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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 08.11.1990
Aktenzeichen: 177/88
Rechtsgebiete: RL 76/207


Vorschriften:

RL 76/207 Art. 2
RL 76/207 Art. 3
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Ein Arbeitgeber verstösst unmittelbar gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Artikel 2 Absatz 1 und 3 Absatz 1 der Richtlinie 76/207 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen, wenn er es ablehnt, mit einer von ihm für geeignet befundenen Bewerberin einen Arbeitsvertrag zu schließen, weil er wegen der Einstellung einer schwangeren Frau Nachteile zu befürchten hat, die sich aus einer staatlichen Regelung über die Arbeitsunfähigkeit ergeben, wonach eine mit Schwangerschaft und Entbindung zusammenhängende Verhinderung an der Arbeitsleistung einer Verhinderung wegen Krankheit gleichsteht. Dabei ist es unerheblich, daß sich kein Mann um die freie Stelle beworben hat.

2. Die Richtlinie 76/207 überlässt es zwar den Mitgliedstaaten, die Sanktion für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot unter den verschiedenen Möglichkeiten auszuwählen, die zur Verwirklichung des Ziels der Richtlinie geeignet sind; entscheidet sich ein Mitgliedstaat jedoch für eine Sanktion, die sich in den Rahmen einer zivilrechtlichen Haftungsregelung einfügt, so reicht jeder Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot für sich genommen aus, um die volle Haftung seines Urhebers auszulösen, ohne daß die im nationalen Recht vorgesehenen Rechtfertigungsgründe berücksichtigt werden können.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 8. NOVEMBER 1990. - ELISABETH JOHANNA PACIFICA DEKKER GEGEN STICHTING VORMINGSCENTRUM VOOR JONG VOLWASSENEN PLUS. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: HOGE RAAD - NIEDERLANDE. - GLEICHBEHANDLUNG VON MAENNERN UND FRAUEN - WEIGERUNG, EINE SCHWANGERE FRAU EIZUSTELLEN. - RECHTSSACHE 177/88.

Entscheidungsgründe:

1 Der Hoge Raad der Nederlanden hat mit Urteil vom 24. Juni 1988, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Juni 1988, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung der Artikel 2 und 3 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen ( ABl. L 39, S. 40; im folgenden : "die Richtlinie ") zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau E. J. P. Dekker und der Stichting Vormingscentrum voor Jong Volwassenen ( VJV-Centrum ) Plus ( im folgenden : "das VJV "). Im Juni 1981 bewarb sich Frau Dekker um eine Stelle als Erzieherin in der vom VJV betriebenen Bildungsstätte für junge Erwachsene. Am 15. Juni 1981 teilte sie der Auswahlkommission mit, daß sie seit drei Monaten schwanger sei. Die Kommission schlug sie dennoch der Leitung des VJV als für die Tätigkeit am besten geeigneten Bewerber vor. Mit Schreiben vom 10. Juli 1981 teilte das VJV Frau Dekker jedoch mit, daß sie nicht eingestellt werde.

3 In diesem Schreiben führte das VJV aus, diese Entscheidung sei darauf zurückzuführen, daß Frau Dekker schon bei Einreichung ihrer Bewerbung schwanger gewesen sei und daß dies nach den von ihr eingeholten Auskünften bedeute, daß, wenn das VJV Frau Dekker einstellen würde, deren Versicherer, der Risicofonds Sociale Voorzieningen Bijzonder Onderwijs ( Risikofonds für die Sozialvorsorge im Bereich der besonderen Bildungsanstalten; im folgenden : "der Risicofonds "), dem VJV nicht das Krankengeld erstatten würde, das es Frau Dekker während ihres Mutterschaftsurlaubs zu zahlen hätte. Infolgedessen wäre es ihm finanziell unmöglich, während der Verhinderung von Frau Dekker einen Vertreter einzustellen, so daß es einen Teil seiner Bildungsplätze verlieren würde.

4 Wie sich aus den Akten ergibt, kann die Leitung des Risicofonds nach Artikel 6 des Ziekengeldreglement ( Krankengeldregelung ) in der Tat einem Mitglied ( dem Arbeitgeber ) die Erstattung des Krankengelds ganz oder teilweise verweigern, wenn ein Versicherter ( der Arbeitnehmer ) innerhalb eines halben Jahres nach dem Zeitpunkt des Beginns der Versicherung zur Verrichtung seiner Arbeit unfähig geworden ist und aufgrund seines Gesundheitszustands im Zeitpunkt des Versicherungsbeginns mit dem Eintritt dieser Arbeitsunfähigkeit innerhalb dieser Frist erkennbar zu rechnen war. Im Gegensatz zu Artikel 44 Absatz 1 Buchstabe b der Ziektewet, des niederländischen Krankenversicherungsgesetzes, das die im allgemeinen für Arbeitnehmer im Privatsektor geltende Versicherungsregelung enthält, sieht das im Fall von Frau Dekker ausschließlich anwendbare Ziekengeldreglement nicht für den Fall der Schwangerschaft eine Ausnahme von dem Grundsatz vor, daß die Erstattung des Krankengelds bei "vorhersehbarer Krankheit" verweigert werden kann.

5 Die Arrondissementsrechtbank Haarlem und der Gerechtshof Amsterdam wiesen nacheinander die Klage ab, mit der Frau Dekker beantragt hatte, das VJV zur Zahlung von Schadensersatz wegen Verdienstausfalls zu verurteilen. Frau Dekker legte daraufhin Kassationsbeschwerde beim Hoge Raad der Nederlanden ein.

6 Da dieses Rechtsmittel seiner Ansicht nach Probleme bei der Auslegung der Richtlinie 76/207 des Rates aufwirft, hat der Hoge Raad der Nederlanden beschlossen, dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen :

"1)Verstösst ein Arbeitgeber unmittelbar oder mittelbar gegen den in den Artikeln 2 Absatz 1 und 3 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen aufgestellten Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn er es ablehnt, mit einer von ihm für geeignet befundenen Bewerberin einen Arbeitsvertrag zu schließen, weil er wegen deren bei dieser Bewerbung bestehenden Schwangerschaft im Zusammenhang mit einer staatlichen Regelung über die Arbeitsunfähigkeit, wonach eine mit Schwangerschaft und Entbindung zusammenhängende Verhinderung an der Arbeitsleistung einer Verhinderung wegen Krankheit gleichsteht, Nachteile zu befürchten hat?

2)Macht es dabei einen Unterschied, daß sich kein Mann beworben hat?

3 ) Ist es mit den Artikeln 2 und 3 vereinbar,

a)daß neben der feststehenden Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber der abgelehnten Bewerberin für die Zuerkennung eines mit dieser Verletzung begründeten Anspruchs der hier gegebenen Art noch ein Verschulden des Arbeitgebers verlangt wird oder

b)daß sich der Arbeitgeber, wenn ein solcher Verstoß feststeht, seinerseits noch auf einen Rechtfertigungsgrund berufen kann, ohne daß einer der Fälle des Artikels 2 Absätze 2 bis 4 vorliegt?

4)Reicht es, falls ein Verschulden im Sinne der Frage 3 verlangt werden darf oder Rechtfertigungsgründe angeführt werden können, für das Fehlen eines Verschuldens oder für das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes aus, daß für einen Arbeitgeber die im Tatbestand ( des Vorlagurteils ) dargestellten Risiken bestehen, oder sind die Artikel 2 und 3 dahin auszulegen, daß er diese Risiken zu tragen hat, es sei denn, daß er sich vollständige Gewißheit darüber verschafft hat, daß die Leistung wegen Arbeitsunfähigkeit verweigert wird oder daß Bildungsplätze verlorengehen, und er sein möglichstes getan hat, um dies zu verhindern?"

7 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur ersten Frage

8 Vorab ist darauf hinzuweisen, daß die Richtlinie nach ihrem Artikel 1 Absatz 1 zum Ziel hat, daß in den Mitgliedstaaten der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen verwirklicht wird.

9 Nach Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie beinhaltet "der Grundsatz der Gleichbehandlung..., daß keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts - insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe - oder Familienstand - erfolgen darf ". Nach Artikel 3 Absatz 1 beinhaltet "die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung..., daß bei den Bedingungen des Zugangs - einschließlich der Auswahlkriterien - zu den Beschäftigungen oder Arbeitsplätzen... keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts erfolgt ".

10 Es ist zu prüfen, ob eine Verweigerung der Einstellung in dem vom vorlegenden Gericht bezeichneten Fall eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Sinne der Richtlinie darstellen kann. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob es sich bei dem wesentlichen Grund für die Verweigerung der Einstellung um einen Grund handelt, der unterschiedslos für Arbeitnehmer beiderlei Geschlechts oder aber ausschließlich für eines der beiden Geschlechter gilt.

11 Der Arbeitgeber hat die Weigerung, Frau Dekker einzustellen, im wesentlichen damit begründet, daß er vom Risicofonds nicht die Erstattung des Krankengelds erlangen könnte, das er ihr während ihrer durch die Schwangerschaft verursachten Fehlzeiten zahlen müsste, daß er aber dennoch gezwungen wäre, einen Vertreter einzustellen. Diese Situation ist darauf zurückzuführen, daß zum einen die fragliche nationale Regelung die Schwangerschaft der Krankheit gleichstellt und zum anderen das Ziekengeldreglement keine Vorschrift enthält, durch die die Schwangerschaft von den Fällen ausgeschlossen wird, in denen der Risicofonds die Erstattung des Krankengelds verweigern kann.

12 Hierzu ist zu bemerken, daß die Verweigerung einer Einstellung wegen Schwangerschaft nur Frauen gegenüber in Betracht kommt und daher eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt. Eine Verweigerung der Einstellung aufgrund der finanziellen Auswirkungen der Fehlzeiten wegen Schwangerschaft ist als eine Weigerung anzusehen, die im wesentlichen ihren Grund in der Schwangerschaft als solcher hat. Eine solche Diskriminierung kann nicht mit dem finanziellen Nachteil gerechtfertigt werden, den der Arbeitgeber im Fall der Einstellung einer schwangeren Frau während deren Mutterschaftsurlaubs erleiden würde.

13 Im übrigen kann der Umstand, daß die Schwangerschaft der Krankheit gleichgestellt wird und daß die Vorschriften der Ziektewet und des Ziekengeldreglement über die Erstattung des Krankengelds bei Schwangerschaft nicht miteinander übereinstimmen, nicht als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Sinne der Richtlinie angesehen werden. Da es schließlich eine unmittelbare Diskriminierung darstellt, wenn ein Arbeitgeber eine Einstellung aufgrund der finanziellen Auswirkungen von Fehlzeiten wegen Schwangerschaft ablehnt, braucht nicht geprüft zu werden, ob nationale Vorschriften der oben bezeichneten Art den Arbeitgeber einem solchen Druck aussetzen, daß er sich veranlasst sieht, die Einstellung einer schwangeren Frau abzulehnen, wodurch sie eine Diskriminierung im Sinne der Richtlinie bewirken würden.

14 Nach allem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, daß ein Arbeitgeber unmittelbar gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Artikel 2 Absatz 1 und 3 Absatz 1 der Richtlinie 76/207 des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen verstösst, wenn er es ablehnt, mit einer von ihm für geeignet befundenen Bewerberin einen Arbeitsvertrag zu schließen, weil er wegen der Einstellung einer schwangeren Frau Nachteile zu befürchten hat, die sich aus einer staatlichen Regelung über die Arbeitsunfähigkeit ergeben, wonach eine mit Schwangerschaft und Entbindung zusammenhängende Verhinderung an der Arbeitsleistung einer Verhinderung wegen Krankheit gleichsteht.

Zur zweiten Frage

15 Die zweite Frage des Hoge Raad geht dahin, ob es für die Beantwortung der ersten Frage einen Unterschied macht, daß sich kein Mann um die freie Stelle beworben hat.

16 Nach Ansicht des VJV ist die zweite Frage zu bejahen, weil es nicht um die diskriminierende Wirkung einer abstrakten Maßnahme gehe, sondern um eine konkrete Entscheidung eines Arbeitgebers, eine bestimmte Bewerberin nicht einzustellen. Wenn ein Arbeitgeber eine Auswahl zwischen ausschließlich weiblichen Bewerbern treffe, könne dabei nicht von einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gesprochen werden, weil sich der Arbeitgeber in diesem Fall durch andere Erwägungen finanzieller oder administrativer Art leiten lasse.

17 Hierzu ist festzustellen, daß die Antwort auf die Frage, ob die Weigerung, eine Frau einzustellen, eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung darstellt, vom Motiv dieser Weigerung abhängt. Besteht dieses darin, daß die Betroffene schwanger ist, so steht die Entscheidung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschlecht der Bewerberin. Von daher kann es für die Beantwortung der ersten Vorlagefrage nicht von Belang sein, daß sich kein Mann beworben hat.

18 Somit ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, daß es für die Beantwortung der ersten Frage keinen Unterschied macht, daß sich kein Mann um die freie Stelle beworben hat.

Zur dritten Frage

19 Die dritte Frage geht dahin, ob es die Artikel 2 und 3 der Richtlinie ausschließen, daß einer mit der Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung begründeter Schadensersatzklage nur dann stattgegeben wird, wenn darüber hinaus nachgewiesen wird, daß sich der Arbeitgeber schuldhaft verhalten hat, und feststeht, daß er sich nicht auf einen Rechtfertigungsgrund berufen kann.

20 Sowohl Frau Dekker als auch die niederländische Regierung und das Vereinigte Königreich vertreten die Ansicht, sobald feststehe, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt worden sei, reiche dies aus, um die Haftung des Arbeitgebers auszulösen.

21 Das VJV trägt dagegen vor, die in den zwei Teilfragen der dritten Vorlagefrage enthaltene Unterscheidung zwischen einem Verschulden des Arbeitgebers und einem eventuellen Fehlen eines Rechtfertigungsgrundes hänge zum Teil mit dem im Ausgangsverfahren anzuwendenden nationalen Recht zusammen, das in den beiden Fällen unterschiedliche Rechtsfolgen vorsehe. Das VJV meint weiter, auf der Grundlage der Richtlinie könne lediglich die Frage beantwortet werden, ob eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in einem bestimmten Fall gerechtfertigt sein könne.

22 Hierzu ist festzustellen, daß die Richtlinie in Artikel 2 Absätze 2 bis 4 Ausnahmen von dem in ihrem Artikel 2 Absatz 1 aufgestellten Grundsatz der Gleichbehandlung vorsieht, keineswegs aber die Haftung des Urhebers einer Diskriminierung davon abhängig macht, daß ein Verschulden nachgewiesen wird oder kein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

23 Artikel 6 der Richtlinie erkennt an, daß die Opfer einer Diskriminierung Rechte besitzen, die sie gerichtlich geltend machen können. Wenn eine vollständige Durchführung der Richtlinie auch nicht eine bestimmte Sanktion für Verstösse gegen das Diskriminierungsverbot erfordert, so setzt sie doch voraus, daß diese Sanktion geeignet ist, einen tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutz zu gewährleisten ( Urteil vom 10. April 1984 in der Rechtssache 14/83, von Colson und Kamann, Slg. 1984, 1891, Randnr. 23 ). Sie muß ferner eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber haben.

24 Wenn die Haftung eines Arbeitgebers für Verstösse gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung davon abhinge, daß ein Verschulden des Arbeitgebers nachgewiesen wird und kein durch das anwendbare nationale Recht anerkannter Rechtfertigungsgrund vorliegt, würde dies die praktische Wirksamkeit dieser Grundsätze erheblich beeinträchtigen.

25 Daraus folgt, daß dann, wenn sich ein Mitgliedstaat für eine Sanktion entscheidet, die sich in den Rahmen einer Regelung über die zivilrechtliche Haftung des Arbeitgebers einfügt, jeder Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot für sich genommen ausreichen muß, um die volle Haftung seines Urhebers auszulösen, ohne daß die im nationalen Recht vorgesehenen Rechtfertigungsgründe berücksichtigt werden können.

26 Somit ist zu antworten, daß die Richtlinie 76/207 es zwar den Mitgliedstaaten überlässt, die Sanktion für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot unter den verschiedenen Möglichkeiten auszuwählen, die zur Verwirklichung des Ziels der Richtlinie geeignet sind, daß jedoch, wenn sich ein Mitgliedstaat für eine Sanktion entscheidet, die sich in den Rahmen einer zivilrechtlichen Haftungsregelung einfügt, jeder Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot für sich genommen ausreicht, um die volle Haftung seines Urhebers auszulösen, ohne daß die im nationalen Recht vorgesehenen Rechtfertigungsgründe berücksichtigt werden können.

Zur vierten Frage

27 Angesichts der Antwort auf die dritte Frage braucht über die vierte Frage nicht entschieden zu werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

28 Die Auslagen der Kommission, der niederländischen Regierung und des Vereinigten Königreichs, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm vom Hoge Raad der Nederlanden mit Urteil vom 24. Juni 1988 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Ein Arbeitgeber verstösst unmittelbar gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Artikel 2 Absatz 1 und 3 Absatz 1 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen, wenn er es ablehnt, mit einer von ihm für geeignet befundenen Bewerberin einen Arbeitsvertrag zu schließen, weil er wegen der Einstellung einer schwangeren Frau Nachteile zu befürchten hat, die sich aus einer staatlichen Regelung über die Arbeitsunfähigkeit ergeben, wonach eine mit Schwangerschaft und Entbindung zusammenhängende Verhinderung an der Arbeitsleistung einer Verhinderung wegen Krankheit gleichsteht.

2 ) Für die Beantwortung der ersten Frage macht es keinen Unterschied, daß sich kein Mann um die freie Stelle beworben hat.

3 ) Die Richtlinie 76/207/EWG überlässt es zwar den Mitgliedstaaten, die Sanktion für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot unter den verschiedenen Möglichkeiten auszuwählen, die zur Verwirklichung des Ziels der Richtlinie geeignet sind; entscheidet sich ein Mitgliedstaat jedoch für eine Sanktion, die sich in den Rahmen einer zivilrechtlichen Haftungsregelung einfügt, so reicht jeder Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot für sich genommen aus, um die volle Haftung seines Urhebers auszulösen, ohne daß die im nationalen Recht vorgesehenen Rechtfertigungsgründe berücksichtigt werden können.

Ende der Entscheidung

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