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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.02.1969
Aktenzeichen: 14-68
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 7
EWG-Vertrag Art. 85 Abs. 1
EWG-Vertrag Art. 87 Abs. 2
EWG-Vertrag Art. 177
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. DER EWG-VERTRAG HAT EINE EIGENSTÄNDIGE RECHTSORDNUNG GESCHAFFEN, DIE IN DIE RECHTSORDNUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN AUFGENOMMEN WORDEN UND VON IHREN GERICHTEN ANZUWENDEN IST. ES WÜRDE DEM WESEN DIESER RECHTSORDNUNG WIDERSPRECHEN, WENN ES DEN MITGLIEDSTAATEN GESTATTET WÄRE, MASSNAHMEN ZU ERGREIFEN ODER AUFRECHTZUERHALTEN, WELCHE DIE PRAKTISCHE WIRKSAMKEIT DES VERTRAGES BEEINTRÄCHTIGEN KÖNNTEN.

DIE GELTUNGSKRAFT DES VERTRAGES UND DER ZU SEINER ANWENDUNG GETROFFENEN MASSNAHMEN DARF NICHT VON STAAT ZU STAAT AUFGRUND NATIONALER RECHTSAKTE VERSCHIEDEN SEIN; ANDERNFALLS WÜRDE DIE WIRKUNG DER GEMEINSCHAFTSRECHTSORDNUNG BEEINTRÄCHTIGT UND DIE VERWIRKLICHUNG DER VERTRAGSZIELE GEFÄHRDET WERDEN. NORMENKONFLIKTE ZWISCHEN GEMEINSCHAFTS - UND INNERSTAATLICHEM KARTELLRECHT SIND DAHER NACH DEM GRUNDSATZ DES VORRANGS DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ZU LÖSEN.

2. SOLANGE NICHT EINE NACH ARTIKEL 87 ABSATZ 2 BUCHSTABE E EWGV ERGANGENE VERORDNUNG ETWAS ANDERES BESTIMMT, KÖNNEN DIE STAATLICHEN BEHÖRDEN AUCH DANN NACH STAATLICHEM RECHT GEGEN EIN KARTELL VORGEHEN, WENN BEI DER KOMMISSION EIN VERFAHREN ANHÄNGIG IST, IN DEM DIESES KARTELL AUF SEINE VEREINBARKEIT MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT GEPRÜFT WIRD. DIESE ANWENDUNG DES NATIONALEN RECHTS DARF JEDOCH DIE UNEINGESCHRÄNKTE UND EINHEITLICHE ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS UND DIE WIRKSAMKEIT DER ZU SEINEM VOLLZUG ERGANGENEN ODER ZU TREFFENDEN MASSNAHMEN NICHT BEEINTRÄCHTIGEN. FÜHRT DIE MÖGLICHKEIT, DASS GLEICHZEITIG ZWEI VERFAHREN BETRIEBEN WERDEN, ZU EINER DOPPELSANKTION, SO GEBIETET EIN ALLGEMEINER BILLIGKEITSGEDANKE, DIE FRÜHERE SANKTIONSENTSCHEIDUNG BEI DER BEMESSUNG DER SPÄTER ZU VERHÄNGENDEN SANKTION ZU BERÜCKSICHTIGEN.

3. ARTIKEL 7 EWGV VERBIETET DEN MITGLIEDSTAATEN, IHR KARTELLRECHT JE NACH DER STAATSANGEHÖRIGKEIT DER BETROFFENEN UNTERSCHIEDLICH ANZUWENDEN. ER ERFASST JEDOCH NICHT UNTERSCHIEDE IN DER BEHANDLUNG UND VERZERRUNGEN, DIE SICH FÜR DIE DEM GEMEINSCHAFTSRECHT UNTERSTEHENDEN PERSONEN UND UNTERNEHMEN AUS UNTERSCHIEDEN ZWISCHEN DEN RECHTSORDNUNGEN DER EINZELNEN MITGLIEDSTAATEN ERGEBEN, SOFERN DIESE RECHTSORDNUNGEN AUF ALLE IHRER HERRSCHAFT UNTERWORFENEN PERSONEN NACH OBJEKTIVEN MERKMALEN UND OHNE RÜCKSICHT AUF DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT DER BETROFFENEN ANWENDBAR SIND.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 13. FEBRUAR 1969. - WALT WILHELM UND ANDERE GEGEN BUNDESKARTELLAMT. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM KARTELLSENAT DES KAMMERGERICHTS. - RECHTSSACHE 14-68.

Entscheidungsgründe:

1 DAS KAMMERGERICHT ( KARTELLSENAT ) IN BERLIN, EIN FÜR KARTELLSACHEN ZUSTÄNDIGES GERICHT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND, HAT MIT BESCHLUSS VOM 18. JULI 1968, BEIM GERICHTSHOF EINGEGANGEN AM 25. JULI 1968, GEMÄSS ARTIKEL 177 EWGV VIER FRAGEN ZUR AUSLEGUNG DER ARTIKEL 3 BUCHSTABE F, 5, 7 UND 85 EWGV SOWIE DES ARTIKELS 9 DER VERORDNUNG NR. 17 DES RATES VOM 6. FEBRUAR 1962 VORGELEGT.

I - ZUR ERSTEN UND DRITTEN FRAGE

2 DIE ERSTE FRAGE DES VORLEGENDEN GERICHTS GEHT DAHIN, OB ES MIT DEM VERTRAG VEREINBAR IST, DASS DIE STAATLICHEN BEHÖRDEN AUF EINEN SACHVERHALT, DER BEREITS GEGENSTAND EINES VERFAHRENS DER KOMMISSION NACH ARTIKEL 14 DER VERORDNUNG NR. 17 VOM 6. FEBRUAR 1962 IST, DIE VERBOTSVORSCHRIFTEN DES NATIONALEN KARTELLRECHTS ANWENDEN. DIESE FRAGE WIRD INSBESONDERE DURCH DIE DRITTE FRAGE NÄHER ERLÄUTERT, DIE DER GEFAHR UNTERSCHIEDLICHER RECHTLICHER BEURTEILUNG GLEICHGELAGERTER SACHVERHALTE UND DER MÖGLICHKEIT GILT, DASS DER WETTBEWERB AUF DEM GEMEINSAMEN MARKT ZUM NACHTEIL DER EINEM BESTIMMTEN STAATLICHEN RECHT UNTERWORFENEN PERSONEN VERZERRT WIRD. HIERZU VERWEIST DAS VORLEGENDE GERICHT AUF ARTIKEL 9 DER VERORDNUNG NR. 17, AUF DIE ARTIKEL 85, 3 BUCHSTABE F UND 5 EWGV SOWIE AUF DIE ALLGEMEINEN GRUNDSÄTZE DES GEMEINSCHAFTSRECHTS.

3 ARTIKEL 9 ABSATZ 3 DER VERORDNUNG NR. 17 HANDELT JEDOCH NUR VON DER ETWAIGEN ZUSTÄNDIGKEIT DER STAATLICHEN BEHÖRDEN, DIE ARTIKEL 85 PARAGRAPH 1 UND 86 EWGV UNMITTELBAR ANZUWENDEN, SOLANGE DIE KOMMISSION KEIN VERFAHREN EINGELEITET HAT. DAGEGEN BEZIEHT SICH DIESE BESTIMMUNG NICHT AUF DEN FALL, DASS DIESE BEHÖRDEN NICHT DIE GENANNTEN VERTRAGSARTIKEL, SONDERN NUR IHR STAATLICHES RECHT ANWENDEN WOLLEN. DAS KARTELLRECHT DER GEMEINSCHAFT UND DAS STAATLICHE KARTELLRECHT BEURTEILEN DIE KARTELLE NICHT NACH DEN GLEICHEN GESICHTSPUNKTEN. ARTIKEL 85 STELLT DARAUF AB, OB EIN KARTELL DEN HANDEL ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN BEHINDERN KANN, WÄHREND JEDE DER STAATLICHEN KARTELLGESETZGEBUNGEN VON IHREN EIGENEN ERWAEGUNGEN AUSGEHT UND DIE KARTELLE LEDIGLICH NACH IHNEN BEURTEILT. ALLERDINGS KÖNNEN DIE IN BETRACHT KOMMENDEN WIRTSCHAFTLICHEN VORGÄNGE UND RECHTLICHEN SITUATIONEN IM EINZELFALL ENG MITEINANDER VERFLOCHTEN SEIN; DAHER IST DIE UNTERSCHEIDUNG VON GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN UND EINZELSTAATLICHEN GESICHTSPUNKTEN NICHT IN ALLEN FÄLLEN ALS AUSSCHLAGGEBENDES MERKMAL FÜR DIE ABGRENZUNG DER ZUSTÄNDIGKEITEN BRAUCHBAR. GRUNDSÄTZLICH KANN JEDOCH EIN KARTELL WEGEN DIESER UNTERSCHIEDLICHEN GESICHTSPUNKTE GEGENSTAND ZWEIER PARALLELER VERFAHREN SEIN, VON DENEN DAS EINE NACH ARTIKEL 85 EWGV VOR DEN GEMEINSCHAFTSBEHÖRDEN, DAS ANDERE NACH STAATLICHEM RECHT VOR DEN NATIONALEN BEHÖRDEN STATTFINDET.

4 DIE RICHTIGKEIT DIESER AUFFASSUNG WIRD DURCH ARTIKEL 87 ABSATZ 2 BUCHSTABE E BESTÄTIGT. ER ERMÄCHTIGT DEN RAT, DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN DEN STAATLICHEN RECHTSVORSCHRIFTEN UND DEM WETTBEWERBSRECHT DER GEMEINSCHAFT FESTZULEGEN; HIERAUS FOLGT, DASS DIE STAATLICHEN KARTELLBEHÖRDEN GRUNDSÄTZLICH AUCH GEGEN SACHVERHALTE ZUM VORGEHEN BEFUGT SIND, DIE GEGENSTAND EINER ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION SEIN KÖNNEN. MIT RÜCKSICHT AUF DIE ALLGEMEINE ZIELSETZUNG DES VERTRAGES IST DIESE GLEICHZEITIGE ANWENDUNG DES NATIONALEN RECHTS ALLERDINGS NUR STATTHAFT, SOWEIT SIE DIE EINHEITLICHE ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSKARTELLRECHTS UND DIE VOLLE WIRKSAMKEIT DER ZU SEINEM VOLLZUG ERGANGENEN MASSNAHMEN AUF DEM GESAMTEN GEMEINSAMEN MARKT NICHT BEEINTRÄCHTIGT.

5 EINE ANDERE LÖSUNG WÄRE MIT DEN ZIELEN DES VERTRAGES UND MIT DEM WESEN SEINER WETTBEWERBSVORSCHRIFTEN UNVEREINBAR. ARTIKEL 85 EWGV GILT FÜR ALLE IN DER GEMEINSCHAFT TÄTIGEN UNTERNEHMEN; ER REGELT DEREN VERHALTEN TEILS DURCH DIE VERBOTE, DIE ER AUSSPRICHT, TEILS INDEM ER - UNTER VORAUSSETZUNGEN, DIE ER IM EINZELNEN BESTIMMT - DIE BEFREIUNG DERJENIGEN KARTELLE, DIE ZUR VERBESSERUNG DER WARENERZEUGUNG ODER -VERTEILUNG ODER ZUR FÖRDERUNG DES TECHNISCHEN FORTSCHRITTS BEITRAGEN, VON DIESEN VERBOTEN VORSIEHT. AUF DIESE WEISE WILL DER VERTRAG IN ERSTER LINIE HINDERNISSE FÜR DEN FREIEN WARENVERKEHR AUF DEM GEMEINSAMEN MARKT BESEITIGEN UND DIE EINHEIT DIESES MARKTES BEKRÄFTIGEN UND GEWÄHRLEISTEN; DANEBEN GESTATTET ER JEDOCH DEN GEMEINSCHAFTSBEHÖRDEN AUCH GEWISSE POSITIVE, OBGLEICH MITTELBARE EINGRIFFE ZUR FÖRDERUNG EINER HARMONISCHEN ENTWICKLUNG DES WIRTSCHAFTSLEBENS INNERHALB DER GEMEINSCHAFT IM SINNE VON ARTIKEL 2 EWGV. ARTIKEL 87 ABSATZ 2 BUCHSTABE E BESTÄTIGT DEN VORRANG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS, INDEM ER EIN GEMEINSCHAFTSORGAN ERMÄCHTIGT, DAS VERHÄLTNIS ZWISCHEN DEN INNERSTAATLICHEN RECHTSVORSCHRIFTEN UND DEM WETTBEWERBSRECHT DER GEMEINSCHAFT FESTZULEGEN.

6 DER EWG-VERTRAG HAT EINE EINGENSTÄNDIGE RECHTSORDNUNG GESCHAFFEN, DIE IN DIE RECHTSORDNUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN AUFGENOMMEN WORDEN UND VON IHREN GERICHTEN ANZUWENDEN IST. ES WÜRDE DEM WESEN DIESER RECHTSORDNUNG WIDERSPRECHEN, WENN ES DEN MITGLIEDSTAATEN GESTATTET WÄRE, MASSNAHMEN ZU ERGREIFEN ODER AUFRECHTZUERHALTEN, WELCHE DIE PRAKTISCHE WIRKSAMKEIT DES VERTRAGES BEEINTRÄCHTIGEN KÖNNTEN. DIE GELTUNGSKRAFT DES VERTRAGES UND DER ZU SEINER ANWENDUNG GETROFFENEN MASSNAHMEN DARF NICHT VON STAAT ZU STAAT AUFGRUND DER NATIONALEN RECHTSAKTE VERSCHIEDEN SEIN; ANDERNFALLS WÜRDE DIE WIRKUNG DER GEMEINSCHAFTSORDNUNG BEEINTRÄCHTIGT UND DIE VERWIRKLICHUNG DER VERTRAGSZIELE GEFÄHRDET WERDEN. NORMENKONFLIKTE ZWISCHEN GEMEINSCHAFTS - UND INNERSTAATLICHEM KARTELLRECHT SIND DAHER NACH DEM GRUNDSATZ DES VORRANGS DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ZU LÖSEN.

7 FÜR DEN FALL, DASS SICH EINE ENTSCHEIDUNG DER NATIONALEN KARTELLBEHÖRDE MIT DER ENTSCHEIDUNG ALS UNVEREINBAR ERWEISEN SOLLTE, DURCH WELCHE DIE KOMMISSION EIN VON IHR EINGELEITETES VERFAHREN ABGESCHLOSSEN HAT, FOLGT AUS DER GESAMTHEIT DER BISHERIGEN AUSFÜHRUNGEN, DASS JENE BEHÖRDE DEN WIRKUNGEN DIESER LETZTGENANNTEN ENTSCHEIDUNG RECHNUNG TRAGEN MUSS.

8 ERGIBT SICH IM VERLAUF EINES INNERSTAATLICHEN VERFAHRENS, DASS DIE KOMMISSION MÖGLICHERWEISE EIN DAS GLEICHE KARTELL BETREFFENDES ANHÄNGIGES VERFAHREN DURCH EINE ENTSCHEIDUNG ABSCHLIESSEN WIRD, MIT DER DIE WIRKUNGEN EINER ENTSCHEIDUNG DER STAATLICHEN BEHÖRDEN NICHT VEREINBAR WÄREN, SO HABEN DIESE BEHÖRDEN DIE GEEIGNETEN MASSNAHMEN ZU ERGREIFEN.

9 NACH ALLEDEM KÖNNEN DIE NATIONALEN BEHÖRDEN, SOLANGE NICHT EINE GEMÄSS ARTIKEL 87 ABSATZ 2 BUCHSTABE E EWGV ERGANGENE VERORDNUNG ETWAS ANDERES BESTIMMT, AUCH DANN NACH STAATLICHEM RECHT GEGEN EIN KARTELL VORGEHEN, WENN BEI DER KOMMISSION EIN VERFAHREN ANHÄNGIG IST, IN DEM DIESES KARTELL AUF SEINE VEREINBARKEIT MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT GEPRÜFT WIRD. DIESE ANWENDUNG DES NATIONALEN RECHTS DARF JEDOCH DIE UNEINGESCHRÄNKTE UND EINHEITLICHE ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS UND DIE WIRKSAMKEIT DER ZU SEINEM VOLLZUG ERGANGENEN ODER ZU TREFFENDEN MASSNAHMEN NICHT BEEINTRÄCHTIGEN.

II - ZUR ZWEITEN FRAGE

10 DIE ZWEITE FRAGE DES KAMMERGERICHTS GEHT DAHIN, OB " DIE GEFAHR EINER DOPPELSANKTION DURCH DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN UND DIE NATIONALE KARTELLBEHÖRDE " DER ZULÄSSIGKEIT ZWEIER DEN GLEICHEN SACHVERHALT BETREFFENDEN PARALLELVERFAHREN ENTGEGENSTEHT, VON DENEN DAS EINE NACH GEMEINSCHAFTSRECHT, DAS ANDERE NACH STAATLICHEM RECHT BETRIEBEN WIRD.

11 DIE MÖGLICHKEIT EINER DOPPELSANKTION STEHT DER ZULÄSSIGKEIT ZWEIER PARALLELVERFAHREN, DIE VERSCHIEDENEN ZIELEN DIENEN, NICHT ENTGEGEN. VORBEHALTLICH DER BEDINGUNGEN UND BESCHRÄNKUNGEN, DIE SICH AUS DER ANTWORT AUF DIE ERSTE FRAGE ERGEBEN, FOLGT DIE ZULÄSSIGKEIT EINER SOLCHEN VERFAHRENSHÄUFUNG AUS DEM BESONDEREN SYSTEM DER ZUSTÄNDIGKEITSVERTEILUNG ZWISCHEN DER GEMEINSCHAFT UND DEN MITGLIEDSTAATEN AUF KARTELLRECHTLICHEM GEBIET. SOWEIT ALLERDINGS DIE HIERNACH BESTEHENDE MÖGLICHKEIT, DASS GLEICHZEITIG ZWEI VERFAHREN BETRIEBEN WERDEN, ZU EINER DOPPELSANKTION FÜHREN KÖNNTE, GEBIETET EIN ALLGEMEINER BILLIGKEITSGEDANKE - DER ÜBRIGENS IN ARTIKEL 90 ABSATZ 2 LETZTER HALBSATZ EGKSV ZUM AUSDRUCK KOMMT -, DIE FRÜHERE SANKTIONSENTSCHEIDUNG BEI DER BEMESSUNG DER SPÄTER ZU VERHÄNGENDEN SANKTION ZU BERÜCKSICHTIGEN. SOLANGE EINE VERORDNUNG NACH ARTIKEL 87 ABSATZ 2 BUCHSTABE E EWGV NICHT ERGANGEN IST, LÄSST SICH DEN ALLGEMEINEN GRUNDSÄTZEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS JEDENFALLS NICHT ENTNEHMEN, WAS JENE MÖGLICHKEIT AUSSCHLIESSEN WÜRDE, DEREN BESTEHEN DIE ANTWORT AUF DIE ERSTE FRAGE UNBERÜHRT LÄSST.

III - ZUR VIERTEN FRAGE

12 DAS VORLEGENDE GERICHT STELLT ENDLICH NOCH DIE FRAGE, OB ES MIT ARTIKEL 7 EWGV VEREINBAR IST, DASS DIE STAATLICHE BEHÖRDE IN EINEM FALL, IN DEM DIE KOMMISSION EIN VERFAHREN BEZUEGLICH EINES KARTELLS EINGELEITET HAT, WEGEN DIESES GLEICHEN KARTELLS SANKTIONEN VERHÄNGT. DIESE FRAGE IST INSBESONDERE AUF DEN FALL BEZOGEN, DASS DIE KARTELLBEHÖRDEN EINES STAATES IHRE MASSNAHMEN AUSSCHLIESSLICH GEGEN DIE ANGEHÖRIGEN DIESES STAATES RICHTEN UND SIE DADURCH MÖGLICHERWEISE SCHLECHTER STELLEN ALS DIE IN VERGLEICHBARER LAGE BEFINDLICHEN ANGEHÖRIGEN ANDERER MITGLIEDSTAATEN.

13 ARTIKEL 7 EWGV VERBIETET DEN MITGLIEDSTAATEN, IHR KARTELLRECHT JE NACH DER STAATSANGEHÖRIGKEIT DER BETROFFENEN UNTERSCHIEDLICH ANZUWENDEN. ER ERFASST JEDOCH NICHT UNTERSCHIEDE IN DER BEHANDLUNG UND VERZERRUNGEN, DIE SICH FÜR DIE DEM GEMEINSCHAFTSRECHT UNTERSTEHENDEN PERSONEN UND UNTERNEHMEN AUS UNTERSCHIEDEN ZWISCHEN DEN RECHTSORDNUNGEN DER EINZELNEN MITGLIEDSTAATEN ERGEBEN, SOFERN DIESE RECHTSORDNUNGEN AUF ALLE IHRER HERRSCHAFT UNTERWORFENEN PERSONEN NACH OBJEKTIVEN MERKMALEN UND OHNE RÜCKSICHT AUF DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT DER BETROFFENEN ANWENDBAR SIND.

Kostenentscheidung:

14 DIE AUSLAGEN DER REGIERUNGEN UND DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN, DIE ERKLÄRUNGEN EINGEREICHT HABEN, SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG. FÜR DIE BETEILIGTEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM KAMMERGERICHT IN BERLIN ANHÄNGIGEN VERFAHREN. DIE KOSTENENTSCHEIDUNG OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

AUF DIE IHM GEMÄSS BESCHLUSS DES KAMMERGERICHTS ( KARTELLSENAT ) IN BERLIN VOM 18. JULI 1968 VORGELEGTEN FRAGEN FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

1. SOLANGE NICHT EINE GEMÄSS ARTIKEL 87 ABSATZ 2 BUCHSTABE E EWGV ERGANGENE VERORDNUNG ETWAS ANDERES BESTIMMT, KÖNNEN DIE NATIONALEN BEHÖRDEN AUCH DANN NACH STAATLICHEM RECHT GEGEN EIN KARTELL VORGEHEN, WENN BEI DER KOMMISSION EIN VERFAHREN ANHÄNGIG IST, IN DEM DIESES KARTELL AUF SEINE VEREINBARKEIT MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT GEPRÜFT WIRD. DIESE ANWENDUNG DES NATIONALEN RECHTS DARF JEDOCH DIE UNEINGESCHRÄNKTE UND EINHEITLICHE ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS UND DIE WIRKSAMKEIT DER ZU SEINEM VOLLZUG ERGANGENEN ODER ZU TREFFENDEN MASSNAHMEN NICHT BEEINTRÄCHTIGEN.

2. ARTIKEL 7 EWGV VERBIETET DEN MITGLIEDSTAATEN, IHR KARTELLRECHT JE NACH DER STAATSANGEHÖRIGKEIT DER BETROFFENEN UNTERSCHIEDLICH ANZUWENDEN. ER ERFASST JEDOCH NICHT UNTERSCHIEDE IN DER BEHANDLUNG, DIE SICH AUS DEN ZWISCHEN DEN RECHTSORDNUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN BESTEHENDEN UNTERSCHIEDEN ERGEBEN, SOFERN DIESE RECHTSORDNUNGEN AUF ALLE IHRER HERRSCHAFT UNTERWORFENEN PERSONEN NACH OBJEKTIVEN MERKMALEN UND OHNE RÜCKSICHT AUF DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT DER BETROFFENEN ANWENDBAR SIND.

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