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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.01.1974
Aktenzeichen: 166-73
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 177
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

DIE BEFUGNIS DES NATIONALEN RICHTERS, DEM GERICHTSHOF VON AMTS WEGEN ODER AUF ANREGUNG DER PARTEIEN IN EINEM BEI IHM ANHÄNGIGEN VERFAHREN FRAGEN NACH DER AUSLEGUNG ODER DER GÜLTIGKEIT GEMEINSCHAFTSRECHTLICHER BESTIMMUNGEN VORZULEGEN, IST SEHR UMFASSEND. SIE WIRD NICHT DURCH EINE INNERSTAATLICHE RECHTSNORM AUFGEHOBEN, DIE DEN RICHTER AN DIE RECHTLICHE BEURTEILUNG DES ÜBERGEORDNETEN GERICHTS BINDET. ETWAS ANDERES MÜSSTE GELTEN, WENN DIE VON IHM GESTELLTEN FRAGEN SACHLICH MIT FRAGEN IDENTISCH WÄREN, DIE DAS LETZTINSTANZLICHE GERICHT BEREITS VORGELEGT HAT.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 16. JANUAR 1974. - RHEINMUEHLEN-DUESSELDORF GEGEN EINFUHR- UND VORRATSSTELLE FUER GETREIDE UND FUTTERMITTEL. - (ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM BUNDESFINANZHOF). - RECHTSSACHE 166-73.

Entscheidungsgründe:

1 DER BUNDESFINANZHOF HAT MIT BESCHLUSS VOM 14. AUGUST 1973, BEI DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEGANGEN AM 4. SEPTEMBER 1973, NACH ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG DEM GERICHTSHOF DIE FRAGE VORGELEGT, OB ARTIKEL 177 ABSATZ 2 " DEN NICHT-LETZTINSTANZLICHEN GERICHTEN EIN IN JEDER HINSICHT UNBESCHRÄNKTES RECHT ZU EINER VORLAGE AN DEN GERICHTSHOF " GIBT ODER OB DAVON AUSZUGEHEN IST, DASS " ER ENTGEGENSTEHENDE INNERSTAATLICHE NORMEN UNBERÜHRT ( LÄSST ), DIE DAS GERICHT AN DIE RECHTLICHE BEURTEILUNG DES IM INSTANZENZUGE ÜBERGEORDNETEN GERICHTS BINDEN ". DEM VORLAGEBESCHLUSS ZUFOLGE WIRD DIESE FRAGE IN DEM VERFAHREN ÜBER EINE BESCHWERDE GEGEN EINEN VORLAGEBESCHLUSS DES HESSISCHEN FINANZGERICHTS GESTELLT, MIT DEM DIESES DEN GERICHTSHOF UM AUSLEGUNG VON BESTIMMUNGEN DER VERORDNUNG NR. 19/62 DES RATES ( AB1. 1962, S. 933 ) ERSUCHT, UM EINEN RECHTSSTREIT ENTSCHEIDEN ZU KÖNNEN, DEN DER BUNDESFINANZHOF ALS REVISIONSINSTANZ UNTER AUFHEBUNG EINES FRÜHEREN URTEILS DES HESSISCHEN FINANZGERICHTS AN DIESES ZURÜCKVERWIESEN HAT. DIE VOM FINANZGERICHT ERBETENE AUSLEGUNG BETRIFFT DIE VEREINBARKEIT DER ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE DES SEIN FRÜHERES URTEIL AUFHEBENDEN URTEILS DES BUNDESFINANZHOFS MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT; ES STELLT SICH DAHER DIE FRAGE, OB PARAGRAPH 126 ABSATZ 5 DER FINANZGERICHTSORDNUNG, WONACH DAS GERICHT, AN DAS ZURÜCKVERWIESEN WORDEN IST, AN DIE RECHTLICHE BEURTEILUNG DES ZURÜCKVERWEISENDEN URTEILS GEBUNDEN IST, DIESES GERICHT NICHT DARAN HINDERT, DEM GERICHTSHOF EINE SOLCHE FRAGE VORZULEGEN.

2 ARTIKEL 177 IST VON ENTSCHEIDENDER BEDEUTUNG DAFÜR, DASS DAS VOM VERTRAG GESCHAFFENE RECHT WIRKLICH GEMEINSAMES RECHT BLEIBT : ER SOLL GEWÄHRLEISTEN, DASS DIESES RECHT IN ALLEN MITGLIEDSTAATEN DER GEMEINSCHAFT IMMER DIE GLEICHE WIRKUNG HAT. AUF DIESE WEISE SOLL ER UNTERSCHIEDLICHE AUSLEGUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS VERHINDERN, DAS DIE NATIONALEN GERICHTE ANZUWENDEN HABEN; DOCH ZIELT ER AUCH DARAUF AB, DIESE ANWENDUNG SELBST ZU GEWÄHRLEISTEN, DA ER DEM NATIONALEN RICHTER DIE MÖGLICHKEIT GIBT, DIE SCHWIERIGKEITEN AUSZURÄUMEN, DIE SICH AUS DER NOTWENDIGKEIT ERGEBEN KÖNNEN, DEM GEMEINSCHAFTSRECHT IM RAHMEN DER RECHTSORDNUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN ZUR VOLLEN GELTUNG ZU VERHELFEN. JEDE LÜCKE IN DEM SO GESCHAFFENEN SYSTEM WÜRDE DAHER SOGAR DIE WIRKSAMKEIT DER VERTRAGSVORSCHRIFTEN UND DES ABGELEITETEN GEMEINSCHAFTSRECHTS IN FRAGE STELLEN. IN DIESEM SINNE SIND DIE VORSCHRIFTEN DES ARTIKELS 177 ZU WÜRDIGEN, NACH DENEN JEDES NATIONALE GERICHT OHNE UNTERSCHIED DEN GERICHTSHOF UM VORABENTSCHEIDUNG ERSUCHEN KANN, WENN ES DESSEN ENTSCHEIDUNG ZUM ERLASS SEINES URTEILS FÜR ERFORDERLICH HÄLT.

3 DIE BESTIMMUNGEN DES ARTIKELS 177 SIND FÜR DEN NATIONALEN RICHTER ZWINGENDES RECHT; NACH ABSATZ 2 KANN ER DEN GERICHTSHOF ANRUFEN UND UM VORABENTSCHEIDUNG ÜBER DIE AUSLEGUNG ODER DIE GÜLTIGKEIT VON GEMEINSCHAFTSRECHT ERSUCHEN. NACH DIESEN VORSCHRIFTEN SIND DIE NATIONALEN GERICHTE BERECHTIGT UND UNTER BESTIMMTEN VORAUSSETZUNGEN VERPFLICHTET, ZUR VORABENTSCHEIDUNG VORZULEGEN, SOFERN SIE VON AMTS WEGEN ODER AUF ANREGUNG DER PARTEIEN FESTSTELLEN, DASS ES FÜR DIE ENTSCHEIDUNG DES RECHTSSTREITS AUF EINE DER IN ARTIKEL 177 ABSATZ 1 GENANNTEN FRAGEN ANKOMMT. DARAUS FOLGT, DASS DIE NATIONALEN GERICHTE EIN UNBESCHRÄNKTES RECHT ZUR VORLAGE AN DEN GERICHTSHOF HABEN, WENN SIE DER AUFFASSUNG SIND, DASS EINE BEI IHNEN ANHÄNGIGE RECHTSSACHE FRAGEN DER AUSLEGUNG ODER DER GÜLTIGKEIT DER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN BESTIMMUNGEN AUFWIRFT, ÜBER DIE DIESE GERICHTE IM KONKRETEN FALL ENTSCHEIDEN MÜSSEN.

4 SONACH KANN EINE INNERSTAATLICHE RECHTSNORM, DIE NICHT - LETZTINSTANZLICHE GERICHTE AN DIE RECHTLICHE BEURTEILUNG DES ÜBERGEORDNETEN GERICHTS BINDEN, DIESEN GERICHTEN NICHT DAS RECHT NEHMEN, DEM GERICHTSHOF FRAGEN NACH DER AUSLEGUNG DER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN BESTIMMUNGEN VORZULEGEN, UM DIE ES IN DIESER RECHTLICHEN BEURTEILUNG GEHT. ETWAS ANDERES MÜSSTE GELTEN, WENN DIE VON DEM NICHT-LETZTINSTANZLICHEN GERICHT GESTELLTEN FRAGEN SACHLICH MIT FRAGEN IDENTISCH WÄREN, DIE DAS LETZTINSTANZLICHE GERICHT BEREITS VORGELEGT HAT. DAGEGEN MUSS DAS NICHT-LETZTINSTANZLICHE GERICHT, WENN ES DER AUFFASSUNG IST, DASS ES AUFGRUND DER RECHTLICHEN BEURTEILUNG DES ÜBERGEORDNETEN GERICHTS ZU EINER DAS GEMEINSCHAFTSRECHT VERLETZENDEN ENTSCHEIDUNG GELANGEN KÖNNTE, FREI ENTSCHEIDEN KÖNNEN, OB ES DEM GERICHTSHOF DIE FRAGEN VORLEGT, DIE IHM ZWEIFELHAFT SIND. WÄREN DIE NICHT-LETZTINSTANZLICHEN GERICHTE GEBUNDEN, OHNE DEN GERICHTSHOF ANRUFEN ZU KÖNNEN, SO WÄREN DESSEN ZUSTÄNDIGKEIT ZUR VORABENTSCHEIDUNG WIE AUCH DIE ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS AUF ALLEN STUFEN DER GERICHTSBARKEIT IN DEN MITGLIEDSTAATEN EINGESCHRÄNKT.

5 DEM BUNDESFINANZHOF IST DAHER ZU ANTWORTEN, DASS EINE INNERSTAATLICHE RECHTSNORM, WELCHE DIE GERICHTE AN DIE RECHTLICHE BEURTEILUNG EINES ÜBERGEORDNETEN GERICHTS BINDET, DIESEN GERICHTEN NICHT SCHON AUS DIESEM GRUND DAS IN ARTIKEL 177 VORGESEHENE RECHT ZUR ANRUFUNG DES GERICHTSHOFES NIMMT.

Kostenentscheidung:

6 DIE AUSLAGEN DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN, DIE VOR DEM GERICHTSHOF ERKLÄRUNGEN ABGEGEBEN HAT, SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG. FÜR DIE PARTEIEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM INNERSTAATLICHEN GERICHT ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT. DIE KOSTENENTSCHEIDUNG OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT.

Tenor:

DER GERICHTSHOF

AUF DIE IHM VOM BUNDESFINANZHOF GEMÄSS DESSEN BESCHLUSS VOM 14. AUGUST 1973 VORGELEGTE FRAGE FÜR RECHT ERKANNT :

EINE INNERSTAATLICHE RECHTSNORM, WELCHE DIE GERICHTE AN DIE RECHTLICHE BEURTEILUNG EINES ÜBERGEORDNETEN GERICHTS BINDET, NIMMT DIESEN GERICHTEN NICHT SCHON AUS DIESEM GRUND DAS IN ARTIKEL 177 VORGESEHENE RECHT ZUR ANRUFUNG DES GERICHTSHOFES DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN.

Ende der Entscheidung

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