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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.09.1988
Aktenzeichen: 106/87
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Verordnung Nr. 1615/83 vom 15. Juni 1983, Verordnung Nr. 1618/83 vom 15. Juni 1983


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 92
EWG-Vertrag Art. 176
EWG-Vertrag Art. 178
EWG-Vertrag Art. 215 Abs. 2
Verordnung Nr. 1615/83 vom 15. Juni 1983
Verordnung Nr. 1618/83 vom 15. Juni 1983
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Gerichtshof ist gemäß Artikel 178 EWG-Vertrag für gegen die Gemeinschaft gerichtete Schadensersatzklagen nach Artikel 215 Absatz 2 EWG-Vertrag ausschließlich zuständig. Die nationalen Gerichte bleiben jedoch für Klagen auf Ersatz des Schadens zuständig, den nationale Behörden bei Anwendung des Gemeinschaftsrechts Privatpersonen verursacht haben.

2. Ein Urteil des Gerichtshofes, durch das eine von Unternehmen eines Mitgliedstaats gegen die Gemeinschaft erhobene Klage auf Ersatz des durch eine rechtswidrige Gemeinschaftsregelung verursachten Schadens mit der Begründung abgewiesen wurde, daß diese Rechtswidrigkeit nicht als eine schwerwiegende Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm oder offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen der Befugnisse eines Organs angesehen werden könne, die die Haftung der Gemeinschaft auslösen könnte, steht einer Schadensersatzklage derselben Unternehmen gegen ihren Staat nicht entgegen, die auf einen anderen Klagegrund als diese Rechtswidrigkeit, etwa einen eigenen Amtsfehler oder ein eigenes vorwerfbares Verhalten der nationalen Behörden, auch wenn diese dabei im Rahmen des Gemeinschaftsrechts tätig wurden, gestützt ist.

3. Zahlungen, zu denen nationale Behörden zum Ersatz eines Schadens verurteilt werden, den sie Privatpersonen verursacht haben, stellen keine Beihilfen im Sinne der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag dar.

4. Eine Klage auf Zahlung von Beträgen, die aufgrund einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung geschuldet werden, kann nicht in Form einer Klage nach den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag erhoben werden.

5. Die Verordnung Nr. 381/86, durch die den griechischen Unternehmen eine zusätzliche Beihilfe gewährt wurde, die ihnen infolge eines technischen Fehlers der durch das Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 in der Rechtssache 192/83 für nichtig erklärten Verordnung Nr. 1615/83 nicht gezahlt worden war, steht einer Klage der betroffenen Unternehmen gegen den griechischen Staat auf Ersatz des Schadens nicht entgegen, der über die nach dieser Verordnung rückwirkend gezahlten Beträge hinausgeht. Eine solche Klage kann nur auf einen anderen Klagegrund gestützt werden, als er den vom Gerichtshof mit Urteil vom 19. September 1985 in den Rechtssachen 194 bis 206/83 abgewiesenen Klagen zugrunde lag.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (FUENFTE KAMMER) VOM 27. SEPTEMBER 1988. - ASTERIS AE UND ANDERE GEGEN GRIECHISCHE REPUBLIK UND EUROPAEISCHE WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM POLYMELES PROTODIKEIO ATHEN. - URTEIL DES GERICHTSHOFES - ABWEISUNG EINER SCHADENSERSATZKLAGE - AUSWIRKUNG AUF SCHADENSERSATZKLAGEN VOR DEN NATIONALEN GERICHTEN. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 106 BIS 120/87.

Entscheidungsgründe:

1 Das Polymeles Protodikeio ( erstinstanzliches Kollegialgericht ) Athen hat mit Urteilen vom 30. Oktober 1986, beim Gerichtshof eingegangen am 7. April 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag drei Fragen nach der Zuständigkeit nationaler Gerichte für Schadensersatzklagen von Privatpersonen gegen nationale Behörden wegen nicht gezahlter Beihilfen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik, nach der Zulässigkeit solcher Klagen angesichts der Rechtskraftwirkung eines Urteils des Gerichtshofes, mit dem eine gegen die Kommission gerichtete Schadensersatzklage abgewiesen worden war, und nach der Auslegung des Begriffs "Beihilfe" in Artikel 92 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen den Klägerinnen zu 1 bis 15 und der Griechischen Republik wegen Schadensersatzes dafür, daß infolge eines vom Gerichtshof beanstandeten technischen Fehlers der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Regelung den griechischen Erzeugern von Tomatenmark ( Tomatenkonzentrat ) keine Beihilfen gewährt worden waren.

Zur Vorgeschichte des Rechtsstreits

3 Mit Urteil vom 19. September 1985 in der Rechtssache 192/83 ( Griechenland/Kommission, Slg. 1985, 2802 ) erklärte der Gerichtshof auf Klage der Griechischen Republik die Verordnung Nr. 1615/83 der Kommission vom 15. Juni 1983 zur Festsetzung der Koeffizienten, mit denen der für Tomatenmark festgesetzte Betrag der Produktionsbeihilfe für das Wirtschaftsjahr 1983/84 zu multiplizieren war ( ABl. L 159, S. 48 ), für nichtig.

4 Die Nichtigerklärung erfolgte insoweit, als die mit dieser Verordnung festgesetzten Koeffizienten in bezug auf den Ausgleich der Mehrkosten, die durch die Verwendung kleinerer Umschließungen als der Standardverpackung der Verordnung Nr. 1618/83 der Kommission vom 15. Juni 1983 zur Festsetzung des den Erzeugern zu zahlenden Mindestpreises sowie des Betrages der Produktionsbeihilfe für bestimmte Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse für das Wirtschaftsjahr 1983/84 ( ABl. L 159, S. 52 ) verursacht wurden, zu einer Ungleichbehandlung der Griechischen Republik gegenüber den anderen Mitgliedstaaten geführt hatte.

5 In jenem Urteil stellte der Gerichtshof weiter fest, es sei gemäß Artikel 176 EWG-Vertrag Sache der Kommission, für Griechenland neue Koeffizienten festzusetzen oder irgendeine andere Ausgleichsregelung zu schaffen, die der Unterschiedlichkeit der Beihilferegelung für Griechenland einerseits und für die anderen Mitgliedstaaten andererseits Rechnung tragen.

6 Mit Urteil vom gleichen Tage in den Rechtssachen 194 bis 206/83 ( Asteris u. a./Kommission, Slg. 1985, 2821 ) wies der Gerichtshof eine von griechischen Tomatenmarkherstellern erhobene Klage auf Schadensersatz nach den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertag mit der Begründung ab, daß die mit Urteil vom 19. September 1985 ( Rechtssache 192/83, a. a. O.) anerkannte Rechtswidrigkeit des Koeffizientensystems nicht als schwerwiegende Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm oder offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen der Befugnisse der Kommission angesehen werden könne, die die Haftung der Gemeinschaft auslösen könnte.

7 Zur Durchführung des Urteils vom 19. September 1985 ( Rechtssache 192/83, a. a. O.) erließ die Kommission die Verordnung Nr. 381/86 vom 20. Februar 1986 über die zusätzliche Zahlung einer Produktionsbeihilfe für bestimmte Grössen von Verpackungen, die aus griechischen Tomaten im Wirtschaftsjahr 1983/84 gewonnene Tomatenkonzentrate enthalten ( ABl. L 44, S. 10 ).

8 Auf die Klagen der Griechischen Republik und der Erzeugerunternehmen hob der Gerichtshof mit Urteil vom 26. April 1988 in den Rechtssachen 97, 193, 99 und 216/86 ( Asteris u. a. und Griechische Republik/Kommission, Slg. 1988, 0000 ) die Weigerung der Kommission auf, dem Antrag der Griechischen Republik nach Artikel 175 zu entsprechen, in voller Durchführung des Urteils vom 19. September 1985 ( Rechtssache 192/83, a. a. O.) die zusätzliche Zahlung einer Produktionsbeihilfe für bestimmte Grössen von Verpackungen, die aus griechischen Tomaten in den Wirtschaftsjahren 1984/85, 1985/86 und 1986/87 gewonnene Tomatenkonzentrate enthalten, vorzusehen.

9 Parallel zur Anrufung des Gerichtshofes in den verbundenen Rechtssachen 97, 193, 99 und 215/86 ( Urteil vom 26. April 1988 ) erhoben die Klägerinnen zu 1 bis 15 beim Polymeles Protodikeio Athen Klage auf Feststellung, daß die Griechische Republik ihnen für die Wirtschaftsjahre 1981/82, 1982/83 und 1983/84 die Differenz zwischen der in Anwendung der in den Gemeinschaftsverordnungen festgelegten Koeffizienten tatsächlich bezogenen Beihilfe und der Beihilfe zu zahlen hat, die sie ohne die in dem Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 ( Rechtssache 192/83, a. a. O.) festgestellte Rechtswidrigkeit hätten beanspruchen können.

10 Daraufhin hat das Polymeles Protodikeio Athen mit Urteilen vom 30. Oktober 1986 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt :

"1 ) Sind die nationalen Gerichte eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaften für Klagen zuständig, mit denen einzelne die zuständigen nationalen Behörden auf Gewährung ihnen zustehender, wegen unrichtiger Durchführung des Gemeinschaftsrechts aber nicht gezahlter Beihilfen in Anspruch nehmen, deren Erstattung die nationalen Behörden namentlich im Rahmen der Verordnung ( EWG ) Nr. 729/70 des Rates über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik von den zuständigen Gemeinschaftsbehörden verlangen können?

Falls diese Frage zu bejahen ist :

2 ) Steht die Abweisung der gegen die Kommission gerichteten Klage u. a. der Klägerinnen des vorliegenden Verfahrens durch den Gerichtshof aus den im Urteil vom 19. September 1985 ( verbundene Rechtssachen 194 bis 206/83 ) dargelegten Gründen der Erhebung einer Klage derselben Klägerinnen gegen die Griechische Republik entgegen, mit der diese den Ersatz der ihnen entgangenen Beihilfen verlangen, die sie von den zuständigen griechischen Behörden erhalten hätten, wenn letztere dies im Rahmen der Verordnung ( EWG ) Nr. 729/70 des Rates dem EAGFL gegenüber geltend gemacht hätten?

Falls diese Frage zu verneinen ist :

3 ) Ist die Zahlung von Schadensersatz seitens der nationalen Behörden an einzelne Inhaber von Verarbeitungsbetrieben und Empfänger von Beihilfen nach den Verordnungen ( EWG ) Nrn. 729/70 und 516/77 des Rates, soweit dadurch ein technischer Fehler der zuständigen Gemeinschaftsbehörden ausgeglichen und wiedergutgemacht werden soll, gemeinschaftsrechtlich zulässig,

a ) wenn sich die nationalen Behörden auf eine blosse Mitteilung an die zuständigen Gemeinschaftsorgane beschränken ( Artikel 92 EWG-Vertrag ), oder

b)muß zuvor gemäß den im Rahmen der Verordnungen ( EWG ) Nrn. 729/70 und 516/77 des Rates konkretisierten und angewandten Grundsätzen des Artikels 93 EWG-Vertrag die Zustimmung der Gemeinschaftsorgane eingeholt werden?

c ) Steht der Schadensersatzanspruch der Klägerinnen, soweit er das Wirtschaftsjahr 1983/84 betrifft, im Widerspruch zu der Verordnung ( EWG ) Nr. 381/86 der Kommission?"

11 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und der gemäß Artikel 20 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes der EG eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur ersten Frage

12 Die erste Frage ist im Kontext der zweiten und der dritten Frage sowie unter Berücksichtigung der Umstände des Falles und der Begründung der Vorlageurteile dahin zu verstehen, ob das Gemeinschaftsrecht einer Entscheidung der nationalen Gerichte über eine Klage von Privatpersonen gegen die zuständigen nationalen Behörden entgegensteht, die auf Ersatz des Schadens gerichtet ist, der diesen Personen dadurch entstanden ist, daß sie infolge eines Fehlers der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Regelung keine Gemeinschaftsbeihilfen erhalten haben.

13 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, daß das Gemeinschaftsrecht im Bereich der Schadensersatzklagen die nationalen Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit für Streitigkeiten, an denen Angehörige des betreffenden Staates beteiligt sind, unberührt lässt.

14 Eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtshofes besteht nur für den Fall, daß die Klage auf Ersatz eines angeblichen Schadens gerichtet ist, für den die Gemeinschaft verantwortlich wäre, die gemäß Artikel 215 Absatz 2 EWG-Vertrag den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, zu ersetzen hat. Die Entscheidung über diese Haftung fällt nicht in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte, sondern nach Artikel 178 ausschließlich in die Zuständigkeit des Gerichtshofes ( Urteil vom 14. Januar 1987 in der Rechtssache 281/84, Bedburg, Slg. 1987, 49 ).

15 Auf die erste Frage ist daher zu antworten, daß der Gerichtshof gemäß Artikel 178 EWG-Vertrag für gegen die Gemeinschaft gerichtete Schadensersatzklagen nach Artikel 215 Absatz 2 EWG-Vertrag ausschließlich zuständig ist. Die nationalen Gerichte bleiben jedoch für Klagen auf Ersatz des Schadens zuständig, den nationale Behörden bei Anwendung des Gemeinschaftsrechts Privatpersonen verursacht haben.

Zur zweiten Frage

16 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob das Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 in den Rechtssachen 194 bis 206/83 ( a. a. O.), mit dem eine Schadenersatzklage von Tomatenmarkherstellern gegen die Kommission abgewiesen wurde, einer Schadensersatzklage derselben Unternehmen gegen den griechischen Staat entgegensteht.

17 In seinem Urteil vom 19. September 1985 ( Rechtssachen 194 bis 206/83, a. a. O.) hat der Gerichtshof festgestellt, daß die mit Urteil vom gleichen Tage ( Rechtssache 192/83 ) festgestellte Rechtswidrigkeit der Koeffizientenregelung von der Gemeinschaft zu verantworten war, so daß der Gerichtshof für die Schadensersatzklage nach den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag zuständig war. Gleichwohl hat der Gerichtshof in jenem Urteil die Klage auf Schadensersatz mit der Begründung abgewiesen, daß der technische Fehler, mit dem die Gemeinschaftsregelung behaftet war, zwar objektiv eine Ungleichbehandlung der griechischen Erzeuger bewirkt hat, jedoch nicht als eine schwerwiegende Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm oder offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen der Befugnisse der Kommission angesehen werden kann, die die Haftung der Gemeinschaft auslösen könnte.

18 Dieses Urteil des Gerichtshofes schließt es aus, daß eine nationale Behörde, die lediglich die betreffende gemeinschaftsrechtliche Regelung durchgeführt hat und für deren Rechtswidrigkeit nicht verantwortlich ist, aus demselben Grund haftbar gemacht werden kann.

19 Das Urteil des Gerichtshofes steht jedoch einer Klage gegen die zuständigen nationalen Behörden nicht entgegen, die auf eine andere Rechtsgrundlage als die Rechtswidrigkeit der in diesem Urteil behandelten gemeinschaftsrechtlichen Regelung gestützt und auf Ersatz des Schadens gerichtet ist, den diese Behörden, auch wenn sie im Rahmen des Gemeinschaftsrechts tätig wurden, Privatpersonen verursacht haben.

20 Auf die zweite Frage ist somit zu antworten, daß das Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 in den Rechtssachen 194 bis 206/83 ( a. a. O.), durch das eine Schadensersatzklage abgewiesen wurde, die von Tomatenmarkherstellern aufgrund der Artikel 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag gegen die Gemeinschaft erhoben worden war, einer Schadensersatzklage derselben Unternehmen gegen den griechischen Staat nicht entgegensteht, die auf einen anderen Klagegrund, etwa einen eigenen Amtsfehler oder ein eigenes vorwerfbares Verhalten der griechischen Behörden, auch wenn diese dabei im Rahmen des Gemeinschaftsrechts tätig wurden, gestützt ist.

Zur dritten Frage

21 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob Zahlungen an die betroffenen Unternehmen, zu denen der griechische Staat zum Ersatz des aus dem technischen Fehler der gemeinschaftsrechtlichen Regelung resultierenden Schadens möglicherweise verurteilt wird, als Beihilfen im Sinne der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag anzusehen wären und ob die Verordnung Nr. 381/86 der Schadensersatzklage der betroffenen Unternehmen gegen den griechischen Staat entgegensteht.

22 Zum ersten Teil der dritten Frage ist festzustellen, daß das in Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag enthaltene Verbot staatlicher Beihilfen sämtliche vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen an Unternehmen umfasst ( Urteil vom 22. März 1977 in der Rechtssache 78/76, Steinike, Slg. 1977, 595 ) und daher alle öffentlichen Eingriffe betrifft, die die normalen Handelsbedingungen zwischen Mitgliedstaaten verfälschen könnten ( Urteil vom 10. Oktober 1978 in der Rechtssache 148/77, Hansen, Slg. 1978, 1787 ).

23 Staatliche Beihilfen als Maßnahmen der öffentlichen Hand zur Begünstigung bestimmter Unternehmen oder bestimmter Erzeugnisse unterscheiden sich somit in ihrem rechtlichen Charakter grundlegend von Zahlungen, zu denen nationale Behörden gegebenenfalls zum Ersatz eines Schadens verurteilt werden, den sie Privatpersonen verursacht haben.

24 Auf den ersten Teil der dritten Frage ist daher zu antworten, daß Zahlungen, zu denen nationale Behörden zum Ersatz eines Schadens verurteilt werden, den sie Privatpersonen verursacht haben, keine Beihilfen im Sinne der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag darstellen.

25 Was den zweiten Teil der dritten Frage betrifft, so ist nach ständiger Rechtsprechung zu unterscheiden zwischen den Schadensersatzklagen aufgrund einer Rechtsverletzung, wie sie in dem Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 festgestellt wurde, und einer Klage auf Zahlung von aufgrund einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung geschuldeten Beträgen, die nicht in Form einer Klage nach den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag erhoben werden kann ( vgl. Urteile vom 4. Oktober 1979 in der Rechtssache 238/78, Ireks, Slg. 1979, 2955, in den Rechtssachen 241, 242, 245 bis 250/78, Slg. 1979, 3017, in den Rechtssachen 261 und 262/78, Interquelle, Slg. 1979, 3045, sowie in den Rechtssachen 64 und 113/76, 167 und 239/78, 27, 28 und 45/79, Dumortier, Slg. 1979, 3091 ).

26 Diese Unterscheidung zwischen Schadensersatzklagen und Zahlungsklagen gilt auch für den Fall, daß Privatpersonen vor den nationalen Gerichten die Haftung der für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts zuständigen nationalen Behörden geltend machen.

27 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß durch die Verordnung Nr. 381/86, die erlassen wurde, um die durch das Urteil vom 19. September 1985 in der Rechtssache 192/83 ( a. a. O.) für nichtig erklärte Verordnung Nr. 1615/83 zu ersetzen, den griechischen Unternehmen die zusätzliche Beihilfe gewährt wurde, die ihnen infolge des technischen Fehlers der vom Gerichtshof für nichtig erklärten Verordnung nicht gezahlt worden war.

28 Zwar haben die Klägerinnen damit die Zahlung der Beträge erlangen können, die ihnen nach der gemeinschaftsrechtlichen Regelung zustanden. Dies nimmt ihnen jedoch nicht das Recht, mit einer Schadensersatzklage den Ersatz des darüber hinausgehenden Schadens geltend zu machen, den sie gegebenenfalls dadurch erlitten haben, daß sie diese Beträge nicht zu dem Zeitpunkt erhalten haben, zu dem sie sie normalerweise hätten beanspruchen können.

29 Allerdings ist zu berücksichtigen, daß der Gerichtshof mit seinem Urteil vom 19. September 1985 in den Rechtssachen 194 bis 206/83 ( a. a. O.) die auf die Rechtswidrigkeit der Koeffizientenregelung gestützte Schadensersatzklage der Klägerinnen gegen die Gemeinschaft abgewiesen hat. Im übrigen ergibt sich aus der Antwort auf die zweite Frage, daß unter diesen Umständen eine Schadensersatzklage gegen den griechischen Staat nur auf einen anderen Klagegrund gestützt werden kann, als er den vom Gerichtshof abgewiesenen Klagen zugrunde lag.

30 Auf den zweiten Teil der dritten Frage ist daher zu antworten, daß die Verordnung Nr. 381/86, durch die den griechischen Unternehmen eine zusätzliche Beihilfe gewährt wurde, die ihnen infolge eines technischen Fehlers der durch das Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 ( Rechtssache 192/83, a. a. O.) für nichtig erklärten Verordnung Nr. 1615/83 nicht gezahlt worden war, einer Klage der betroffenen Unternehmen gegen den griechischen Staat auf Ersatz des Schadens nicht entgegensteht, der über die nach dieser Verordnung rückwirkend gezahlten Beträge hinausgeht. Eine solche Klage kann nur auf einen anderen Klagegrund gestützt werden, als er der vom Gerichtshof mit Urteil vom 19. September 1985 ( Rechtssachen 194 bis 206/83, a. a. O.) abgewiesenen Klage zugrunde lag.

Kostenentscheidung:

Kosten

31 Die Auslagen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Fünfte Kammer )

auf die ihm vom Polymeles Protodikeio Athen mit Urteilen vom 30. Oktober 1986 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Der Gerichtshof ist gemäß Artikel 178 EWG-Vertrag für gegen die Gemeinschaft gerichtete Schadensersatzklagen nach Artikel 215 Absatz 2 EWG-Vertrag ausschließlich zuständig. Die nationalen Gerichte bleiben jedoch für Klagen auf Ersatz des Schadens zuständig, den nationale Behörden bei Anwendung des Gemeinschaftsrechts Privatpersonen verursacht haben.

2 ) Das Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 in den Rechtssachen 194 bis 206/83 ( Asteris u. a./Kommission, Slg. 1985, 2821 ), durch das eine Schadensersatzklage abgewiesen wurde, die von Tomatenmarkherstellern aufgrund der Artikel 178 und 215 Absatz 2 EWG-Vertrag gegen die Gemeinschaft erhoben worden war, steht einer Schadensersatzklage derselben Unternehmen gegen den griechischen Staat nicht entgegen, die auf einen anderen Klagegrund, etwa einen eigenen Amtsfehler oder ein eigenes vorwerfbares Verhalten der griechischen Behörden, auch wenn diese dabei im Rahmen des Gemeinschaftsrechts tätig wurden, gestützt ist.

3 ) Zahlungen, zu denen nationale Behörden zum Ersatz eines Schadens verurteilt werden, den sie Privatpersonen verursacht haben, stellen keine Beihilfen im Sinne der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag dar.

4 ) Die Verordnung Nr. 381/86 der Kommission vom 20. Februar 1986 über die zusätzliche Zahlung einer Produktionsbeihilfe für bestimmte Grössen von Verpackungen, die aus griechischen Tomaten im Wirtschaftsjahr 1983/84 gewonnene Tomatenkonzentrate enthalten, durch die den griechischen Unternehmen eine zusätzliche Beihilfe gewährt wurde, die ihnen infolge eines technischen Fehlers der durch das Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 in der Rechtssache 192/83 ( Griechenland/Kommission, Slg. 1985, 2802 ) für nichtig erklärten Verordnung Nr. 1615/83 der Kommission vom 15. Juni 1983 zur Festsetzung der Koeffizienten, mit denen der für Tomatenmark festgesetzte Betrag der Produktionsbeihilfe für das Wirtschaftsjahr 1983/84 zu multiplizieren war, nicht gezahlt worden war, steht einer Klage der betroffenen Unternehmen gegen den griechischen Staat auf Ersatz des Schadens nicht entgegen, der über die nach dieser Verordnung rückwirkend gezahlten Beträge hinausgeht. Eine solche Klage kann nur auf einen anderen Klagegrund gestützt werden, als er den vom Gerichtshof mit Urteil vom 19. September 1985 ( Rechtssachen 194 bis 206/83, a. a. O.) abgewiesenen Klagen zugrunde lag.

Ende der Entscheidung

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