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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 27.02.2002
Aktenzeichen: T-79/00
Rechtsgebiete: Verordnung (EG) Nr. 40/94


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 7 Abs. 1 b
Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 7 Abs. 1 c
Verordnung (EG) Nr. 40/94 Art. 73
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Eine Entscheidung einer Beschwerdekammer des Amtes, die dem Betroffenen keine Gelegenheit gibt, sich zu absoluten Hindernissen für die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke zu äußern, die die Beschwerdekammer von Amts wegen berücksichtigt hat, verletzt das rechtliche Gehör, dessen Wahrung einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt, der in Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke seinen Ausdruck findet und wonach die Entscheidungen des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten haben äußern können.

( vgl. Randnrn. 13-15 )

2. Die fehlende Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke kann sich nicht schon daraus ergeben, dass bei einem Zeichen kein Phantasieüberschuss oder kein Minimum an Phantasieüberschuss vorliegt. Einer Gemeinschaftsmarke liegt nämlich nicht notwendig ein schöpferischer Akt zugrunde, und sie beruht auch nicht auf einem Element der Originalität oder der Phantasie, sondern auf der Fähigkeit, die Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt von den gleichartigen Waren oder Dienstleistungen abzugrenzen, die die Wettbewerber anbieten.

( vgl. Randnr. 30 )

3. Dem Wort LITE, dessen Eintragung für Lebensmittel und Verpflegungsdienstleistungen begehrt wird, fehlt die Unterscheidungskraft im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke. Dieses Wort, das eine Wortschöpfung aus einer phonetischen Umschrift des englischen Wortes light" ist, wird nämlich im englischen Sprachraum der Europäischen Union gemeinhin als gängiger Ausdruck im Lebensmittel- und Verpflegungssektor gebraucht, um eine bestimmte Beschaffenheit von Lebensmitteln zu be- oder kennzeichnen. Es informiert nur die angesprochenen Verkehrskreise über ein Merkmal der Waren und der Dienstleistung, um die es hier geht, nämlich über die Natur der Lebensmittel und der im Rahmen der Verpflegungsdienstleistung zubereiteten und servierten Gerichte als Leichtprodukte.

( vgl. Randnrn. 33-36, 39 )


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 27. Februar 2002. - Rewe Zentral AG gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM). - Gemeinschaftsmarke - Wort LITE - Gewährung rechtlichen Gehörs - Nicht durchgreifender Klagegrund - Absolutes Eintragungshindernis - Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94. - Rechtssache T-79/00.

Parteien:

In der Rechtssache T-79/00

Rewe Zentral AG mit Sitz in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Kinkeldey,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), zunächst vertreten durch V. Melgar und P. von Kapff, dann durch V. Melgar und G. Schneider als Bevollmächtigte,

eklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 27. Januar 2000 (Sache R 275/1999-3) über die Eintragung des Wortes LITE als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten P. Mengozzi sowie der Richterin V. Tiili und des Richters R. M. Moura Ramos,

Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin

aufgrund der am 4. April 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 27. Juni 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die Klägerin reichte am 29. März 1996 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung die Anmeldung einer Gemeinschaftswortmarke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (im Folgenden: Amt) ein. Als Anmeldetag wurde der 1. April 1996 bestimmt.

2 Die Eintragung wurde für das Wort LITE beantragt.

3 Die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung der Marke beantragt wurde, gehören zu den Klassen 5, 29, 30, 32, 33 und 42 im Sinne des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner überarbeiteten und geänderten Fassung und entsprechen für die jeweilige Klasse folgender Beschreibung:

Klasse 5: Diätetische Lebensmittel und Lebensmittelzubereitungen, diätetische Hilfsmittel für die Gesundheitspflege, insbesondere Vitamine, Mineralstoffe und aufbauende Nahrungsergänzungsmittel; Babykost;

Klasse 29: Fleisch, Fisch, Gefluegel, Wild, Weich- und Schalentiere (verarbeitet), vorgenannte Waren auch zubereitet; Wurst-, Fleisch-, Gefluegel- und Fischwaren, Kaviar; Fleisch-, Fisch-, Gefluegel- und Wildsalate; Fleisch-, Gefluegel-, Wild- und Fischpasteten, Fleischextrakte; Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte (jeweils verarbeitet); Obst- und Gemüsemark; Feinkostsalate aus Gemüse- oder Blattsalaten; Kartoffelprodukte aller Art, nämlich Pommes frites, Kroketten, Bratkartoffeln, vorgegarte Kartoffeln, Kartoffelpuffer, Kartoffelklöße, Rösti, Reibekuchen, Chips, Sticks; Halbfertig- und Fertiggerichte, nämlich Suppen (einschließlich Instant-Suppen), Eintopfgerichte, Trocken- und Nass-Fertiggerichte, im Wesentlichen bestehend aus einer oder mehreren der nachfolgenden Waren: Fleisch, Fisch, Gemüse, zubereitetem Obst, Käse, Teigwaren, Reis; Fleisch-, Obst-, Gemüsegallerten, Konfitüren, Eier, Milch und Milchprodukte, insbesondere Trinkmilch, Sauermilch, Buttermilch, Joghurt, Fruchtjoghurt, Joghurt mit Schokolade oder Kakaozusätzen, alkoholfreie Milchmischgetränke, Kefir, Sahne, Quark, Frucht- und Kräuterquarkspeisen, Dessertspeisen, im Wesentlichen bestehend aus Milch und Geschmackszusätzen mit Gelatine und/oder Stärke als Bindemittel, Butter, Butterschmalz, Käse, Käsezubereitungen; Götterspeisen; Speiseöle und -fette; gesalzene und ungesalzene Nüsse und andere Knabberartikel, soweit in Klasse 29 enthalten; sämtliche vorgenannte Waren (soweit möglich) auch tiefgekühlt bzw. konserviert, sterilisiert oder homogenisiert;

Klasse 30: Pizzen; Saucen, einschließlich Salatsaucen, Fruchtsaucen, Ketchup, Meerrettich, Kapern; Kaffee, Tee, Kakao; Schokolade, Schokoladewaren, kakaohaltige Getränkepulver; Marzipan, Nougat, Marzipan- und Nougaterzeugnisse; Brotaufstrich, unter hauptsächlicher Verwendung von Zucker, Kakao, Nougat, Milch und/oder Fetten; Pralinen, auch gefuellt; Zucker, Zuckerwaren, Bonbons, insbesondere Karamell-, Pfefferminz-, Frucht-, Gummibonbons, Dauerlutscher, Kaugummi (nichtmedizinischer); Reis, Tapioka, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, geschältes Vollkorn-Getreide, nämlich Reis, Weizen, Hafer, Gerste, Roggen, Hirse, Mais und Buchweizen, vorgenannten Waren auch in Form von Mischungen und anderen Zubereitungen, insbesondere Weizenkleie, Weizenkeime, Maismehl, Maisgrieß, Leinsamen, Müsli und Müsliriegel (in der Hauptsache bestehend aus Getreideflocken, Trockenobst, Nüssen), Cerealien, Popcorn; Brot, Brötchen, feine Back- und Konditorwaren; Teigwaren und Vollkornteigwaren, insbesondere Nudeln; Speiseeis, Eiskrem; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig; Gewürze, Würzmischungen, Pfefferkörner; Salzgebäck, Getreidechips, Knabberartikel, soweit in Klasse 30 enthalten; Schokogetränke, Puddinge; sämtliche vorgenannte Waren (soweit möglich) auch tiefgekühlt bzw. konserviert, sterilisiert oder homogenisiert;

Klasse 32: Biere: Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Gemüsesäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; Molkegetränke, Instant-Getränke-Pulver;

Klasse 33: Alkoholische Getränke, insbesondere Wein, Schaumwein, Spirituosen, Likör;

Klasse 42: Beherbergung und Verpflegung von Gästen."

4 Mit Schreiben vom 26. Mai 1998 teilte der Prüfer der Klägerin mit, dass das Wort LITE wahrscheinlich nicht eingetragen werden könne, da ihm die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 für die betreffenden Waren und Dienstleistungen fehle. Hierzu nahm die Klägerin mit Schreiben vom 24. Juli 1998 Stellung. Mit Entscheidung vom 29. März 1999 wies der Prüfer die Anmeldung nach Artikel 38 der Verordnung Nr. 40/94 aus dem in seiner Mitteilung vom 26. Mai 1998 angeführten Grund zurück. Die Entscheidung des Prüfers gründet sich insbesondere auf eine semantische Auslegung des fraglichen Zeichens, wonach dieses dem geläufigen englischen Wort light" phonetisch entspreche. Nach Ansicht des Prüfers ist das Wort LITE für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibend und somit ohne Unterscheidungskraft.

5 Am 20. Mai 1999 legte die Klägerin gemäß Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 gegen die Entscheidung des Prüfers Beschwerde beim Amt ein.

6 Mit der Klägerin am 4. Februar 2000 zugestellter Entscheidung vom 27. Januar 2000 bestätigte die Beschwerdekammer die Zurückweisung der Anmeldung durch den Prüfer außer hinsichtlich der Dienstleistung Beherbergung von Gästen" mit der Begründung, dass dem Wort LITE die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 fehle und es ausschließlich beschreibend im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 sei (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

7 Die Beschwerdekammer hat zunächst im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht. An der Freihaltung rein beschreibender Angaben bestehe ein Allgemeinbedürfnis, da die Wettbewerber ein berechtigtes Interesse an der ungehinderten Verwendung derartiger Angaben hätten. Beschreibende Zeichen seien nur insoweit vom Schutz ausgeschlossen, als ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit, insbesondere der Wettbewerber, an ihrer freien Verwendung widerspreche. Dieses konkrete Freihaltebedürfnis müsse bezüglich derjenigen Waren und Dienstleistungen bestehen, für die die Marke angemeldet sei. Allerdings seien nur unmittelbar beschreibende Zeichen und Angaben möglicherweise nicht schutzfähig (Randnrn. 13 bis 16 der angefochtenen Entscheidung). Das angemeldete Wort bestehe ausschließlich aus dem Wort LITE, das auf eines der wesentlichen Merkmale der angemeldeten Waren hinweise, nämlich darauf, dass es sich um Leichtprodukte (Lightprodukte) handele. LITE sei nämlich eine Sammelbezeichnung für Lebensmittel, denen unerwünschte Bestandteile teilweise entzogen seien, um das Kaufinteresse ernährungsbewusster Verbraucher anzusprechen. Dieses Wort stelle somit zumindest im englischen Sprachraum der Gemeinschaft eine wesentliche beschreibende Angabe für die fraglichen Waren und Dienstleistungen dar. Auch Wettbewerber der Klägerin müssten ein uneingeschränktes Recht auf Verwendung des Wortes LITE haben. Diesem fehle schließlich auch das erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft, da es von den angesprochenen Verkehrskreisen lediglich als Hinweis auf die besondere Qualität der Waren verstanden werde.

Anträge der Parteien

8 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem Amt die Kosten aufzuerlegen.

9 Das Amt beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Rechtslage

10 Die Klägerin führt drei Klagegründe an, mit denen sie eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie je einen Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c und gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 geltend macht.

Zur Verletzung des rechtlichen Gehörs

Vorbringen der Parteien

11 Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer habe ihr keine Gelegenheit gegeben, zum Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 Stellung zu nehmen, so dass sie sich zu der Frage, ob ein Freihaltungsbedürfnis für das Wort LITE bestehe, nicht habe äußern können.

12 Nach Ansicht des Amtes ist dieser Klagegrund nicht stichhaltig, da die Gründe für eine Zurückweisung nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 vollständig mit denen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c dieser Verordnung übereinstimmten. Außerdem unterschieden sich Umstände des vorliegenden Falles in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht entscheidend von denen der Rechtssache T-122/99, die Anlass zum Erlass des Urteils des Gerichts vom 16. Februar 2000 (Procter & Gamble/HABM, [Form einer Seife], Slg. 2000, II-265, Randnrn. 39 bis 42) gegeben habe.

Würdigung durch das Gericht

13 Der Grundsatz der Wahrung des rechtlichen Gehörs findet in Artikel 73 der Verordnung Nr. 40/94 seinen Ausdruck, wonach die Entscheidungen des Amtes nur auf Gründe gestützt werden dürfen, zu denen sich die Beteiligten haben äußern können.

14 Er stellt einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, wonach die Adressaten von Entscheidungen der öffentlichen Behörden, die ihre Interessen, wie im vorliegenden Fall, spürbar berührten, Gelegenheit erhalten müssen, ihren Standpunkt sachgerecht darzulegen (Urteil des Gerichtshofes vom 23. Oktober 1974 in der Rechtssache 17/74, Transocean Marine Paint/Kommission, Slg. 1974, 1063, Randnr. 15).

15 Nach der Rechtsprechung des Gerichts verletzen die Beschwerdekammern das rechtliche Gehör des Klägers, wenn sie diesem keine Gelegenheit geben, sich zu den absoluten Eintragungshindernissen zu äußern, die sie von Amts wegen berücksichtigt haben (Urteil Form einer Seife, Randnr. 47).

16 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die angefochtene Entscheidung auf die beiden absoluten Eintragungshindernisse in den Buchstaben b und c des Artikels 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 gestützt worden ist, also auf das Fehlen der Unterscheidungskraft und den ausschließlich beschreibenden Charakter des Wortes LITE, während die Entscheidung des Prüfers nur auf einen dieser Gründe, das Fehlen der Unterscheidungskraft des fraglichen Wortes, gestützt war.

17 Des Weiteren macht die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung geltend, für beschreibende Angaben im Allgemeinen und das Wort LITE im Besonderen bestehe ein Freihaltebedürfnis (siehe oben, Randnr. 7). Dieses Argument, das ausschließlich zur Begründung der Anwendung des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 dienen kann, war jedoch in der Entscheidung des Prüfers nicht angeführt.

18 Auch wenn sich die Umstände, aus denen sich die Eintragungshindernisse des Artikels 7 Absatz 1 Buchstaben b und c der Verordnung Nr. 40/94 ergeben können, in gewissem Umfang überschneiden können, haben doch beide Eintragungshindernisse ihren eigenen Anwendungsbereich (in diesem Sinn Urteil des Gerichts vom 7. Juni 2000 in der Rechtssache T-359/99, DKV/HABM [EuroHealth], Slg. 2001, II-1645, Randnr. 48).

19 Mithin hat die Beschwerdekammern das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt, indem sie das absolute Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 unter Berufung auf ein Freihaltebedürfnis für beschreibende Angaben im Allgemeinen und das Wort LITE im Besonderen von Amts wegen berücksichtigt hat, ohne der Klägerin die Möglichkeit zu geben, sich zur Anwendung dieses absoluten Eintragungshindernisses im vorliegenden Fall und der Begründung dafür zu äußern.

20 Insoweit greift der Klagegrund einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch.

21 Da die Beschwerdekammer das rechtliche Gehör der Klägerin hinsichtlich des absoluten Eintragungshindernisses des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 verletzt hat, erübrigt sich eine inhaltliche Prüfung auf dieses Eintragungshindernis hin. Hingegen ist es erforderlich, zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, dass dem Wort LITE die Unterscheidungskraft fehlt.

Zum Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94

Vorbringen der Parteien

22 Die Klägerin verweist darauf, dass das Amt davon ausgehe, dass die Unterscheidungskraft auch bei einem äußerst geringen Grad gegeben sein könne und daher jede auch noch so geringe Fähigkeit einer Marke, auf die Herkunft der Ware hinzuweisen, ausreichend sei, um das Schutzhindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 zu überwinden.

23 Die Unterscheidungsfunktion der Marke sei im Hinblick auf jede konkret angemeldete Ware unter Berücksichtigung der angesprochenen Verbraucherkreise und der Natur der Ware festzustellen. Im vorliegenden Fall nähmen die Verbraucher die Marke LITE als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahr.

24 Das Amt vertritt die Auffassung, dem Zeichen LITE fehle die Unterscheidungskraft nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 aus denselben Gründen wie nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c dieser Verordnung, da sich die beiden absoluten Eintragungshindernisse überschnitten.

Würdigung durch das Gericht

25 Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben", von der Eintragung ausgeschlossen. Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt: Die Vorschriften des Absatzes 1 finden auch dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Gemeinschaft vorliegen."

26 Die durch Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 erfassten Zeichen gelten als ungeeignet, die wesentliche Funktion der Marke zu erfuellen, auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung hinzuweisen, damit der Verbraucher, der die durch die Marke bezeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt oder in Anspruch nimmt, bei einem späteren Erwerb oder einer späteren Inanspruchnahme, wenn die Erfahrung positiv war, die gleiche Wahl oder, wenn sie negativ war, eine andere Wahl treffen kann.

27 Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen für die Erzeugnisse und Dienstleistungen zu prüfen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache T-345/99, Harbinger/HABM [TRUSTEDLINK], Slg. 2000, II-3525, Randnr. 32), und zum anderen im Hinblick auf die Wahrnehmung der angesprochenen Verkehrskreise, die sich aus den Verbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen zusammensetzen.

28 Dem Wortlaut des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 ist zu entnehmen, dass das in diesem Artikel bezeichnete Eintragungshindernis schon bei einem Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht greift.

29 Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer der angemeldeten Marke das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft abgesprochen, weil die Marke auf dem fraglichen Markt nur als bloßer Hinweis auf die besondere Qualität der betreffenden Waren und nicht als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft verstanden werden könne. Außerdem mangele es der angemeldeten Marke angesichts des Fehlens zusätzlicher kennzeichnungskräftiger Bestandteile an Phantasie.

30 Zu der letztgenannten Erwägung ist festzustellen, dass sich die fehlende Unterscheidungskraft nach der Rechtsprechung des Gerichts nicht schon daraus ergeben kann, dass kein Phantasieüberschuss (Urteil des Gerichts vom 5. April 2001 in der Rechtssache T-87/00, Bank für Arbeit und Wirtschaft/HABM [EASYBANK], Slg. 2001, II-1259, Randnr. 39) oder kein Minimum an Phantasieüberschuss (Urteile des Gerichts vom 31. Januar 2001 in den Rechtssachen T-135/99, Taurus-Film/HABM [Cine Action], Slg. 2001, II-379, Randnr. 31, und T-136/99, Taurus-Film/HABM [Cine Comedy], Slg. 2001, II-397, Randnr. 31) vorliegt. Einer Gemeinschaftsmarke liegt nämlich nicht notwendig ein schöpferischer Akt zugrunde, und sie beruht auch nicht auf einem Element der Originalität oder der Phantasie, sondern auf der Fähigkeit, die Waren oder Dienstleistungen auf dem Markt von den gleichartigen Waren oder Dienstleistungen abzugrenzen, die die Wettbewerber anbieten.

31 Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob das Wort LITE es den angesprochenen Verkehrskreisen ermöglicht, die fraglichen Waren und die fragliche Dienstleistung von den Waren und Dienstleistungen mit anderer betrieblicher Herkunft abzugrenzen.

32 Als angesprochene Verkehrskreise sind die durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher anzusehen (in diesem Sinn Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 26, und Urteil EuroHealth, Randnr. 27). Die Waren und die Dienstleistung, um die es hier geht (Lebensmittel und Verpflegungsdienstleistung, in Randnr. 3 angeführt), sind nämlich für alle und damit für nicht spezialisierte Verbraucher bestimmt. Des Weiteren sind die angesprochenen Verkehrskreise, im Hinblick auf die das absolute Eintragungshindernis zu beurteilen ist, die englischsprachigen Verbraucher.

33 Sodann ist festzustellen, dass das Wort LITE gegenwärtig eine Gattungsbezeichnung darstellt, die im Bereich der fraglichen Waren und der fraglichen Dienstleistung üblich oder allgemein gebräuchlich ist. LITE ist nämlich eine Wortschöpfung aus einer phonetischen Umschrift des englischen Wortes light". Nach der Definition des englischsprachigen Wörterbuchs The New Shorter Oxford English Dictionary on Historical Principles, 1993, stellt das Wort LITE demgemäß eine Abwandlung des englischen Wortes light" dar, das heute hauptsächlich im Geschäftsleben Verwendung findet. Light" und LITE" werden im Englischen aber gleich ausgesprochen.

34 Außerdem entsprechen von den Waren und der Dienstleistung, im Hinblick auf die die Unterscheidungskraft des Wortes LITE zu beurteilen ist, die Ersteren einer großen Zahl von in der Kategorie Nahrungsmittel zusammenfassbaren Stoffen (feste Lebensmittel und Getränke) und die Letztere einer Leistung, bei der Lebensmittel und Fertiggerichte zubereitet und verkauft werden.

35 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass das Wort LITE im englischen Sprachraum der Europäischen Union gemeinhin als gängiger Ausdruck im Lebensmittel- und Verpflegungssektor gebraucht wird, um eine bestimmte Beschaffenheit von Lebensmitteln zu be- oder kennzeichnen.

36 Wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, hat die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung vertreten, dass das Wort LITE nur die angesprochenen Verkehrskreise über ein Merkmal der Waren und der Dienstleistung, um die es hier geht, nämlich über die Natur der Lebensmittel und der im Rahmen der Verpflegungsdienstleistung zubereiteten und servierten Gerichte als Leichtprodukte, informiere. Wie nämlich das Amt in seiner Klagebeantwortung ausgeführt hat, verstehen die angesprochenen Verkehrskreise die LITE-Produkte in Form von Stoffen und Lebensmitteln als kalorienarm, weil fett- oder zuckerreduziert, und solche in Form von Getränken als alkohol- oder zuckerarm, während sie die Dientleistung der LITE-Verpflegung als eine Bereitstellung von Gerichten oder Mahlzeiten mit diesen Merkmalen ansehen.

37 Demnach hat das Wort LITE im Nahrungsmittelbereich nur die in der vorstehenden Randnummer beschriebene Bedeutung. Somit werden die angesprochenen Verkehrskreise, wenn sie mit den fraglichen Waren und der fraglichen Dienstleistung zu tun haben, dem Wort LITE nur die beschriebene offenkundige Bedeutung beimessen, ohne eine zweite Bedeutung dieses Wortes als Marke in Betracht zu ziehen.

38 Daher ist festzustellen, dass das Wort LITE es den angesprochenen Verkehrskreisen nicht ermöglicht, bei ihrer Wahl die betreffenden Waren und die betreffende Dienstleistung von denen mit anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden.

39 Die Beschwerdekammer hat daher zu Recht angenommen, dass dem Wort LITE die Unterscheidungskraft im Sinne des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 fehlt.

40 Nach Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 ist das Zeichen schon dann nicht als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig, wenn eines der absoluten Eintragungshindernisse vorliegt (Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2000 in der Rechtssache T-360/99, Community Concepts/HABM [Investorworld], Slg. 2000, II-3545, Randnr. 26).

41 Da die Beschwerdekammer nicht irrig angenommen hat, dass das absolute Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 im vorliegenden Fall anwendbar sei, greift somit der Klagegrund einer Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht durch.

42 Die Klage ist daher abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

43 Nach Artikel 87 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.

44 Auch wenn im vorliegenden Fall die Klage abzuweisen ist, ist nach Ansicht des Gerichts wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin Artikel 87 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung anzuwenden und anzuordnen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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