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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.1988
Aktenzeichen: 188/85
Rechtsgebiete: Verordnung 2176/84/EWG


Vorschriften:

Verordnung 2176/84/EWG Art. 3
Verordnung 2176/84/EWG Art. 5
Verordnung 2176/84/EWG Art. 7
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Auch wenn die Verordnung Nr. 2176/84 der Kommission im Hinblick auf den Erlaß von Schutzmaßnahmen gegen Subventionspraktiken von Drittländern ein Ermessen einräumt, hat der Gerichtshof zu prüfen, ob die Kommission die den Antragstellern durch die fraglichen Gemeinschaftsvorschriften eingeräumten Verfahrensgarantien beachtet hat, ob sie offensichtliche Fehler bei der Würdigung des Sachverhalts begangen oder es unterlassen hat, wesentliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, aufgrund deren vom Vorliegen einer Subventionswirkung auszugehen wäre, oder ob sie in ihre Begründung ermessensmißbräuchliche Überlegungen hat einfließen lassen.

2. Der in Artikel 3 der Verordnung Nr. 2176/84 genannte Begriff der Subvention wird weder in dieser Verordnung noch in anderen Rechtsakten der Gemeinschaft ausdrücklich definiert. Der Anhang dieser Verordnung enthält jedoch eine "Beispielliste" von Ausfuhrsubventionen, auf die Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung verweist. Im letzten Absatz dieser Liste wird "jede andere Inanspruchnahme öffentlicher Gelder" als Ausfuhrsubvention im Sinne von Artikel XVI des GATT bezeichnet. Sowohl aus der Formulierung dieser allgemeinen Bestimmung als auch aus den anderen in der Liste genannten Beispielen geht hervor, daß der Begriff der Ausfuhrsubvention vom Gemeinschaftsgesetzgeber so verstanden worden ist, daß er notwendigerweise eine finanzielle Belastung einschließt, die unmittelbar oder mittelbar von der öffentlichen Hand getragen wird. Ausserdem ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 3 dieser Verordnung, der die Befreiung der Waren von bestimmten Abgaben und Steuern bei ihrer Ausfuhr ausdrücklich vom Subventionsbegriff ausnimmt, daß das Konzept der Belastung nicht nur den Fall einschließt, in dem der Staat Mittel zuwendet, sondern auch den, in dem er auf die Erhebung von Abgabenforderungen verzichtet und damit eine Ausnahme von einer allgemein anwendbaren Besteuerungsregel einführt.

Der Subventionsbegriff, der so verstanden wird, daß er die Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils zu Lasten des Staatshaushalts voraussetzt, steht nicht im Widerspruch zu den Verpflichtungen der Gemeinschaft, die sich aus dem internationalen Recht, insbesondere dem GATT und den in seinem Rahmen geschlossenen Übereinkommen, ergeben.

3. Eine Subvention besitzt nur dann den Charakter einer internen Subvention, die Schutzmaßnahmen der Gemeinschaft im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 2176/84 rechtfertigen kann, wenn sie Sektorspezifität aufweist, das heisst, wenn sie nur bestimmten Unternehmen einen Vorteil einräumen soll und dadurch eine Wettbewerbsverzerrung bewirkt.

Eine Subvention besitzt nur dann den Charakter einer Ausfuhrsubvention, die Schutzmaßnahmen der Gemeinschaft im Sinne der genannten Vorschrift rechtfertigen kann, wenn sie das Erzeugnis begünstigt, dessen Einfuhren eine Schädigung der Gemeinschaftsindustrie herbeiführen, wobei dieser Fall sich von dem Fall unterscheidet, in dem eine Subvention zwar den Unternehmen, die dieses Erzeugnis ausführen, gewährt wird, jedoch aufgrund der Ausfuhr eines anderen Erzeugnisses, und ihnen Gewinne verschafft, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit insgesamt erzielen.

4. Die Kommission hat den Sachverhalt, aus dem sich das Vorliegen von Subventionspraktiken und ein daraus möglicherweise für die Unternehmen der Gemeinschaft folgender Schaden ergibt, zwar in aller Objektivität festzustellen, sie verfügt aber über einen weiten Ermessensspielraum, wenn es darum geht, im Rahmen der Befugnis zur Beurteilung der Interessen der Gemeinschaft, die ihr nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2176/84 zuzuerkennen ist, zu entscheiden, daß Schutzmaßnahmen nicht angebracht sind, und daher das Verfahren einzustellen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 14. JULI 1988. - FEDERATION DE L'INDUSTRIE DE L'HUILERIE DE LA CEE (FEDIOL) GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - ANTISUBVENTIONSVERFAHREN - VERORDNUNG NR. 2176/84. - RECHTSSACHE 188/85.

Entscheidungsgründe:

1 Die Vereinigung der Ölmühlenindustrie der EWG ( im folgenden : Fediol ) hat mit Klageschrift, die am 18. Juni 1985 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Aufhebung des Beschlusses 85/233 der Kommission vom 16. April 1985, mit dem diese das auf Antrag von Fediol eingeleitete Antisubventionsverfahren betreffend die während des Zeitraums vom 1. Januar 1983 bis zum 31. Dezember 1983 erfolgten Einfuhren von Ölkuchen aus Sojabohnen mit Ursprung in Brasilien eingestellt hat ( ABl. L 106, S. 19 ).

2 Der Antrag von Fediol, der mit Schreiben vom 6. Januar 1984 gemäß Artikel 5 der Verordnung Nr. 2176/84 des Rates vom 23. Juli 1984 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern ( ABl. L 201, S. 1 ) gestellt worden war, bezog sich auf folgende Praktiken : a ) Vorzugszinsen für die Finanzierung der Einfuhren von Sojabohnen; b ) Vorzugszinsen für die Finanzierung der Ausfuhren über ein Exportförderungsprogramm; c ) unterschiedliche Besteuerung der Ausfuhr der Erzeugnisse des Sojasektors; d ) Hindernisse bei der Ausfuhr von Sojabohnen; e ) Vorzugszinsen für die Finanzierung der Lagerung von Sojabohnen; f ) Vorzugszinsen für die Finanzierung der Ausfuhren von Sojaöl; g ) Befreiung der bei den Sojaölausfuhren erzielten Gewinne von den Ertragssteuern; h ) Vorzugszinsen für die Finanzierung der Ausfuhren von Ölkuchen aus Sojabohnen; i ) steuerliche Vorteile für Börsentermingeschäfte auf den Auslandsmärkten.

3 In ihrem genannten Beschluß vom 16. April 1985 stellte die Kommission fest, daß die ersten beiden erwähnten Praktiken während des Untersuchungszeitraums nicht stattgefunden hätten. In bezug auf die oben unter c, d, e, f und g genannten Praktiken war die Kommission der Auffassung, daß sie nicht den Charakter einer Subvention für Sojaölkuchen hätten. Schließlich stellte die Kommission für die letzten beiden Praktiken ( oben unter h und i ) fest, daß sie Subventionen darstellten; sie war aber der Ansicht, daß die Interessen der Gemeinschaft nicht die Festsetzung von Ausgleichszöllen rechtfertigten.

4 Die Klage richtet sich zum einen gegen den Teil des Beschlusses vom 16. April 1985, der die Weigerung der Kommission betrifft, die unter c, d, e, f und g genannten Praktiken als Subventionen zu qualifizieren, und zum anderen gegen den Teil dieses Beschlusses, in dem die Kommission die Ansicht vertritt, daß die letzten beiden ( unter h und i genannten ) Praktiken trotz ihres Subventionscharakters nicht die Festsetzung von Ausgleichszöllen rechtfertigten.

5 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zum Umfang der gerichtlichen Kontrolle

6 In Anbetracht der Erklärungen der Kommission und der Streithelferin über die etwaigen Grenzen einer gerichtlichen Kontrolle des Beschlusses ist festzustellen, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( siehe insbesondere Urteil vom 4. Oktober 1983 in der Rechtssache 191/82, Fediol/Kommission, Slg. 1983, 2913 ) der Gerichtshof auch angesichts eines Ermessensspielraums der Kommission auf dem betreffenden Gebiet zu prüfen hat, ob die Kommission die den Antragstellern durch die fraglichen Gemeinschaftsvorschriften eingeräumten Verfahrensgarantien beachtet hat, ob sie offensichtliche Fehler bei der Würdigung des Sachverhalts begangen oder es unterlassen hat, wesentliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, aufgrund deren vom Vorliegen einer Subventionswirkung auszugehen wäre, oder ob sie in ihre Begründung ermessensmißbräuchliche Überlegungen hat einfließen lassen.

7 In diesem Rahmen ist das Vorbringen von Fediol zu prüfen, wonach die Kommission es unterlassen hat, wesentliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, aufgrund deren im Sinne der Verordnung Nr. 2176/84 vom Vorliegen einer Subvention sowie eines Interesses der Gemeinschaft an der Festsetzung eines Ausgleichszolls auszugehen wäre.

Zur Praxis der unterschiedlichen Besteuerung der Ausfuhr der Erzeugnisse des Sojasektors

8 In dem angefochtenen Rechtsakt ( Punkt 12 ) berichtet die Kommission, Fediol habe geltend gemacht, daß die bei der Ausfuhr von Erzeugnissen des Sojasektors erhobene Warenverkehrssteuer während des Untersuchungszeitraums 13 % für Sojabohnen, 11,1 % für Ölkuchen und 8 % für Sojaöl betragen habe und daß diese unterschiedliche Besteuerung zu einer Beschränkung der Ausfuhr von Sojabohnen führe und auf diese Weise der brasilianischen Industrie eine Rohstoffversorgung zu niedrigen Preisen garantiere; dieser Vorteil in den Produktionskosten stelle einen Vorteil bei der Ausfuhr von Sojaölkuchen nach der Gemeinschaft dar, zu dem der Vorteil bei der Ausfuhr hinzukomme, der sich aus der niedrigeren Besteuerung der Sojaölkuchen gegenüber den Sojabohnen ergebe. In dem angefochtenen Rechtsakt wird anerkannt, daß die Tatsachenbehauptungen von Fediol zuträfen.

9 In der Begründung des angefochtenen Rechtsakts zu diesem Punkt heisst es jedoch : "In aussenhandelspolitischer Sicht wird die Subvention... durch eine finanzielle Zuwendung der öffentlichen Hand gekennzeichnet... eine Belastung für den Staatshaushalt (( stellt )) eine unabdingbare Voraussetzung für das Vorhandensein jeder Subvention dar... (( und )) das Konzept der Belastung (( schließt )) den Verzicht der öffentlichen Hand auf Steuern oder andere von einem Steuerpflichtigen geschuldete Abgaben ein..." Im vorliegenden Fall liege eine solche Belastung aber nicht vor; insbesondere gebe es keinen Verzicht der brasilianischen öffentlichen Hand auf fällige Abgabenforderungen.

10 Im Verfahren vor dem Gerichtshof hat die Kommission erklärt, es handele sich bei der fraglichen Steuer nicht um eine Ausfuhrabgabe, sondern um die brasilianische Umsatzsteuer ( ICM ), die grundsätzlich auf allen Stufen der Vermarktung oder der Verarbeitung der Erzeugnisse im brasilianischen Hoheitsgebiet erhoben werde. Im allgemeinen würden die Ausfuhren von Verarbeitungserzeugnissen nicht dem ICM unterworfen; folglich hätte der ICM, mit dem die in diesen ausgeführten Erzeugnissen enthaltenen Rohstoffe belastet worden seien, berücksichtigt werden müssen. Abweichend von dem allgemeinen Grundsatz habe sich Brasilien im Jahre 1977 jedoch auf eine Intervention der Kommission hin bereit erklärt, die Ausfuhr der Verarbeitungserzeugnisse, nämlich Sojaölkuchen und Sojaöl, mit dem ICM in Höhe eines Satzes von 11 % bzw. 8 % zu belegen. Nach Ansicht der Kommission stellt das System des ICM eine allgemeine Besteuerung dar, die für die Erzeugnisse des Sojasektors nach differenzierten Sätzen angewandt werde. Aus dieser unterschiedlichen Besteuerung ergebe sich für die Sojabohnen kein Vorteil, der als eine Subvention im Sinne der Verordnung Nr. 2176/84 angesehen werden könne, weil jedenfalls keine Belastung für den Staatshaushalt eintrete.

11 Fediol ist der Auffassung, der Begriff der Subvention im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 2176/84 setze nicht notwendigerweise eine Belastung für den Staatshaushalt voraus, sondern sei weit auszulegen : Eine Subvention liege dann vor, wenn die ergriffenen Maßnahmen insgesamt dazu führten, daß den Empfängern ein Vorteil verschafft werde.

12 Zunächst ist festzustellen, daß der in Artikel 3 der Verordnung Nr. 2176/84 genannte Begriff der Subvention weder in dieser Verordnung noch in anderen Rechtsakten der Gemeinschaft ausdrücklich definiert wird. Der Anhang dieser Verordnung enthält jedoch eine "Beispielliste" von Ausfuhrsubventionen, auf die Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung verweist. Im letzten Absatz dieser Liste wird "jede andere Inanspruchnahme öffentlicher Gelder" als Ausfuhrsubvention im Sinne von Artikel XVI des GATT bezeichnet. Sowohl aus der Formulierung dieser allgemeinen Bestimmung als auch aus den anderen in der Liste genannten Beispielen geht hervor, daß der Begriff der Ausfuhrsubvention vom Gemeinschaftsgesetzgeber so verstanden worden ist, daß er notwendigerweise eine finanzielle Belastung einschließt, die unmittelbar oder mittelbar von der öffentlichen Hand getragen wird. Ausserdem ergibt sich aus Artikel 3 Absatz 3 dieser Verordnung, der die Befreiung der Waren von bestimmten Abgaben und Steuern bei ihrer Ausfuhr ausdrücklich vom Subventionsbegriff ausnimmt, daß das Konzept der Belastung nicht nur den Fall einschließt, in dem der Staat Mittel zuwendet, sondern auch den, in dem er auf die Erhebung von Abgabenforderungen verzichtet und damit eine Ausnahme von einer allgemein anwendbaren Besteuerungsregel einführt.

13 Der so verstandene Subventionsbegriff steht nicht im Widerspruch zu den Verpflichtungen der Gemeinschaft, die sich aus dem internationalen Recht, insbesondere dem GATT und den in seinem Rahmen geschlossenen Übereinkommen, ergeben. Dazu ist festzustellen, daß bis jetzt weder das GATT noch das Übereinkommen zur Auslegung und Anwendung der Artikel VI, XVI und XXIII des GATT eine ausdrückliche Definition des Begriffes "Subvention" enthalten und daß die erwähnte Liste eine wörtliche Wiedergabe der dem letztgenannten Übereinkommen als Anhang beigefügten "Beispielliste" darstellt.

14 Aus alledem ergibt sich, daß sich die Kommission nicht fehlerhaft oder willkürlich verhalten hat, als sie zu dem Schluß kam, daß der Subventionsbegriff im Sinne von Artikel 3 der Verordnung Nr. 2176/84 die Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils mittels einer Belastung für den Staatshaushalt voraussetzt.

Zu den Behinderungen der Ausfuhr von Sojabohnen

15 In dem angefochtenen Rechtsakt ( Punkt 13 ) wird ausgeführt, daß eine etwaige Beschränkung der Ausfuhr von Sojabohnen keine Subvention für Ölkuchen darstelle, weil keine Belastung für den Staatshaushalt vorliege.

16 Fediol trägt vor, die Ausfuhren von Sojabohnen würden in Brasilien im Rahmen einer Quotenregelung registriert, wodurch sie behindert würden. Diese Praxis habe daher die gleichen, konvergenten Wirkungen wie die der unterschiedlichen Besteuerung.

17 Dazu genügt die Feststellung, daß Fediol bei diesem Vorbringen von der Auffassung ausgeht, eine Subvention könne auch dann vorliegen, wenn keine Belastung für den Staatshaushalt bestehe. Da diese Auffassung oben widerlegt worden ist, ist dieses Vorbringen zurückzuweisen.

Zu den Vorzugszinsen für die Finanzierung der Lagerung von Sojabohnen

18 In dem angefochtenen Rechtsakt ( Punkt 7 ) wird festgestellt, daß die brasilianische Regierung zur Finanzierung der Aufbereitung und vor allem der Lagerung von 27 landwirtschaftlichen Grunderzeugnissen ein Programm von Darlehen durchführe, die zu einem Zinssatz von 45 % gewährt würden; dies sei ein Vorzugszins, da er sowohl unter dem Geldpreis für das brasilianische Schatzamt als auch unter dem Marktsatz liege. Da diese Praxis keine direkte Ausfuhrsubvention darstelle, sei zu prüfen, ob sie eine interne Subvention sei.

19 In dem angefochtenen Rechtsakt heisst es, das Vorliegen einer internen Subvention setze voraus, daß die staatliche Intervention, deren Ergebnis die Subvention sei, keinen allgemeinen Charakter habe, sondern nur bestimmten Unternehmen einen Vorteil einräumen solle und dadurch eine Wettbewerbsverzerrung bewirke. Im vorliegenden Fall begünstige das Programm der Darlehen zu einem Vorzugszinssatz nicht speziell den Sojasektor, sondern es umfasse 27 landwirtschaftliche Grunderzeugnisse. Selbst wenn bestimmte landwirtschaftliche Grunderzeugnisse von dem Programm nicht umfasst seien, werde dieses doch allgemein angewandt, da es für alle landwirtschaftlichen Grunderzeugnisse, für die Lagerbeihilfen notwendig seien oder in Betracht kämen, in Anspruch genommen werden könne.

20 Gegenüber dieser Begründung in dem angefochtenen Rechtsakt macht Fediol geltend, die in Frage stehende Praxis habe spezifischen Charakter, da sie im wesentlichen der Verarbeitungsindustrie für landwirtschaftliche Erzeugnisse, insbesondere im Sojasektor, zugute komme. Durch ihre Weigerung, diese Praxis als interne Subvention zu qualifizieren, habe die Kommission daher gegen die Artikel 3 und 7 der Verordnung Nr. 2176/84 verstossen. Ausserdem habe sie einige wesentliche Gesichtspunkte weder ermittelt noch berücksichtigt und bei der Würdigung des Sachverhalts offenkundige Fehler begangen.

21 Die Kommission trägt insbesondere vor, der fraglichen Praxis fehle die "Sektorspezifität", denn sie werde für alle wesentlichen landwirtschaftlichen Grunderzeugnisse ( 27 Erzeugnisse ) gewährt, ohne daß die Sojabohnen, die 31,9 % der landwirtschaftlichen Grunderzeugung ausmachten und auf die 31,7 % der Finanzierung entfielen, speziell begünstigt würden.

22 Der Auffassung der Kommission ist zu folgen, da Fediol nicht nachgewiesen hat, daß die vom brasilianischen Staat gewährte zinsvergünstigte Finanzierung einen bestimmten Sektor der Landwirtschaft oder der landwirtschaftlichen Verarbeitungs - und Nahrungsmittelindustrie speziell begünstigen soll. Aus den Akten geht nämlich hervor, daß diese Finanzierung eine allgemeine Maßnahme darstellt, die bei 27 landwirtschaftlichen Grunderzeugnissen angewandt wird.

23 Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

Zu den Vorzugszinsen für die Finanzierung der Ausfuhren von Sojaöl und zur Befreiung der bei diesen Ausfuhren erzielten Gewinne von der Ertragsteuer

24 In dem angefochtenen Rechtsakt ( Punkt 10 ) wird festgestellt, daß 1983 die brasilianischen Ausfuhrgesellschaften Finanzierungen für die Ausfuhr bestimmter Erzeugnisse, darunter Sojaöl, zu einem Zinssatz zwischen 40 und 60 % erhalten hätten. Dies sei ein Vorzugssatz, da er sowohl unter dem Geldpreis für den Staat als auch unter den marktüblichen Zinssätzen liege. Diese Vergünstigung sei jedoch mit Wirkung vom 2. Januar 1984 aufgehoben worden.

25 In dem angefochtenen Rechtsakt heisst es, daß diese Vorzugszinsen für die Finanzierung nicht als eine Subvention für Sojaölkuchen angesehen werden könnten, weil durch sie die Ausfuhren von Sojaöl gefördert werden sollten und weil sie je nach den tatsächlich ausgeführten Ölmengen gewährt würden. Darüber hinaus sei eine etwaige Wirkung dieser Vergünstigung auf die Ausfuhren von Sojaölkuchen bei der Untersuchung nicht nachgewiesen worden; es handele sich schließlich um einen indirekten Einfluß, dessen Nachweis nicht möglich sei.

26 Ausserdem wird in dem angefochtenen Rechtsakt ( Punkt 11 ) ausgeführt, daß die Behauptung von Fediol, die bei der Ausfuhr von Sojaöl erzielten Gewinne seien von der Ertragsteuer befreit, zutreffend sei. Im übrigen habe die brasilianische Regierung bestätigt, daß diese Praxis bestehe. Diese stelle jedoch keine Subvention der Ölkuchenausfuhr, sondern eine Subvention der Sojaölausfuhr dar.

27 Fediol wirft der Kommission vor, sie habe dadurch gegen die Artikel 3 und 7 der Verordnung Nr. 2176/84 verstossen, daß sie nicht die genauen Auswirkungen ermittelt habe, die für die Ölkuchen durch die Subvention und die Steuerbefreiung für Sojaöl hervorgerufen worden seien. Insbesondere hätten die brasilianischen Exporteure die Möglichkeit, den Vorteil aus der Subvention und aus der Steuerbefreiung für Öl auf das verbundene Erzeugnis, die Ölkuchen, zu übertragen ( die zu 80 % ausgeführt würden, gegenüber dem zu 40 % ausgeführten Öl ); diese kämen dadurch in den Genuß einer mittelbaren Subvention.

28 Dazu genügt die Feststellung, daß die Tatsache, daß ein Wirtschaftsteilnehmer im Rahmen der gesamten Tätigkeiten seines Unternehmens Vorteile erzielt, indem er unter anderem von den Vorzugszinsen für die Finanzierungen der Sojaölausfuhr und von der Steuerbefreiung profitiert, nicht bedeutet, daß diese Vorteile speziell die Ölkuchen begünstigen. Das Vorbringen ist folglich zurückzuweisen.

Zu den beiden als Subventionen anerkannten Praktiken

29 In dem angefochtenen Rechtsakt ( Punkte 5 und 6 ) erkannte die Kommission das Vorliegen zweier Subventionen an, die wie folgt gewährt würden : a ) durch eine zinsvergünstigte Finanzierung der Ausfuhren von Sojaölkuchen, die in der Gewährung von Darlehen zu Vorzugszinssätzen von 40 % ( 60 % seit dem 10. Juni 1983 ) bestehe, während der Geldpreis für den Staat 156,6 % betragen habe, und b ) durch steuerliche Vorteile für von den Ölkuchenexporteuren durchgeführte Börsentermingeschäfte auf den Auslandsmärkten (" Hedging"-Geschäfte ). Die Höhe der erstgenannten Subvention wurde von der Kommission mit 7,66 % und die der zweitgenannten mit 0,09 % des Fob-Wertes der Ölkuchenausfuhren errechnet ( insgesamt 7,75 %).

30 Die Kommission stellte in dem angefochtenen Rechtsakt ausserdem fest, daß aufgrund der durch die beiden genannten Subventionen herbeigeführten niedrigen Preise für brasilianische Ölkuchen eine bedeutende Schädigung der europäischen Ölmühlenindustrie eingetreten sei.

31 Sie war jedoch der Ansicht, daß die Interessen der Gemeinschaft nicht die Festsetzung von Ausgleichszöllen erforderten, weil der erste Vorteil, der fast die Gesamtheit des Subventionsbetrages und der sich daraus ergebenden Schädigung der europäischen Industrie ausmache, für die Sojaölkuchen mit Wirkung vom 14. September 1983 aufgehoben worden sei.

32 Fediol rügt diesen Teil des angefochtenen Rechtsakts wie folgt.

33 Mit der ersten Rüge macht Fediol geltend, die Kommission sei nicht befugt, das Verfahren unter Berufung auf die "Interessen der Gemeinschaft" einzustellen, ohne Antisubventionsmaßnahmen vorzuschlagen. Nach der endgültigen Feststellung des Vorliegens einer Subvention und einer dadurch verursachten Schädigung könnten die Interessen der Gemeinschaft nur vom Rat im Rahmen des Artikels 12 der Verordnung Nr. 2176/84 im Hinblick auf die Festsetzung von endgültigen Ausgleichszöllen geprüft und berücksichtigt werden. Auch die Kommission könne die "Interessen der Gemeinschaft" prüfen, aber nur, um vorläufige Zölle gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 2176/84 einzuführen, und nicht, um das Verfahren einzustellen.

34 Die zweite Rüge geht dahin, die Kommission habe selbst die Notwendigkeit, Ausgleichszölle festzusetzen, bejaht und dem Rat am 4. Januar 1985 die Festsetzung eines Ausgleichszolls von 7,27 %, dessen Erhebung ausgesetzt werde, vorgeschlagen; sie dürfe daher diesen Vorschlag nicht mehr zurückziehen und den Rat dadurch daran hindern, in dieser Frage eine Entscheidung zu treffen.

35 Was die Zuständigkeit der Kommission angeht, so ist darauf hinzuweisen, daß nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2176/84 das Verfahren eingestellt wird, "(( wenn )) sich nach Konsultationen heraus((stellt )), daß keine Schutzmaßnahme erforderlich ist, und... im Beratenden Ausschuß... keine Einwendungen erhoben worden (( sind ))". Diese Bestimmung schreibt der Kommission nicht vor, das Verfahren nur dann einzustellen, wenn das Vorliegen einer Subvention oder einer Schädigung nicht festgestellt worden ist, sondern sie hat es in allen Fällen einzustellen, in denen der Erlaß von Schutzmaßnahmen sich nicht als erforderlich erweist, also auch dann, wenn sich bei der Beurteilung der Interessen der Gemeinschaft ergibt, daß der Erlaß von Schutzmaßnahmen unangebracht ist.

36 Diese Auslegung des Artikels 9 Absatz 1 wird nicht dadurch widerlegt, daß nach Artikel 12 der Rat auf Vorschlag der Kommission darüber zu beschließen hat, ob Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind, denn durch diese Vorschrift soll nur dem Rat die Befugnis eingeräumt werden, endgültig über den Erlaß von Schutzmaßnahmen zu befinden, und auch nur für den Fall, daß die Kommission den Erlaß solcher Maßnahmen für erforderlich gehalten und dem Rat deshalb einen dahin gehenden Vorschlag unterbreitet hat.

37 Im übrigen bleibt es der Kommission unbenommen, ihren Vorschlag zurückzuziehen oder zu ändern, solange der Rat noch nicht entschieden hat, wenn sie aufgrund einer neuen Beurteilung der Interessen der Gemeinschaft den Erlaß von Schutzmaßnahmen für überfluessig hält.

38 Mit einer dritten Rüge macht Fediol geltend, im Hinblick auf die Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c und 12 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2176/84 sei die Feststellung einer Subvention und der Schädigung der Gemeinschaftsindustrie ausschlaggebend und könne nicht durch die spätere Aufhebung der Subvention aus der Welt geschafft werden. Der Begriff der Interessen der Gemeinschaft als Entscheidungskriterium könne nicht so weit gefasst werden, daß er es zulasse, das Vorliegen einer tatsächlichen Schädigung, die Beibehaltung der Subvention und die Wahrscheinlichkeit der Wiedereinführung der Subvention nach ihrer Aufhebung ausser acht zu lassen.

39 Im vorliegenden Fall hätten die bei der Untersuchung getroffenen Feststellungen gezeigt, daß der Erlaß von Schutzmaßnahmen im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2176/84 erforderlich sei, und jede andere Entscheidung wäre ermessensfehlerhaft, da die Praxis der brasilianischen Regierung in der Gewährung von kumulierten und verdeckten Subventionen bestehe, die ständig zurückgenommen und in verschiedenen Formen wiedereingeführt würden.

40 Dazu ist festzustellen, daß die Kommission den Sachverhalt, aus dem sich das Vorliegen von Subventionspraktiken und ein daraus möglicherweise für die Unternehmen der Gemeinschaft folgender Schaden ergibt, zwar in aller Objektivität festzustellen hat, daß sie aber über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, wenn es darum geht, nach Maßgabe der Interessen der Gemeinschaft zu entscheiden, ob das Verfahren gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2176/84 einzustellen ist ( vgl. Urteil vom 4. Oktober 1983, Fediol/Kommission, a. a. O.).

41 Im vorliegenden Fall war die Kommission der Ansicht, die Interessen der Gemeinschaft rechtfertigten nicht den Erlaß von Schutzmaßnahmen, da die brasilianische Regierung während des Referenzzeitraums die fraglichen Vorzugszinsen abgeschafft habe, die fast die Gesamtheit des Subventionsbetrages ausgemacht hätten, durch den die Schädigung des betroffenen Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft verursacht worden sei. Diese Beurteilung überschreitet nicht das der Kommission durch Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2176/84 eingeräumte Ermessen und kann nicht als ermessensmißbräuchlich angesehen werden.

42 Die Rügen, die Fediol im Zusammenhang mit den beiden festgestellten Subventionen vorgebracht hat, sind folglich zurückzuweisen.

43 Aus all diesen Gründen ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

44 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin.

Ende der Entscheidung

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