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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 05.10.1988
Aktenzeichen: 260/85
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 2176/84, Verordnung Nr. 1698/85


Vorschriften:

Verordnung Nr. 2176/84 Art. 2
Verordnung Nr. 2176/84 Art. 2 Abs. 3 Buchst. b Ziffer ii
Verordnung Nr. 2176/84 Art. 4
Verordnung Nr. 2176/84 Art. 13
Verordnung Nr. 1698/85
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Greifen die Gemeinschaftsorgane bei der Festsetzung von Antidumpingzöllen zur Feststellung des Normalwerts auf den rechnerisch ermittelten Wert zurück, so können sie als angemessene Gewinnspanne die Gewinnspanne zugrunde legen, die von Mitbewerbern des Dumping betreibenden Herstellers für gleichartige Waren auf dem Inlandsmarkt des Produktionslandes erzielt wurde, ohne daß ihnen entgegengehalten werden kann, daß es sich um Daten handelt, die der betroffene Hersteller nicht kennt und deren Richtigkeit er nicht nachzuprüfen vermag, weil die im Zuge der Untersuchung eingeholten, unter das Geschäftsgeheimnis fallenden Informationen vertraulich zu behandeln sind.

Im Rahmen der mit der Verordnung Nr. 2176/84 getroffenen Regelung ist nämlich häufig die Bezugnahme auf Daten, die der betroffene Hersteller nicht kennt, notwendig, wenn es nicht möglich ist, auf die tatsächlichen Preise abzustellen; das sich hieraus ergebende Maß an Unvorhersehbarkeit muß hingenommen werden.

2. Greifen die Gemeinschaftsorgane bei der Festsetzung von Antidumpingzöllen zur Feststellung des Normalwerts auf den rechnerisch ermittelten Wert zurück, so können sie sich zur Berechnung eines angemessenen Betrags für die in die Produktionskosten eingehenden Vertriebs -, Verwaltungs - und anderen Gemeinkosten im Rahmen ihres Ermessens und in Ermangelung eines Beweises für die Unrichtigkeit dieser Methode auf die Ausgaben stützen, die bei einer mit dem betroffenen Hersteller geschäftlich verbundenen Gesellschaft anfallen, die andere als die gedumpten Erzeugnisse verkauft, wenn der Hersteller seine Erzeugnisse auf dem Inlandsmarkt über diese Gesellschaft absetzt, die er wirtschaftlich kontrolliert und mit Aufgaben betraut, die normalerweise in die Zuständigkeit einer betriebsinternen Vertriebsabteilung fallen.

Daß Produktions - und Verkaufstätigkeit innerhalb eines aus rechtlich selbständigen Gesellschaften bestehenden Konzerns aufgeteilt sind, kann nämlich nichts daran ändern, daß es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, die auf diese Weise eine Gesamtheit von Tätigkeiten ausübt, die in anderen Fällen von einem auch rechtlich eine Einheit darstellenden Gebilde ausgeuebt werden. Im übrigen gestattet es nur die vorgenannte Methode, indem sie auf den ersten Verkauf an einen unabhängigen Käufer abstellt, bei einer derartigen Produktions - und Vertriebsstruktur den Normalwert auf der Handelsstufe "ab Werk" zu ermitteln.

Daß der Alleinvertriebshändler nicht die gedumpten Erzeugnisse verkauft, ist unerheblich, da der Normalwert dieser Erzeugnisse rechnerisch so ermittelt werden muß, als würden sie auf dem Inlandsmarkt vertrieben.

3. Bei der Festsetzung von Antidumpingzöllen gibt es, was die Feststellung der Dumpingspanne angeht, drei Reihen unterschiedlicher Vorschriften, von denen jede gesondert zu beachten ist und die jeweils die Feststellung des Normalwerts, die Ermittlung des Ausfuhrpreises und den Vergleich zwischen beiden betreffen.

4. Ein Hersteller, dem Antidumpingzölle auferlegt wurden, kann sich gegen diese nicht mit der Begründung wehren, sie seien unter Zugrundelegung einer zu hoch bemessenen Dumpingspanne festgesetzt worden, wenn der Zollsatz in Höhe des Schadens festgesetzt wurde und dieser sowohl unter der fälschlich zugrunde gelegten als auch unter der tatsächlichen Dumpingspanne liegt.

5. Bei der Festsetzung von Antidumpingzöllen können die Gemeinschaftsorgane den der Gemeinschaftsindustrie entstandenen Schaden auf der Grundlage eines Vergleichs zwischen den Preisen der eingeführten Erzeugnisse einerseits und den Preisen gleichartiger Gemeinschaftserzeugnisse - und zwar nicht in ihrer tatsächlichen Höhe, sondern in der Höhe, die sie ohne Dumping erreicht hätten - andererseits feststellen, wenn die Preise der Gemeinschaftserzeugnisse im Vergleichszeitpunkt bereits lange Zeit gerade wegen des Dumpings unter Druck gestanden hatten und gesenkt worden waren.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (FUENFTE KAMMER) VOM 5. OKTOBER 1988. - TOKYO ELECTRIC CO. LTD. (TEC) UND ANDERE GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - ANTIDUMPINGZOELLE AUF ELEKTRONISCHE SCHREIBMASCHINEN. - VERBUNDENE RECHTSSACHE 260/85 UND 106/86.

Entscheidungsgründe:

1 Die Tokyo Electric Company Ltd ( TEC ), Tokio ( Japan ), und ihre europäischen Tochtergesellschaften TEC Belgium SA, TEC Elektronik GmbH, TEC Europe Company Ltd und TEC France SA haben mit Klageschrift, die am 20. August 1985 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1698/85 des Rates vom 19. Juni 1985 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren von elektronischen Schreibmaschinen mit Ursprung in Japan ( ABl. L 163, S. 1 ), soweit diese Verordnung sie betrifft ( Rechtssache 260/85 ).

2 Die Tokyo Electric Company Ltd ( TEC ) befasst sich unter anderem mit der Herstellung und dem Verkauf von elektronischen Schreibmaschinen ( nachstehend : "ESM "). Diese Erzeugung ist ausschließlich für den Export bestimmt und wird in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft entweder über 100%ige Tochtergesellschaften der Firma oder über unabhängige Händler vertrieben. Ein bedeutender Teil der Ausfuhren von Tokyo Electric nach der Gemeinschaft bestand auch in Form von "ÖM (( Original Equipment Manufacturers))-Verkäufen", d. h. von Verkäufen an europäische Hersteller wie die UTAX GmbH in Deutschland, die die ESM anschließend unter ihrer eigenen Marke in den Verkehr bringen. 1984 erhob das Committee of European Typewriter Manufacturers ( CETMA; Verband europäischer Schreibmaschinenhersteller ) bei der Kommission eine Beschwerde, in der Tokyo Electric vorgeworfen wurde, ihre Erzeugnisse in der Gemeinschaft zu Dumpingpreisen zu verkaufen.

3 Das von der Kommission aufgrund der Verordnung Nr. 2176/84 des Rates vom 23. Juli 1984 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern ( ABl. L 201, S. 1 ) eingeleitete Antidumpingverfahren führte zunächst dazu, daß gegen die Tokyo Electric Company Ltd ( TEC ) ein vorläufiger Antidumpingzoll in Höhe von 6,9 % festgesetzt wurde. Auf Vorschlag der Kommission setzte dann der Rat mit seiner Verordnung Nr. 1698/85, die von Tokyo Electric und ihren europäischen Tochtergesellschaften im Klagewege angefochten wird, einen endgültigen Antidumpingzoll in Höhe von 21 % fest.

4 Mit am 22. August 1985 eingegangenem Schriftsatz haben die Klägerinnen beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung den Vollzug der Verordnung Nr. 1698/85 ihnen gegenüber bis zum Erlaß des Endurteils des Gerichtshofes auszusetzen. Mit Beschluß vom 18. Oktober 1985 hat der Präsident des Gerichtshofes den Antrag zurückgewiesen und die Entscheidung über die Kosten vorbehalten.

5 Mit Klageschrift, die am 5. Mai 1986 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat die Tokyo Electric Company Ltd ( TEC ) gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 113/86 des Rates vom 20. Januar 1986 zur Änderung der Verordnung Nr. 1698/85 des Rates vom 19. Juni 1985 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren von elektronischen Schreibmaschinen mit Ursprung in Japan ( ABl. L 17, S. 2 ), soweit diese Verordnung auf die Klägerin anwendbar ist ( Rechtssache 106/86 ).

6 Durch Beschluß vom 11. März 1987 sind die Rechtssachen 260/85 und 106/86 zu gemeinsamem Verfahren und gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

7 Die Kommission und das CETMA sind in beiden Rechtssachen als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Beklagten zugelassen worden. Die UTAX GmbH ist als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen zugelassen worden.

8 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Parteien wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

9 Vorab ist darauf hinzuweisen, daß - wie die Tokyo Electric Company Ltd ( TEC ) selbst klarstellt - die am 5. Mai 1986 erhobene Klage keine neuen Rügen vorbringt, sondern der Klägerin lediglich Gewißheit darüber verschaffen soll, daß sich die Nachprüfung durch den Gerichtshof sowohl auf die Verordnung Nr. 1698/85 zur Einführung des endgültigen Antidumpingzolls als auch auf die Verordnung Nr. 113/86 erstreckt, mit der der in der Verordnung Nr. 1698/85 festgesetzte Zollsatz geändert und damit ein Irrtum berichtigt wurde, der darauf zurückzuführen war, daß in Singapur hergestellte ESM bei der Berechnung des der Gemeinschaftsindustrie entstandenen Schadens zu Unrecht als Erzeugnisse der Gemeinschaft angesehen worden waren.

10 Die - im folgenden zusammenfassend als "TEC" bezeichneten -ö - Klägerinnen erheben folgende vier Rügen :

- die für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts zugrunde gelegte Gewinnspanne sei zu hoch;

- In den rechnerisch ermittelten Normalwert seien die Vertriebskosten einbezogen worden;

- Bei der Berechnung der TEC France zugeordneten Kosten sei ein Irrtum unterlaufen;

- Bei der Feststellung des der Gemeinschaftsindustrie entstandenen Schadens seien Irrtümer unterlaufen.

Zur Rüge, die für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts zugrunde gelegte Gewinnspanne sei zu hoch

11 Gemäß Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe b Ziffer ii der vorerwähnten Verordnung Nr. 2176/84 gilt als Normalwert "der rechnerisch ermittelte Wert, berechnet durch Addition der Produktionskosten und einer angemessenen Gewinnspanne", wenn keine im Verhältnis zu dem betroffenen Erzeugnis gleichartige Ware auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhr - oder Ursprungslandes im normalen Handelsverkehr verkauft wird oder wenn solche Verkäufe keinen zuverlässigen Vergleich zulassen. In diesem Artikel heisst es weiterhin : "Im allgemeinen darf der Gewinnaufschlag, sofern ein Gewinn üblicherweise bei Verkäufen von Waren der gleichen Art auf dem Inlandsmarkt des Ursprungslandes erzielt wird, diesen normalen Gewinn nicht übersteigen. In den anderen Fällen wird der Aufschlag auf angemessener Grundlage im Licht der verfügbaren Informationen bestimmt."

12 Nach Ansicht von TEC haben die Gemeinschaftsorgane bei der Berechnung der "angemessenen Gewinnspanne", die für die Ermittlung des rechnerischen Normalwerts ihrer ESM zugrunde zu legen war, die Verordnung Nr. 2176/84 unrichtig angewendet.

Sie stützt diese Rüge auf folgende Gründe :

- Die von den Gemeinschaftsbehörden angesetzte Gewinnspanne sei zu hoch, um als "angemessene Gewinnspanne" oder "normaler Gewinn" angesehen werden zu können.

- Diese Spanne entspreche nicht dem "üblicherweise bei Verkäufen von Waren der gleichen Art auf dem Inlandsmarkt des Ursprungslandes (( erzielten Gewinn ))" im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 2176/84; diese Waren seien vorliegend die Erzeugnisse des japanischen Büroausstattungssektors in ihrer Gesamtheit.

- Die für die Festsetzung dieser Spanne verwendete Methode verletze den Grundsatz der Rechtssicherheit.

- Die Zugrundelegung dieser Spanne sei diskriminierend, weil eine sich in der gleichen Lage befindende andere Gesellschaft unterschiedlich behandelt worden sei.

- Die Spanne sei auf der Grundlage von Daten errechnet worden, auf die sich die Gemeinschaftsorgane nicht berufen dürften, weil sie den Betroffenen nicht mitgeteilt worden seien.

13 Was das erste Argument betrifft, so steht Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe b Ziffer ii der Verordnung Nr. 2176/84 der Annahme nicht entgegen, daß die Gemeinschaftsorgane kraft ihrer Ermessensbefugnis die zugrunde gelegte Gewinnspanne als angemessen ansehen konnten. In der Tat hat TEC nicht dargetan, daß die in Rede stehende Gewinnspanne im normalen Handelsverkehr nicht erzielt worden sei.

14 Was das zweite Argument angeht, so steht fest, daß unter "gleichartiger Ware" im Sinne von Artikel 2 Absätze 2 und 12 der Verordnung Nr. 2176/84 eine Ware zu verstehen ist, die die gleichen Merkmale aufweist; als "Waren der gleichen Art" im Sinne des vorerwähnten Absatzes 3 müssen vorliegend also zur Kategorie der ESM gehörende Waren gelten, die als einzige im Verhältnis zueinander hinreichend homogen sind, um verläßliche Hinweise zu liefern, während unter dem Stichwort "Büroinformatik" höchst verschiedenartige Erzeugnisse zusammengefasst werden, von denen jedes aufgrund seiner besonderen Verwendungszwecke und seines spezifischen Abnehmerkreises einen Gewinn in anderer Höhe abwerfen kann. Die Gemeinschaftsorgane haben daher keinen Irrtum begangen, als sie den normalen Gewinn auf der Grundlage der Angaben zu den anderen, von anderen japanischen Herstellern verkauften ESM-Modellen ermittelten.

15 Entgegen der von TEC zum dritten Punkt vertretenen Auffassung, wonach die von den Gemeinschaftsorganen verwendete Methode zu unvorhersehbaren Ergebnissen führe, da der betroffene Hersteller die Gewinnspannen seiner Mitbewerber nicht kennen könne, ist zu bemerken, daß im Rahmen der mit der Verordnung Nr. 2176/84 getroffenen Regelung die Bezugnahme auf Daten, die der betroffene Hersteller nicht kennt, häufig notwendig ist, wenn es wie vorliegend nicht möglich ist, auf die tatsächlichen Preise zurückzugreifen; bei derartigen Geschäften muß ein gewisses Maß an Unvorhersehbarkeit hingenommen werden.

16 Könnte der Normalwert bei den nicht auf dem Inlandsmarkt tätigen Erzeugern nur auf der Grundlage eines hypothetischen Gewinns rechnerisch ermittelt werden, so bestuende die Gefahr einer Diskriminierung der anderen Hersteller, bei denen die auf die Modelle, die sie in Japan verkaufen, erzielte Gewinnspanne für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts der übrigen Modelle herangezogen wird. Eine Lösung wie die von den Gemeinschaftsorganen gewählte, die es gestattet, die Rechtssicherheit in den Grenzen des Möglichen zu wahren, ohne deshalb die Gleichbehandlung preiszugeben, steht daher im Einklang mit dem System der Verordnung Nr. 2176/84.

17 Nach der Auffassung, die TEC zum vierten Punkt vertritt, ist die bei ihr zugrunde gelegte Gewinnspanne diskriminierend, da sie viel höher sei als die in der Entscheidung 86/34 vom 12. Februar 1986 ( ABl. L 40, S. 29 ) für die Firma Nakajima, die sich in absolut gleichartiger Lage befunden habe, festgestellte Spanne.

18 Hierzu ist festzustellen, daß die Herausnahme von Nakajima aus dem Kreis der einem endgültigen Antidumpingzoll unterworfenen Firmen auf der vorerwähnten Entscheidung 86/34 beruht, so daß eine Diskriminierung zugunsten von Nakajima, selbst wenn sie nachgewiesen wäre, nicht zur Nichtigerklärung der Verordnung führen kann, durch die TEC ein endgültiger Antidumpingzoll auferlegt wurde, da diese aufgrund von Feststellungen erlassen wurde, die im Laufe des Antidumpingverfahrens in korrekter Weise und im Einklang mit den Vorschriften der Verordnung Nr. 2176/84 getroffen worden waren.

19 Schließlich beanstandet TEC, daß die Gemeinschaftsorgane die Gewinnspanne unter anderem auf der Grundlage von Informationen errechnet hätten, die der Klägerin nicht mitgeteilt worden seien.

20 Dieses Vorbringen ist nicht begründet, da die Informationen, über deren Nichtmitteilung sich die Klägerin beschwert, vertraulich sind und ihr nur unter Verletzung des Geschäftsgeheimnisses hätten zugänglich gemacht werden können.

21 Nach alledem ist die Rüge der Zugrundelegung einer zu hohen Gewinnspanne zurückzuweisen.

Zur Rüge der Einbeziehung der Vertriebskosten in den rechnerisch ermittelten Normalwert

22 TEC macht geltend, die Gemeinschaftsorgane hätten die Verordnung Nr. 2176/84 unrichtig angewendet, indem sie in die Produktionskosten der Erzeugnisse der Firma einen Betrag für Vertriebskosten einbezogen hätten, die auf einer der Stufe ab Werk zeitlich nachfolgenden Handelsstufe angefallen seien und den Verkauf von anderen als den in Rede stehenden Erzeugnissen beträfen.

23 Die von den Organen verwendete Methode sei zunächst einmal mit einem Irrtum behaftet, da der rechnerisch ermittelte Wert in Wirklichkeit nicht dazu bestimmt sei, einen Normalwert zu ermitteln, als ob Verkäufe auf dem Inlandsmarkt stattgefunden hätten.

24 Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß die rechnerische Ermittlung des Normalwerts nach dem System der Verordnung Nr. 2176/84 dazu dient, den Verkaufspreis eines Erzeugnisses zu bestimmen, so wie er wäre, wenn dieses Erzeugnis in seinem Ursprungs - oder Ausfuhrland verkauft würde. Infolgedessen sind die Kosten in Betracht zu ziehen, die bei Verkäufen auf dem Inlandsmarkt anfallen.

25 TEC macht weiterhin geltend, die Gemeinschaftsorgane hätten in die Produktionskosten der Firma unter Verstoß gegen Artikel 2 Absätze 9, 10 und 11 der Verordnung Nr. 2176/84 einen Betrag für Vertriebs -, Verwaltungs - und andere Gemeinkosten ( nachstehend : VVG-Kosten ) einbezogen, die bei TEC Electronics angefallen seien, einer Tochtergesellschaft, die in Japan andere Erzeugnisse als ESM vertreibe.

26 Hierzu ist festzustellen, daß TEC, wie aus den zu den Akten gegebenen Unterlagen hervorgeht, ihre Erzeugnisse auf dem Inlandsmarkt über eine Vertriebsgesellschaft absetzt, die sie wirtschaftlich kontrolliert und mit Aufgaben betraut, die normalerweise in die Zuständigkeit einer betriebsinternen Vertriebsabteilung des Herstellers fallen.

27 Auch wenn TEC keine ESM in Japan verkauft und der mit ihr verbundene japanische Alleinvertriebshändler sich ausschließlich mit dem Vertrieb anderer Erzeugnisse befasst, muß für die Zwecke der Antidumpinguntersuchung der Normalwert ihrer ESM so ermittelt werden, als ob diese auf dem Inlandsmarkt verkauft würden.

28 Daß Produktions - und Verkaufstätigkeit innerhalb eines aus rechtlich selbständigen Gesellschaften bestehenden Konzerns aufgeteilt sind, kann nichts daran ändern, daß es sich um eine wirtschaftliche Einheit handelt, die auf diese Weise eine Gesamtheit von Tätigkeiten ausübt, die in anderen Fällen von einem auch rechtlich eine Einheit darstellenden Gebilde ausgeuebt werden.

29 Es wäre aber diskriminierend, würden Kosten, die notwendigerweise in den Verkaufspreis eines Erzeugnisses einzubeziehen sind, wenn der Verkauf durch eine Vertriebsabteilung innerhalb der Organisation des Herstellers erfolgt, dann nicht mehr einbezogen, wenn dieses Erzeugnis durch eine rechtlich selbständige, wenn auch wirtschaftlich vom Hersteller kontrollierte Gesellschaft vertrieben wird.

30 Die vorstehenden Überlegungen führen dazu, auch das Vorbringen von TEC zu verwerfen, die von den Gemeinschaftsorganen verwendete Methode verstosse gegen Artikel 2 Absatz 9 der Verordnung Nr. 2176/84, wonach der Vergleich zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis "in der Regel auf gleicher Handelsstufe, vorzugsweise der Stufe ab Werk,... durchzuführen (( ist ))". Gerade dadurch, daß auf den ersten Verkauf an einen unabhängigen Käufer abgestellt wird, ist es in Wirklichkeit möglich, den Normalwert auf der Stufe ab Werk korrekt zu errechnen, wenn man es mit einer Produktions - und Vertriebsstruktur zu tun hat wie derjenigen, für die sich Tokyo Electric Company Ltd bei den von ihr auf dem japanischen Markt verkauften Erzeugnissen entschieden hat.

31 Was das Vorbringen betrifft, die VVG-Kosten müssten bei der rechnerischen Ermittlung sowohl des Normalwerts als auch des Ausfuhrpreises in gleicher Weise behandelt werden, so genügt der Hinweis darauf, daß der Gerichtshof dieser Auffassung in seinen Urteilen vom 7. Mai 1987 in den Rechtssachen 240/84, 255/84, 256/84, 258/84 und 260/84 (" Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Kugellagern"; Slg. 1987, 1809, 1861, 1899, 1923, 1975 ) eindeutig entgegengetreten ist, in denen er festgestellt hat, daß es drei Reihen unterschiedlicher Vorschriften gibt, von denen jede gesondert zu beachten ist und die jeweils die Feststellung des Normalwerts, die Ermittlung des Ausfuhrpreises und den Vergleich zwischen beiden betreffen.

32 TEC macht ferner geltend, die VVG-Kosten von TEC Electronics könnten bei der rechnerischen Ermittlung des Wertes der von TEC hergestellten ESM nicht verwertet werden, da sie bei anderen Erzeugnissen als ESM angefallen seien.

33 Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe b Ziffer ii, wonach bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts ein "angemessener Betrag" für VVG-Kosten zugrunde zu legen ist, räumt den Gemeinschaftsorganen ein Ermessen bei der Ermittlung dieses Betrages ein. Eine Auslegung, der zufolge die VVG-Kosten nicht unter Rückgriff auf die bei einer angeschlossenen Gesellschaft, die andere Erzeugnisse als ESM verkauft, angefallenen Ausgaben festgesetzt werden könnten, würde die Organe jedes Anknüpfungspunktes hinsichtlich des Betrages dieser Ausgaben berauben. TEC hat nicht dargetan, daß es Gründe gibt, die dagegen sprechen, daß die auf den Verkauf anderer elektronischer Erzeugnisse entfallenden VVG-Kosten brauchbare Hinweise für die Berechnung der beim Verkauf von ESM entstehenden VVG-Kosten liefern können.

34 Ebensowenig kann dem Vorbringen gefolgt werden, wonach die VVG-Kosten für nicht auf dem Inlandsmarkt vertriebene ESM gleich Null sein müssten, weil nach Artikel 2 Absatz 11 alle Kostenberechnungen auf die verfügbaren Buchwerte zu stützen seien, die - soweit erforderlich - in der Regel im Verhältnis der Umsätze für jede Ware und jeden Markt aufgeteilt würden. Wollte man diesem Vorbringen folgen, so würde Artikel 2 Absatz 3 Buchstabe b Ziffer ii, der gerade dann anwendbar ist, wenn Verkäufe auf dem Inlandsmarkt nicht in ausreichender Menge stattfinden, jeder Bedeutung beraubt.

35 Die Rüge, die die Einbeziehung der VVG-Kosten in die rechnerische Ermittlung des Normalwerts betrifft, ist daher zurückzuweisen.

Zur Rüge, bei der Berechnung der TEC France zugeordneten Kosten sei ein Irrtum unterlaufen

36 TEC macht geltend, ihre Ausfuhrpreise seien unrichtig berechnet worden. Die VVG-Kosten ihrer Tochtergesellschaft TEC France seien nämlich zu Unrecht um die Lohn - und Gehaltskosten für Beschäftigte erhöht worden, die keine ESM verkauften, und anschließend zu Unrecht ihren Tochtergesellschaften in der Bundesrepublik Deutschland und im Vereinigten Königreich zugerechnet worden.

37 Was das Vorbringen von TEC betrifft, die Gemeinschaftsorgane hätten ihrer britischen und ihrer deutschen Tochtergesellschaft zu Unrecht die VVG-Kosten zugeschrieben, die sie für TEC France unzutreffend berechnet hätten, so ist festzustellen, daß TEC selbst den Organen vorgeschlagen hatte, die VVG-Kosten von TEC France zu berücksichtigen, da sie auch für die - nicht überprüften - Kosten ihrer anderen europäischen Tochtergesellschaften repräsentativ seien. Den Gemeinschaftsorganen kann daher nicht vorgeworfen werden, daß sie auf den Vorschlag von TEC eingegangen sind, auch wenn sich später herausgestellt hat, daß die VVG-Kosten von TEC France höher waren, als die Klägerinnen angenommen hatten.

38 TEC führt jedoch aus, die Organe hätten in die Kosten von TEC France auch die Löhne und Gehälter von Beschäftigten einbezogen, die sich nie mit dem Verkauf von ESM befasst hätten, und dieser Irrtum habe den Betrag der ihren europäischen Tochtergesellschaften zugeschriebenen VVG-Kosten ungebührlich anschwellen lassen.

39 Hierzu ist zu bemerken, daß, selbst wenn die Zahlenangaben von TEC - wonach die auf den Verkauf von ESM entfallenen VVG-Kosten sich nicht auf 27,7 %, sondern auf 16,97 % des Umsatzes von ESM beliefen und somit um 10,73 % niedriger lagen, als von der Kommission angenommen - zutreffen sollten, dies die Festsetzung des endgültigen Antidumpingzolls nicht hätte beeinflussen können.

40 Es ist nämlich darauf hinzuweisen, daß die Gemeinschaftsorgane für TEC eine Dumpingspanne von 48,1 % und eine Schadensquote von 21 %, in Prozent des Cif-Wertes ausgedrückt, errechnet hatten und es für angemessen hielten, den Satz des Antidumpingzolls auf den niedrigeren dieser beiden Prozentsätze festzusetzen, was für die Beseitigung des verursachten Schadens ausreichend war.

41 Aus den Akten geht aber hervor, daß der Ausfuhrpreis in der Weise errechnet wurde, daß vom Verkaufspreis für ESM in Frankreich ein Gewinn von 5 % und ein Gesamtbetrag von VVG-Kosten in Höhe von 27,7 % abgezogen wurden, so daß dieser Preis 67,3 % des Verkaufspreises von TEC France entspricht. Selbst wenn der Ausfuhrpreis mit Rücksicht darauf, daß die VVG-Kosten auf einen Satz von 16,97 % festgesetzt würden, um einen Betrag in Höhe von 10,73 % des Verkaufspreises erhöht würde, wie dies TEC verlangt hat, so wäre die Dumpingspanne immer noch höher als 21 %. Eine Änderung des in der Verordnung Nr. 1698/85 festgesetzten Antidumpingzolls wäre daher nicht gerechtfertigt.

42 Die Rüge ist daher zurückzuweisen.

Zur Rüge, bei der Feststellung des der Gemeinschaftsindustrie entstandenen Schadens seien Irrtümer unterlaufen

43 TEC macht zunächst geltend, es habe kein Grund dafür bestanden, Antidumpingzölle auf ESM einzuführen, die unter Position 84.51-14 des Nimexe-Kodex fielen; bei diesen Maschinen, die im übrigen von den Unternehmen der Gemeinschaft selbst in die Gemeinschaft eingeführt worden seien, sei der Marktanteil der japanischen Erzeuger während des Untersuchungszeitraums gesunken.

44 Das erste Vorbringen beruht auf der Vorstellung, der der Gemeinschaftsindustrie entstandene Schaden hätte für die unter Position 84.51-14 des Nimexe-Kodex fallenden ESM, die TEC als "kompakt" bezeichnet, einerseits und die unter andere Positionen dieses Kodex fallenden ESM, die TEC "Büromaschinen" nennt, getrennt ermittelt werden müssen. Diese Auffassung setzt voraus, daß zwei getrennte Märkte bestehen.

45 Aus den Akten geht hervor, daß die Trennung zwischen "kompakten" ESM und elektronischen "Büromaschinen", soweit sie jemals bestanden haben sollte, wegen der Tendenz zur Konstruktion von ESM, die sämtlich in weitem Umfang den gleichen Bedürfnissen entsprechen, bereits zur Zeit der Antidumpinguntersuchung zu bestehen aufgehört hatte. Die Gemeinschaftsorgane haben daher keinen Irrtum begangen, als sie das Bestehen getrennter Märkte, das sie im übrigen niemals eingeräumt hatten, verneint haben.

46 Das zweite Vorbringen von TEC stützt sich auf die Überlegung, die europäischen Hersteller, die bestimmte Modelle von ESM aus Japan eingeführt und unter ihrer eigenen Marke verkauft hatten, hätten niemals dem Kreis der Gesellschaften zugerechnet werden dürfen, die infolge der japanischen Einfuhren einen Schaden erlitten haben.

47 In dieser Hinsicht geht aus den Ausführungen der Gemeinschaftsorgane, die TEC nicht ernsthaft bestritten hat, hervor, daß nur wenige, sämtlich am unteren Rand der Skala angesiedelte Modelle von den Herstellern der Gemeinschaft eingeführt worden sind, um deren damalige Angebotslücken zu schließen, und daß der Gesamtumfang dieser Einfuhren stets verhältnismässig gering geblieben ist. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß die von den Herstellern der Gemeinschaft getätigten Einfuhren nicht zu dem der Gemeinschaftsindustrie entstandenen Schaden beigetragen haben, so daß kein Grund dafür besteht, diese Hersteller von der Schadensermittlung auszuschließen.

48 TEC trägt weiter vor, die Schadensfeststellung sei deswegen fehlerhaft, weil der Umfang der Preisunterbietung nicht gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2176/84 aufgrund eines Vergleichs zwischen den Preisen der Einfuhren und denjenigen der gleichartigen Erzeugnisse in der Gemeinschaft ermittelt worden sei, sondern aufgrund eines Vergleichs zwischen den Einfuhrpreisen einerseits und den "Zielpreisen" - d. h. von Grössen, die auf künstliche und hypothetische Weise errechnet worden seien - andererseits.

49 Ob diese Rüge begründet ist, muß unter Berücksichtigung der Tatsache geprüft werden, daß die Gemeinschaftsorgane mit der Schadensfeststellung erst beginnen konnten, nachdem die Hersteller der Gemeinschaft am 15. Februar 1984 ihre Beschwerde erhoben hatten, während aus den Akten hervorgeht, daß die Gemeinschaftsindustrie bereits seit einiger Zeit begonnen hatte, die Auswirkungen der japanischen Einfuhren zu spüren, die später Gegenstand des Antidumpingverfahrens wurden. Die Preise der Gemeinschaftserzeugnisse im Laufe des Jahres 1984 waren also für die Feststellung des Schadens im Sinne des vorgenannten Artikels 4 nicht mehr verwertbar, da sie bereits seit einiger Zeit gesenkt worden waren, um dem ständig wachsenden Druck der japanischen Einfuhren Widerstand leisten zu können.

50 Angesichts all dieser Überlegungen stellt die rechnerische Ermittlung eines innergemeinschaftlichen Preises, so wie er gewesen wäre, wenn er nicht lange Zeit durch die japanischen Einfuhren gedrückt worden wäre, die einzige Lösung dar, die sicherstellt, daß der in Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 2176/84 vorgesehene Vergleich nicht seine Bedeutung einbüsst.

51 TEC ist jedoch der Meinung, die Kommission habe die Unterbietung der Preise der Gemeinschaftserzeugnisse durch diejenigen der japanischen Erzeugnisse fehlerhaft berechnet, denn einige ihrer Modelle seien entweder mit Modellen verglichen worden, die im Untersuchungszeitraum in der Gemeinschaft nicht hergestellt worden seien, oder mit teureren europäischen Modellen als denjenigen, die in der Folgezeit als mit den Modellen von TEC vergleichbar angesehen worden seien.

52 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Die von TEC erwähnten Fehler wurden im Zuge des Vergleichs bereinigt, der für die Zwecke der Festsetzung des endgültigen Antidumpingzolls angestellt und von den Klägerinnen nicht beanstandet wurde.

53 Auch die vierte Rüge ist daher zurückzuweisen.

54 Nach alledem sind die Klagen in ihrer Gesamtheit als unbegründet abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

55 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, haben sie, in der Rechtssache 260/85 als Gesamtschuldner, ihre eigenen Kosten sowie die des Beklagten und der Streithelfer, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu tragen. Die Firma UTAX, die dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der Klägerinnen beigetreten ist, hat ihre eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Fünfte Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klagen werden abgewiesen.

2)Die Klägerinnen tragen, in der Rechtssache 260/85 als Gesamtschuldner, die Kosten des Beklagten und der Streithelfer, die einen entsprechenden Antrag gestellt haben, einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung. Die Firma UTAX trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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