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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.04.1988
Aktenzeichen: 192/87
Rechtsgebiete: EWGV 1408/71


Vorschriften:

EWGV 1408/71 Art. 69 Abs. 2
EWGV 1408/71 Art. 69 Abs. 4
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Findet ein Arbeitsloser, nachdem er einen Mitgliedstaat verlassen hat, in dem ihm der Anspruch auf Arbeitslosengeld zuerkannt wurde, in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung, ist dieser Staat derjenige, in dem zuletzt eine Beschäftigung ausgeuebt worden ist, und wird daher der zuständige Staat im Sinne des Artikels 69 der Verordnung Nr. 1408/71. Daraus folgt, daß in dem ersten Mitgliedstaat die Absätze 2 und 4 des Artikels 69, die den Leistungsanspruch des Arbeitslosen betreffen, der in den zuständigen Staat zurückkehrt, nachdem er eine Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat gesucht hat, im Falle der Rückkehr des Betroffenen nicht mehr auf ihn anwendbar sind.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 28. APRIL 1988. - MARIE-JEANNE VANHAEREN GEGEN RIJKSDIENST VOOR ARBEIDSVOORZIENING, BRUESSEL. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM ARBEIDSRECHTBANK VAN HET ARRONDISSEMENT TONGEREN LEISTUNGEN BEI ARBEITSLOSIGKEIT - ARTIKEL 69 DER VERORDNUNG NR 1408/71. - RECHTSSACHE 192/87.

Entscheidungsgründe:

1 Die Arbeidsrechtbank des Arrondissement Tongeren hat mit Urteil vom 10. März 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Juni 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung von Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu - und abwandern, in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 ( ABl. L 230, S. 6 ) kodifizierten Fassung zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Vanhären und dem Rijksdienst voor Arbeidsvoorziening ( im folgenden : Arbeitsamt ), der infolge der Weigerung des Amtes, Frau Vanhären in Belgien Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu gewähren, entstanden ist.

3 Frau Vanhären wurde in Belgien arbeitslos, wo sie bis zum 27. Juli 1983 Arbeitslosengeld erhielt. An diesem Tag ließ sie sich in der Bundesrepublik Deutschland nieder, wo sie Arbeitslosengeld nach Artikel 69 Absatz 1 der vorgenannten Verordnung Nr. 1408/71, d. h. während drei Monaten nach ihrer Abreise aus Belgien, erhielt.

4 Nachdem Frau Vanhären in der Bundesrepublik Deutschland als Arbeitnehmerin beschäftigt gewesen war, kehrte sie am 13. Mai 1986 nach Belgien zurück und beantragte dort erneut Leistungen bei Arbeitslosigkeit.

5 Das Arbeitsamt lehnte die Gewährung dieser Leistungen an Frau Vanhären ab und berief sich dabei auf Artikel 69 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1408/71, wonach dann, wenn "es sich bei dem zuständigen Staat um Belgien (( handelt )),... der Anspruch des Arbeitslosen, der nach Ablauf des in Absatz 1 Buchstabe c genannten Zeitraums von drei Monaten dorthin zurückkehrt, auf Leistungen dieses Landes erst dann wieder auf((lebt )), wenn er dort während mindestens drei Monaten eine Beschäftigung ausgeuebt hat ".

6 Die Arbeidsrechtbank Tongeren, bei der Frau Vanhären Klage erhob, hat den Gerichtshof um eine Vorabentscheidung ersucht "über die Frage, ob Artikel 69 anwendbar ist" auf eine Situation, wie die oben beschriebene.

7 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, der anwendbaren Vorschriften des Gemeinschaftsrechts und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

8 Aus dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens geht hervor, daß die Frage des vorlegenden Gerichts im wesentlichen darauf abzielt, ob in dem Mitgliedstaat, in dem einem Arbeitslosen der Anspruch auf Arbeitslosengeld zuerkannt wurde, Artikel 69 Absätze 2 und 4 der Verordnung Nr. 1408/71 auf diesen Arbeitslosen anwendbar bleibt, wenn er in diesen Staat zurückkehrt, nachdem er in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausgeuebt hat.

9 Sowohl aus der Überschrift von Titel III Kapitel 6 Abschnitt 2 als auch aus dem Inhalt von Artikel 69 Absätze 2 und 4 der Verordnung Nr. 1408/71 ergibt sich, daß die letztgenannten Bestimmungen die Ansprüche des arbeitslosen Wanderarbeitnehmers festlegen, der in den zuständigen Staat zurückkehrt, nachdem er in einem anderen Mitgliedstaat eine Arbeit gesucht hat. Die Antwort auf die gestellte Frage hängt mithin davon ab, ob der Mitgliedstaat, in den der beschäftigungslose Arbeitnehmer zurückkehrt, nachdem er in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausgeuebt hat, als "zuständiger Staat" im Sinne des Artikels 69 anzusehen ist.

10 Dazu ergibt sich aus der in Titel II Artikel 13 der Verordnung Nr. 1408/71 aufgestellten allgemeinen Regel, daß der für Sozialleistungen zuständige Staat der Beschäftigungsstaat ist.

11 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 7. März 1985 in der Rechtssache 145/84 ( Cochet, Slg. 1985, 801 ) ausgeführt hat, wird diese allgemeine Regel durch die besonderen Bestimmungen der Verordnung über die Leistungen bei Arbeitslosigkeit konkretisiert, nach denen auf diesem Gebiet der "zuständige Staat" der Staat ist, in dem zuletzt eine Beschäftigung ausgeuebt worden ist.

12 Wenn also ein Arbeitsloser in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung gefunden hat, ist dieser Staat derjenige, in dem zuletzt eine Beschäftigung ausgeuebt worden ist, und wird daher der zuständige Staat im Sinne des Artikels 69 der Verordnung Nr. 1408/71.

13 Dem vorlegenden Gericht ist daher zu antworten, daß in dem Mitgliedstaat, in dem einem Arbeitslosen der Anspruch auf Arbeitslosengeld zuerkannt wurde, Artikel 69 Absätze 2 und 4 der Verordnung Nr. 1408/71 auf diesen Arbeitslosen nicht anwendbar ist, wenn er in diesen Staat zurückkehrt, nachdem er in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausgeuebt hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

14 Die Auslagen der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Dritte Kammer )

auf die ihm von der Arbeidsrechtbank Tongeren mit Urteil vom 10. März 1987 vorgelegte Frage für Recht erkannt :

In dem Mitgliedstaat, in dem einem Arbeitslosen der Anspruch auf Arbeitslosengeld zuerkannt wurde, ist Artikel 69 Absätze 2 und 4 der Verordnung Nr. 1408/71 auf diesen Arbeitslosen nicht anwendbar, wenn er in diesen Staat zurückkehrt, nachdem er in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung ausgeuebt hat.

Ende der Entscheidung

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