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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 03.02.1988
Aktenzeichen: 191/87
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 1121787 vom 23. April 1987, Verordnung Nr. 612/77 der Kommission vom 24. März 1977 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zu der besonderen Einfurhregelung für zur Mast bestimmte männliche Jungrinder, EWG-Vertrag


Vorschriften:

Verordnung Nr. 1121787 vom 23. April 1987 Art. 1 Nr. 2
Verordnung Nr. 612/77 der Kommission vom 24. März 1977 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zu der besonderen Einfurhregelung für zur Mast bestimmte männliche Jungrinder Art. 1 Abs. 3
EWG-Vertrag Art. 173 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 1 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1121/87 zur Änderung der Verordnung Nr. 612/77 ordnet im Rahmen der Regelung für die von der Abschöpfung befreite Einfuhr von zur Mast bestimmten männlichen Jungrindern einen schrittweisen Verfall der vom Importeur gestellten Sicherheit in allen Fällen an, in denen dieser den Betrieb, in dem die Tiere gemästet werden sollen, verspätet mitteilt. Diese Bestimmung gilt für objektiv umschriebene Fallgestaltungen und entfaltet Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt bezeichneten Personengruppen. Sie hat demnach allgemeine Geltung im Sinne von Artikel 189 Absatz 2 EWG-Vertrag und kann einen Importeur nicht individuell im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag betreffen.


BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES VOM 3. FEBRUAR 1988. - CO. VA. LE. COOPERATIVA VENETA ALLEVATORI EQUINI UND ANDERE TEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - ZULAESSIGKEIT. - RECHTSSACHE 191/87.

Entscheidungsgründe:

1 Die Klägerinnen, drei italienische Genossenschaften, haben mit Klageschrift, die am 18. Juni 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben auf Nichtigerklärung von Artikel 1 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1121/87 der Kommission vom 23. April 1987 ( ABl. L 109, S. 12 ), durch den Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 612/77 der Kommission vom 24. März 1977 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zu der besonderen Einfuhrregelung für zur Mast bestimmte männliche Jungrinder ( ABl. L 77, S. 18 ) geändert wurde.

2 Die Klägerinnen führten jeweils eine Anzahl zur Mast bestimmter männlicher Jungrinder ein. Um diese Rinder ohne Zahlung einer Abschöpfung einführen zu können, stellten sie die in der Verordnung Nr. 612/77 vorgesehene Sicherheit. Eine weitere Verpflichtung, von der die Verordnung die Befreiung von der Abschöpfung abhängig macht, nämlich die, den zuständigen Behörden innerhalb eines Monats nach dem Tag der Einfuhr mitzuteilen, in welchem Betrieb die Tiere gemästet werden sollen, erfuellten sie dagegen nur verspätet. Aufgrund dieser Verspätung war die Zollstelle Triest der Ansicht, daß die gestellte Sicherheit gemäß Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung Nr. 612/77 in vollem Umfang als verfallen anzusehen sei.

3 Die Klägerinnen fochten diese Entscheidungen bei dem Tribunale civile e penale Triest an. Sie machten geltend, die von der Zollstelle angewandte Bestimmung verstosse gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz, weil sie schon bei der verspäteten Erfuellung einer Nebenpflicht den vollständigen Verfall der Sicherheit vorsehe.

4 Während über diese Rechtssachen noch beraten wurde, änderte die Kommission, um dem Verhältnismässigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen, die Bestimmung über den vollständigen Verfall der Sicherheit und erließ die Bestimmung, die Gegenstand der Klage ist. Danach führt eine verspätete Mitteilung des Mastbetriebs zu einem Verfall der Sicherheit in Höhe von 15 %, der sich je Überschreitungstag um 2 % des Restbetrags erhöht.

5 Bei Anwendung der neuen Bestimmung auf die anhängigen Rechtsstreitigkeiten war das Tribunale civile e penale Triest der Auffassung, der vollständige Verfall der Sicherheit sei nicht mehr gerechtfertigt, sondern es sei nur ein nach der neuen Bestimmung berechneter Prozentsatz als verfallen anzusehen.

6 Die Klägerinnen haben erklärt, sie hätten gegen die Urteile des Tribunale civile e penale Triest keine Berufung eingelegt. Sie haben beim Gerichtshof die vorliegende Klage auf Nichtigerklärung der neuen Bestimmung erhoben. Sie tragen vor, diese Bestimmung verstosse gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz und sei ermessensmißbräuchlich, weil sie im Falle einer Verspätung über den pauschalen Verlust von 15 % der Sicherheit hinaus eine Verringerung des Restbetrags um 2 % je Überschreitungstag vorsehe.

7 Nach Ansicht der Kommission ist die Klage unbegründet. Sie hält es jedoch nicht für erforderlich, die vorgebrachten Klagegründe zu widerlegen, weil sie die Klage als offensichtlich unzulässig ansieht.

8 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof nach Artikel 92 § 2 der Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen prüfen kann, ob unverzichtbare Prozeßvoraussetzungen fehlen, und die Klage ohne mündliche Verhandlung abweisen kann, wenn nach seiner Ansicht die Akte bereits alles enthält, was für die Entscheidung erforderlich ist.

9 Sodann ist zu bemerken, daß nach Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag eine natürliche oder juristische Person gegen eine Verordnung nur dann Nichtigkeitsklage erheben kann, wenn diese Verordnung in Wirklichkeit eine Entscheidung darstellt, die den Kläger unmittelbar und individuell betrifft.

10 Dazu ist festzustellen, daß die Bestimmung der angefochtenen Verordnung den schrittweisen Verfall der Sicherheit in allen Fällen anordnet, in denen ein Importeur von zur Mast bestimmten männlichen Jungrindern den Betrieb, in dem die Tiere gemästet werden sollen, verspätet mitteilt. Diese Bestimmung gilt somit für objektiv umschriebene Fallgestaltungen und entfaltet Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt bezeichneten Personengruppen. Sie hat demnach allgemeine Geltung im Sinne von Artikel 189 Absatz 2 EWG-Vertrag und kann die Klägerinnen nicht individuell im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag betreffen.

11 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Klage als unzulässig abzuweisen ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

12 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrer Klage unterlegen sind, sind ihnen die Kosten gesamtschuldnerisch aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

nach Anhörung des Berichts des Berichterstatters,

nach Anhörung des Generalanwalts,

beschlossen :

1 ) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2 ) Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch.

Luxemburg, den 3. Februar 1988.

Ende der Entscheidung

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