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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.11.1989
Aktenzeichen: 121/86
Rechtsgebiete: EG, EWG


Vorschriften:

EG Art. 230
EWG Art. 173
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Gerichtshof hat auch dann, wenn die Gemeinschaftsorgane aufgrund der Gemeinschaftsregelung über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus Drittländern über einen Ermessensspielraum verfügen, zu prüfen, ob sie die durch diese Regelung eingeräumten Verfahrensgarantien beachtet und keine offensichtlichen Fehler bei der Würdigung des Sachverhalts begangen haben, ob sie es unterlassen haben, wesentliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, oder ob sie in ihre Begründung ermessensmißbräuchliche Überlegungen haben einfließen lassen.

2. Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2176/84 untersagt es nicht, je nach den Umständen die Frage, ob die behauptete Schädigung der Industrie der Gemeinschaft tatsächlich eingetreten ist, unabhängig von den beiden anderen Voraussetzungen für die Einführung eines Antidumpingzolls - nämlich der endgültigen Feststellung des Dumpings und der Notwendigkeit, im Interesse der Gemeinschaft tätig zu werden - zu prüfen. Im übrigen geht aus den Artikeln 2 und 4 dieser Verordnung hervor, daß die Feststellung des Dumpings und diejenige der Schädigung sich jeweils auf verschiedene Faktoren gründen, die daher getrennt geprüft werden können.

Die Artikel 4 Absatz 1 und 12 Absatz 1 der Verordnung machen die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls von dem Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Dumping und erlittener Schädigung abhängig, so daß die Feststellung, daß eine Schädigung nicht eingetreten ist, ausreicht, um die Einstellung des Verfahrens ohne Verhängung eines Antidumpingzolls zu rechtfertigen.

3. Artikel 4 der Verordnung Nr. 2176/84 räumt der Kommission hinsichtlich des für die Feststellung einer Schädigung im Rahmen eines Antidumpingverfahrens zu berücksichtigenden Zeitraums einen weiten Beurteilungsspielraum ein. Mit der Berücksichtigung eines Zeitraums von ungefähr vier Jahren hat die Kommission nur entsprechend der Gemeinschaftspraxis auf diesem Gebiet gehandelt.

4. Die in Artikel 7 Absatz 9 der Verordnung Nr. 2176/84 für den Abschluß von Antidumpingverfahren vorgesehene einjährige Frist stellt einen Richtwert dar und ist nicht zwingend, wie sich sowohl aus dem Wortlaut dieser Bestimmung als auch aus der Natur des Antidumpingverfahrens ergibt, dessen Fortschreiten nicht lediglich von einem zuegigen Vorgehen der Gemeinschaftsorgane abhängt. Allerdings darf das Antidumpingverfahren nach dieser Bestimmung nicht über eine angemessene Dauer hinaus verlängert werden, die nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen ist.

5. Wie aus Artikel 12 der Verordnung Nr. 2176/84 hervorgeht, ist der Rat dafür zuständig, über alle Voraussetzungen für die Einführung eines Antidumpingzolls zu entscheiden, ohne gehalten zu sein, jeden dahin gehenden Vorschlag der Kommission anzunehmen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 28. NOVEMBER 1989. - EPICHEIRISEON METALLEFTIKON VIOMICHANIKON KAI NAFTILIAKON AE UND ANDERE GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - GEMEINSAME HANDELSPOLITIK - EINSTELLUNG DES ANTIDUMPINGVERFAHRENS BETREFFEND DIE EINFUHREN VON TOTGEBRANNTEM NATUERLICHEM MAGNESIT. - RECHTSSACHE 121/86.

Entscheidungsgründe:

1 Die Firma Anonymos Etaireia Epicheiriseon Metalleftikon Viomichanikon kai Naftiliakon Ä und drei andere Gesellschaften griechischen Rechts haben mit Klageschrift, die am 23. Mai 1986 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Nichtigerklärung des Beschlusses 86/59 des Rates vom 6. März 1986 zur Einstellung des Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren von totgebranntem natürlichem Magnesit ( gesintert ) mit Ursprung in der Volksrepublik China und in Nordkorea ( ABl. L 70, S. 41 ) sowie aller anderen hiermit zusammenhängenden früheren oder späteren Entscheidungen.

2 Im Juni 1982 legten die Klägerinnen, die totgebranntes natürliches Magnesit herstellen, gemäß den Bestimmungen der Verordnung Nr. 3017/79 des Rates vom 20. Dezember 1979 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern ( ABl. L 339, S. 1 ) bei der Kommmission Beschwerde wegen der Dumpingpraktiken ein, die angeblich bei den Einfuhren dieses Erzeugnisses mit Ursprung in der Volksrepublik China und Nordkorea angewandt wurden.

3 Da die erste Sachaufklärung das Vorliegen von Dumpingpraktiken sowie das Bestehen einer Reihe von Tatsachen ergab, die eine Schädigung des betroffenen Wirtschaftszweigs in der Gemeinschaft erkennen ließen, führte die Kommission mit ihrer Verordnung Nr. 3542/82 vom 22. Dezember 1982 ( ABl. L 371, S. 5 ) einen vorläufigen Antidumpingzoll für einen Zeitraum von vier Monaten, vom 1. Januar 1983 an gerechnet, ein; der Zoll wurde durch die Verordnung Nr. 991/83 des Rates vom 25. April 1983 ( ABl. L 110, S. 27 ) um zwei Monate verlängert.

4 Am 9. Juni 1983 unterbreitete die Kommission dem Rat den Vorschlag, einen endgültigen Antidumpingzoll auf die Magnesitimporte einzuführen, die Anlaß zu der Beschwerde gegeben hatten. Der Rat entschloß sich jedoch nach gründlicher Prüfung der Frage der Vergleichbarkeit der betroffenen Erzeugnisse, die von der Kommission vorgeschlagene Verordnung nicht zu erlassen.

5 Am 19. April 1985 übermittelten die beschwerdeführenden Unternehmen der Kommission neue Anfangsbeweise für das Vorliegen von Dumpingpraktiken und einer durch die chinesischen Einfuhren von totgebranntem natürlichem Magnesit verursachten Schädigung. Die Kommission setzte daraufhin ihre Nachforschungen auf der Grundlage der Verordnung Nr. 2176/84 des Rates vom 23. Juli 1984 ( ABl. L 201, S. 1; nachstehend : Grundverordnung ) fort, die an die Stelle der Verordnung Nr. 3017/79 des Rates getreten war. Bei Abschluß ihrer Untersuchung kam sie zu dem Ergebnis, daß die Industrie in der Gemeinschaft keinen bedeutende Schädigung mehr erlitt. Infolgedessen unterbreitete sie dem Rat den Vorschlag, das Antidumpingverfahren betreffend die Einfuhren von totgebranntem natürlichem Magnesit mit Ursprung in der Volksrepublik China und in Nordkorea in die Gemeinschaft einzustellen. Der Rat nahm diesen Vorschlag an und erließ am 6. März 1986 den Beschluß 86/59, mit dem das diese Einfuhren betreffende Antidumpingverfahren eingestellt wurde.

6 Die Klägerinnen stützen ihre Nichtigkeitsklage darauf, daß eine Begründung des Beschlusses 86/59 des Rates fehle, sowie auf die Verletzung der Rechtsvorschriften der Grundverordnung und Ermessensmißbrauch. Sie sehen die Begründetheit dieser Rügen durch die in den nichtvertraulichen Unterlagen der Kommission enthaltenen Angaben bestätigt.

7 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

8 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung ( siehe insbesondere das Urteil vom 14. Juli 1988 in der Rechtssache 187/85, Fediol, Slg. 1988, 4155, 4187, Randnr. 6 ) auch dann, wenn die Gemeinschaftsorgane über einen Ermessensspielraum verfügen, zu prüfen hat, ob sie die durch die Grundverordnung eingeräumten Verfahrensgarantien beachtet und keine offensichtlichen Fehler bei der Würdigung des Sachverhalts begangen haben, ob sie es unterlassen haben, wesentliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, oder ob sie in ihre Begründung ermessensmißbräuchliche Überlegungen haben einfließen lassen.

9 Im Lichte dieser Überlegungen sind die geltend gemachten Klagegründe zu prüfen.

Zum Klagegrund der fehlenden Begründung

10 Mit diesem Klagegrund machen die Klägerinnen insbesondere geltend, der angefochtene Beschluß berücksichtige nicht das Vorliegen eines Dumpings und stütze sich ausschließlich auf Vergleichswerte, die nicht bewiesen, daß die Industrie der Gemeinschaft keine Schädigung erlitten habe.

11 Zu dem Umstand, daß die Kommission, nachdem sie festgestellt hatte, daß keine erhebliche Schädigung der Gemeinschaftsindustrie vorlag, es nicht für nötig erachtet hat, die Untersuchung des angeblichen Dumpings fortzuführen, ist zu bemerken, daß Artikel 4 Absatz 1 der Grundverordnung es nicht untersagt, je nach den Umständen die Frage, ob die behauptete Schädigung der Industrie der Gemeinschaft tatsächlich eingetreten ist, unabhängig von den beiden anderen Voraussetzungen für die Einführung eines Antidumpingzolls - nämlich der endgültigen Feststellung des Dumpings und der Notwendigkeit, im Interesse der Gemeinschaft tätig zu werden - zu prüfen. Im übrigen geht aus den Artikeln 2 und 4 der Grundverordnung hervor, daß die Feststellung des Dumpings und diejenige der Schädigung sich jeweils auf verschiedene Faktoren gründen, die daher getrennt geprüft werden können.

12 Bezueglich der Schädigung geht aus den Begründungserwägungen des angefochtenen Beschlusses hervor, daß sich die Gemeinschaftsorgane auf eine Reihe von tatsächlichen Gesichtspunkten gestützt haben, die im wesentlichen damit zusammenhängen, daß die Einfuhren des betroffenen Erzeugnisses sich nicht nachhaltig auf die Gemeinschaftserzeugung ausgewirkt haben und daß es daher an einer Schädigung fehlte, die die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls hätte rechtfertigen können.

13 Die in dieser Hinsicht angestellten Überlegungen erstrecken sich in der Tat auf die Zunahme der Gemeinschaftserzeugung, die Erhöhung der Auslastung der Produktionskapazitäten der einzelnen Gemeinschaftshersteller, die Zunahme ihrer Verkäufe auf dem Markt der Gemeinschaft, die Erhöhung ihres Marktanteils, den Anstieg ihrer durchschnittlichen Verkaufspreise und schließlich die Zunahme ihrer Gewinne sowie der Zahl ihrer Beschäftigten.

14 Hierzu ist zunächst zu bemerken, daß diese Würdigung, die weder willkürlich noch unangemessen erscheint, den in Artikel 4 Absatz 2 aufgestellten Kriterien für die Prüfung der Schädigung entspricht.

15 Weiterhin ist festzustellen, daß die Artikel 4 Absatz 1 und 12 Absatz 1 der Grundverordnung die Einführung eines endgültigen Antidumping - oder Ausgleichszolls von dem Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen Dumping und erlittener Schädigung abhängig machen, so daß die Feststellung, daß eine Schädigung nicht eingetreten ist, ausreicht, um die Einstellung des Verfahrens ohne Verhängung eines Antidumpingzolls zu rechtfertigen.

16 Die Rüge der fehlenden Begründung ist daher zurückzuweisen.

Zum Klagegrund der Verletzung der Rechtsvorschriften der Grundverordnung

17 Mit diesem zweiten Klagegrund machen die Klägerinnen in erster Linie eine Verletzung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Grundverordnung geltend, wonach die Dumpinguntersuchung normalerweise einen der Einleitung des Verfahrens unmittelbar vorangehenden Zeitraum von nicht weniger als sechs Monaten umfasst; diese Bestimmung gelte auch für die Untersuchung der Schädigung. Die Kommission habe aber die das Jahr 1985 betreffenden Daten, die für den Nachweis des Umfangs der Schädigung der Gemeinschaftsindustrie entscheidend seien, in keiner Weise berücksichtigt.

18 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Wie aus den Akten hervorgeht, sind sowohl die Daten betreffend die sechs Monate, die der Bekanntmachung der Einleitung des Verfahrens vom 29. Juni 1982 vorausgegangen sind, als auch diejenigen betreffend den Zeitraum vor der Bekanntmachung der Fortsetzung des Verfahrens vom 19. Juni 1985 für die Zwecke der Prüfung sowohl der behaupteten Schädigung als auch des Vorliegens eines Dumpings berücksichtigt worden. Diese Feststellung wird nicht dadurch entkräftet, daß die Fortsetzung der Untersuchung des letztgenannten Punktes nicht für notwendig erachtet wurde.

19 Es trifft zu, daß der streitige Beschluß die Daten der beiden ersten Monate des Jahres 1985 nicht ausdrücklich erwähnt. Eine solche Unterlassung stellt jedoch keinen Rechtsfehler dar, der einen Einfluß auf die Gültigkeit der Handlung haben könnte, da diese Daten in der Arbeitsunterlage vermerkt sind, die dem Beratenden Antidumpingausschuß am 13. November 1985 übermittelt wurde, und da die Kommission den griechischen Herstellern die Gründe mitgeteilt hat, aus denen sie der Auffassung war, daß die genannten Daten nicht geeignet waren, etwas an der Feststellung zu ändern, daß eine bedeutende Schädigung nicht vorlag.

20 Zudem räumt Artikel 4 der Grundverordnung der Kommission hinsichtlich des für die Feststellung einer Schädigung zu berücksichtigenden Zeitraums einen weiten Beurteilungsspielraum ein. Die Klägerinnen haben aber nichts vorgebracht, woraus sich entnehmen ließe, daß die Kommission hier die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten hätte. Aus den Akten geht im Gegenteil hervor, daß die Kommission entsprechend der Gemeinschaftspraxis auf diesem Gebiet einen Zeitraum von ungefähr vier Jahren berücksichtigt hat.

21 Zweitens machen die Klägerinnen geltend, das Verfahren habe viereinhalb Jahre gedauert, was im Widerspruch zu Artikel 7 Absatz 9 der Grundverordnung sowie zu den Grundsätzen der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der Erledigung von Streitsachen innerhalb einer angemessenen Frist stehe.

22 Hierzu ist festzustellen, daß die einjährige Frist des Artikels 7 Absatz 9 der Grundverordnung einen Richtwert darstellt und nicht zwingend ist, wie der Gerichtshof im Urteil vom 12. Mai 1989 in der Rechtssache 246/87 ( Continentale Produkten-Gesellschaft Erhardt-Renken GmbH & Co., Slg. 1989, 1151, Randnummer 8 ) festgestellt hat. Diese Auslegung ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Bestimmung, wonach die Untersuchung "in der Regel" innerhalb dieser Frist abzuschließen ist, als auch aus der Natur des Antidumpingverfahrens, dessen Fortschreiten nicht lediglich von einem zuegigen Vorgehen der Gemeinschaftsorgane abhängt. Allerdings ist klarzustellen, daß das Antidumpingverfahren nach dieser Bestimmung nicht über eine angemessene Dauer hinaus verlängert werden darf, die nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen ist.

23 Vorliegend hat das Verfahren länger gedauert als gewöhnlich, nämlich ungefähr vier Jahre. Aus den Akten geht jedoch hervor, daß die Gemeinschaftsorgane wegen bestimmter besonderer Umstände, die in den Begründungserwägungen des angefochtenen Beschlusses genannt werden, insbesondere der komplexen Natur des Verfahrens und der widersprüchlichen Ergebnisse, zu denen die Sachverständigen gelangt waren, nicht in der Lage waren, das Verfahren innerhalb eines Jahres abzuschließen.

24 Drittens machen die Klägerinnen geltend, obwohl sie beantragt hätten, das Verfahren 1985 lediglich in bezug auf die Volksrepublik China wiederzueröffnen, habe die Kommission es vorgezogen, das anhängige Verfahren, das sowohl China als auch Nordkorea betraf, fortzuführen.

25 Hierzu ist angesichts der Daten, die in der dem Beratenden Antidumpingausschuß am 13. Dezember 1985 übermittelten Arbeitsunterlage enthalten sind, zu bemerken, daß die Einfuhren aus China im Laufe des Referenzzeitraums noch stärker zurückgegangen sind als die Gesamtheit der Einfuhren aus beiden Ländern. Demgemäß ist festzustellen, daß die Untersuchung auch dann kein anderes Ergebnis erbracht hätte, wenn die Gemeinschaftsorgane die Daten für China gesondert geprüft hätten.

26 Schließlich ist die Tatsache, daß die von der Gemeinschaftsindustrie am 19. April 1985 eingereichte Beschwerde nur die Einfuhren aus China betraf, ohnehin unerheblich, da das im Jahre 1982 eingeleitete Verfahren, das sowohl China als auch Nordkorea betraf, noch nicht abgeschlossen war.

27 Nach alledem ist auch der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

Zum Klagegrund des Ermessensmißbrauchs

28 Mit ihrem dritten Klagegrund machen die Klägerinnen geltend, der angefochtene Beschluß stelle einen Ermessensmißbrauch dar, da die Kommission die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums erheblich überschritten und da der Rat im Juni 1983 in die materielle Untersuchung der Frage der Vergleichbarkeit der Erzeugnisse eingegriffen habe, was den vom Gemeinschaftsgesetzgeber festgelegten Zielen zuwiderlaufe.

29 Demgegenüber ist festzustellen, daß die Grundverordnung den Gemeinschaftsorganen einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt und daß die Klägerinnen keinerlei Tatsachen vorgebracht haben, die den Schluß gestatten würden, daß die Kommission hier die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten hätte.

30 Was die Tatsache anbelangt, daß der Rat die Frage nach der Vergleichbarkeit der Erzeugnisse im Juni 1983 geprüft hat, ist auf Artikel 12 der Grundverordnung hinzuweisen, in dem es heisst : "Ergibt sich aus der endgültigen Feststellung des Sachverhalts, daß Dumping oder eine Subventionierung im Untersuchungszeitraum und eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen, und erfordern die Interessen der Gemeinschaft ein gemeinschaftliches Eingreifen, so setzt der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf einen nach Konsultationen von der Kommission unterbreiteten Vorschlag einen endgültigen Antidumping - oder Ausgleichszoll fest." Aus dieser Bestimmung geht hervor, daß der Rat dafür zuständig ist, über alle Voraussetzungen für die Einführung eines Antidumpingzolls zu entscheiden, ohne gehalten zu sein, jeden dahin gehenden Vorschlag der Kommission anzunehmen.

31 Auch dieser Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

Zum Klagegrund der Unrichtigkeit der verwendeten Daten

32 Die Klägerinnen bestreiten die Richtigkeit der Daten, auf denen der angefochtene Beschluß beruht, da diese im Widerspruch sowohl zu den offiziellen Statistiken als auch zu den früheren Entscheidungen, Vorschlägen und Feststellungen der Kommission stuenden. Sie betonen insbesondere, daß die nichtvertraulichen Unterlagen der Kommission nicht die Fragebögen enthielten, die sich auf die Einfuhren von natürlichem Magnesit mit Ursprung in Nordkorea seit 1982 sowie auf die Einfuhren dieses Erzeugnisses aus China vom zweiten Halbjahr 1983 ab bezögen.

33 Was die Richtigkeit der in dem streitigen Beschluß angeführten Daten betrifft, ist zunächst festzustellen, daß sich die Gemeinschaftsorgane auf die spezifischen Daten stützen durften, die sich aus der von der Kommission durchgeführten Untersuchung ergaben, auch wenn diese Daten nicht mit den Statistiken der Gemeinschaft übereinstimmen. Wie nämlich aus den Akten hervorgeht, hat sich im Laufe der Untersuchung gezeigt, daß totgebranntes natürliches Magnesit im Nimexe-Kodex unter verschiedenen Positionen erfasst war und daß die offiziellen Statistiken keinerlei Unterschied für die Erzeugnisse mit einem MgO-Gehalt zwischen 85 und 92 % machten, die als einzige von dem Antidumpingverfahren betroffen waren. Es steht auch fest, daß die Gründe für den Widerspruch zwischen den in den Begründungserwägungen des streitigen Beschlusses herangezogenen Daten und denjenigen, die sich aus den offiziellen Statistiken ergaben, den griechischen Herstellern in einer Mitteilung der Kommission vom 4. Februar 1986 erläutert worden sind.

34 Ferner handelte es sich bei den Daten, die die Grundlage der früheren Feststellungen und Vorschläge der Kommission gebildet hatten, überwiegend um vorläufige Daten, die infolgedessen im Laufe der Untersuchung abgeändert werden konnten.

35 Ausserdem geht aus dem Aufbau der Grundverordnung hervor, daß bei der Ermittlung der Schädigung auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem etwaige Schutzmaßnahmen getroffen werden; dies rechtfertigt es, daß die Kommission die Daten, die sie in ihrem 1983 vorgelegten Entscheidungsvorschlag angeführt hatte, in ihrem Vorschlag von 1986, der zum Erlaß des streitigen Beschlusses geführt hat, auf den neuesten Stand gebracht hat.

36 Zu dem Vorwurf, die Unterlagen der Kommission enthielten nicht die Fragebögen betreffend die Einfuhren von natürlichem Magnesit mit Ursprung in Nordkorea ab 1982 und die Einfuhren des gleichen Erzeugnisses mit Ursprung in China vom zweiten Halbjahr 1983 ab, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die Kommission erklärt hat, daß diese Fragebögen vertraulicher Natur waren und deshalb in den den Klägerinnen übermittelten Akten nicht enthalten waren. Es steht jedoch fest, daß die Klägerinnen von der Kommission mehrfach über die Daten unterrichtet worden sind, die bei der Untersuchung der Schädigung herangezogen worden waren.

37 Weiterhin ist daran zu erinnern, daß sich der umstrittene Beschluß auf ein Bündel von Daten stützt, die nicht nur die Einfuhren des streitigen Erzeugnisses in die Gemeinschaft betrafen, sondern auch die Zunahme der Produktion in der Gemeinschaft, die Erhöhung der Auslastung der Produktionskapazitäten der einzelnen Gemeinschaftshersteller, die Zunahme ihrer Verkäufe auf dem Markt der Gemeinschaft, die Erhöhung ihres Marktanteils, den Anstieg ihrer durchschnittlichen Verkaufspreise, die Zunahme ihrer Gewinne und den Anstieg der Zahl ihrer Bschäftigten.

38 Es ist daher nicht erwiesen, daß die Gemeinschaftsorgane offensichtliche Beurteilungsfehler begangen oder es unterlassen hätten, wesentliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

39 Aus alledem folgt, daß der Klagegrund der Unrichtigkeit der in den nichtvertraulichen Unterlagen der Kommission enthaltenen Angaben fehlgeht und daß die Klage daher abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

40 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung sind der unterliegenden Partei die Kosten aufzuerlegen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, haben sie die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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