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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 19.04.1988
Aktenzeichen: 149/86
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (ZWEITE KAMMER) VOM 19. APRIL 1988. - GIOVANNI SANTARELLI GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTER - INTERNES AUSWAHLVERFAHREN. - RECHTSSACHE 149/86.

Entscheidungsgründe:

1 Der Kläger, Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, hat mit Klageschrift, die am 24. Juni 1986 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben auf Aufhebung der Entscheidung des Prüfungsausschusses für das interne Auswahlverfahren KOM/A/8/84, mit der dieser ihn nicht zum Ausbildungsabschnitt dieses Auswahlverfahrens zugelassen hat.

2 Das interne Auswahlverfahren KOM/A/8/84 aufgrund von Befähigungsnachweisen und Prüfungen, dessen Ausschreibung am 18. Juni 1984 veröffentlicht wurde, wurde von der Kommission zur Bildung einer Einstellungsreserve von Verwaltungsräten ( Besoldungsgruppen 7 und 6 der Laufbahngruppe A ) veranstaltet. Es stand nur Beamten offen, die seit 1980 in die Besoldungsgruppen B 1 bis B 3 eingestuft waren, und sollte den Wechsel von der Laufbahngruppe B zur Laufbahngruppe A ermöglichen. 283 Bewerber, zu denen der Kläger gehörte, wurden zum Auswahlverfahren zugelassen.

3 Das Auswahlverfahren war in drei Abschnitte gegliedert : einen Abschnitt der Vorauswahl, einen Ausbildungsabschnitt und schließlich eine mündliche Prüfung.

4 Im ersten Verfahrensabschnitt sollte der Prüfungsausschuß gemäß der Ausschreibung des Auswahlverfahrens die Bewerber bestimmen, die seines Erachtens die besten Voraussetzungen für die Zulassung zur nächsten Verfahrensstufe mitbrachten. Grundlage dafür sollten zum einen die Personalakten der Bewerber ( insbesondere die allgemeine und die Fachausbildung sowie die Berufserfahrung ) sowie die Bewerbungsunterlagen und zum anderen das Ergebnis eines Aufsatzes sein. Gemäß der Ausschreibung handelte es sich um eine Gesamtbeurteilung, bei der keines dieser Elemente allein zum Ausschluß von der Prüfung führen konnte. Die Zahl der auf diese Weise ausgewählten Bewerber durfte die Zahl der zu besetzenden Planstellen, die auf 40 geschätzt wurde, um höchstens 50 % übersteigen.

5 Mit Schreiben vom 12. Dezember 1985 wurde 165 Bewerbern, darunter dem Kläger, mitgeteilt, daß sie nicht zum Ausbildungsabschnitt zugelassen worden seien. Mit Schreiben vom 14. Februar 1986 wurden ihnen die allgemeinen Kriterien bekanntgegeben, die der Prüfungsausschuß im Verfahrensabschnitt der Vorauswahl angewandt hatte.

6 Der Kläger trägt zur Begründung seiner Klage, die er auf die stillschweigende Zurückweisung seiner Beschwerde hin erhoben hat, die Nichtbeachtung der Bestimmungen der Ausschreibung des Auswahlverfahrens durch den Prüfungsausschuß, der auf diese Weise sein Ermessen überschritten habe, die Rechtswidrigkeit der Beurteilung seiner Personalakte durch den Prüfungsausschuß, der unter anderem den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bewerber verletzt und seine Entscheidung auf subjektive Kriterien gestützt habe, die mit dem Auswahlverfahren nichts zu tun gehabt hätten, und schließlich einen Verstoß der angefochtenen Entscheidung gegen Artikel 24 des Statuts vor.

7 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur Rüge der Nichtbeachtung der Bestimmungen der Ausschreibung des Auswahlverfahrens

8 Der Kläger macht erstens geltend, der Prüfungsausschuß habe dadurch, daß er dem Aufsatz das Hauptgewicht beigemessen habe, diesem Gesichtspunkt Ausschlußwirkung verliehen, was gemäß der Ausschreibung des Auswahlverfahrens ausdrücklich ausgeschlossen gewesen sei.

9 Die Kommission führt aus, der Prüfungsausschuß habe entschieden, dem Ergebnis des Aufsatzes ein höheres Gewicht als dem Ergebnis der Prüfung der Personalakten beizumessen, ohne jedoch daraus eine Prüfung mit Ausschlußwirkung zu machen. Für das Ergebnis der Bewertung der Personalakten habe der Prüfungsausschuß die fünf Noten hervorragend, sehr gut, gut, genügend und ungenügend festgesetzt. Nach Kenntnisnahme von beiden Korrekturen des Aufsatzes, bei der Punktzahlen von 0 bis 60 hätten vergeben werden können, habe er drei Noten festgesetzt : gut ( 36 bis 48 Punkte ), durchschnittlich ( 21 bis 35 Punkte ) und ungenügend ( 2 bis 20 Punkte ). Der Prüfungsausschuß habe die 60 Bewerber ausgewählt, die die höchste Note für den Aufsatz oder für die Personalakte erhalten hätten, die 14 Bewerber mit einer "sehr guten" Personalakte und 30 bis 35 Punkten für den Aufsatz, die 11 Bewerber mit einer "guten" Personalakte und 33 bis 35 Punkten für den Aufsatz und schließlich die 2 Bewerber mit einer "befriedigenden" Personalakte und 34 oder 35 Punkten für den Aufsatz.

10 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Ausschreibung des Auswahlverfahrens keine genaue Gewichtung der beiden Elemente festsetzt, auf die sich der Prüfungsausschuß stützen sollte. Es heisst dort nur, daß keines dieser Elemente allein zum Ausschluß von der Prüfung führen könne. Die Ausschreibung des Auswahlverfahrens überlässt die Festsetzung der Gewichtung dieser beiden Elemente mit dieser Einschränkung dem Ermessen des Prüfungsausschusses.

11 Weiter ist festzustellen, daß von den 87 Bewerbern, die zum nachfolgenden Abschnitt des Auswahlverfahrens zugelassen wurden, 60 ausgewählt wurden, weil ihre Personalakte oder ihr Aufsatz mit der Hoechstnote bewertet worden war, also unter anderem die Bewerber, die über eine "hervorragende" Personalakte verfügten, unabhängig vom Ergebnis ihres Aufsatzes.

12 Hieraus ist zu schließen, daß die Aufsatzprüfung keine Ausschlußwirkung hatte. Die Rüge des Klägers ist daher nicht begründet.

13 Zweitens weist der Kläger darauf hin, daß in der Ausschreibung des Auswahlverfahrens unter Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 5 des Anhangs III des Statuts festgelegt worden sei, daß die Zahl der zuzulassenden Bewerber die Zahl der zu besetzenden Planstellen um höchstens 50 % überschreiten dürfe. Der Prüfungsausschuß habe diese Zahl aus eigenem Recht auf das Doppelte der Zahl von Planstellen, also auf die von dieser Bestimmung verlangte Zahl, erhöht. Der Prüfungsausschuß habe die Rechtswidrigkeit der Ausschreibung des Auswahlverfahrens nicht beheben können. Ungeachtet dieser vom Prüfungsausschuß nach der Benotung der Aufsätze beschlossenen Änderung sei die rechtswidrige Klausel in der Ausschreibung geeignet gewesen, Bewerber "in Grenzfällen" zu benachteiligen, da ihre Benotung strenger habe ausfallen können, als notwendig gewesen sei.

14 Die Kommission macht geltend, man könne dem Prüfungsausschuß keinen Vorwurf daraus machen, daß er eine den Bestimmungen des Statuts entsprechende Anzahl von Bewerbern ausgewählt habe. Die Zahl der auszuwählenden Bewerber sei für die Benotung der Aufsätze ohne Bedeutung gewesen, da diese durch eine zweifache anonyme Korrektur erfolgt sei.

15 Nach Artikel 5 Absatz 5 des Anhangs III des Statuts muß die Zahl der Bewerber, die in dem vom Prüfungsausschuß festgelegten Verzeichnis der geeigneten Bewerber aufgeführt sind, nach Möglichkeit mindestens doppelt so groß sein wie die Zahl der zu besetzenden Dienstposten.

16 Es ist festzustellen, daß die Zahl der Bewerber, die der Prüfungsausschuß zum nachfolgenden Abschnitt des Auswahlverfahrens zugelassen hat, es erlaubte, dieser Bestimmung zu genügen, und daß der Kläger die entgegenstehenden Bestimmungen der Ausschreibung des Auswahlverfahrens nicht rechtzeitig angefochten hat.

17 Die zweifache anonyme Korrektur der Aufsätze schloß im übrigen aus, daß die individuelle Beurteilung der Aufsätze durch die Strenge der vorzunehmenden Auswahl beeinflusst werden konnte. Deshalb ist diese Rüge nicht begründet.

Zur Rüge der Rechtswidrigkeit der Beurteilung der Personalakte

18 Der Kläger macht im wesentlichen geltend, bei der Beurteilung seiner Personalakte habe der Prüfungsausschuß Gesichtspunkte berücksichtigt, die insoweit keine Rolle hätten spielen dürfen, nämlich seine Beurteilungen. Erhebliche Gesichtspunkte, wie die Zahl der Auswahlverfahren für die Laufbahngruppe A, die der Kläger bestanden habe, sowie eine von ihm eingelegte und später zurückgenommene Beschwerde in bezug auf die ihm zugewiesenen Aufgaben habe der Ausschuß unberücksichtigt gelassen. Ausserdem habe durch das Verfahren, das der Prüfungsausschuß für die Beurteilung der Personalakten gewählt habe, angesichts seines Dienstalters und der zahlreichen Auswahlverfahren, die er bestanden habe, seine Anonymität nicht gewahrt werden können. Eine ungünstige Beurteilung seiner Personalakte könne nur auf subjektiven Gründen, die mit dem Auswahlverfahren nichts zu tun hätten, oder auf einem Irrtum beruhen.

19 Die Kommission führt aus, bei der Prüfung der Personalakten habe der Prüfungsausschuß neben den Bewerbungsbogen und den diesen beigefügten Ad-hoc-Anlagen die Unterlagen in den Personalakten der Beamten, die sich beworben hätten, berücksichtigt. Der Prüfungsausschuß habe entschieden, die Prüfung der Personalakten anonym vorzunehmen, wobei der Vorsitzende des Prüfungsausschusses alle sachdienlichen Unterlagen, die eine Bewertung erlaubt hätten, verlesen habe. Der Name des Bewerbers sei erst aufgedeckt worden, nachdem der Prüfungsausschuß dem Bewerber einen Platz auf der Notenskala zugeteilt habe. Dafür habe er sich auf das "durchschnittliche Profil" gestützt, das den Merkmalen einer "guten" Personalakte entsprochen habe.

20 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß nach Artikel 26 des Statuts die Personalakte des Beamten, auf die der Prüfungsausschuß seine Beurteilung unter anderem zu stützen hatte, sämtliche das Dienstverhältnis des Beamten betreffenden Schriftstücke sowie jede Beurteilung seiner Befähigung, Leistung und Führung und die Stellungnahme des Beamten zu diesen Vorgängen enthält. Nach dieser Vorschrift sind alle zur Personalakte genommenen Schriftstücke dem Beamten vor Aufnahme in die Akte mitzuteilen.

21 Ferner ist darauf hinzuweisen, daß der Bewerbungsbogen und die Ad-hoc-Anlage, auf die der Prüfungsausschuß seine Beurteilung ebenfalls zu stützen hatte, die Angaben enthalten sollten, die der Bewerber in bezug insbesondere auf seine Fachausbildung und Berufserfahrung für sachdienlich hielt. Darin konnten unter anderem die Auswahlverfahren, die die Bewerber bestanden hatten, aufgeführt werden.

22 Unter diesen Umständen ist zu folgern, daß die Rügen des Klägers in bezug auf die Berücksichtigung seiner Beurteilungen und die fehlende Unterrichtung über die Auswahlverfahren, an denen er erfolgreich teilgenommen hatte, offensichtlich nicht begründet sind.

23 Zu der Rüge, wonach eine vom Kläger in bezug auf seine Aufgaben eingelegte und später zurückgenommene Beschwerde nicht berücksichtigt worden sei, ist festzustellen, daß der Kläger, falls er der Ansicht war, seine Beurteilungen seien aus diesem Grund fehlerhaft, nach Artikel 43 Absatz 2 des Statuts die Möglichkeit gehabt hätte, im Rahmen des Beurteilungsverfahrens alle Bemerkungen abzugeben, die er in diesem Zusammenhang für zweckdienlich hielt. Diese Bemerkungen wären dann in seine Personalakte aufgenommen worden.

24 Da der Kläger derartige Bemerkungen nicht gemacht und ausserdem seine Beschwerde zurückgenommen hatte, konnte deren Inhalt nicht zu den Gesichtspunkten gehören, auf die der Prüfungsausschuß gemäß der Ausschreibung des Auswahlverfahrens seine Beurteilung zu stützen hatte. Deshalb ist diese Rüge nicht begründet.

25 Zur Rüge des Fehlens der Anonymität bei der Beurteilung seiner Personalakte braucht nur festgestellt zu werden, daß der Prüfungsausschuß durch sein Verfahren die Anonymität der Bewerber soweit wie möglich gewahrt hat.

26 Was die Rüge angeht, wonach die Beurteilung der Personalakte des Klägers auf Gründen, die mit dem Auswahlverfahren nichts zu tun gehabt hätten, oder auf einem Fehler beruht habe, ist darauf hinzuweisen, daß die Entscheidung des Prüfungsausschusses, einen Bewerber nicht zum nachfolgenden Verfahrensabschnitt zuzulassen, gemäß der Ausschreibung des Auswahlverfahrens auf einer Gesamtbeurteilung dieses Bewerbers zu beruhen hatte und daß das Ergebnis der Aufsatzprüfung ein Gegengewicht zu einer guten Personalakte bilden konnte. Deshalb kann aus dem Umstand, daß ein Bewerber mit guter Personalakte nicht zugelaßsen wurde, nicht geschlossen werden, daß die Beurteilung dieser Akte aus Gründen, die mit dem Auswahlverfahren nichts zu tun hatten, fehlerhaft oder verfälscht worden wäre.

27 Der Kläger trägt im übrigen keinen konkreten Gesichtspunkt dafür vor, daß die Beurteilung seiner Personalakte irrig oder sonst mit Fehlern behaftet gewesen wäre. Deshalb ist diese Rüge ebenfalls nicht begründet.

Zur Rüge eines Verstosses gegen Artikel 24 des Statuts

28 Der Kläger macht geltend, die Entscheidung des Prüfungsausschusses, ihn nicht zu dem im Auswahlverfahren vorgesehenen Ausbildungsabschnitt zuzulassen, verstosse gegen Artikel 24 Absatz 3 des Statuts, wonach die Gemeinschaften die berufliche Fortbildung der Beamten zu erleichtern hätten.

29 Hierzu braucht nur festgestellt zu werden, daß ein Gebot der Förderung der beruflichen Fortbildung von Beamten keine Verpflichtung für den Prüfungsausschuß eines internen Auswahlverfahrens schaffen kann, da das Auswahlverfahren der Besetzung freier Planstellen dient.

30 Deshalb ist diese Rüge offensichtlich rechtlich nicht begründet.

31 Da keine der Rügen des Klägers begründet ist, ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

32 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Zweite Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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