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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 31.05.1988
Aktenzeichen: 211/87
Rechtsgebiete: EWG/EAGBeamtStat


Vorschriften:

EWG/EAGBeamtStat Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Anh. 7
EWG/EAGBeamtStat Art. 5 Abs. 1 Anh. 7
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Soweit Anhang VII Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Statuts in bezug auf die Gewährung der Auslandszulage von der Anwendung der Kriterien des ständigen Wohnsitzes und der hauptberuflichen Tätigkeit im Dienstland während eines Bezugszeitraums vor Dienstantritt zugunsten desjenigen Beamten eine Ausnahme macht, der aufgrund des Dienstes für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation während dieses Zeitraums dort gewohnt hat, will er erreichen, daß Personen, die zu diesem Zweck im Dienstland Wohnung genommen haben, ohne eine dauerhafte Bindung zu diesem Land zu haben, nicht benachteiligt werden.

Diese Ausnahme erfasst nicht den Fall eines Beamten, der zwar im Hoheitsgebiet des Dienstlandes bei einem anderen Staat oder einer internationalen Organisation beschäftigt gewesen ist, jedoch bereits zuvor eine dauerhafte Bindung zu diesem Land hatte, weil er dort seit langem seinen ständigen Wohnsitz hatte und seine beruflichen Tätigkeiten ausübte.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (VIERTE KAMMER) VOM 31. MAI 1988. - MIGUEL VICENTE NUNEZ GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - AUSLANDSZULAGE UND EINRICHTUNGSBEIHILFE. - RECHTSSACHE 211/87.

Entscheidungsgründe:

1 Der Kläger, Beamter der Laufbahngruppe B der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, hat mit Klageschrift, die am 9. Juli 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben auf Aufhebung der Entscheidungen der Kommission vom 16. Dezember 1986 und vom 5. Juni 1987, mit denen ihm die Auslandszulage und die Einrichtungsbeihilfe verweigert wurden bzw. die dagegen erhobene Beschwerde zurückgewiesen wurde, und auf Zahlung der Auslandszulage und der Einrichtungsbeihilfe nebst Verzugszinsen durch die Kommission.

2 Wegen weiterer Einzelheiten der Vorgeschichte des Rechtsstreits und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

3 Nach Anhang VII Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften ( nachstehend : Statut ) wird eine Auslandszulage Beamten gewährt, die die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben, nicht besitzen und nicht besessen haben und "während eines sechs Monate vor ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren" in dem europäischen Hoheitsgebiet dieses Staates weder ihre ständige hauptberufliche Tätigkeit ausgeuebt noch ihren ständigen Wohnsitz gehabt haben. Bei Anwendung dieser Vorschrift bleibt "die Lage..., die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation ergibt", unberücksichtigt.

4 Nach Anhang VII Artikel 5 Absatz 1 des Statuts hat ein Beamter, der die Voraussetzungen für die Zahlung der Auslandszulage erfuellt oder nachweist, daß er in Erfuellung der Verpflichtungen nach Artikel 20 des Statuts seinen Wohnsitz wechseln musste, Anspruch auf eine Einrichtungsbeihilfe. Nach der letztgenannten Vorschrift hat der Beamte am Ort seiner dienstlichen Verwendung oder in solcher Entfernung von diesem Ort Wohnung zu nehmen, daß er in der Ausübung seines Amtes nicht behindert ist.

5 Der Kläger macht zum einen eine Verletzung der beiden genannten Bestimmungen des Anhangs VII des Statuts geltend, zum anderen, daß die Anstellungsbehörde allgemeine Rechtsgrundsätze verkannt habe, namentlich den Gleichheitssatz und den Grundsatz, daß jede Verwaltungshandlung auf einem rechtlich zulässigen Grund beruhen müsse. Die beiden Klagegründe werden darauf gestützt, daß der Kläger die Voraussetzungen von Artikel 4 des Anhangs VII des Statuts für die Zahlung der Auslandszulage erfuelle und daß er folglich gemäß Artikel 5 dieses Anhangs Anspruch auf Einrichtungsbeihilfe habe.

6 Dazu führt der Kläger aus, daß sich der Bezugszeitraum, der bei Anwendung von Anhang VII Artikel 4 des Statuts in Betracht zu ziehen sei, vom 1. April 1981 bis zum 31. März 1986 erstrecke, weil der Kläger sechs Monate nach dem letztgenannten Zeitpunkt, nämlich am 1. Oktober 1986, seinen Dienst angetreten habe. Während dieses Bezugszeitraums habe der Kläger, der die belgische Staatsangehörigkeit nicht besitze und nicht besessen habe, im belgischen Hoheitsgebiet gewohnt und sich dort beruflich betätigt, allerdings während des gesamten Zeitraums im Dienst der Botschaft des Königreichs Spanien in Brüssel. Nach Artikel 4 dürfe diese Lage jedoch nicht berücksichtigt werden; somit sei der Kläger so zu behandeln, als habe er während des Bezugszeitraums nicht in Belgien gewohnt und gearbeitet.

7 Die Kommission weist darauf hin, daß der Kläger seit 1961 in Belgien lebe, daß er dort einen Teil seiner Schulzeit verbracht habe und dort auch die Hochschule besucht habe. Da er ununterbrochen im Dienstland gewohnt habe, habe der Kläger weder auf die Auslandszulage noch auf die Einrichtungsbeihilfe Anspruch. Die Ausnahme gemäß Anhang VII Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a letzter Satz des Statuts bewirke, daß der im Dienst des Königreichs Spanien zurückgelegte Zeitraum neutralisiert werde, das heisst nicht berücksichtigt werden könne; somit müsse der fünfjährige Bezugszeitraum vorverlegt werden, und zwar vor den Zeitraum des Dienstantritts des Klägers bei der Spanischen Botschaft.

8 Aus den Akten geht hervor, daß der Kläger von Jugend an im belgischen Hoheitsgebiet gewohnt und sich dort beruflich betätigt hat, zunächst als Direktionssekretär bei einem privaten Arbeitgeber in Brüssel, sodann, von 1976 bis zu seinem Dienstantritt bei der Kommission, als Angestellter und später Beamter bei der Spanischen Botschaft in Brüssel.

9 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes soll die Gewährung der Auslandszulage die besonderen Belastungen und Nachteile ausgleichen, die der Dienstantritt bei den Gemeinschaften mit sich bringt, falls der Beamte hierdurch zu einem Wohnsitzwechsel und zur Integration in eine neue Umgebung gezwungen wird ( siehe Urteil vom 2. Mai 1985 in der Rechtssache 246/83, De Angelis, Slg. 1985, 1253 ). Anhang VII Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Statuts ist im Hinblick auf diese Zielsetzung auszulegen.

10 Hieraus ergibt sich erstens, daß diese Vorschrift, soweit sie für die Bestimmung der Fälle, in denen eine Auslandszulage gewährt wird, auf den ständigen Wohnsitz und die hauptberufliche Tätigkeit des Beamten in dem Hoheitsgebiet des Staates, in dem er seine Tätigkeit ausübt, während eines bestimmten Bezugszeitraums abstellt, mit Hilfe dieser Anknüpfungspunkte einfache und objektive Kriterien aufstellen will, um die Situation der Beamten zu erfassen, die durch die Aufnahme ihrer Tätigkeit bei den Gemeinschaften zu einem Wohnsitzwechsel und einer Integration in eine neue Umgebung gezwungen werden.

11 Zweitens ergibt sich daraus, daß die betreffende Vorschrift, soweit sie von der Anwendung dieser Kriterien für den Fall eine Ausnahme macht, daß ein Beamter während des Bezugszeitraums im Dienstland gewohnt und im Dienst eines anderen Staates oder einer internationalen Organisation gestanden hat, erreichen will, daß Personen, die im Dienstland für eine Betätigung im Dienst eines anderen Staates oder einer internationalen Organisation Wohnung genommen haben, ohne eine dauerhafte Bindung zu diesem Land zu haben, nicht durch den Verlust der Auslandszulage benachteiligt werden.

12 Aus diesen Gründen erfasst die genannte Ausnahme einen Fall wie den vorliegenden nicht, in dem ein Beamter zwar bei der Botschaft eines anderen Staates im Hoheitsgebiet des Dienstlandes gearbeitet hat, jedoch bereits zuvor dauerhafte Bindungen zu diesem Land hatte, weil er dort seit langem seinen ständigen Wohnsitz hatte und seine beruflichen Tätigkeiten ausübte.

13 Der Auslegung, die der Kläger der im Streit stehenden Vorschrift gibt, ist somit nicht beizutreten. Der Kläger erfuellte somit nicht die Voraussetzungen für die Zahlung der Auslandszulage.

14 Hieraus ergibt sich zugleich, daß der Kläger keinen Anspruch auf Einrichtungsbeihilfe hatte, weil er nicht die Voraussetzungen für die Zahlung der Auslandszulage erfuellte und zudem nicht, wie zwischen den Parteien unstreitig, nachgewiesen hat, daß er seinen Wohnsitz wechseln musste, um pflichtgemäß am Ort seiner dienstlichen Verwendung Wohnung zu nehmen.

15 Unter diesen Umständen ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

16 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung sind der unterliegenden Partei die Kosten aufzuerlegen. Gemäß Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaft ihre Kosten selbst.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Vierte Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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