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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.03.1990
Aktenzeichen: 153/88
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Bei der Einfuhr von Zelten, die unter der Geltung der Verordnungen Nr. 3589/82 betreffend die Einfuhr von Erzeugnissen mit Ursprung in den Drittländern, die Vertragsstaaten der Allfaservereinbarung sind, und Nr. 3378/82 betreffend die allgemeinen Zollpräferenzen, die auf Textilwaren mit Ursprung in Entwicklungsländern angewandt werden, aus Südkorea eingeführt wurden, war das Gewicht der Zelte im Hinblick sowohl auf die Hoechstmengen als auch auf die Zollpräferenzplafonds unter Berücksichtigung ihres Zubehörs wie Masten und Pflöcke zu ermitteln.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (VIERTE KAMMER) VOM 7. MAERZ 1990. - STRAFVERFAHREN GEGEN GERARD FAUQUE UND ANDERE. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: TRIBUNAL DE GRANDE INSTANCE DE NANTERRE UND COUR D'APPEL DE VERSAILLES - FRANKREICH. - GEMEINSAME HANDELSPOLITIK - EINFUHREN VON TEXTILERZEUGNISSEN AUS ENTWICKLUNGSLAENDERN - BESTIMMUNG DER EINFUHRQUOTE. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 153/88 BIS 157/88.

Entscheidungsgründe:

1 Die Cour d' appel Versailles hat mit Urteilen vom 13. Juni 1988, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Juni 1988, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung der Verordnungen ( EWG ) des Rates Nr. 2894/79 vom 10. Dezember 1979 ( ABl. L 332, S. 1 ), Nr. 3589/82 vom 23. Dezember 1982 ( ABl. L 374, S. 106 ) und Nr. 3762/83 vom 19. Dezember 1983 ( ABl. L 380, S. 1 ) betreffend die Einfuhr von Textilwaren mit Ursprung in Entwicklungsländern zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in fünf Strafverfahren, in denen die französische Zollverwaltung mehrere Importeure vor das Tribunal correctionnel Nanterre wegen des Vorwurfs lud, sich bei der Einfuhr von Campingzelten mit Ursprung in Südkorea im Jahre 1983 des Straftatbestands falscher Erklärungen oder betrügerischer Handlungen bei der Einfuhr schuldig gemacht zu haben, was dazu geführt habe, daß die Anwendung von Verbotsmaßnahmen umgangen und Zölle, Einfuhrsteuern und sonstige Abgaben nicht abgeführt worden seien.

3 Die Ausgangsverfahren hängen mit der Tatsache zusammen, daß die Gemeinschaftsverordnungen nach dem Gewicht ( Tonnen ) festgesetzte Hoechstmengen und Plafonds u. a. für Campingzelte enthielten; diese Hoechstmengen und Plafonds waren daher eher erreicht, wenn das normale Zubehör zum textilen Teil eines Campingzelts, d. h. Masten, Pflöcke, Spanner oder dergleichen, bei der Ermittlung des Gewichts mitgerechnet wurde. Eine Überschreitung der Hoechstmenge war nicht und eine Überschreitung der Plafonds war nur zum normalen Zollsatz zulässig.

4 Mit Urteilen vom 25. Juni 1987 setzte das Tribunal correctionnel Nanterre in den fünf Rechtssachen das Verfahren aus. Am 2. Juli 1987 legte die Direction nationale des enquêtes douanières als Privatklägerin gegen diese Urteile Berufung bei der Cour d' appel Versailles ein, die vor Erlaß eines Endurteils betreffend die Rechtssache Shin ( 154/88 ) den Gerichtshof ergänzend ( zu der bereits vom Tribunal correctionnel Nanterre gestellten Frage ) ersucht hat, die Frage zu beantworten, "ob bei der Festsetzung des Zolls bei der Einfuhr von Zelten mit Ursprung in Korea allein das Gewicht des Zeltgewebes oder das Gewicht des Zeltes einschließlich seines Zubehörs zu berücksichtigen ist ".

5 Wegen weiterer Einzelheiten des rechtlichen Rahmens, des Sachverhalts der Ausgangsverfahren, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

6 In den Ausgangsverfahren geht es im wesentlichen um die Frage, ob bei der Einfuhr von Campingzelten das normale Zubehör zu dem textilen Teil des Zeltes bei der Ermittlung des für die Einfuhrquote und die Einfuhrzölle maßgebenden Gewichts mitzurechnen ist. Die Firma Kühne und Nagel, zivilrechtlich Haftende in den Ausgangsverfahren der Rechtssachen C-156/88 und C-157/88, und die SARL Daewoo, zivilrechtlich Haftende im Ausgangsverfahren der Rechtssache C-154/88, vertreten die Auffassung, da die fragliche Einfuhrregelung mit der Allfaservereinbarung zusammenhänge, komme es entscheidend auf das Gewicht der betreffenden Textilwaren und nicht auf das des nicht textilen Zubehörs an. Demgegenüber meint die Kommission, daß bei der Feststellung der Hoechstmengen sowie der Zollpräferenzplafonds das Gewicht der Zelte unter Berücksichtigung des Zubehörs zu ermitteln sei. Eine ähnliche Ansicht vertritt auch die französische Regierung.

7 Die zum Zeitpunkt der Einfuhren, d. h. im Februar 1983, einschlägige Regelung auf diesem Gebiet war in der Verordnung Nr. 3589/82 des Rates vom 23. Dezember 1982 über die gemeinsame Einfuhrregelung für bestimmte Textilwaren mit Ursprung in Drittländern und in der Verordnung ( EWG ) Nr. 3378/82 des Rates vom 8. Dezember 1982 zur Anwendung allgemeiner Zollpräferenzen für Textilwaren mit Ursprung in Entwicklungsländern im Jahre 1983 ( ABl. L 363, S. 92 ) enthalten; infolgedessen ist auch die letztgenannte Verordnung auszulegen, obwohl sie in der Vorabentscheidungsfrage nicht erwähnt wird.

8 Weder die Verordnung Nr. 3589/82 noch die Verordnung Nr. 3378/82 enthält ausdrückliche Bestimmungen darüber, ob das Gewicht der Zelte unter Berücksichtigung des Zubehörs zu ermitteln ist. Aus diesen Vorschriften geht jedoch hervor, daß ein Erzeugnis im Hinblick auf die Anwendung der Hoechstmengen sowie der Zollpräferenzplafonds anhand des Schemas des Gemeinsamen Zolltarifs sowie des Warenverzeichnisses für die Statistik des Aussenhandels der Gemeinschaft und des Handels zwischen ihren Mitgliedstaaten ( Nimexe ) zu definieren ist.

9 Daher ist das Zolltarifschema auszulegen, das zum Zeitpunkt der Einfuhren der fraglichen Erzeugnisse in Kraft war. In der damals geltenden Fassung des Gemeinsamen Zolltarifs, der durch die Verordnung ( EWG ) Nr. 3000/82 des Rates vom 19. Oktober 1982 zur Änderung der Verordnung ( EWG ) Nr. 950/68 ( ABl. L 318, S. 1 ) festgelegt worden war, waren Zelte der Tarifstelle 62.04 B II, in der Verordnung ( EWG ) Nr. 3407/82 der Kommission vom 16. Dezember 1982 zur Änderung des Warenverzeichnisses für die Statistik des Aussenhandels der Gemeinschaft und des Handels zwischen ihren Mitgliedstaaten ( ABl. L 366, S. 1 ) der Kennziffer 62.04-73 zugewiesen, wobei der Wortlaut dieser Positionen keine Definition des Begriffs "Zelte" enthält.

10 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Nummer des Gemeinsamen Zolltarifs und in den Vorschriften zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind ( siehe die Urteile vom 8. Dezember 1977 in der Rechtssache 62/77, Carlsen-Verlag GmbH/Oberfinanzdirektion Köln, Slg. 1977, 2343, und vom 23. März 1972 in der Rechtssache 36/71, Henck, Slg. 1972, 187 ).

11 Nach der Vorschrift 3 b der Allgemeinen Tarifierungs-Vorschriften zum Schema des Gemeinsamen Zolltarifs werden "Gemische ( Mischungen ), Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und Warenzusammenstellungen... nach dem charakterbestimmenden Stoff oder Bestandteil tarifiert, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann ". Ein Zelt besteht nun ausser aus Zeltgewebe stets auch aus Zubehör wie Masten, Pflöcken oder Spannern, ohne die es weder aufgebaut nocht benutzt werden könnte. Diese Bestandteile ergänzen einander derart, daß mit ihrem Zusammenfügen ein Ganzes entsteht, das kaum getrennt verkauft werden könnte. Da für die Ware, um die es hier geht, der charakterbestimmende Stoff der textile Teil der Zelte ist, sind diese in die Tarifstelle 62.04 B II des Gemeinsamen Zolltarifs eingereiht worden, der das Zubehör nicht vom Begriff "Zelt" ausschließt.

12 Die Vereinbarungen über den Handel mit Textilwaren wurden von der Gemeinschaft übrigens unter Berücksichtigung des tatsächlichen Umfangs der Einfuhren ausgehandelt, der nach den Angaben der auf der Grundlage des Warenverzeichnisses der Nimexe und des Schemas des Gemeinsamen Zolltarifs erstellten Handelsstatistik ermittelt worden war. Daraus folgt, daß die in den Vereinbarungen für die Festsetzung der Quoten vorgesehenen Mengen das Gewicht des Zubehörs berücksichtigten.

13 Auf die Vorabentscheidungsfragen ist daher zu antworten, daß sowohl bei der Feststellung der Hoechstmengen nach der Verordnung Nr. 3589/89 als auch bei der Feststellung der Zollpräferenzplafonds nach der Verordnung Nr. 3378/82 betreffend aus Südkorea eingeführte Zelte das Gewicht der Zelte unter Berücksichtigung ihres Zubehörs zu ermitteln ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

14 Die Auslagen der französischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren Teil des bei dem vorliegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Vierte Kammer )

auf die ihm von der Cour d' appel Versailles ( Achte Kammer ) mit Urteilen vom 13. Juni 1988 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

Sowohl bei der Feststellung der Hoechstmengen nach der Verordnung ( EWG ) Nr. 3589/82 des Rates als auch bei der Feststellung der Zollpräferenzplafonds nach der Verordnung ( EWG ) Nr. 3378/82 des Rates betreffend aus Südkorea eingeführte Zelte ist das Gewicht der Zelte unter Berücksichtigung ihres Zubehörs zu ermitteln.

Ende der Entscheidung

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