestört funktionieren muss, damit die dort eingesetzten Schiffe die im öffentlichen Interesse unseres Landes liegenden Leistungen erbringen, da diese Seeverbindung die einzige direkte Verbindung zu den Ländern der Europäischen Union ist.

5. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass der rechtliche Rahmen für die Erteilung und den Entzug der Betriebsgenehmigungen, die, wie bereits gesagt, nur für die inländischen Verbindungen in Griechenland gelten, bestimmt, dass das Ministerium für die Handelsmarine die Betriebsgenehmigung entziehen kann, wenn die Gesellschaft die in ihrer Betriebsgenehmigung angegebenen Verpflichtungen nicht beachtet (z. B. ordnungsgemäße Durchführung der angekündigten Fahrten, jährliche Stilllegungszeit, angemessene Häufigkeit der Fahrten)."

102 In diesen beiden Schreiben der griechischen Behörden wird zwar betont, dass das geordnete Funktionieren und die Regelmäßigkeit des Betriebes der Seeverbindungen zwischen Griechenland und Italien eine wichtige nationale Angelegenheit ist, doch bestätigen die Schreiben, dass der Abschluss von Preisabsprachen für die internationalen Routen weder durch das griechische Recht noch durch die Politik der griechischen Behörden vorgeschrieben wird.

103 Zwar geht aus den Erklärungen der griechischen Behörden gegenüber der Kommission hervor, dass eines ihrer Hauptanliegen darin bestand, ganzjährig einen regelmäßigen Betrieb der Seeverbindungen nach Italien sicherzustellen, und dass sie die schädlichen Auswirkungen fürchteten, die unlautere Wettbewerbshandlungen wie z. B. ein Preiskrieg haben konnten. Weiter steht fest, dass das Gesetz dem Ministerium für die Handelsmarine zur Verhinderung derartiger Handlungen die Befugnis zur Festsetzung von Preisunter- und -obergrenzen gab. Gleichwohl wäre eine Abstimmung über die Preise auch in einem solchen Fall keineswegs berechtigt, da die einzelnen Unternehmen die Freiheit behalten würden, innerhalb der fraglichen Ober- und Untergrenzen selbständig ihre Preise zu beschließen. Außerdem bestätigen die Erklärungen in den vorstehend geprüften Schreiben, dass die Preise für die Seerouten zwischen Griechenland und Italien von den auf diesen Routen tätigen Gesellschaften frei festgesetzt werden. Ferner folgt aus diesen Erklärungen unbestreitbar, dass das Ministerium für die Handelsmarine den Reedereien zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Ausfuhren und der Angemessenheit der Einfuhrpreise keine Anreize dazu gab, in Absprache miteinander die Preise zu erhöhen, sondern lediglich dazu, ihre Preise niedrig und wettbewerbsfähig zu halten und auf jeden Fall zu vermeiden, dass die jährlichen Erhöhungen die Inflationsrate überschritten.

104 Daraus folgt, dass alle Reedereien, die auf den genannten Routen tätig sind, über beträchtliche Autonomie bei der Festlegung ihrer Preispolitik verfügten und daher stets den Wettbewerbsregeln unterlagen. Die zitierten Schreiben zeigen, dass nach Ansicht der griechischen Behörden die uneingeschränkte Anwendung der Wettbewerbsregeln und damit das Verbot von Preisabsprachen nach Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages die Reedereien weder rechtlich noch tatsächlich daran hinderten, die ihnen durch die griechische Regierung übertragene Aufgabe zu erfuellen. Dass die Ständige Vertretung der Hellenischen Republik in ihrem Schreiben vom 17. März 1995 den Betrieb der Verbindungen zwischen Griechenland und Italien als "Dienstleistung im öffentlichen Interesse" einstufte, ist daher für die Zwecke der Anwendung des Artikels 85 des Vertrages nicht relevant. Aus denselben Gründen braucht nicht geprüft zu werden, ob die Kommission zu Recht das Vorbringen zurückweist, dass die von der Entscheidung betroffenen Unternehmen nach Gemeinschaftsrecht als mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraute Unternehmen im Sinne von Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 Absatz 2 EG) anzusehen seien.

105 Die Angaben in den fraglichen Schreiben bestätigen, dass sich die Klägerin nicht auf ein Zusammentreffen von Faktoren berufen kann, die die Preise für den internationalen Teil der Routen zwischen Griechenland und Italien beeinflusst und die Autonomie der Unternehmen bei der Planung und Festlegung ihrer Preispolitik beschränkt hätten. Die Schreiben bestätigen, dass sich das griechische Ministerium für die Handelsmarine nur insoweit in die Preisfestsetzungspolitik der Gesellschaften auf den internationalen Routen einmischte, als es ihnen informelle Anreize gab, ihre Preise niedrig zu halten und zu vermeiden, dass die jährlichen Preiserhöhungen die Inflationsrate überschritten. Angesichts dieses Verhaltens der griechischen Behörden blieb auf dem Markt eindeutig die Möglichkeit eines Wettbewerbs bestehen, der durch selbständige Verhaltensweisen der Unternehmen verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden konnte.

106 Nach alledem ist der erste Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Rechtswidrigkeit der von der Kommission in den Geschäftsräumen von ETA durchgeführten Kontrolle

Vorbringen der Parteien

107 Die Klägerin macht geltend, dass die von der Kommission berücksichtigten Schriftstücke rechtswidrig erlangt worden seien, da sie bei einer Nachprüfung entdeckt worden seien, die Bedienstete der Kommission im Juli 1994 in den Geschäftsräumen einer Gesellschaft (ETA) auf der Grundlage eines Auftrags zur Durchsuchung der Geschäftsräume einer anderen Gesellschaft (Minoan) durchgeführt hätten. Da ETA nicht dieselbe juristische Person sei wie Minoan, sondern lediglich deren Generalvertreterin, und da die Bediensteten der Kommission keinen Auftrag zur Durchsuchung der Geschäftsräume von ETA gehabt hätten, seien die dort durchgeführten Ermittlungen rechtswidrig, und die in diesen Geschäftsräumen entdeckten Schriftstücke und Daten seien von der Kommission rechtswidrig erlangt worden. Sie könnten daher nicht als belastende Beweise berücksichtigt werden.

108 Die Kommission trägt zunächst vor, dass die Behauptung der Klägerin, die von der Kommission im vorliegenden Fall berücksichtigten Schriftstücke seien bei der Kontrolle in den Geschäftsräumen von ETA erlangt worden, ungenau und unzutreffend sei. So seien nur zwei der vier Schriftstücke, die die Klägerin in ihrer Klageschrift erwähne, bei der Kontrolle in den Geschäftsräumen von ETA gefunden worden, die beiden anderen seien Schriftsätzen beigefügt gewesen, die Anek bei der Kommission eingereicht habe. Auch das Fernschreiben vom 22. Oktober 1991, das in Randnummer 131 der Entscheidung erwähnt werde, sei der Antwort beigefügt gewesen, die Strintzis auf ein Auskunftsverlangen der Kommission gegeben habe (Mitteilung der Beschwerdepunkte, Nr. 23, Fußnote 19).

109 Das vorstehend wiedergegebene Vorbringen der Klägerin sei jedenfalls zurückzuweisen. Der Umstand, dass ETA über eine eigenständige und gesonderte Rechtspersönlichkeit verfüge, hindere nicht daran, ihr Verhalten einer anderen Gesellschaft zuzurechnen, da im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft nicht eine rein rechtliche, sondern eine wirtschaftliche Betrachtung erforderlich sei.

110 Entscheidend sei im vorliegenden Fall, dass ETA im Namen und für Rechnung von Minoan gehandelt habe, deren Alleinvertreterin sie gewesen sei (Randnr. 136 der Entscheidung), und dass sie Minoan nach den zwischen ihnen geschlossenen Verträgen bei allen nationalen und internationalen Behörden sowie im Verband der griechischen Reeder vertreten habe.

Würdigung durch das Gericht

111 Die Klägerin wirft der Kommission im Rahmen dieses Klagegrundes im Wesentlichen vor, sie habe die Beweise, auf die die Entscheidung gestützt sei, rechtswidrig zusammengetragen, da sie sie bei einer Nachprüfung in den Geschäftsräumen eines Unternehmens erlangt habe, das nicht Adressat der Nachprüfungsentscheidung gewesen sei. Dadurch habe sie ihre Nachprüfungsbefugnisse missbraucht und gegen Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 und die allgemeinen Rechtsgrundsätze verstoßen.

112 Die Begründetheit dieses Klagegrundes ist unter Berücksichtigung der Grundsätze, denen die Nachprüfungsbefugnisse der Kommission unterliegen, und des tatsächlichen Kontextes des Falles zu prüfen.

A - Nachprüfungsbefugnisse der Kommission

113 Wie aus der 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 4056/86 hervorgeht, soll diese Verordnung nach dem Willen des Gesetzgebers "die Entscheidungsbefugnisse und die Sanktionen, die erforderlich sind, um die Beachtung der Verbote gemäß Artikel 85 Absatz 1 und Artikel 86 [des Vertrages] zu gewährleisten, sowie die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 umfassen".

114 Im Einzelnen sind die Befugnisse der Kommission zu Nachprüfungen vor Ort in Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 aufgeführt, der wie folgt lautet:

"Artikel 18

Nachprüfungsbefugnisse der Kommission

(1) Die Kommission kann zur Erfuellung der ihr in dieser Verordnung übertragenen Aufgaben bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen.

Zu diesem Zweck verfügen die beauftragten Bediensteten der Kommission über folgende Befugnisse:

a) die Bücher und sonstigen Geschäftsunterlagen zu prüfen,

b) Abschriften oder Auszüge aus Büchern und Geschäftsunterlagen anzufertigen,

c) mündliche Erklärungen an Ort und Stelle anzufordern,

d) alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten.

(2) Die mit der Nachprüfung beauftragten Bediensteten der Kommission üben ihre Befugnisse unter Vorlage eines schriftlichen Prüfungsauftrags aus, in dem der Gegenstand und der Zweck der Nachprüfung bezeichnet sind und in dem auf die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen für den Fall hingewiesen wird, dass die angeforderten Bücher oder sonstigen Geschäftsunterlagen nicht vollständig vorgelegt werden. Die Kommission unterrichtet die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, rechtzeitig vor der Nachprüfung über den Prüfungsauftrag und die Person des beauftragten Bediensteten.

(3) Unternehmen und Unternehmensvereinigungen sind verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, welche die Kommission in einer Entscheidung angeordnet hat. Die Entscheidung bezeichnet den Gegenstand und den Zweck der Nachprüfung, bestimmt den Zeitpunkt des Beginns der Nachprüfung und weist auf die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c) und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe d) vorgesehenen Zwangsmaßnahmen sowie auf das Recht hin, vor dem Gerichtshof gegen die Entscheidung Klage zu erheben.

(4) Die Kommission erlässt die in Absatz 3 bezeichneten Entscheidungen nach Anhörung der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll.

(5) Bedienstete der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet die Nachprüfung vorgenommen werden soll, können auf Antrag dieser Behörde oder auf Antrag der Kommission die Bediensteten der Kommission bei der Erfuellung ihrer Aufgaben unterstützen.

(6) Widersetzt sich ein Unternehmen einer aufgrund dieses Artikels angeordneten Nachprüfung, so gewährt der betreffende Mitgliedstaat den beauftragten Bediensteten der Kommission die erforderliche Unterstützung, damit diese ihre Nachprüfungen durchführen können. Zu diesem Zweck treffen die Mitgliedstaaten vor dem 1. Januar 1989 und nach Anhörung der Kommission die erforderlichen Maßnahmen."

115 Da der Wortlaut des Artikels 18 der Verordnung Nr. 4056/86 mit dem des Artikels 14 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1992, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), übereinstimmt und diese beiden Verordnungen auf der Grundlage des Artikels 87 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 83 EG) erlassen wurden, um die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 EG-Vertrag und des Artikels 86 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 EG) festzulegen, kann die Rechtsprechung zum Umfang der Nachprüfungsbefugnisse der Kommission aus Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 auch im vorliegenden Fall herangezogen werden.

116 Entsprechend Artikel 87 Absatz 2 Buchstaben a und b des Vertrages bezweckt die Verordnung Nr. 17, die Beachtung der in den Artikeln 85 Absatz 1 und 86 des Vertrages genannten Verbote zu gewährleisten und die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 festzulegen. Die Verordnung soll damit sicherstellen, dass das in Artikel 3 Buchstabe f des Vertrages niedergelegte Ziel erreicht wird. Zu diesem Zweck räumt sie der Kommission weitgehende Ermittlungs- und Nachprüfungsbefugnisse ein; in ihrer achten Begründungserwägung heißt es, die Kommission müsse im gesamten Bereich des Gemeinsamen Marktes über die Befugnis verfügen, Auskünfte zu verlangen und Nachprüfungen vorzunehmen, "die erforderlich sind", um Verstöße gegen die Artikel 85 und 86 des Vertrages zu ermitteln (Urteile des Gerichtshofes vom 26. Juni 1980 in der Rechtssache 136/79, National Panasonic/Kommission, Slg. 1980, 2033, Randnr. 20, und vom 18. Mai 1982 in der Rechtssache 155/79, AM & S/Kommission, Slg. 1982, 1575, Randnr. 15). In diesem Sinne ist auch die 16. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 4056/86 formuliert.

117 Der Gemeinschaftsrichter hat ferner auf die Bedeutung hingewiesen, die die Beachtung der Grundrechte und insbesondere der Verteidigungsrechte in allen Verfahren zur Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrages hat, und in seinen Urteilen erläutert, wie im Verwaltungsverfahren sowie in den Vorstadien der Untersuchung und der Erlangung von Auskünften die Verteidigungsrechte und die Befugnisse der Kommission miteinander in Einklang zu bringen sind.

118 Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör von der Kommission sowohl in Verwaltungsverfahren, die zu Sanktionen führen können, als auch in Voruntersuchungsverfahren zu beachten ist, da verhindert werden muss, dass dieser Anspruch in Voruntersuchungsverfahren in nicht wieder gutzumachender Weise beeinträchtigt wird; insbesondere gilt dies bei Nachprüfungen, die für die Erbringung von Beweisen für rechtswidrige Verhaltensweisen von Unternehmen, die geeignet sind, deren Haftung auszulösen, von entscheidender Bedeutung sein können (Urteil des Gerichtshofes vom 21. September 1989 in den Rechtssachen 46/87 und 227/88, Hoechst/Kommission, Slg. 1989, 2859, Randnr. 15).

119 Was insbesondere die der Kommission durch Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 übertragenen Nachprüfungsbefugnisse und die Frage angeht, inwieweit diese Befugnisse durch die Verteidigungsrechte eingeschränkt werden, so hat der Gerichtshof anerkannt, dass das Erfordernis eines Schutzes vor willkürlichen oder unverhältnismäßigen Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer natürlichen oder juristischen Person einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 19, und Urteil des Gerichtshofes vom 22. Oktober 2002 in der Rechtssache C-94/00, Roquette Frères, Slg. 2002, I-9011, Randnr. 27). Der Gerichtshof hat entschieden, dass in allen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer natürlichen oder juristischen Person einer Rechtsgrundlage bedürfen und aus den gesetzlich vorgesehenen Gründen gerechtfertigt sein müssen; diese Rechtsordnungen sehen daher, wenn auch in unterschiedlicher Ausgestaltung, einen Schutz vor willkürlichen oder unverhältnismäßigen Eingriffen vor.

120 Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die der Kommission in Artikel 14 der Verordnung Nr. 17 übertragenen Befugnisse ihr die Erfuellung des ihr im EG-Vertrag erteilten Auftrags ermöglichen sollen, über die Beachtung der Wettbewerbsregeln im Gemeinsamen Markt zu wachen. Nach Absatz 4 der Präambel des Vertrages, nach Artikel 3 Buchstabe f und nach den Artikeln 85 und 86 sollen diese Regeln verhindern, dass der Wettbewerb entgegen dem öffentlichen Interesse zum Schaden der einzelnen Unternehmen und der Verbraucher verfälscht wird. Die Ausübung dieser Befugnisse dient daher der Aufrechterhaltung der vom Vertrag gewollten Wettbewerbsordnung, die die Unternehmen unbedingt zu beachten haben (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 25).

121 Weiter hat der Gerichtshof ausgeführt, dass sowohl der Zweck der Verordnung Nr. 17 als auch die Aufzählung der den Bediensteten der Kommission eingeräumten Befugnisse in Artikel 14 dieser Verordnung erkennen lassen, dass die Nachprüfungen sehr weit gehen können. Im Einzelnen hat der Gerichtshof festgestellt: "Dabei kommt dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, insofern besondere Bedeutung zu, als es der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den Geschäftsräumen der Unternehmen" (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 26).

122 Der Gerichtshof hat außerdem darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen, eines von der Kommission für die Wahrnehmung ihrer Aufgabe als Hüterin des Vertrages auf dem Gebiet des Wettbewerbs benötigten Instruments, zu erhalten, und in diesem Zusammenhang festgestellt (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 27): "Dieses Betretungsrecht wäre nutzlos, wenn sich die Bediensteten der Kommission darauf beschränken müssten, die Vorlage von Unterlagen oder Akten zu verlangen, die sie schon vorher genau bezeichnen können. Ein solches Recht impliziert vielmehr auch die Befugnis, nach anderen Informationsquellen zu suchen, die noch nicht bekannt oder vollständig bezeichnet sind. Ohne eine solche Befugnis wäre es der Kommission unmöglich, die für die Nachprüfung erforderlichen Informationen einzuholen, falls die betroffenen Unternehmen die Mitwirkung verweigern oder eine obstruktive Haltung einnehmen."

123 Aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben sich jedoch verschiedene Garantien der betroffenen Unternehmen gegen willkürliche oder unverhältnismäßige Eingriffe der öffentlichen Gewalt in die Sphäre ihrer privaten Betätigung (Urteil Roquette Frères, Randnr. 43).

124 Nach Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 ist die Kommission verpflichtet, Nachprüfungsentscheidungen unter Angabe von Gegenstand und Zweck der Nachprüfung zu begründen, was, wie der Gerichtshof klargestellt hat, insofern ein grundlegendes Erfordernis darstellt, als dadurch nicht nur die Berechtigung des beabsichtigten Eingriffs in den betroffenen Unternehmen aufgezeigt werden soll, sondern auch diese Unternehmen in die Lage versetzt werden sollen, den Umfang ihrer Mitwirkungspflicht zu erkennen und zugleich ihre Verteidigungsrechte zu wahren (Urteile Hoechst/Kommission, Randnr. 29, und Roquette Frères, Randnr. 47).

125 Zudem hat die Kommission in der Nachprüfungsentscheidung möglichst genau anzugeben, wonach gesucht wird, und die Punkte aufzuführen, auf die sich die Nachprüfung beziehen soll (Urteil National Panasonic/Kommission, Randnrn. 26 und 27). Dieses Erfordernis dient, wie der Gerichtshof entschieden hat, dem Schutz der Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen, da diese Rechte in schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden, wenn die Kommission den Unternehmen bei einer Nachprüfung erlangte Beweise entgegenhalten könnte, die in keinem Zusammenhang mit dem Gegenstand und dem Zweck dieser Nachprüfung stehen (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1989 in der Rechtssache 85/87, Dow Benelux/Kommission, Slg. 1989, 3137, Randnr. 18, und Roquette Frères, Randnr. 48).

126 Ferner ist daran zu erinnern, dass ein Unternehmen, gegen das die Kommission eine Nachprüfung angeordnet hat, diese Entscheidung gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 Absatz 4 EG) vor dem Gemeinschaftsrichter anfechten kann. Falls diese Entscheidung vom Gemeinschaftsrichter für nichtig erklärt würde, wäre die Kommission dadurch gehindert, Unterlagen oder Beweisstücke, die sie sich im Zuge dieser Nachprüfung verschafft hat, im Verfahren wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft zu verwenden; andernfalls liefe sie Gefahr, dass die Entscheidung über den Wettbewerbsverstoß vom Gemeinschaftsrichter für nichtig erklärt würde, soweit sie auf derartige Beweismittel gestützt wäre (vgl. Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofes vom 26. März 1987 in der Rechtssache 46/87 R, Hoechst/Kommission, Slg. 1987, 1549, Randnr. 34, und vom 28. Oktober 1987 in der Rechtssache 85/87 R, Dow Chemical Nederland/Kommission, Slg. 1987, 4367, Randnr. 17, sowie Urteil Roquette Frères, Randnr. 49).

127 Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist zu prüfen, ob der Klagegrund der Rechtswidrigkeit der Nachprüfung begründet ist.

B - Zur Begründetheit des Klagegrundes

128 Die Prüfung der Begründetheit dieses Klagegrundes setzt zunächst eine Darstellung der Umstände voraus, unter denen die Nachprüfung erfolgte.

1. Relevante und von den Parteien nicht bestrittene Tatsachen

129 Am 12. Oktober 1992 sandte die Kommission nach Eingang einer Beschwerde, dass im Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien auf den einzelnen Strecken ähnliche Fährpreise gälten, Minoan auf der Grundlage der Verordnung Nr. 4056/86 ein Auskunftsverlangen an ihren Sitz (Agiou Titou 38, Heraklion, Kreta).

130 Am 20. November 1992 erhielt die Kommission ein von Herrn Sfinias unterzeichnetes Antwortschreiben auf Briefpapier von Minoan, auf dem oben links ein einziges Firmenzeichen, "Minoan Lines", abgebildet war, unter dem eine einzige Anschrift stand: "2 Vas. Konstantinou Av. (Stadion); 11635, ATHENS".

131 Am 1. März 1993 sandte die Kommission Minoan, wiederum an ihren Sitz in Heraklion, ein zweites Auskunftsverlangen.

132 Am 5. Mai 1993 wurde das Schreiben der Kommission vom 1. März 1993 durch ein erneut von Herrn Sfinias unterzeichnetes Schreiben auf Briefpapier von Minoan beantwortet, auf dem wiederum im Seitenkopf links ein einziges Firmenzeichen, "Minoan Lines", abgebildet war, unter dem aber diesmal keine Anschrift stand. Im Seitenfuß waren zwei Anschriften genannt, "INTERNATIONAL LINES HEAD OFFICES: 64B Kifissias Ave. GR, 151 25, Maroussi, Athens", und darunter "PASSENGER OFFICE: 2 Vassileos Konstantinou Ave, GR, 116 35 Athens".

133 Am 5. Juli 1994 begaben sich Bedienstete der Kommission in die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, und übergaben den Personen, die sie empfingen (wie sich später herausstellte, Angestellte von ETA), die Nachprüfungsentscheidung sowie die Prüfungsaufträge D/06658 und D/06659 vom 4. Juli 1994, die vom Generaldirektor der Generaldirektion Wettbewerb unterzeichnet waren und die Bediensteten der Kommission ermächtigten, die Nachprüfung durchzuführen.

134 Gestützt auf diese Dokumente verlangten die Bediensteten der Kommission von den Angestellten von ETA, der Durchführung der Nachprüfung zuzustimmen. Die Angestellten machten die Kommissionsbediensteten jedoch darauf aufmerksam, dass sie sich in den Geschäftsräumen von ETA befänden, dass sie von dieser angestellt seien und dass ETA eine unabhängige juristische Person und für Minoan lediglich als Agentin tätig sei. Die Bediensteten der Kommission bestanden nach einem Anruf bei ihren Vorgesetzten in Brüssel auf der Durchführung der Nachprüfung und wiesen die Angestellten von ETA darauf hin, dass für den Fall der Weigerung Zwangsmaßnahmen nach den Artikeln 19 Absatz 1 und 20 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4056/86 getroffen werden könnten; diese beiden Bestimmungen waren in der Nachprüfungsentscheidung genannt und in der Anlage zu dieser im Wortlaut zitiert. Außerdem ersuchten die Bediensteten der Kommission die Abteilung für Markt- und Wettbewerbsaufsicht des griechischen Handelsministeriums als für Wettbewerbsfragen zuständige nationale Stelle, einen ihrer Bediensteten zu den Geschäftsräumen von ETA zu senden.

135 Die Bediensteten der Kommission klärten die Angestellten von ETA nicht ausdrücklich darüber auf, dass sie einen Anwalt hinzuziehen konnten, sondern übergaben ihnen ein zweiseitiges Schreiben mit Erläuterungen zur Natur und zum üblichen Ablauf der Nachprüfung.

136 Die Angestellten von ETA beschlossen schließlich nach einem Anruf bei ihrem Geschäftsführer, der zum fraglichen Zeitpunkt nicht in Athen war, die Nachprüfung zu dulden, erklärten aber, dass sie ihr fehlendes Einverständnis zu Protokoll geben würden.

137 Daraufhin begannen die Bediensteten der Kommission mit der Nachprüfung, die am Ende des folgenden Tages, des 6. Juli 1994, abgeschlossen wurde.

138 Schließlich ist festzustellen, dass ETA in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der Klägerin uneingeschränkt befugt war, im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit als "Minoan Lines Athens" zu handeln, sich so zu bezeichnen und im Rahmen ihrer Agenturtätigkeit das Waren- und das Firmenzeichen von Minoan zu verwenden.

139 Demnach ergibt sich aus dem Sachverhalt Folgendes:

- Erstens war ETA bei der Ausübung und Verwaltung ihrer Tätigkeiten als Agentin und Vertreterin von Minoan befugt, im Verkehr und bei der Kommission als Minoan aufzutreten, so dass ihre Identität als Verwalterin der fraglichen Geschäftstätigkeit in der Praxis vollständig mit der von Minoan verschmolz.

- Zweitens weist der Umstand, dass die Schreiben der Kommission an Minoan zur direkten Beantwortung an Herrn Sfinias weitergeleitet wurden, darauf hin, dass sowohl Minoan als auch ETA und Herr Sfinias bereits zu dem Zeitpunkt, als die Kommission erstmals tätig wurde, wussten, dass sich diese mit einer Beschwerde befasste. Sie erfuhren auch, welcher Art die Beschwerde war, welchen Gegenstand das Auskunftsverlangen hatte und dass die Kommission auf der Grundlage der Verordnung Nr. 4056/86 handelte, die in den fraglichen Schreiben zitiert war. Indem Minoan die Schreiben zur Beantwortung an Herrn Sfinias weiterleitete, ermächtigte sie daher de facto nicht nur diesen, sondern auch ETA, im Rahmen der Untersuchung bei der Kommission als von Minoan ordnungsgemäß beauftragter Verhandlungspartner aufzutreten.

- Drittens ergibt sich aus dem Vorstehenden sowie aus dem Umstand, dass Minoan die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit an ETA delegiert hatte, dass die Geschäftsräume in der Leoforos Kifisias 64B in der Praxis das wahre Zentrum der Geschäftstätigkeit der "Minoan" und deshalb der Ort waren, an dem die Bücher und Geschäftsunterlagen über die betreffenden Tätigkeiten verwahrt wurden.

140 Die Geschäftsräume waren folglich Räumlichkeiten von Minoan als Adressatin der Nachprüfungsentscheidung im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung Nr. 4056/86.

2. Zur Wahrung der Grundsätze, denen die Ausübung der Nachprüfungsbefugnisse der Kommission unterliegt

141 Nach den Akten erfuellten sowohl die Prüfungsaufträge als auch die Nachprüfungsentscheidung, die die Beamten der Kommission den Angestellten von ETA vorlegten, die Voraussetzung der Bezeichnung des Gegenstands und des Zweckes der Nachprüfung. So sind auf anderthalb Seiten der Begründungserwägungen der Nachprüfungsentscheidung die Gründe dargestellt, aus denen die Kommission es für möglich hält, dass eine gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßende Absprache der wichtigsten Unternehmen auf den Routen zwischen Griechenland und Italien über die Fährpreise für Passagiere, Pkws und Lkws besteht. Die Kommission nennt die Hauptmerkmale des relevanten Marktes, die wichtigsten Unternehmen auf dem Markt, darunter Minoan, und die Marktanteile der auf den drei Routen tätigen Unternehmen und beschreibt im Detail, welche Art von Verhalten ihres Erachtens gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßen könnte. Sie stellt fest, dass die Adressatin, d. h. Minoan, eines der wichtigsten Unternehmen auf dem relevanten Markt sei, und betont, dass dieses Unternehmen von der Untersuchung bereits wisse.

142 Sodann wird in Artikel 1 des verfügenden Teils der Nachprüfungsentscheidung festgestellt, dass durch die Nachprüfung ermittelt werden solle, ob die Methoden der Bildung der Preise oder Tarife, die von den im Roll-on-roll-off-Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien tätigen Unternehmen verlangt würden, gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstießen. Artikel 1 der Nachprüfungsentscheidung verpflichtet die Adressatin ferner zur Duldung der Nachprüfung und legt fest, welche Befugnisse die Bediensteten der Kommission im Rahmen der Nachprüfung haben. Artikel 2 nennt den Zeitpunkt, zu dem die Nachprüfung durchgeführt werden soll. Artikel 3 nennt die Adressatin der Entscheidung. Danach ist die Nachprüfungsentscheidung an Minoan gerichtet. Es werden drei mögliche Durchsuchungsorte genannt: erstens Poseidonkai 28, Piräus, zweitens Poseidonkai 24, Piräus, und drittens Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, der Ort, an den sich die Bediensteten der Kommission schließlich begaben. Schließlich wird in Artikel 4 darauf hingewiesen, dass gegen die Nachprüfungsentscheidung vor dem Gericht geklagt werden könne, dass eine solche Klage aber nur dann aufschiebende Wirkung habe, wenn das Gericht dies beschließe.

143 In den Prüfungsaufträgen, die die Kommission ihren Bediensteten erteilte, werden diese ausdrücklich ermächtigt, im Einklang mit Sinn und Zweck der Nachprüfungsentscheidung vorzugehen, die zugleich als Anlage beigefügt ist.

144 Aus dem Inhalt dieser Maßnahmen geht somit klar hervor, dass die Kommission Indizien und Beweise für die Beteiligung von Minoan an dem vermuteten Kartell erlangen wollte und glaubte, diese u. a. in den Geschäftsräumen in der Leoforos Kifisias 64B, Marousi, Athen, finden zu können, die, wie sie meinte, Minoan gehörten. Insoweit ist daran zu erinnern, dass diese Anschrift auf dem Briefpapier aufgedruckt war, auf dem Minoan am 5. Mai 1993 das Auskunftsverlangen der Kommission vom 1. März 1993 beantwortete und das im Fuß folgende Angabe enthielt: "INTERNATIONAL LINES HEAD OFFICES: 64B Kifissias Ave. GR, 151 25, Maroussi, Athens".

145 Das Gericht ist der Auffassung, dass die Nachprüfungsentscheidung und die Prüfungsaufträge alle Angaben enthielten, die die Angestellten von ETA benötigten, um beurteilen zu können, ob sie angesichts der Begründung der Entscheidung und der Kenntnis, die sie von der Natur und dem Umfang der Beziehungen zwischen ETA und Minoan hatten, verpflichtet waren, die Nachprüfung, die die Kommission in ihren Geschäftsräumen durchführen wollte, zuzulassen.

146 Was die Nachprüfungsentscheidung und die Prüfungsaufträge angeht, wurden demnach die in der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen hinsichtlich des Besitzers der durchsuchten Geschäftsräume, d. h. von ETA, uneingeschränkt beachtet, da ETA als Verwalterin der Geschäfte von Minoan auf dem Markt für Roll-on-roll-off-Fährdienste auf den Routen zwischen Griechenland und Italien beurteilen konnte, wie weit ihre Pflicht zur Zusammenarbeit mit den Bediensteten der Kommission ging, und da ihre Verteidigungsrechte angesichts des Umfangs der Begründung der genannten Maßnahmen und des ausdrücklichen Hinweises auf die Möglichkeit, gegen die Nachprüfungsentscheidung vor dem Gericht zu klagen, vollständig gewahrt waren. Dass weder ETA noch Minoan in der Folge Klage erhoben, war allein ihre Entscheidung und entkräftet diese Feststellung nicht, sondern bestätigt sie eher.

147 Insoweit ist daran zu erinnern, dass ETA zwar rechtlich eine von Minoan unabhängige Einheit war, dass aber in ihrer Rolle als Vertreterin von Minoan und als Alleinverwalterin der von der Untersuchung der Kommission betroffenen Tätigkeiten ihre Person vollständig mit der ihrer Auftraggeberin verschmolz, weshalb sie dieselbe Pflicht zur Zusammenarbeit hatte wie diese.

148 Für den Fall, dass es Minoan erlaubt sein sollte, sich auf die Verteidigungsrechte von ETA als unabhängiger Einheit zu berufen, ist ferner festzustellen, dass diese Rechte zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt wurden. Weder etwaige eigene Tätigkeiten noch die eigenen Bücher und Geschäftsunterlagen von ETA waren Gegenstand der Nachprüfung.

149 Der Kommission kann unter den Umständen des vorliegenden Falles auch kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie davon ausging, dass Minoan an dem Ort in Athen, den die Bediensteten der Kommission aufsuchten, eigene Geschäftsräume habe, und dass sie deshalb die betreffende Anschrift in ihrer Nachprüfungsentscheidung als Anschrift eines der Geschäftszentren von Minoan nannte.

150 Sodann ist die Frage zu prüfen, ob die Kommission rechtmäßig handelte, als sie auf der Durchführung der Nachprüfung bestand.

151 Nach der oben zitierten Rechtsprechung muss die Kommission bei ihrer Nachprüfungstätigkeit die Beachtung der Grundsätze der Rechtmäßigkeit des Handelns der Gemeinschaftsorgane und des Schutzes vor willkürlichen Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Sphäre der privaten Betätigung einer natürlichen oder juristischen Person sicherstellen (vgl. Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 19). Es wäre unverhältnismäßig und verstieße gegen die Verordnung Nr. 4056/86 und tragende Rechtsgrundsätze, würde der Kommission auf der Grundlage einer an eine bestimmte rechtliche Einheit gerichteten Nachprüfungsentscheidung ein allgemeines Recht zuerkannt, die Räumlichkeiten einer anderen rechtlichen Einheit zu betreten und dort Nachprüfungen durchzuführen, nur weil diese angeblich mit dem Adressaten der Nachprüfungsentscheidung eng verbunden ist oder die Kommission glaubt, sie könne dort Unterlagen des Adressaten finden.

152 Im vorliegenden Fall kann die Klägerin der Kommission jedoch nicht vorwerfen, dass sie ihre Nachprüfungsbefugnisse erweitert habe, indem sie die Geschäftsräume einer anderen Gesellschaft als der Adressatin der Entscheidung aufgesucht habe. Vielmehr ergibt sich aus den Akten, dass die Kommission sorgfältig und unter umfassender Beachtung ihrer Pflicht handelte, sich vor der Nachprüfung im Rahmen des Möglichen zu vergewissern, dass die Geschäftsräume, die sie durchsuchen wollte, tatsächlich die Geschäftsräume derjenigen rechtlichen Einheit waren, der ihre Ermittlung galt. Insoweit ist daran zu erinnern, dass zwischen der Kommission und Minoan ein Schriftwechsel stattgefunden hatte, in dessen Rahmen Minoan zwei Schreiben der Kommission mit zwei Schreiben beantwortet hatte, die von Herrn Sfinias unterzeichnet worden waren, der sich schließlich als Geschäftsführer von ETA herausstellte, ohne dass sie jedoch irgendeinen Hinweis auf die Existenz von ETA oder darauf gegeben hätte, dass sie auf dem Markt durch einen Alleinvertreter handele.

153 Darüber hinaus ist festzustellen, dass, wie die Kommission in ihrer Klagebeantwortung vorgetragen hat, ohne den Widerspruch der Klägerin zu erregen, im Verzeichnis der Mitglieder des Verbandes der griechischen Eigner von Fährschiffen der Name von Herrn Sfinias, der die beiden Schreiben im Namen von Minoan unterzeichnet hatte, genannt ist, dass in der von Minoan veröffentlichten Preisliste eine Generalagentur unter der Anschrift Kifisias 64B, Athen, erwähnt wird und dass schließlich im Telefonverzeichnis von Athen die Gesellschaft Minoan Lines unter der Anschrift aufgeführt ist, zu der sich die Bediensteten der Kommission begaben, um die Nachprüfung durchzuführen.

154 Zu klären bleibt, ob die Bediensteten der Kommission, nachdem sie erfahren hatten, dass ETA eine andere Gesellschaft war, für die ihnen keine Nachprüfungsentscheidung vorlag, den Ort hätten verlassen und gegebenenfalls mit einer Entscheidung hätten wiederkehren müssen, die an ETA gerichtet war und angemessen begründete, weshalb eine solche Nachprüfung im Rahmen der betreffenden Angelegenheit gerechtfertigt sei.

155 Angesichts der oben dargestellten besonderen Umstände konnte die Kommission mit gutem Grund die Auffassung vertreten, dass die "Erläuterungen" der Angestellten von ETA weder genügten, um sofortige Klarheit in der Frage der Unterscheidung zwischen den juristischen Personen zu schaffen, noch, um die Aussetzung der Kontrolle zu rechtfertigen, zumal, wie die Kommission unterstreicht, die Beantwortung der Frage, ob es sich um dasselbe Unternehmen handelte, eine Beurteilung in der Sache und insbesondere eine Auslegung des Umfangs des Geltungsbereichs von Artikel 18 der Verordnung Nr. 4056/86 erforderlich gemacht hätte.

156 Unter den Umständen des vorliegenden Falles durfte die Kommission, auch nachdem sie erfahren hatte, dass die aufgesuchten Geschäftsräume ETA und nicht Minoan gehörten, die Ansicht vertreten, dass sie gleichwohl als Räumlichkeiten anzusehen seien, die Minoan bei der Abwicklung ihrer Geschäfte nutze, und daher den Geschäftsräumen des Unternehmens gleichgestellt werden könnten, an das die Nachprüfungsentscheidung gerichtet war. Wie der Gerichtshof entschieden hat, kommt dem Recht, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel der Unternehmen zu betreten, besondere Bedeutung zu, da der Kommission damit ermöglicht werden soll, das Beweismaterial für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln an den Orten zu sammeln, an denen es sich normalerweise befindet, d. h. in den "Geschäftsräumen der Unternehmen" (Urteil Hoechst/Kommission, Randnr. 26). Die Kommission durfte deshalb bei der Ausübung ihrer Nachprüfungsbefugnisse berücksichtigen, dass die Chancen, Beweismaterial für die vermutete Zuwiderhandlung zu finden, größer sind, wenn sie in den Räumlichkeiten sucht, von denen aus die von ihr untersuchte Gesellschaft in der Praxis für gewöhnlich ihre unternehmerische Tätigkeit betreibt.

157 Schließlich ist jedenfalls hinzuzufügen, dass der Nachprüfung durch die Kommission letztlich nicht widersprochen wurde.

158 Die Kommission hat deshalb, als sie in einem Fall wie dem vorliegenden auf der Durchführung der Nachprüfung bestand, ihre Untersuchungsbefugnisse aus Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4056/86 nicht überschritten.

3. Zur Beachtung der Verteidigungsrechte und zum Fehlen eines übermäßigen Eingriffs der öffentlichen Gewalt in die Betätigungssphäre von ETA

159 Wie oben festgestellt, ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts zwar die praktische Wirksamkeit der Nachprüfungen der Kommission zu erhalten, doch muss diese ihrerseits die Beachtung der Verteidigungsrechte der von der Nachprüfung betroffenen Unternehmen sicherstellen und willkürliche oder unverhältnismäßige Eingriffe in die Sphäre der privaten Betätigung dieser Unternehmen unterlassen (Urteile Hoechst/Kommission, Randnr. 19, Dow Benelux/Kommission, Randnr. 30, Urteil des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1989 in den Rechtssachen 97/87 bis 99/87, Dow Chemical Ibérica u. a./Kommission, Slg. 1989, 3165, Randnr. 16; Urteil des Gerichts vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, so genanntes "PVC II"-Urteil, Slg. 1999, II-931, Randnr. 417).

160 Was die Beachtung der Verteidigungsrechte angeht, so haben es weder die Klägerin noch die rechtliche Einheit, der die Geschäftsräume gehörten, d. h. ETA, für angebracht gehalten, eine Klage gegen die Nachprüfungsentscheidung zu erheben, auf deren Grundlage die Nachprüfung erfolgt war, obwohl sie dies nach der ausdrücklichen Bestimmung in Artikel 18 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4056/86 hätten tun können.

161 Bezüglich der Klägerin genügt außerdem die Feststellung, dass sie sich auf ihr Recht beruft, im Rahmen ihrer Klage auf Nichtigerklärung der von der Kommission gemäß Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages erlassenen abschließenden Entscheidung die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Nachprüfung zu verlangen.

162 Ferner steht fest, dass die Kommission nicht verpflichtet war, eine gerichtliche Ermächtigung und/oder polizeiliche Hilfe zu beantragen, um die Nachprüfung durchführen zu können, da sich die Angestellten von ETA der Nachprüfung am Ende nicht mehr widersetzten. Eine Nachprüfung wie die im vorliegenden Fall ist deshalb als Nachprüfung anzusehen, die im Zusammenwirken mit dem betroffenen Unternehmen durchgeführt wurde. Diese Feststellung wird nicht dadurch entkräftet, dass Kontakt zur griechischen Wettbewerbsbehörde aufgenommen wurde und sich ein Bediensteter dieser Behörde zum Ort der Nachprüfung begab, da eine derartige Maßnahme in Artikel 18 Absatz 5 der Verordnung Nr. 4056/86 für die Fälle, in denen sich das Unternehmen der Nachprüfung nicht widersetzt, vorgesehen ist. Unter diesen Umständen kann keine Rede von einem übermäßigen Eingriff der öffentlichen Gewalt in die Betätigungssphäre von ETA die Rede sein, da keine Anhaltspunkte dafür genannt worden sind, dass die Kommission über die von den Angestellten von ETA angebotene Zusammenarbeit hinausgegangen sei (in diesem Sinne Urteil PVC II, Randnr. 422).

C - Ergebnis

163 Nach alledem hat die Kommission im vorliegenden Fall sowohl hinsichtlich der von ihr erlassenen Nachprüfungsmaßnahmen als auch hinsichtlich der Art und Weise, in der die Nachprüfung später durchgeführt wurde, völlig rechtmäßig gehandelt und dabei die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen gewahrt und den allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, wonach die Sphäre der privaten Betätigung natürlicher und juristischer Personen vor unverhältnismäßigen oder willkürlichen Eingriffen der öffentlichen Gewalt geschützt ist, uneingeschränkt beachtet.

164 Dieser Klagegrund ist somit für unbegründet zu erklären.

Zum dritten, hilfsweise vorgetragenen Klagegrund: fehlerhafte Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages auf den Sachverhalt, da es sich um eine Vereinbarung von geringer Bedeutung handele

Vorbringen der Parteien

165 Die Klägerin macht geltend, dass die angebliche Vereinbarung nicht unter Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages falle. Da sie zur Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen gehöre und die Kommission einräume, dass ihre Beteiligung an der Vereinbarung nicht die Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt beeinträchtigt habe, handele es sich um eine Vereinbarung von geringer Bedeutung. Die Entscheidung weise insoweit einen Widerspruch zwischen den Randnummern 148 und 151 auf.

166 Die Kommission hält dieses Vorbringen für unbegründet. Da, wie aus Randnummer 151 der Entscheidung hervorgehe, die Vereinbarung den Wettbewerb in einem wesentlichen Segment des fraglichen Marktes spürbar behindere, könne sie nicht als Vereinbarung von geringer Bedeutung angesehen werden. Dieser Feststellung werde nicht durch Randnummer 148 der Entscheidung widersprochen, wonach die "konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt... begrenzt [waren]", da sich dieser Abschnitt auf die mildernden Umstände beziehe, die bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße zu berücksichtigen seien.

Würdigung durch das Gericht

167 Aus den Randnummern 148 und 149 der Entscheidung geht hervor, dass die Kommission bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung und der bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße zu berücksichtigenden mildernden Umstände die Auffassung vertreten hat, dass die "konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt... begrenzt [waren]" und dass die Zuwiderhandlung "nur einen kleinen Teil des Gemeinsamen Markts, nämlich drei Verkehrsstrecken im Adriatischen Meer[, betraf]".

168 Entgegen dem Vorbringen der Klägerin steht diese Feststellung, aufgrund deren die Zuwiderhandlung der bestraften Unternehmen nur als "schwer" und nicht als "besonders schwer" eingestuft wurde, nicht im Widerspruch dazu, dass es in Randnummer 151 der Entscheidung abgelehnt wird, die tatsächlichen Umstände als Vereinbarungen von geringer Bedeutung einzustufen, selbst wenn es möglich sein sollte, die Klägerin der Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen zuzurechnen.

169 Nach der Bekanntmachung der Kommission über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die nicht unter Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages fallen (ABl. 1997, C 372, S. 13), werden Vereinbarungen zwischen kleinen und mittleren Unternehmen in aller Regel nicht vom Verbot des Artikels 85 Absatz 1 des Vertrages erfasst. Wie die Kommission in Fußnote 2 zu Randnummer 151 der Entscheidung zutreffend erläutert, könnten aber nur Marlines und die Klägerin der Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen zugerechnet werden. Schließlich kann die Klägerin nicht bestreiten, dass das im vorliegenden Fall geahndete Kartell den Wettbewerb in einem wesentlichen Teil des relevanten Marktes erheblich behindert hat. In Randnummer 20 der Bekanntmachung heißt es aber: "Die Kommission behält sich... vor, gegen... Vereinbarungen [zwischen kleinen und mittleren Unternehmen] vorzugehen,... wenn diese den Wettbewerb auf einem wesentlichen Teil des relevanten Marktes [erheblich] behindern..."

170 Folglich besteht kein Widerspruch zwischen den Randnummern 148 und 149 der Entscheidung einerseits und Randnummer 151 andererseits. Dieser Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Zum vierten Klagegrund: Begründungsmangel

Vorbringen der Parteien

171 Die Klägerin macht geltend, dass der Vorwurf der Kommission, sie sei vom 4. Dezember 1989 bis zum Juli 1994 ununterbrochen Partei der fraglichen Vereinbarung oder Vereinbarungen gewesen, nicht hinreichend begründet sei und nicht durch ausreichende Beweise untermauert werde.

172 Die Kommission hält dieses Vorbringen für unbegründet. Nach ständiger Rechtsprechung sei eine Entscheidung hinreichend begründet, wenn sie klar und folgerichtig die tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen der Kommission wiedergebe, so dass sowohl der Adressat der Entscheidung als auch das Gericht den Gedankengang der Kommission erkennen könnten, wobei diese jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen brauche, die von den Beteiligten während des Verwaltungsverfahrens vorgebracht worden seien. Zudem gelte für die Ermittlungen der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, und das Gericht prüfe, was die Beweise angehe, nur die Gesamtwürdigung der Beweiskraft von Dokumenten und grundlegende Regeln der Beweislogik.

Würdigung durch das Gericht

173 Die Klägerin vermengt im Rahmen dieses Klagegrundes zwei Rügen, zwischen denen zu unterscheiden ist: Zum einen scheint sie der Kommission vorzuwerfen, dass sie die Entscheidung nicht hinreichend begründet habe, zum anderen macht sie geltend, dass der Vorwurf der Kommission keinerlei Grundlage habe und auf unzureichende Beweise gestützt sei. Da letztgenannte Frage im Rahmen des ersten Klagegrundes untersucht worden ist, ist nur die Rüge zu prüfen, dass die Entscheidung nicht hinreichend begründet sei.

174 Zwar hat die Kommission nach Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) die sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung abhängt, sowie die Erwägungen aufzuführen, die sie zu deren Erlass veranlasst haben; sie braucht jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die während des Verwaltungsverfahrens vorgebracht wurden (Urteil PVC II, Randnr. 388).

175 Im vorliegenden Fall sind alle berücksichtigten Beweise in den Randnummern 16, 19, 22, 28, 37 und 38 der Entscheidung dargestellt. Außerdem sind in den Randnummern 111, 112, 117 und 128 bis 131 eingehend alle tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen dargestellt, die auf diese Beweise gestützt werden. Diese Randnummern der Entscheidung geben sowohl die Tatsachen, die nach Ansicht der Kommission zu berücksichtigen waren, weil sie die Zuwiderhandlung begründeten, als auch die rechtliche Beurteilung dieser Tatsachen klar wieder. Die Erläuterungen in der Entscheidung sind so eingehend und umfangreich, dass die Klägerin ohne weiteres den Gedankengang der Kommission erkennen und das Gericht ohne Mühe seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.

176 Der vierte Klagegrund ist folglich zurückzuweisen.

II - Zum Antrag auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße

177 Die Klägerin macht im Rahmen ihres Antrags auf Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße hilfsweise geltend, dass die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt habe, da sie bei der Bewertung der Dauer und Schwere der Zuwiderhandlung sowie des Umfangs der Verantwortlichkeit der Klägerin für die Zuwiderhandlung Fehler begangen habe.

A - Zum ersten Teil: Fehler bei der Festlegung der Dauer der Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

178 Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission den Zeitraum, in dem sie angeblich an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen sei, willkürlich festgelegt habe. Insbesondere werde die Behauptung, sie sei vom 4. Dezember 1989 bis zum Juli 1994 ununterbrochen Partei der Vereinbarung gewesen, nicht durch ausreichende Beweise gestützt. Die Kommission könne ihr mangels entsprechender Beweise auf keinen Fall vorwerfen, dass sie von 1992 bis 1994 Partei der Vereinbarung gewesen sei. Daher hätte für den Zeitraum von 1992 bis 1994 keine Geldbuße gegen sie verhängt werden dürfen.

179 Die Kommission verweist auf die Rechtsprechung zum Grundsatz der freien Beweiswürdigung und der Begründung von Entscheidungen. Sie habe die Beweise, die die Klägerin beträfen, in den Randnummern 128 bis 131 der Entscheidung dargestellt. So ergebe sich insbesondere aus den Schriftstücken vom 25. Februar 1992, 24. November 1993 und 7. Januar 1993, dass die Vereinbarung zwischen den beschuldigten Unternehmen einschließlich der Klägerin in den Jahren 1992, 1993 und 1994 fortbestanden habe, während es keinen Beweis dafür gebe, dass die Klägerin 1991 aus dem Kartell ausgeschieden sei.

Würdigung durch das Gericht

180 Wie im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, ergibt sich aus Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung, dass die Kommission der Klägerin vorwirft, sie habe sich vom 8. Dezember 1989 bis zum Juli 1994 an einer Preisabsprache für die Beförderung von Lkws auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi beteiligt.

181 Nach der Rechtsprechung hat die Kommission nicht nur die Existenz der Absprache, sondern auch deren Dauer zu beweisen (Urteil des Gerichts vom 7. Juli 1994 in der Rechtssache T-43/92, Dunlop Slazenger/Kommission, Slg. 1994, II-441, Randnr. 79, und Urteil Cimenteries CBR u. a./Kommission, Randnr. 2802).

182 Zum Nachweis der Dauer der Zuwiderhandlung hat der Gemeinschaftsrichter festgestellt, dass es nach der durch die Artikel 85 ff. des Vertrages geschaffenen Wettbewerbsordnung auf die wirtschaftlichen Ergebnisse von Vereinbarungen oder ähnlichen Formen der Abstimmung oder Koordinierung ankommt, nicht aber auf ihre Rechtsform. Bei außer Kraft getretenen Kartellen reicht es folglich für die Anwendbarkeit von Artikel 85 aus, dass ihre Wirkungen über ihr formales Außerkrafttreten hinaus fortbestehen (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 3. Juli 1985 in der Rechtssache 243/83, Binon, Slg. 1985, 2015, Randnr. 17, und Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-327/94, SCA Holding/Kommission, Slg. 1998, II-1373, Randnr. 95).

183 Wie im Rahmen des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, beweisen die Faxe vom 8. Dezember 1989 und 30. Oktober 1990 die Existenz einer Vereinbarung, wie sie in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung beschrieben ist, sowie die Beteiligung der Klägerin an dieser Vereinbarung in den Jahren 1990 und 1991.

184 Die Klägerin macht geltend, dass nicht bewiesen sei, dass sie von 1992 bis zu dem Zeitpunkt, den die Kommission als Ende der Zuwiderhandlung angesehen habe, d. h. Juli 1994, dem Kartell angehört habe. Die von der Kommission berücksichtigten Beweise sind daher zu prüfen.

185 Wie im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, beweist das Fax vom 30. Oktober 1990, dass die Klägerin an einer Absprache zwischen den auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi tätigen Gesellschaften über die vom 5. November 1990 an geltenden Beförderungspreise für Lkws beteiligt war.

186 Das Fernschreiben von Minoan vom 22. Oktober 1991 an Anek beweist eindeutig, dass die Absprachen und Verhandlungen bezüglich der Routen Patras-Ancona, Patras-Bari und Patras-Brindisi fortgesetzt wurden. Es genügt, einige Abschnitte zu zitieren:

"Sie [legen] für die Strecke Patras-Triest den gleichen Beförderungspreis zugrunde..., den wir gemeinsam für die Strecke Patras-Ancona vereinbart haben... die Möglichkeit eines völligen Zusammenbruchs des Tarifgleichgewichts..., das wir nur mit großer Mühe für alle italienischen Häfen herstellen konnten. Wir möchten Sie daran erinnern, dass wir durch gemeinsame Anstrengungen, an denen Sie selbst Anteil hatten, die Tarife nach unseren Möglichkeiten umgestalteten und für die Häfen Brindisi, Bari und Ancona differenzierte Preise entsprechend der Entfernung in Seemeilen festlegten... Wir möchten Sie... nachdrücklich ersuchen, die zwischen den 11 Unternehmen... geschlossene Vereinbarung aufrechtzuerhalten, wie es Ihre Pflicht ist... Wir möchten Ihnen vorschlagen, für die Verbindung... einen... Tarif... anzusetzen... Sollten Sie für Triest und Ancona auf einem einheitlichen Preis bestehen, [ist] unsere Vereinbarung über eine gemeinsame Preispolitik auf der Ancona-Route... hinfällig[,] und jedes Unternehmen [gestaltet] seine Preispolitik künftig selbst..."

187 Das Fernschreiben von Minoan vom 7. Januar 1993 an Strintzis, Anek und Karageorgis belegt, dass 1992 die Verhandlungen zwischen den Gesellschaften, die sich 1990 geeinigt hatten und zu denen die Klägerin gehört, fortgesetzt wurden. Aus diesem Schriftstück geht sehr klar der Gegenstand der Vereinbarung hervor, der beschrieben wird als "Beförderungspreise für Lkws auf der Route Griechenland-Italien-Griechenland" (Absatz 2 des Schriftstücks). Das Fernschreiben beweist außerdem, dass es eine frühere Vereinbarung mit demselben Gegenstand gab, da es darin heißt: "[S]eit der letzten Anpassung des Fahrzeugtarifs [sind] zwei Jahre vergangen... Dies macht eine neuerliche Anpassung der Tarife in Drachmen oder eine Herabsetzung der Tarife in Lire erforderlich... Unsere Entscheidung, mit Ihnen zu einer Vereinbarung über die Anpassung zu gelangen, ohne erst die Unternehmen auf den anderen Routen nach Italien zu konsultieren, rührt aus dem Wunsch her, die endlosen Diskussionen zu vermeiden, die sich im Fall einer solchen Konsultation ergeben würden. Wir glauben, dass diese gemeinsame Vereinbarung von diesen Unternehmen positiv aufgenommen wird..."

188 Das Gericht ist der Auffassung, dass die Äußerung "[w]ir glauben, dass diese gemeinsame Vereinbarung von diesen Unternehmen positiv aufgenommen wird", beweist, dass es weitere Kontakte mit den Unternehmen, die Parteien der Vereinbarung vom Oktober 1990 waren (u. a. die Klägerin), gegeben hatte und geben sollte. Ebenso sind die Sätze "seit der letzten Anpassung des Fahrzeugtarifs [sind] zwei Jahre vergangen" und "[d]ies macht eine neuerliche Anpassung der Tarife in Drachmen oder eine Herabsetzung der Tarife in Lire erforderlich..." so zu verstehen, dass sie sich auf die letzte Preisabsprache für die Beförderung von Lkws beziehen. Aus einer Untersuchung der verschiedenen Unterlagen, die sich auf die vorangegangenen Jahre beziehen, geht aber hervor, dass die letzte Anpassung dieser Preise genau im Oktober 1990 erfolgt war (vgl. Fax von Strintzis vom 30. Oktober 1990 an Adriatica, Anek, Hellenic Mediterranean Lines, Karageorgis, Med Lines, Minoan und Ventouris). Wie im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes festgestellt worden ist, hat die Kommission bewiesen, dass sich die Klägerin an dieser Anpassung beteiligt hatte.

189 Für den Fortbestand des Kartells spricht auch das Fernschreiben vom 24. November 1993, in dem es heißt: "Darüber sind wir sehr zufrieden, denn zunächst standen wir ja vor dem Problem, dass die bisherige Vereinbarung aufgrund des Widerstands von Kosma-Giannatou und Ventouris A. in die Brüche gegangen war. Wir brachten die Dinge nach und nach in Ordnung, setzten uns erfolgreich gegen die vorgeschlagenen 5 % bis 10 % (wie von Strintzis, Ventouris G. und Adriatica befürwortet) durch und gelangten schließlich zum oben genannten Prozentsatz." Diese Passage beweist, dass 1993 Verhandlungen geführt wurden, in deren Rahmen Meinungsverschiedenheiten zwischen Unternehmen auftraten, von denen einige auch an der alten Vereinbarung beteiligt gewesen waren (Ventouris, Adriatica u. a.). Der Ausdruck "nach und nach" beweist, dass im Laufe des Jahres eine Reihe von Verhandlungen zwischen den Gesellschaften einschließlich der Klägerin stattfand, wodurch die fortdauernde Beteiligung der Klägerin während der Zeit zwischen Januar und November 1993 bewiesen wird.

190 Demnach ergibt sich aus einer Gesamtschau des Fax vom 30. Oktober 1990 sowie der Fernschreiben vom 22. Oktober 1991, 7. Januar 1993 und 24. November 1993, dass die Vereinbarung in den Jahren 1992 und 1993 fortbestand.

191 Was die Verlängerung der Absprache bis zum Juli 1994 angeht, laut Entscheidung der Zeitpunkt, zu dem die Zuwiderhandlung endete, so betraf das Fernschreiben vom 24. November 1993 die Beförderungspreise für Lkws auf den drei Routen zwischen Griechenland und Italien, die vom 16. Dezember 1993 an gelten sollten, d. h. in Wirklichkeit im Jahr 1994. Weiter ist auf ein Fernschreiben von ETA vom 26. Mai 1994 an die Zentrale von Minoan zu verweisen, in dem es heißt: "Wir haben eine Initiative gestartet, um auf den Routen nach Italien einen neuen Tarif mit unterschiedlichen Sätzen für Barzahlung und Zweimonatsschecks durchzusetzen. Das Problem besteht darin, die Zustimmung von 16 Unternehmen einzuholen. Dennoch sind wir optimistisch...". Dieses Schriftstück zeigt, dass Minoan im Mai 1994 weiterhin versuchte, eine Vereinbarung mit den übrigen Unternehmen zur Änderung der geltenden Preise zu erreichen.

192 Schließlich hält das Gericht das Vorbringen der Klägerin auf Seite 13 ihrer Klageschrift für unbeachtlich, es bestehe ein Widerspruch zwischen der in der Entscheidung festgestellten Dauer der Zuwiderhandlung, bei der das Jahr 1993 insgesamt erfasst sei, und der Dauer der Zuwiderhandlung, die in Nummer 62 der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgestellt worden sei, wo ihr nur für einen Teil des Jahres 1993 eine Beteiligung an einer gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßenden Vereinbarung vorgeworfen worden sei. Insoweit genügt die Feststellung, dass die Klägerin aus dem behaupteten Widerspruch keine besonderen Folgen herleitet. Außerdem könnte dieses Vorbringen auch dann, wenn man davon ausginge, dass die Klägerin eine Verletzung der Verteidigungsrechte geltend machen möchte, keinesfalls durchgreifen, da die Klägerin, wie sie selbst auf Seite 13 ihrer Klageschrift erklärt, ihren Standpunkt hinsichtlich der ihr in der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgeworfenen Dauer der Zuwiderhandlung im Jahr 1993 bei der Anhörung vor der Kommission vorbringen konnte.

193 Aufgrund der vorstehenden Ausführungen und in Ermangelung von Beweisen oder Indizien, die so gedeutet werden können, dass die Klägerin ihren Willen äußerte, sich vom Gegenstand der im November 1993 getroffenen Vereinbarung zu distanzieren, hat die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten, dass sie über Beweise für die Weiterbeteiligung der Klägerin bis zum Juli 1994 verfüge, dem Zeitpunkt, zu dem nach Ansicht der Kommission das Kartell endete, zeitgleich mit der Durchführung der ersten Nachprüfungen. Dieser Teil des Klagegrundes ist folglich zurückzuweisen.

B - Zum zweiten Teil: Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung und Ermittlung des Umfangs der Verantwortlichkeit der Klägerin für die Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

194 Die Klägerin macht zunächst geltend, dass die Kommission das Kartell zu Unrecht als schweren Verstoß eingestuft habe, da sie nicht berücksichtigt habe, dass das Kartell nur begrenzte Auswirkungen auf den Markt für Seeverkehr zwischen Griechenland und Italien gehabt habe, dass die veröffentlichten Preise nicht tatsächlich angewandt worden seien und dass aufgrund des geltenden rechtlichen Rahmens in Griechenland die Rechtswidrigkeit der Vereinbarung nicht eindeutig gewesen sei.

195 Sodann macht die Klägerin geltend, dass sie nur in geringem Maße für die Durchführung der Zuwiderhandlung verantwortlich gewesen sei und dass ihre Rolle bei der Zuwiderhandlung jedenfalls nur als passiv gewertet werden könne. So sei ihr Verhalten nicht Ausdruck ihres freien Willens, sondern Folge der Unsicherheit gewesen, die in Griechenland bei den Reedereien aufgrund des geltenden rechtlichen Rahmens und der Vorschriften und Empfehlungen des Ministeriums für die Handelsmarine geherrscht habe. Außerdem habe sie sich nicht aktiv an der angeblichen Zuwiderhandlung beteiligt; da sie zur Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen gehöre, habe sie ihr Überleben nur sichern können, indem sie eine defensive Geschäftspolitik gegenüber den anderen Gesellschaften verfolgt habe, die zu den großen Transportunternehmen auf dem Markt für Seeverkehr zwischen Griechenland und Italien gezählt hätten. Sie habe außerdem im Einklang mit den Erfordernissen des Wettbewerbs auf dem relevanten Markt stets den geltenden rechtlichen Rahmen beachtet.

196 Schließlich sei die Beurteilung der Verantwortlichkeit der Klägerin für die Durchführung der angeblichen Zuwiderhandlung auch deswegen fehlerhaft, weil die Kommission nicht berücksichtigt habe, dass der Klägerin nur die Beteiligung an einem Kartell auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi zur Last gelegt worden sei. Zudem sei die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße unverhältnismäßig, da diese Zuwiderhandlung nur die Beförderungspreise für Lkws betroffen habe, anders als das Kartell auf der Route Patras-Ancona, das auch die Beförderungspreise für Passagiere und deren Fahrzeuge betroffen habe.

197 Sollte das Gericht feststellen, dass sie gegen Artikel 85 des Vertrages verstoßen habe, rechtfertigten deshalb die vorstehenden Ausführungen, die gegen sie verhängte Geldbuße so weit wie möglich herabzusetzen.

198 Die Kommission weist darauf hin, dass die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), zwar Preiskartelle grundsätzlich zu den besonders schweren Verstößen zählten, dass sie aber im vorliegenden Fall die von der Klägerin geltend gemachten mildernden Umstände berücksichtigt habe (insbesondere in den Randnrn. 148, 149 und 162 der Entscheidung), anhand deren sie zu dem begründeten Schluss gelangt sei, dass es sich um einen schweren und nicht um einen besonders schweren Verstoß handele. Ebenso habe sie sowohl die Unsicherheit, zu der der gesetzliche Rahmen geführt habe, als auch den Umstand berücksichtigt, dass die Klägerin reiner Mitläufer gewesen sei, wie sich aus den Randnummern 163 und 164 der Entscheidung ergebe.

Würdigung durch das Gericht

199 Nach der Rechtsprechung sind bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung für die Bemessung der Geldbuße insbesondere die Art der Wettbewerbsbeschränkungen, die Anzahl und die Bedeutung der beteiligten Unternehmen, der von ihnen in der Gemeinschaft jeweils kontrollierte Marktanteil sowie die Marktlage zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 41/69, Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, 661, Randnr. 176).

200 Ferner muss die Kommission, wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen wurde, die Rolle berücksichtigen, die jedes Unternehmen bei der Zuwiderhandlung gespielt hat (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Musique diffusion française/Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnrn. 120 und 129), und folglich die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen prüfen (Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T-7/89, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1991, II-1711, Randnr. 110; Urteile Montecatini/Kommission, Randnr. 207, Kommission/Anic Partecipazioni, Randnr. 150, und Cimenteries CBR u. a./Kommission, Randnrn. 4949 und 4994). Insbesondere ist bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und gegebenenfalls bei der Bemessung der Geldbuße zu berücksichtigen, dass sich ein Unternehmen nicht an allen Tatbestandsmerkmalen eines Kartells beteiligt oder aber bei seiner Beteiligung eine weniger bedeutende Rolle gespielt hat (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, Randnr. 90).

201 Im Rahmen der Prüfung der Rügen, die die Klägerin im vorliegenden Teil dieses Klagegrundes vorgebracht hat, ist zunächst an den Wortlaut des Artikels 1 der Entscheidung zu erinnern und sodann zu prüfen, wie die Kommission die Leitlinien im vorliegenden Fall anwenden wollte.

202 Wie im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes festgestellt, ist, da der verfügende Teil der Entscheidung keine Unklarheiten enthält, davon auszugehen, dass die Kommission nicht eine einheitliche Zuwiderhandlung auf allen Routen, sondern zwei eigenständige Zuwiderhandlungen, eine auf der nördlichen Route (Artikel 1 Absatz 1) und eine auf den südlichen Routen (Artikel 1 Absatz 2), festgestellt und geahndet hat.

203 Im Rahmen der Prüfung des zweiten Teils des fünften Klagegrundes sind zunächst die Rügen im Zusammenhang mit der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung zu prüfen, danach die Rügen der Nichtberücksichtigung mildernder Umstände und schließlich die Rüge, dass eine Geldbuße verhängt worden sei, die außer Verhältnis zur spezifischen Bedeutung der Klägerin bei der geahndeten Zuwiderhandlung stehe.

1. Zur Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung

204 Aus den Randnummern 147 bis 150 der Entscheidung geht hervor, dass die Kommission zwar grundsätzlich der Auffassung ist, dass eine Absprache über den Preis für die Beförderung von Passagieren und Fracht mit Roll-on-roll-off-Fährschiffen, wie sie hier von einigen der führenden Anbieter auf den fraglichen Strecken getroffen wurde, von ihrem Wesen her ein sehr schwerer Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist (Randnr. 147), dass sie die fragliche Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall aber nur als schweren Verstoß angesehen hat (Randnr. 150).

205 Eine Vereinbarung zur Festsetzung der Preise beschränkt per se den Wettbewerb (Urteil Chemiefarma/Kommission, Randnr. 133). Außerdem sind horizontale Beschränkungen, z. B. Preiskartelle wie die im vorliegenden Fall, nach den Leitlinien grundsätzlich besonders schwere Verstöße.

206 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Entscheidung, dass die Kommission zu dem Ergebnis gelangt ist, dass es sich um einen schweren Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht handelte (Randnr. 150), nachdem sie anerkannt hatte (Randnr. 148), dass die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt begrenzt waren, und somit das Vorbringen der betroffenen Unternehmen berücksichtigt hatte, dass sie nicht alle einschlägigen Preisvereinbarungen vollständig umgesetzt hätten, sondern durch die Gewährung von Nachlässen während der Dauer der Zuwiderhandlung auch Preiswettbewerb betrieben hätten. Die Kommission hat ausdrücklich eingeräumt, dass die griechische Regierung während der Dauer der Zuwiderhandlung darauf hingewirkt hatte, dass die Unternehmen ihre Tarife nicht über die Inflationsrate hinaus erhöhen, und dass die Preise so auf einem Niveau gehalten wurden, das zu den niedrigsten im gemeinsamen Markt des Seeverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten gehörte. Weiter hat die Kommission eingeräumt (Randnr. 149), dass die Zuwiderhandlung nur einen kleinen Teil des Gemeinsamen Marktes, nämlich drei Verkehrsstrecken im Adriatischen Meer, betraf; selbst der gesamte Fährverkehr zwischen Griechenland und Italien sei im Verhältnis zu anderen Fahrtgebieten in der Gemeinschaft ein kleiner Markt. Schließlich hat sie berücksichtigt (Randnr. 149), wie viele Passagiere, Pkws und Lkws 1996 in diesem Verkehrsgebiet im Vergleich zu anderen Verkehrsgebieten der Gemeinschaft befördert wurden.

207 Demnach hat die Kommission bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung und somit bei der Bemessung des Grundbetrags der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße die von der Klägerin geltend gemachten mildernden Umstände berücksichtigt, d. h. die begrenzten Auswirkungen der Vereinbarungen auf den relevanten Markt, die Tatsache, dass die durch die Vereinbarungen festgesetzten Preise nicht tatsächlich angewandt wurden, den Umstand, dass die griechische Regierung darauf hingewirkt hat, dass die Unternehmen ihre Tarife nicht über die Inflationsrate hinaus erhöhen, und den Umstand, dass die Zuwiderhandlung nur einen kleinen Teil des Gemeinsamen Marktes betraf.

208 Da diese mildernden Umstände von der Kommission berücksichtigt wurden und rechtfertigten, dass die Kommission die Zuwiderhandlung der Klägerin nicht als den sehr schweren Verstoß ansah, der bei einem Preiskartell normalerweise vorliegt, kann die Klägerin nicht unter Berufung auf dieselben Umstände verlangen, dass die Schwere der Zuwiderhandlung ein weiteres Mal gemindert wird. Insoweit ist der zweite Teil des Klagegrundes daher zurückzuweisen.

2. Zur Nichtberücksichtigung weiterer mildernder Umstände

209 Die Klägerin macht ferner geltend, dass die Kommission nicht alle mildernden Umstände berücksichtigt habe, die hier vorgelegen hätten.

210 In den Randnummern 163 und 164 der Entscheidung werden die mildernden Umstände dargestellt, die die Kommission nach der Festsetzung des Grundbetrags bei der Festsetzung des Endbetrags der Geldbuße gegen die einzelnen Adressaten der Entscheidung berücksichtigt hat.

211 In Randnummer 163 der Entscheidung räumt die Kommission ein, dass die griechischen Fährgesellschaften, die auch Strecken im Inland bedienten, sich nicht ganz im Klaren darüber waren, dass Konsultationen über die Festsetzung der Tarife für die Beförderung auf internationalen Strecken gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen. Sie führt aus: "Die in Griechenland übliche, in keinem Gesetz oder keiner Verordnung direkt vorgeschriebene Praxis, wonach das Ministerium für die Handelsmarine die Inlandstarife nach Anhörung aller inländischen Anbieter - von denen erwartet wurde, dass sie einen gemeinsamen Vorschlag unterbreiten - durch Entscheidung festlegt, kann dazu beigetragen haben, dass die griechischen Fährgesellschaften, die auch Strecken im Inland bedienen, sich nicht ganz im Klaren darüber waren, dass Konsultationen über die Festsetzung der Tarife für die Beförderung auf internationalen Strecken gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen." Aufgrund dieser Umstände sei es angebracht, die Geldbußen für alle Unternehmen um 15 % zu verringern (Randnr. 163 a. E.).

212 In Randnummer 164 der Entscheidung vertritt die Kommission die Ansicht:

"Marlines, Adriatica, Anek und Ventouris Ferries waren reine Mitläufer. Dieser Umstand rechtfertigt eine Verringerung der Geldbußen für die vier genannten Unternehmen um 15 %."

213 Die Kommission hat somit sämtliche mildernden Umstände berücksichtigt, die die Klägerin geltend gemacht hat, und die Geldbuße, die andernfalls gegen die Klägerin verhängt worden wäre, um 30 % herabgesetzt.

3. Zur Angemessenheit der Geldbuße im Verhältnis zur spezifischen Bedeutung der Klägerin bei der geahndeten Zuwiderhandlung

214 Die Klägerin wirft der Kommission schließlich vor, sie habe bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße einen Fehler begangen, da sie bei der Berechnung den Umfang der bei der Klägerin festgestellten Zuwiderhandlung verkannt habe, die nur die Route Patras-Bari-Brindisi und lediglich die Beförderungspreise für Lkws betroffen habe, anders als das Kartell auf der Route Patras-Ancona, das auch die Beförderungspreise für Passagiere und deren Fahrzeuge betroffen habe. Auf diese Weise habe die Kommission außer Acht gelassen, dass der Klägerin nur eine Beteiligung an einem Kartell auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi zur Last gelegt worden sei, so dass im Ergebnis gegen sie eine Geldstrafe verhängt worden sei, die außer Verhältnis zur Bedeutung der begangenen Zuwiderhandlung stehe.

215 Es ist daran zu erinnern, wie die Kommission im vorliegenden Fall den Grundbetrag der Geldbuße ermittelt hat.

216 Die Kommission ist bei der Berechnung der Geldbußen unstreitig von der in Randnummer 144 der Entscheidung dargestellten Überlegung ausgegangen, dass die beiden Kartelle, die sie in der Entscheidung nachgewiesen habe, Teil "einer kontinuierlichen Zuwiderhandlung" seien. Aufgrund des Umstands, dass die Zuwiderhandlung auf den drei Routen festgestellt worden sei, die als ein und derselbe Markt angesehen würden, sei der Grundbetrag der Geldbuße unter Berücksichtigung des Umsatzes festgesetzt worden, den die Unternehmen auf dem Gesamtmarkt für Fährdienste zwischen Griechenland und Italien erzielt hätten.

217 Aus den Randnummern 157 und 158 der Entscheidung geht hervor, dass die Kommission bei der Berechnung der Geldbußen von einem einheitlichen Grundbetrag für alle Unternehmen ausgegangen ist, der sich nach ihrer jeweiligen Größe richtete, ohne dabei jedoch danach zu differenzieren, ob sie an einer der geahndeten Zuwiderhandlungen oder an beiden beteiligt waren.

218 Wie bereits festgestellt, wird aus dem verfügenden Teil der Entscheidung aber klar, dass die Kommission zwei eigenständige Zuwiderhandlungen geahndet hat und dass der Klägerin nur vorgeworfen wird, sie habe sich an dem in Artikel 1 Absatz 2 geahndeten Kartell beteiligt, d. h. an dem Kartell, das die Beförderungspreise für Lkws auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi betrifft. Bei der Berechnung der Geldbuße der Klägerin ist die Kommission daher von der unrichtigen Prämisse ausgegangen, dass die Entscheidung eine einzige Zuwiderhandlung auf den drei Routen ahnde.

219 Die Kommission hat somit die Unternehmen, die an beiden Zuwiderhandlungen beteiligt waren, genauso bestraft wie die Unternehmen, die nur an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, und so gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Aus Gründen der Billigkeit und der Verhältnismäßigkeit müssen aber die Unternehmen, deren Beteiligung auf ein einziges Kartell beschränkt geblieben ist, weniger streng bestraft werden als die Unternehmen, die an allen streitigen Vereinbarungen beteiligt waren. Die Kommission kann die Unternehmen, denen die Entscheidung beide Zuwiderhandlungen zur Last legt, und die Unternehmen, denen wie der Klägerin nur eine der Zuwiderhandlungen zur Last gelegt wird, nicht gleich streng bestrafen.

220 Da die Klägerin nur für die Beteiligung an dem in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung geahndeten Kartell verantwortlich gemacht worden ist, ist gegen sie eine Geldbuße verhängt worden, die außer Verhältnis zur Bedeutung der Zuwiderhandlung steht. Die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße ist daher herabzusetzen.

221 Aufgrund der Systematik der Entscheidung und des Umstands, dass die Kommission im vorliegenden Fall eine Methode anwenden wollte, die bezweckt, die spezielle Stellung der Unternehmen und die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlungen auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, ist die Geldbuße der Klägerin unter Berücksichtigung der Bedeutung festzusetzen, die der Verkehr auf den in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung genannten Routen (Patras-Bari und Patras-Brindisi) im Verhältnis zum Verkehr auf der in Artikel 1 Absatz 1 der Entscheidung genannten Route (Patras-Ancona) hat. Aus der Antwort der Kommission auf die Frage des Gerichts im Rahmen prozessleitender Maßnahmen geht hervor, dass der Gesamtumsatz der Unternehmen, gegen die mit der Entscheidung Sanktionen verhängt wurden, 114,3 Millionen ECU beträgt. Nach den Akten entspricht der Umsatz, der mit den Beförderungsdiensten erzielt wurde, die Gegenstand des in Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung sanktionierten Kartells auf den Routen Patras-Bari und Patras-Brindisi waren, ungefähr einem Viertel des berücksichtigten Gesamtumsatzes.

222 Aufgrund der vorstehend angeführten Umstände ist das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung der Auffassung, dass die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße von 1 010 000 ECU auf 252 500 Euro herabzusetzen ist.

223 Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

III - Zum Antrag auf prozessleitende Maßnahmen

224 In ihrer Erwiderung hat die Klägerin beantragt, bestimmte Zeugen zur mündlichen Verhandlung zu laden, damit die in ihrer Klageschrift vorgetragene Klagegründe untermauert werden könnten, die durch Unterlagen allein nicht hinreichend gestützt seien, und ihr Vorbringen ergänzt und erläutert werden könne. Da der Sachverhalt nicht streitig ist, kann das Gericht seine Aufgabe jedoch wahrnehmen, ohne dass die genannten Zeugen gehört werden müssten.

Kostenentscheidung:

Kosten

225 Nach Artikel 87 § 3 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Im vorliegenden Fall sind der Klägerin ihre eigenen Kosten und drei Viertel der Kosten der Kommission einschließlich der ihr im Verfahren der einstweiligen Anordnung entstandenen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Der Betrag der gegen Ventouris Group Enterprises SA verhängten Geldbuße wird auf 252 500 Euro festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Ventouris Group Enterprises SA trägt ihre eigenen Kosten sowie drei Viertel der Kosten der Kommission einschließlich der ihr im Verfahren der einstweiligen Anordnung entstandenen Kosten. Die Kommission trägt ein Viertel ihrer eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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