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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 12.12.1989
Aktenzeichen: 163/88
Rechtsgebiete: VO Nr. 422/67/EWG, Beamtenstatut


Vorschriften:

VO Nr. 422/67/EWG Art. 11
Beamtenstatut Art. 8
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 422/67/EWG, Nr. 5/67/Euratom über die Regelung der Amtsbezuege für die Mitglieder und früheren Mitglieder der Kommission, des Gerichtshofes und des Rechnungshofes in der Fassung der Verordnung Nr. 2163/70 schließt nach seinem Wortlaut einen Anschluß der Betroffenen an das Krankheitsfürsorgesystem der Gemeinschaften aus, wenn diese durch ein anderes System der sozialen Sicherheit gegen die Krankheitsrisiken gesichert sind, und zwar unabhängig von der Leistungshöhe und den Deckungsbedingungen nach diesem anderen System.

Artikel 11 Absatz 2 hat somit die gleiche Tragweite wie Artikel 72 Absatz 2 a des Statuts, der die Anwendung des Krankheitsfürsorgesystems der Gemeinschaften auf die ehemaligen Beamten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Dienst der Gemeinschaften ausgeschieden sind, vorsieht, "sofern sie von keiner anderen öffentlichen Krankheitsfürsorge gesichert werden können ". Daraus folgt, daß, wenn die Regelung für die aktiven Mitglieder die gleiche ist wie die für die im Dienst befindlichen Beamten, die Regelung für die früheren Mitglieder, denen die in Artikel 8 der genannten Verordnung vorgesehene Ruhegehaltsregelung zugute kommt oder die das Übergangsgeld nach Artikel 7 dieser Verordnung erhalten, derjenigen für die Beamten entspricht, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Dienst der Gemeinschaften ausgeschieden sind.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ERSTE KAMMER) VOM 12. DEZEMBER 1989. - GEORGIOS KONTOGEORGIS GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - AUFHEBUNG EINER ENTSCHEIDUNG, MIT DER DER ANSCHLUSS AN DAS KRANKHEITSFUERSORGESYSTEM ABGELEHNT WURDE. - RECHTSSACHE 163/88.

Entscheidungsgründe:

1 Der Kläger, ein ehemaliges Mitglied der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, hat mit Klageschrift, die am 7. Juni 1988 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben auf Aufhebung der Entscheidung vom 25. März 1988, mit der die Kommission seinen Anschluß an das Krankheitsfürsorgesystem der Beamten der Europäischen Gemeinschaften abgelehnt hat, sowie jeder anderen damit zusammenhängenden früheren oder späteren Maßnahme.

2 Die angefochtene Entscheidung stützt sich auf Artikel 11 der Verordnung Nr. 422/67/EWG des Rates vom 25. Juli 1967 über die Regelung der Amtsbezuege für die Mitglieder und früheren Mitglieder der Kommission, des Gerichtshofes und des Rechnungshofes ( ABl. L 187, S. 1; im folgenden : Verordnung über die Amtsbezuege ) in der Fassung der Verordnung ( EGKS, EWG, Euratom ) Nr. 2163/70 des Rates vom 27. Oktober 1970 ( ABl. L 238, S. 1 ). Dieser Artikel lautet :

"Für die Mitglieder der Kommission oder des Gerichtshofes gilt die im Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften vorgesehene Regelung der sozialen Sicherheit hinsichtlich der Deckung der Krankheits -, Berufskrankheits - und Unfallrisiken sowie der Leistungen bei Geburten oder im Todesfall.

Dieser Artikel gilt auch für die früheren Mitglieder der Kommission oder des Gerichtshofes, wenn ihnen die in Artikel 8 vorgesehene Ruhegehaltsregelung zugute kommt oder wenn sie das in Artikel 7 vorgesehene Übergangsgeld erhalten. Dieser Absatz gilt jedoch nicht für die Deckung von Risiken, die bereits durch eine andere Regelung der sozialen Sicherheit gedeckt sind, welche dem früheren Mitglied der Kommission oder des Gerichtshofes gewährt wird."

3 Der Kläger, der als Ruhestandsbeamter durch das griechische Krankheitsfürsorgesystem gesichert ist, vertritt die Ansicht, daß die genannte Vorschrift zwar die Kumulierung von nationalem und gemeinschaftlichem Krankheitsfürsorgesystem verbiete, daß sie aber seinen Anschluß an das Gemeinschaftssystem in der Weise gestatte, daß er gegen die spezifischen Risiken, die durch sein nationales System nicht gedeckt seien, versichert werden könne und daß er für jedes durch beide Systeme gedeckte konkrete Risiko von dem Gemeinschaftssystem Kostenerstattung in Höhe des Unterschieds zwischen dem im nationalen System der sozialen Sicherheit vorgesehenen Deckungsniveau und dem im Gemeinschaftssystem vorgesehenen Pauschalbetrag erhalten könne.

4 Die Kommission meint dagegen, die genannte Vorschrift sei dahin auszulegen, daß eine Deckung des Krankheitsrisikos durch ein nationales System unabhängig von ihrer Höhe oder ihren Bedingungen genüge, um die Möglichkeit eines Anschlusses an das Gemeinschaftssystem auszuschließen.

5 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

6 Zur Begründung seiner Auslegung des Artikels 11 der Verordnung über die Amtsbezuege beruft sich der Kläger auf Artikel 72 Absatz 2 des Statuts, der für die bis zu ihrem 60. Lebensjahr im Dienst der Gemeinschaften verbliebenen Beamten denselben Grundsatz aufstelle. Er trägt vor, daß allein aufgrund der Anwendung des gemeinschaftlichen Krankheitsfürsorgesystems zwecks Ergänzung der Leistungen, die im Rahmen der anderen anwendbaren Systeme der sozialen Sicherheit garantiert würden, das Hauptziel der Gemeinschaftsvorschriften erreicht werden könne, das darin bestehe, allen Beamten, Mitgliedern und ehemaligen Mitgliedern ein akzeptables Minimum von Krankenversicherungsleistungen zu gewährleisten, gleichzeitig aber eine Kumulierung des Gemeinschaftssystems mit einem anderen System der sozialen Sicherheit für dieselben spezifischen Risiken zu vermeiden.

7 Es ist jedoch festzustellen, daß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung über die Amtsbezuege nach seinem Wortlaut einen Anschluß der früheren Mitglieder an das Krankheitsfürsorgesystem der Gemeinschaften ausschließt, wenn sie durch ein anderes System der sozialen Sicherheit gegen das Krankheitsrisiko gesichert sind, und zwar unabhängig von der Höhe und den Bedingungen der Deckung nach diesem anderen System. Der Begriff der "Risiken" in Artikel 11 Absatz 2 ist nämlich so zu verstehen, daß er sich auf die drei in Absatz 1 der Vorschrift erwähnten Risikosparten ( Krankheit, Berufskrankheit und Unfälle ) bezieht.

8 Artikel 11 Absatz 2 hat somit die gleiche Tragweite wie Artikel 72 Absatz 2 a des Statuts, der die Anwendung des Krankheitsfürsorgesystems der Gemeinschaften auf die ehemaligen Beamten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Dienst der Gemeinschaften ausgeschieden sind, vorsieht, "sofern sie von keiner anderen öffentlichen Krankheitsfürsorge gesichert werden können ". Daraus folgt, daß, wenn die Regelung für die aktiven Mitglieder die gleiche ist wie die für die im Dienst befindlichen Beamten, die Regelung für die früheren Mitglieder, denen die in Artikel 8 der Verordnung über die Amtsbezuege vorgesehene Ruhegehaltsregelung zugute kommt oder die das in Artikel 7 dieser Verordnung vorgesehene Übergangsgeld erhalten, derjenigen für die Beamten entspricht, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Dienst der Gemeinschaften ausgeschieden sind.

9 Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung über die Amtsbezuege könnte nur dann in dem vom Kläger vorgeschlagenen Sinn ausgelegt werden, wenn er im Hinblick auf die Höhe oder die Bedingungen der Deckung ein Kriterium der Gleichwertigkeit zwischen dem Gemeinschaftssystem und dem anwendbaren nationalen System der sozialen Sicherheit enthielte, wie es der Gemeinschaftsgesetzgeber in Artikel 72 Absatz 1 des Statuts aufgestellt hat, wonach der Ehegatte eines aktiven Beamten durch das Gemeinschaftssystem gesichert ist, sofern er "nicht nach anderen Rechts - und Verwaltungsvorschriften Leistungen derselben Art und in derselben Höhe erhalten kann ".

10 Diese Auslegung kann nicht dadurch entkräftet werden, daß die im Gemeinschaftssystem garantierten Leistungen gemäß Artikel 72 Absatz 4 des Statuts unter Berücksichtigung der Leistungen zu berechnen sind, die im Rahmen einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung bezogen werden können. Diese Vorschrift stellt eine Antikumulierungsregel auf, die für Personen gilt, auf die das Krankheitsfürsorgesystem der Gemeinschaften anwendbar ist. Sie kann daher nicht herangezogen werden, um den persönlichen Geltungsbereich dieses Krankheitsfürsorgesystems zu bestimmen.

11 Was die Notwendigkeit betrifft, allen Beamten, Mitgliedern und früheren Mitgliedern ein akzeptables Minimum von Krankenversicherungsleistungen zu sichern, so ist darauf hinzuweisen, daß die Festlegung der Höhe der durch das Gemeinschaftssystem gewährleisteten Leistungen und des Geltungsbereichs dieses Systems zur Zuständigkeit des Gemeinschaftsgesetzgebers gehört. Dieser hat mit der Änderung der Verordnung über die Amtsbezuege durch die Verordnung ( EGKS, EWG, Euratom ) Nr. 2163/70 vom 27. Oktober 1970 das Krankheitsfürsorgesystem der Gemeinschaften auf die früheren Mitglieder der Kommission, des Gerichtshofes und des Rechnungshofes ausgedehnt, denen die in Artikel 8 vorgesehene Ruhegehaltsregelung zugute kommt oder die das in Artikel 7 vorgesehene Übergangsgeld erhalten. Diese Ausdehnung des Gemeinschaftssystems ist jedoch ausdrücklich auf die früheren Mitglieder beschränkt worden, auf die kein anderes System der sozialen Sicherheit anwendbar ist, im Unterschied zu den aktiven Mitgliedern, auf die - nur vorbehaltlich des Artikels 72 Absatz 4 des Statuts - das Gemeinschaftssystem anwendbar ist, auch wenn sie durch ein anderes System gesichert sind.

12 Der Kläger macht ausserdem geltend, die angefochtene Entscheidung verletze fundamentale Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, weise die Merkmale eines Ermessensfehlgebrauchs auf und stelle eine mißbräuchliche Ausübung des der Kommission verliehenen Ermessens dar. Die früheren Mitglieder der Organe seien in den Jahren ihrer Tätigkeit Abzuegen und Beiträgen für das System der sozialen Sicherheit unterworfen gewesen und dürften nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes damit rechnen, nach ihrem Ausscheiden aus dem Dienst angemessene Krankenversicherungsleistungen zu erhalten.

13 Diese Argumentation ist ebenfalls zurückzuweisen. Wie aus den vorstehenden Erwägungen hervorgeht, ist mit der umstrittenen Entscheidung dem Kläger lediglich aufgrund zutreffender Auslegung des Artikels 11 der Verordnung über die Amtsbezuege die Anwendung des Krankheitsfürsorgesystems der Gemeinschaften verweigert worden. Die Abzuege und Beiträge für das Gemeinschaftssystem der sozialen Sicherheit sind durch die Deckung gerechtfertigt, die dem Kläger während der Zeit seiner Tätigkeit zugute kam.

14 Der Kläger führt schließlich den Fall eines früheren Mitglieds eines anderen Organs an, das in einer Situation, die der seinen entspreche, zum Gemeinschaftssystem der sozialen Sicherheit zugelassen worden sei, obwohl es einem nationalen System der sozialen Sicherheit angeschlossen gewesen sei.

15 Hierzu ist, ohne daß die Richtigkeit dieses Vorbringens geprüft werden müsste, zu bemerken, daß der Kläger jedenfalls keinerlei Anspruch aus einer Praxis eines anderen Gemeinschaftsorgans herleiten kann, die den Bestimmungen der Verordnung über die Amtsbezuege nicht entspricht.

16 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Klage abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

17 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Erste Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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