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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 06.07.1988
Aktenzeichen: 236/86
Rechtsgebiete: EGKS-Vertrag


Vorschriften:

EGKS-Vertrag Art. 33
EGKS-Vertrag Art. 66
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Ein Unternehmen ist von einer Einzelentscheidung der Kommission im Sinne des Artikels 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag betroffen, wenn einem oder mehreren Unternehmen, die mit ihm im Wettbewerb stehen, Vorteile eingeräumt werden.

Im Rahmen der Regelung über die Erzeugungs - und Lieferquoten für Stahl ist ein Unternehmen, das nur eine Gruppe von Erzeugnissen herstellt, von einer Entscheidung der Kommission betroffen, die, soweit es sich um diese Gruppe handelt, einem Konkurrenzunternehmen zusätzliche Vergleichsproduktionen und -mengen gewährt.

2. In Ermangelung einer Bekanntgabe oder Mitteilung obliegt es demjenigen, der von dem Vorliegen einer ihn betreffenden Handlung erfährt, binnen angemessener Frist ihren vollständigen Wortlaut anzufordern. Von dieser Einschränkung abgesehen, läuft die Klagefrist erst von dem Zeitpunkt an, zu dem der betroffene Dritte genaue Kenntnis vom Inhalt und von der Begründung der fraglichen Handlung erlangt, so daß er sein Klagerecht ausüben kann.

3. Artikel 13 Nr. 4 der allgemeinen Entscheidung Nr. 3485/85 verleiht der Kommission bei Zusammenschlüssen von Unternehmen, bei Trennungen von zusammengeschlossenen Unternehmen oder bei der Gründung unabhängiger Unternehmen die Befugnis, die erforderlichen Anpassungen der Vergleichsproduktionen und -mengen vorzunehmen, d. h., die Ergebnisse der vorgenommenen Berechnungen zu ändern, um in diesen Fällen neue Referenzen nach den in den Nrn. 1, 2 und 3 dieses Artikels vorgesehenen Grundregeln zu gewähren.

Weder aus dem Wortlaut der Bestimmung noch aus der Begründung der allgemeinen Entscheidung ergeben sich jedoch Kriterien für die Feststellung, unter welchen Voraussetzungen derartige Anpassungen "notwendig" sind, so daß auf den Zweck des Quotensystems abzustellen ist, der darin besteht, die durch die Stahlkrise erforderlich gewordenen Produktionsbeschränkungen möglichst angemessen auf sämtliche Unternehmen zu verteilen. Daraus folgt, daß die Anpassungen, die die Kommission nach Artikel 13 Nr. 4 vornehmen kann, nur dann als notwendig angesehen werden können, wenn die Anwendung der Grundregeln zu unangemessenen Ergebnissen führen würde. Somit findet die Gewährung von Zusatzreferenzen als Anreiz zur Schließung einer Anlage keine Rechtsgrundlage in Artikel 13 Nr. 4.

Zwar steht es der Kommission frei, in Wahrnehmung ihrer Verantwortung für das Krisenmanagement im Stahlsektor eine Politik des Anreizes zur Umstrukturierung zu verfolgen, und zwar gegebenenfalls durch Gewährung zusätzlicher Referenzen als Belohnung für die Schließung von Anlagen, mit der ein Kapazitätsabbau einhergeht. Sie darf dies jedoch nicht durch Einzelfallentscheidungen tun, die in der einschlägigen allgemeinen Entscheidung keine Rechtsgrundlage haben.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 6. JULI 1988. - DILLINGER HUETTENWERKE S. A. GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - NICHTIGKEITSKLAGE, ARTIKEL 33 EGKS-VERTRAG - STAHL - GEWAEHRUNG ZUSAETZLICHER REFERENZEN AN EIN KONKURRENZUNTERNEHMEN. - RECHTSSACHE 236/86.

Entscheidungsgründe:

1 Die Dillinger Hüttenwerke AG hat mit Klageschrift, die am 5. September 1986 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag Klage erhoben auf Aufhebung der an die British Steel Corporation ( im folgenden : BSC ) gerichteten Einzelfallentscheidung Nr. SG ( 86 ) D/3794 der Kommission vom 26. März 1986.

2 Die BSC erzeugt eine breite Palette von Stahlprodukten, insbesondere verschiedene Flachstähle der Gruppen I a, I b, I c und II der gemeinschaftlichen Stahlregelung. 1985 wurde aufgrund einer Vereinbarung zwischen der BSC und der Alpha Steel Ltd, die sich in ihrem Werk in Newport ( Wales ) auf die Herstellung von Warmbreitband der Gruppe I a spezialisiert hatte, eine neue Gesellschaft gegründet, die Newport Plant Co. Ltd, die die Anlagen in Newport übernahm und deren gesamte Aktien von der BSC erworben wurden. Dieser Zusammenschluß im Sinne des Artikels 66 EGKS-Vertrag wurde von der Kommission genehmigt. In der Folgezeit wurden die Anlagen in Newport geschlossen.

3 Der Zeitpunkt der Schließung ist zwischen den Parteien streitig. Aufgrund der von der Kommission auf Ersuchen des Gerichtshofes beigebrachten Beweise ist mangels eines Gegenbeweises durch die Klägerin davon auszugehen, daß diese Anlagen am 20. Dezember 1985 endgültig geschlossen wurden.

4 Mit der angefochtenen Entscheidung, die auf die Entscheidung Nr. 3485/85/EGKS der Kommission vom 27. November 1985 zur Verlängerung des Systems der Überwachung und der Erzeugungsquoten für bestimmte Erzeugnisse der Unternehmen der Stahlindustrie ( ABl. L 340, S. 5 ) gestützt wurde, teilte die Kommission der BSC ihre neuen Referenzen ab dem ersten Quartal 1986 mit, wobei sie ihr ausser den ursprünglichen Referenzen, über die die Alpha Steel aufgrund ihrer Produktion in dem Werk in Newport verfügte, zusätzliche Produktionsreferenzen von 345 108 t und zusätzliche Lieferreferenzen von 228 892 t gewährte. Sie teilte die zusätzlichen Referenzen entsprechend dem Verhältnis der Referenzen der BSC in den verschiedenen Erzeugnisgruppen auf sämtliche von der BSC hergestellten Flachstähle auf.

5 Die Klägerin, die ausschließlich Flachzeug der Gruppe II herstellt, hält die Erhöhungen der der BSC gewährten Referenzen für rechtswidrig, denn zum einen überstiegen diese Erhöhungen die Summe der Referenzen, über die diese Gesellschaft und die Alpha Steel für ihre Anlagen in Newport vor deren Verkauf an die BSC verfügt hätten, und zum anderen habe die Kommission der BSC Erhöhungen in Erzeugnisgruppen gewährt, für die Newport vor dem Verkauf keine Referenzen besessen habe.

6 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des rechtlichen Rahmens und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur Zulässigkeit

7 Die Kommission bestreitet nicht, daß die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung im Sinne des Artikels 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag betroffen ist, obwohl diese nicht an sie gerichtet ist.

8 In der Tat ist ein Unternehmen, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat ( namentlich in den Urteilen vom 15. Juli 1960 in den verbundenen Rechtssachen 24 und 34/58, Chambre syndicale de la sidérurgie de l' Est de la France, Slg. 1960, 591, und vom 19. September 1985 in den verbundenen Rechtssachen 172 und 226/83, Hoogovens Gröp, Slg. 1985, 2831 ), von einer Entscheidung der Kommission im Sinne dieser Bestimmung betroffen, wenn einem oder mehreren Unternehmen, die mit ihm im Wettbewerb stehen, Vorteile eingeräumt werden.

9 Nun sind die Klägerin und die BSC Stahlunternehmen, die als Erzeuger von Stahl der Gruppe II der gemeinschaftlichen Stahlregelung im Wettbewerb miteinander stehen. Folglich ist die Klägerin von der streitigen Entscheidung insoweit betroffen, als mit dieser der BSC zusätzliche Referenzen für Erzeugnisse dieser Gruppe gewährt werden.

10 Dagegen ist von Amts wegen festzustellen, daß die angefochtene Entscheidung die Klägerin, die Monörzeuger ist, insoweit nicht betreffen kann, als mit ihr der BSC zusätzliche Referenzen für Erzeugnisse anderer Gruppen gewährt werden.

11 Ferner macht die Kommission geltend, die Klage müsse als unzulässig abgewiesen werden, da sie nach Ablauf der in Artikel 33 Absatz 3 EGKS-Vertrag festgesetzten Frist von einem Monat erhoben worden sei. In Ermangelung der Bekanntgabe oder Mitteilung der angefochtenen Handlung laufe diese Frist - wie in Artikel 173 Absatz 3 EWG-Vertrag vorgesehen - von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt habe. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin vom wesentlichen Inhalt der angefochtenen Entscheidung Kenntnis erlangt, insbesondere durch ein Schreiben der Europäischen Wirtschaftsvereinigung Eisen - und Stahlindustrie ( Eurofer ) vom 14. Mai 1986.

12 Die Klägerin führt dagegen aus, sie habe erst durch die Klagebeantwortung der Kommission Kenntnis vom exakten Wortlaut und von der Begründung der Entscheidung erlangt. Mangels Veröffentlichung oder Zustellung könne die Klagefrist erst von dem Zeitpunkt an laufen, zu dem der Kläger von der Handlung genaue Kenntnis erlangt habe.

13 Dazu ist zunächst festzustellen, daß sich zwar nachträglich herausgestellt hat, daß das Schreiben von Eurofer vom 14. Mai 1986 einen genauen Überblick über den wesentlichen Inhalt der angefochtenen Entscheidung gab, daß die Klägerin jedoch nicht wissen konnte, daß dies der Fall war, und daß sie somit insbesondere keine Gewißheit über die Begründung der Entscheidung haben konnte. Ferner lehnte es die Kommission, wie die Klägerin von dieser unwidersprochen vorgetragen hat, in ihrer Antwort auf ein Ersuchen von Eurofer vom 9. Juni 1986 um genauere Informationen über die streitige Entscheidung ab, diese zu übermitteln, und beschränkte sich darauf, ihre Rechtsgrundlage zu bestätigen und auf diese zu verweisen.

14 Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu Artikel 173 Absatz 3 EWG-Vertrag ( Urteile vom 5. März 1980 in der Rechtssache 76/79, Könecke, Slg. 1980, 665, und vom 5. März 1986 in der Rechtssache 59/84, Tezi Textiel, Slg. 1986, 887 ) ergibt sich, daß es in Ermangelung einer Bekanntgabe oder Mitteilung demjenigen, der von dem Vorliegen einer ihn betreffenden Handlung erfährt, obliegt, binnen angemessener Frist ihren vollständigen Wortlaut anzufordern; von dieser Einschränkung abgesehen, kann jedoch die Klagefrist erst von dem Zeitpunkt an zu laufen beginnen, zu dem der betroffene Dritte genaue Kenntnis vom Inhalt und von der Begründung der fraglichen Handlung erlangt, so daß er sein Klagerecht ausüben kann.

15 Im vorliegenden Fall verlangte Eurofer, eine Vereinigung, der die Klägerin angehört, unverzueglich zusätzliche Informationen über die streitige Entscheidung; diese wurden ihr von der Kommission verweigert, so daß die Klägerin gezwungen war, die Entscheidung anzufechten, ohne sicher sein zu können, daß sie sie in allen wesentlichen Punkten kannte.

16 Unter diesen Umständen kann dem Vorbringen der Kommission nicht gefolgt werden.

17 Mithin ist die Klage insoweit zulässig, als mit ihr die Aufhebung der an die BSC gerichteten Entscheidung, soweit mit dieser der BSC zusätzliche Produktions - und Lieferreferenzen für die Erzeugnisse der Gruppe II gewährt werden, begehrt wird.

Zur Begründetheit

18 Die Klägerin führt zur Begründung ihrer Klage erstens aus, es fehle an einer Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung. Sie vertritt die Auffassung, daß Artikel 13 der allgemeinen Entscheidung Nr. 3485/85/EGKS der Kommission nicht die Befugnis verleihe, der BSC die streitigen zusätzlichen Referenzen zu gewähren.

19 Artikel 13 enthält die allgemeinen Regeln für die Bestimmung der Vergleichsproduktionen und -mengen der Unternehmen der Stahlindustrie bei einem Zusammenschluß ( Nr. 1 ), bei einer Trennung ( Nr. 2 ) oder bei der Gründung neuer unabhängiger Unternehmen durch Unternehmen, die ihnen Anlagen zuteilen, die vorher Bestandteil ihres eigenen Produktionsapparats waren ( Nr. 3 ). Weiter heisst es in Nr. 4 :

"Die Kommission nimmt die etwa notwendigen Anpassungen gegebenenfalls aufgrund der Stellungnahme einer Sachverständigengruppe vor."

20 Die Kommission stützte die Gewährung der streitigen zusätzlichen Referenzen an die BSC auf diese letzte Bestimmung. Sie vertritt den Standpunkt, daß Artikel 13 Nr. 4 ihr die Befugnis verleihe, durch die Gewährung zusätzlicher Referenzen die Unternehmen zu belohnen, die einen Zusammenschluß in Verbindung mit der Schließung von Anlagen vornähmen, und daß die Vorschrift es ihr auf diese Weise erlaube, eine Politik des Anreizes zum Abbau von Produktionskapazitäten zum Zweck der Restrukturierung des Stahlsektors zu verfolgen.

21 Zur Prüfung der Frage, ob diese Auslegung, was die Klägerin bestreitet, zutrifft, ist Artikel 13 Nr. 4 in einen Zusammenhang mit Artikel 13 Nrn. 1 bis 3 zu stellen; ferner sind dabei die Vorläufer dieser Bestimmung in den allgemeinen Entscheidungen über das System der Überwachung und der Erzeugungsquoten für bestimmte Erzeugnisse der Unternehmen der Stahlindustrie für die vorhergehenden Jahre zu berücksichtigen.

22 Die Befugnis der Kommission, die "notwendigen Anpassungen" vorzunehmen, war in Artikel 13 Nrn. 2 und 3 der allgemeinen Entscheidungen für die Jahre 1982, 1983 und 1984 ( Nr. 1696/82/EGKS vom 30. Juni 1982, ABl. L 191, S. 1; Nr. 2177/83/EGKS vom 28. Juli 1983, ABl. L 208, S. 1; Nr. 234/84/EGKS vom 31. Januar 1984, ABl. L 29, S. 1 ) nur für die Fälle der Trennung und der Gründung unabhängiger Unternehmen vorgesehen.

23 Die Kommission führte in Nr. 8 der Begründungserwägungen der allgemeinen Entscheidung Nr. 3485/85/EGKS folgendes aus :

"Es empfiehlt sich, diese Möglichkeit auf Zusammenschlüsse auszudehnen, vor allem, wenn diese zu Stillegungen von Warmwalzanlagen führen, die einen ausserordentlichen Beitrag zur Kapazitätsreduzierung leisten, der weder durch Kapazitätserhöhungen kompensiert wird noch als Gegenleistung für Beihilfen anzusehen ist."

24 Aus Wortlaut und Aufbau des Artikels 13 dieser allgemeinen Entscheidung und aus Nr. 8 der Begründungserwägungen ergibt sich, daß die neue Nummer 4 sich auf die Fälle des Zusammenschlusses, der Trennung und der Gründung von Unternehmen bezieht, die in den Nummern 1, 2 und 3 desselben Artikels behandelt werden. Die Befugnis der Kommission, bei einem Zusammenschluß die notwendigen Anpassungen vorzunehmen, ist somit dieselbe wie die, die ihr im Fall der Trennung oder der Gründung unabhängiger Unternehmen zusteht.

25 Für diese drei in Artikel 13 behandelten Fälle enthalten die Nummern 1, 2 und 3 genaue Regeln über die Gewährung neuer Referenzen. Aus dem Aufbau des Artikels 13 ergibt sich, daß es sich bei den "Anpassungen" im Sinne von Nr. 4 um Änderungen des Ergebnisses der Berechnungen handelt, die in den vorhergehenden Nummern, die die Grundregeln darstellen, vorgesehen sind.

26 Weder aus dem Wortlaut der Bestimmung noch aus der Begründung der allgemeinen Entscheidung ergeben sich Kriterien für die Feststellung, unter welchen Voraussetzungen derartige Anpassungen "notwendig" sind. Deshalb ist auf den Zweck des Quotensystems abzustellen, der nach Artikel 58 § 2 EGKS-Vertrag darin besteht, die durch die Stahlkrise erforderlich gewordenen Produktionsbeschränkungen möglichst angemessen auf sämtliche Unternehmen zu verteilen.

27 Daraus folgt, daß die Anpassungen, die die Kommission nach Artikel 13 Nr. 4 vornehmen kann, nur dann als notwendig angesehen werden können, wenn die Anwendung der Grundregeln zu unangemessenen Ergebnissen führen würde.

28 Bei der Prüfung der Frage, ob dies der Fall ist, verfügt die Kommission, die gegebenenfalls eine Sachverständigengruppe konsultieren kann, über einen weiten Spielraum der Würdigung der besonderen Umstände jedes Zusammenschlusses, jeder Trennung und jeder Gründung unabhängiger Unternehmen. Sie kann insbesondere berücksichtigen, daß ein Zusammenschluß wie im vorliegenden Fall zu Stillegungen von Anlagen führt. In Nr. 8 der Begründungserwägungen der Entscheidung Nr. 3485/85/EGKS wird hierauf zu Recht hingewiesen.

29 Nach den Akten gewährte die Kommission im vorliegenden Fall der BSC die streitigen zusätzlichen Referenzen, um sie für die Umstrukturierungsbemühung der Schließung der Anlagen in Newport zu belohnen, die einen bedeutenden Kapazitätsabbau darstellte und nach dem Vorbringen der Kommission ohne diesen Anreiz nicht vorgenommen worden wäre. Aus dem Vorstehenden folgt jedoch, daß ein solcher Anreiz über die in Artikel 13 Nr. 4 vorgesehenen "notwendigen Anpassungen" hinausgeht.

30 Dieses Ergebnis wird durch einen Vergleich zwischen dem Aufbau der allgemeinen Entscheidung Nr. 3485/85/EGKS und dem der entsprechenden allgemeinen Entscheidungen für die vorhergehenden Jahre bestätigt. Die allgemeinen Entscheidungen für die Jahre 1983 und 1984 enthielten nämlich einen Artikel 14 b bzw. 14 B, der der Kommission die Befugnis verlieh, einem Unternehmen im Rahmen eines von ihr gebilligten Umstrukturierungsplans unter Beachtung bestimmter in diesem Artikel aufgeführter Bedingungen zusätzliche Quoten zu gewähren. Nach den Akten hatte die Kommission ursprünglich beabsichtigt, dieses Instrument des Anreizes zur Umstrukturierung von Unternehmen in der allgemeinen Entscheidung zur Verlängerung des Systems für das Jahr 1985 zu verstärken. Sie verzichtete jedoch wegen des Widerstandes, auf den sie insoweit im Rat stieß, auf dieses Vorhaben.

31 Deshalb kann Artikel 13 Nr. 4 der Entscheidung Nr. 3485/85 nicht dahin ausgelegt werden, daß er der Kommission allein für den Fall des Zusammenschlusses die Befugnis verleiht, zusätzliche Referenzen zu gewähren, um zur Schließung von Anlagen, mit der ein Kapazitätsabbau einhergeht, anzuspornen, obwohl sie selbst darauf verzichtet hat, sich eine besondere Rechtsgrundlage zu verschaffen, die ihr diese Befugnis in allgemeiner Form verliehen hätte.

32 Zwar steht es der Kommission frei, in Wahrnehmung ihrer Verantwortung für das Krisenmanagement im Stahlsektor eine Politik des Anreizes zur Umstrukturierung zu verfolgen, und zwar gegebenenfalls durch Gewährung zusätzlicher Referenzen als Belohnung für die Schließung von Anlagen, mit der ein Kapazitätsabbau einhergeht. Sie darf dies jedoch nicht durch Einzelfallentscheidungen tun, die in der einschlägigen allgemeinen Entscheidung keine Rechtsgrundlage haben.

33 Nach alledem ist die streitige Entscheidung, ohne daß die übrigen Klagegründe geprüft zu werden brauchten, aufzuheben, jedoch wegen der teilweisen Unzulässigkeit der Klage nur insoweit, als mit ihr der BSC zusätzliche Referenzen für die Erzeugnisse der Gruppe II gewährt werden.

Kostenentscheidung:

Kosten

34 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung hat die unterliegende Partei die Kosten zu tragen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Sechste Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die an die British Steel Corporation gerichtete Entscheidung Nr. SG ( 86 ) D/3794 der Kommission vom 26. März 1986 wird insoweit aufgehoben, als mit ihr der British Steel Corporation zusätzliche Produktionsreferenzen ( 161 500 t ) und Lieferreferenzen ( 128 100 t ) für die Erzeugnisgruppe II gewährt werden.

2 ) Im übrigen wird die Klage als unzulässig abgewiesen.

3 ) Die Kommission trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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