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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 04.10.1979
Aktenzeichen: 261-78
Rechtsgebiete: EWGV, Verordnung 1125/74/EWG, Verordnung 120/67/EWG
Vorschriften:
EWGV Art. 215 Abs. 2 | |
Verordnung 1125/74/EWG | |
Verordnung 120/67/EWG |
1. GEGEN EINE SCHADENSERSATZKLAGE , DIE AUFGRUND DER ARTIKEL 178 UND 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG EINGEREICHT WORDEN IST UND DIE AUF ERSATZ DES SICH AUS DER ABSCHAFFUNG VON ERSTATTUNGEN ERGEBENDEN SCHADENS ZIELT , KANN KEINE PROZESSHINDERNDE EINREDE ERHOBEN WERDEN , DIE DARAUF GESTÜTZT IST , DASS DER KLAEGER VOR EINEM INNERSTAATLICHEN GERICHT GEGEN DIE ZUSTÄNDIGEN STAATLICHEN STELLEN AUF ZAHLUNG DER GENANNTEN ERSTATTUNGEN HÄTTE KLAGEN MÜSSEN , WENN SICH DIESE KLAGE NICHT ALS EINE KLAGE AUF ZAHLUNG VON BETRAEGEN ERWEIST , DIE AUFGRUND EINER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN REGELUNG GESCHULDET WERDEN , UND WENN ÜBERDIES FESTSTEHT , DASS EIN INNERSTAATLICHES GERICHT EINER ZAHLUNGSKLAGE NICHT HÄTTE STATTGEBEN KÖNNEN , WEIL ES KEINERLEI RECHTSVORSCHRIFT DER GEMEINSCHAFT GIBT , DIE DEN STAATLICHEN STELLEN DIE ZAHLUNG DER BEANSPRUCHTEN BETRAEGE GESTATTEN WÜRDE.
2. EINE KLAGE AUF ZAHLUNG VON BETRAEGEN , DIE AUFGRUND EINER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN REGELUNG GESCHULDET WERDEN , KANN NICHT IN DER FORM EINER KLAGE NACH ARTIKEL 178 , 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG ERHOBEN WERDEN.
3. EINE GEGEN EINE SCHADENSERSATZKLAGE ERHOBENE PROZESSHINDERNDE EINREDE , DIE DARAUF GESTÜTZT IST , DASS DAS EIGENTLICHE ZIEL DER KLAGE NUR DURCH ERLASS EINER NEUEN VERORDNUNG ERREICHT WERDEN KANN UND DASS DER KLAEGER , DA ER DIESES ZIEL MIT EINER KLAGE NACH ARTIKEL 173 ODER 175 EWG-VERTRAG NICHT ERREICHEN KÖNNTE , DIES AUCH IM WEGE DER SCHADENSERSATZKLAGE GEMÄSS ARTIKEL 178 , 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG NICHT KÖNNTE , IST UNBEGRÜNDET. DENN DA DIE SCHADENSERSATZKLAGE EIN SELBSTÄNDIGER RECHTSBEHELF IST , KANN DER GERICHTSHOF EINER SOLCHEN KLAGE STATTGEBEN , OHNE DASS DAS BETREFFENDE ORGAN NEUE RECHTSVORSCHRIFTEN ERLÄSST.
4. DIE FESTSTELLUNG , DASS EINE REGELUNG IN EINEM RECHTSETZUNGSAKT DER GEMEINSCHAFT RECHTSWIDRIG IST , GENÜGT FÜR SICH ALLEIN NICHT , UM DIE HAFTUNG DER GEMEINSCHAFT NACH ARTIKEL 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG AUSZULÖSEN. WENN DER ERLASS EINES SOLCHEN AKTES WIRTSCHAFTSPOLITISCHE ENTSCHEIDUNGEN VORAUSSETZT , IST DARÜBER HINAUS EINE HINREICHEND QUALIFIZIERTE VERLETZUNG EINER HÖHERRANGIGEN , DIE EINZELNEN SCHÜTZENDEN RECHTSNORM ERFORDERLICH.
AUF EINEM GEBIET DES GEMEINSCHAFTSRECHTS , DAS DURCH EIN FÜR DIE DURCHFÜHRUNG DER GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK UNERLÄSSLICHES WEITES ERMESSEN GEKENNZEICHNET IST , KANN DIE HAFTUNG DER GEMEINSCHAFT NUR AUSNAHMSWEISE , NÄMLICH NUR DANN AUSGELÖST WERDEN , WENN DAS HANDELNDE ORGAN DIE GRENZEN SEINER BEFUGNISSE OFFENKUNDIG UND ERHEBLICH ÜBERSCHRITTEN HAT.
DIES KANN DER FALL SEIN , WENN DAS ORGAN IM WIDERSPRUCH ZU DEM GLEICHHEITSGRUNDSATZ GEHANDELT HAT , DER NAMENTLICH IM ZWEITEN UNTERABSATZ VON ARTIKEL 40 ABSATZ 3 EWG-VERTRAG VERANKERT IST , FALLS NÄMLICH DIE VERLETZUNG DIESES GRUNDSATZES EINE BEGRENZTE UND KLAR UMRISSENE GRUPPE VON UNTERNEHMEN BETROFFEN HAT , FALLS DER DIESEN UNTERNEHMEN ENTSTANDENE SCHADEN ÜBER DIE GRENZEN DER WIRTSCHAFTLICHEN RISIKEN HINAUSGEHT , DIE EINE BETÄTIGUNG IN DEM BETROFFENEN WIRTSCHAFTSZWEIG MIT SICH BRINGT , UND SCHLIESSLICH FALLS DAS ERWÄHNTE ORGAN DIE GLEICHBEHANDLUNG , DIE VOR DEM ERLASS DES BEANSTANDETEN AKTES BESTAND , OHNE HINREICHENDE BEGRÜNDUNG AUFGEGEBEN HAT.
5. IM RAHMEN EINER SCHADENSERSATZKLAGE IST BEI DER BEURTEILUNG DES VORLIEGENS UND DER HÖHE DES VON DEM KLAGENDEN UNTERNEHMEN BEHAUPTETEN SCHADENS GEGEBENENFALLS ZU BERÜCKSICHTIGEN , OB DAS UNTERNEHMEN DEN NACHTEIL , FÜR DEN ES ERSATZ VERLANGT , AUF SEINE VERKAUFSPREISE ABWÄLZEN KONNTE.
6. NACH DEN DEN RECHTSORDNUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN GEMEINSAMEN ALLGEMEINEN RECHTSGRUNDSÄTZEN , AUF DIE ARTIKEL 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG VERWEIST , IST IM RAHMEN EINER SCHADENSERSATZKLAGE EIN ZINSANSPRUCH GRUNDSÄTZLICH GEGEBEN.
URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 4. OKTOBER 1979. - INTERQUELL STAERKE-CHEMIE GMBH UND CO. KG UND DIAMALT AG GEGEN RAT UND KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - QUELLMEHL - HAFTUNG. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 261 UND 262-78.
Entscheidungsgründe:
1 DIE KLAEGERINNEN DIESER RECHTSSACHEN BEANTRAGEN , DIE EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT , VERTRETEN DURCH DEN RAT UND DIE KOMMISSION , GEMÄSS ARTIKEL 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG ZUM ERSATZ DESJENIGEN SCHADENS ZU VERURTEILEN , DER IHNEN DARAUS ENTSTANDEN SEI , DASS DURCH VERORDNUNG NR. 1125/74 DES RATES VOM 29. APRIL 1974 ZUR ÄNDERUNG DER VERORDNUNG NR. 120/67 ÜBER DIE GEMEINSAME MARKTORGANISATION FÜR GETREIDE ( ABL. L 128 VOM 10. MAI 1974 , S. 12 ) DIE ERSTATTUNGEN BEI DER ERZEUGUNG VON QUELLMEHL ABGESCHAFFT WORDEN SIND.
2 DIE RECHTSSACHEN SIND FÜR DIE ZWECKE DES VERFAHRENS VERBUNDEN WORDEN ; DIESE VERBINDUNG IST AUCH ZUM ZWECK EINER GEMEINSAMEN ENTSCHEIDUNG AUFRECHTZUERHALTEN.
3 IN SEINEM URTEIL VOM 19. OKTOBER 1977 IN DEN VERBUNDENEN RECHTSSACHEN 117/76 UND 16/77 , ALBERT RUCKDESCHEL & CO. UND HANSA-LAGERHAUS STRÖH & CO. GEGEN HAUPTZOLLAMT HAMBURG-ST. ANNEN UND DIAMALT AG GEGEN HAUPTZOLLAMT ITZEHÖ ( SLG. 1977 , 1753 ), DAS AUF ERSUCHEN DES FINANZGERICHTS HAMBURG UM VORABENTSCHEIDUNG ERGANGEN IST , HAT DER GERICHTSHOF FÜR RECHT ERKANNT , DASS DIE STREITIGEN BESTIMMUNGEN DER VERORDNUNGEN DES RATES INSOWEIT MIT DEM GLEICHHEITSGRUNDSATZ UNVEREINBAR SIND , ALS SIE QUELLMEHL UND QUELLSTÄRKE HINSICHTLICH DER ERSTATTUNGEN BEI DER ERZEUGUNG UNGLEICH BEHANDELN. DER GERICHTSHOF HAT WEITER ERKANNT , ES SEI SACHE DER FÜR DIE AGRARPOLITIK DER GEMEINSCHAFT ZUSTÄNDIGEN ORGANE , DIE ZUR BESEITIGUNG DIESER UNVEREINBARKEIT ERFORDERLICHEN MASSNAHMEN ZU TREFFEN.
4 AUF DIESES URTEIL HIN WURDEN DURCH DIE VERORDNUNG NR. 1125/78 DES RATES VOM 22. MAI 1978 ZUR ÄNDERUNG DER VERORDNUNG NR. 2727/75 ÜBER DIE GEMEINSAME MARKTORGANISATION FÜR GETREIDE ( ABL. L 142 VOM 30. MAI 1978 , S. 21 ) DIE ERSTATTUNGEN BEI DER ERZEUGUNG FÜR QUELLMEHL ZUR BROTHERSTELLUNG WIEDER EINGEFÜHRT. DIE HÖHE DER ERSTATTUNG WURDE IN DER AM SELBEN TAG WIE DIE VERORDNUNG NR. 1125/78 ERLASSENEN UND VERÖFFENTLICHTEN VERORDNUNG NR. 1127/78 DES RATES ( ABL. L 142 , S. 24 ) FESTGELEGT. DIE BEIDEN VERORDNUNGEN TRATEN AM DRITTEN TAG NACH IHRER VERÖFFENTLICHUNG IM AMTSBLATT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN IN KRAFT. JEDOCH WURDEN DIE ERSTATTUNGEN GEMÄSS ARTIKEL 1 LETZTER ABSATZ DER VERORDNUNG NR. 1125/78 UND ARTIKEL 6 DER VERORDNUNG NR. 1127/78 AUF ANTRAG MIT WIRKUNG VOM 19. OKTOBER 1977 , ALSO RÜCKWIRKEND SEIT DEM TAG DES URTEILS DES GERICHTSHOFES IN DEN VORERWÄHNTEN VORABENTSCHEIDUNGSVERFAHREN , GEWÄHRT.
5 DIE KLAEGERINNEN BEGEHREN DESHALB ERSATZ DES SCHADENS , DER IHNEN DADURCH ENTSTANDEN SEIN SOLL , DASS ES IN DER ZEIT VOM 1. AUGUST 1974 , ALS DIE VERORDNUNG NR. 1125/74 ERSTMALS ZUR ANWENDUNG KAM , BIS ZUM 19. OKTOBER 1977 KEINE ERSTATTUNGEN GAB. DER SCHADEN SOLL IM AUSFALL VON EINNAHMEN IN HÖHE DERJENIGEN ERSTATTUNGEN BESTEHEN , WELCHE DIE KLAEGERINNEN ERZIELT HÄTTEN , WENN FÜR QUELLMEHL DIE GLEICHEN ERSTATTUNGEN GEZAHLT WORDEN WÄREN WIE FÜR STÄRKE.
ZUR ZULÄSSIGKEIT
6 DIE BEKLAGTEN , DER RAT UND DIE KOMMISSION , HABEN EINREDEWEISE GELTEND GEMACHT , DIE KLAEGERINNEN HÄTTEN , UM DIE GEWÄHRUNG DER BEANTRAGTEN ERSTATTUNGEN ZU ERLANGEN , VOR DEN INNERSTAATLICHEN GERICHTEN GEGEN DIE ZUSTÄNDIGEN STAATLICHEN STELLEN AUF ZAHLUNG DER ERSTATTUNGEN KLAGEN MÜSSEN. DIESE EINREDE GREIFT JEDOCH NICHT DURCH. ZWAR KANN EINE KLAGE AUF ZAHLUNG VON BETRAEGEN , DIE AUFGRUND EINER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN REGELUNG GESCHULDET WERDEN , NICHT IN DER FORM EINER KLAGE NACH ARTIKEL 178 , 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG ERHOBEN WERDEN. DIE VORLIEGEND VON DEN KLAEGERINNEN ERHOBENEN KLAGEN STELLEN SICH ABER NICHT ALS KLAGEN AUF ERFÜLLUNG , SONDERN ALS KLAGEN AUF ERSATZ DES SCHADENS DAR , DEN DIE IM URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 19. OKTOBER 1977 FESTGESTELLTE RECHTSVERLETZUNG ZUR FOLGE HABEN SOLL. IN DEN VORLIEGENDEN FÄLLEN STEHT NACH DEM GENANNTEN URTEIL DES GERICHTSHOFES ÜBERDIES FEST , DASS EIN INNERSTAATLICHES GERICHT EINER ZAHLUNGSKLAGE NICHT HÄTTE STATTGEBEN KÖNNEN , WEIL ES KEINERLEI RECHTSVORSCHRIFT DER GEMEINSCHAFT GIBT , DIE DEN STAATLICHEN STELLEN DIE ZAHLUNG DER BEANSPRUCHTEN BETRAEGE GESTATTEN WÜRDE.
7 DAS GLEICHE GILT FÜR DIE EINREDE DER KOMMISSION , DAS EIGENTLICHE ZIEL DER KLAGEN , NÄMLICH DIE GEWÄHRUNG DER NICHTGEZAHLTEN ERSTATTUNGEN , KÖNNE NUR DURCH ERLASS EINER NEUEN VERORDNUNG ERREICHT WERDEN ; DA DIE KLAEGERINNEN DIESES ZIEL MIT EINER KLAGE NACH ARTIKEL 173 ODER 175 EWG-VERTRAG NICHT ERREICHEN KÖNNTEN , KÖNNTEN SIE DIES AUCH IM WEGE DER SCHADENSERSATZKLAGE GEMÄSS ARTIKEL 178 , 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG NICHT. DIE SCHADENSERSATZKLAGE IST NACH DER STÄNDIGEN RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES EIN SELBSTÄNDIGER RECHTSBEHELF. DIE ANTRAEGE DER KLAEGERINNEN SIND DESHALB IM RAHMEN DIESER KLAGEART ZU UNTERSUCHEN ; SIND SIE BEGRÜNDET , SO KANN IHNEN STATTGEGEBEN WERDEN , OHNE DASS DIE BEKLAGTEN NEUE RECHTSVORSCHRIFTEN ERLASSEN.
ZUR BEGRÜNDETHEIT
8 IN SEINEM URTEIL VOM 19. OKTOBER 1977 HAT DER GERICHTSHOF BEREITS FESTGESTELLT , DASS DIE ABSCHAFFUNG DER ERSTATTUNG FÜR QUELLMEHL AB DEM 1. AUGUST 1974 BEI GLEICHZEITIGER BEIBEHALTUNG DER ERSTATTUNG FÜR QUELLSTÄRKE MIT DEM GLEICHHEITSGRUNDSATZ UNVEREINBAR WAR. DIE TRAGWEITE DIESER FESTSTELLUNG DER RECHTSWIDRIGKEIT IST ZWISCHEN DEN PARTEIEN DER VORLIEGENDEN RECHTSSACHEN UMSTRITTEN. DER RAT UND DIE KOMMISSION BEHAUPTEN , DIE ABSCHAFFUNG DER ERSTATTUNGEN FÜR QUELLMEHL SEI NUR IN BEZUG AUF DIE HERSTELLUNG VON QUELLMEHL ZUR BROTHERSTELLUNG FÜR RECHTSWIDRIG ERKANNT WORDEN. DIESE VORSTELLUNG BEEINFLUSST AUCH DIE FASSUNG DER VERORDNUNGEN NR. 1125/78 UND NR. 1127/78 DES RATES , WELCHE DIE ERSTATTUNGEN NUR FÜR QUELLMEHL ZUR BROTHERSTELLUNG WIEDEREINGEFÜHRT HABEN. DIE KLAEGERINNEN BEHAUPTEN , DIE GLEICHBEHANDLUNG DES QUELLMEHLS MIT DER QUELLSTÄRKE MÜSSE OHNE RÜCKSICHT AUF DESSEN VERWENDUNG GEWÄHRLEISTET WERDEN , ALSO NICHT NUR FÜR QUELLMEHL ZUR MENSCHLICHEN ERNÄHRUNG GANZ ALLGEMEIN , SONDERN AUCH FÜR QUELLMEHL , DAS ALS BESTANDTEIL VON FUTTERMITTELN VERWENDET WIRD.
9 IN SEINEM URTEIL VOM 28. MÄRZ 1979 IN DER RECHTSSACHE 90/78 , GRANARIA B.V. GEGEN RAT UND KOMMISSION , HAT DER GERICHTSHOF ERKLÄRT , BEI DER FESTSTELLUNG DER RECHTSWIDRIGKEIT DER ABSCHAFFUNG DER ERSTATTUNGEN IN SEINEM URTEIL VOM 19. OKTOBER 1977 IN DEN VERBUNDENEN RECHTSSACHEN 117/76 UND 16/77 HABE ER DIE AUFFASSUNG VERTRETEN , DASS DER GLEICHHEITSGRUNDSATZ ZUM NACHTEIL DER ERZEUGER VON QUELLMEHL NUR IN DEM FALL VERLETZT GEWESEN SEI , IN DEM DIESES IN SEINER HERKÖMMLICHEN VERWENDUNG ZUR MENSCHLICHEN ERNÄHRUNG VERWENDET WURDE. DIE HERKÖMMLICHE VERWENDUNG VON QUELLMEHL BESCHRÄNKTE SICH , WIE IM LAUFE DES VERFAHRENS DER VORGENANNTEN RECHTSSACHEN ERLÄUTERT WORDEN WAR , AUF DIE EINES BACKHILFSMITTELS FÜR ERZEUGNISSE AUS ROGGENMEHL. DIESE HERKÖMMLICHE VERWENDUNG WAR DER GRUND DAFÜR , DASS FÜR QUELLMEHL , WIE DER GERICHTSHOF IN SEINEM URTEIL FESTGESTELLT HAT , IN DEUTSCHLAND SEIT 1930 UND IN DER GEMEINSCHAFT SCHON SEIT DEREN ERSTER MARKTORGANISATION FÜR GETREIDE ERSTATTUNGEN GEWÄHRT WORDEN WAREN.
10 DARAUS FOLGT , DASS AUS DEN VOM GERICHTSHOF IN SEINEM URTEIL VOM 19. OKTOBER 1977 FORMULIERTEN GRÜNDEN DIE ABSCHAFFUNG DER ERSTATTUNGEN BEI DER ERZEUGUNG FÜR QUELLMEHL NUR HINSICHTLICH DES ZUR BROTHERSTELLUNG VERWENDETEN QUELLMEHLS MIT DEM GLEICHHEITSGRUNDSATZ UNVEREINBAR WAR.
11 ES STELLT SICH SODANN DIE FRAGE , OB DIE SO FESTGESTELLTE RECHTSWIDRIGKEIT DIE HAFTUNG DER GEMEINSCHAFT GEMÄSS ARTIKEL 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG ZU BEGRÜNDEN VERMAG.
12 DIE FESTSTELLUNG , DASS EINE REGELUNG IN RECHTSETZUNGSAKTEN DER GEMEINSCHAFT RECHTSWIDRIG IST , GENÜGT FÜR SICH ALLEIN NICHT , UM DIESE HAFTUNG AUSZULÖSEN. IN SEINEM URTEIL VOM 25. MAI 1978 IN DEN VERBUNDENEN RECHTSSACHEN 83/76 U. A., BAYERISCHE HNL VERMEHRUNGSBETRIEBE GMBH & CO. KG U. A./RAT UND KOMMISSION ( SLG. 1978 , 1209 ), HAT SICH DER GERICHTSHOF BEREITS IN DIESEM SINNE AUSGESPROCHEN. ER HAT IN DIESEM ZUSAMMENHANG AN SEINE STÄNDIGE RECHTSPRECHUNG ERINNERT , NACH DER DIE HAFTUNG DER GEMEINSCHAFT FÜR EINE RECHTSVORSCHRIFT , DEREN ERLASS WIRTSCHAFTSPOLITISCHE ENTSCHEIDUNGEN VORAUSSETZT , NUR DURCH EINE HINREICHEND QUALIFIZIERTE VERLETZUNG EINER HÖHERRANGIGEN , DIE EINZELNEN SCHÜTZENDEN RECHTSNORM AUSGELÖST WERDEN KANN. UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER GRUNDSÄTZE , DIE NACH DEN RECHTSORDNUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN FÜR DIE HAFTUNG DER ÖFFENTLICHEN GEWALT FÜR DEN EINZELNEN DURCH RECHTSETZUNGSAKTE ENSTANDENE SCHÄDEN GELTEN , HAT DER GERICHTSHOF FESTGESTELLT , DASS AUF EINEM GEBIET DES GEMEINSCHAFTSRECHTS , DAS DURCH EIN FÜR DIE DURCHFÜHRUNG DER GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK UNERLÄSSLICHES WEITES ERMESSEN GEKENNZEICHNET IST , DIE HAFTUNG DER GEMEINSCHAFT NUR AUSNAHMSWEISE DANN AUSGELÖST WERDEN KANN , WENN DAS HANDELNDE ORGAN DIE GRENZEN SEINER BEFUGNISSE OFFENKUNDIG UND ERHEBLICH ÜBERSCHRITTEN HABEN SOLLTE.
13 DIE UMSTÄNDE DES VORLIEGENDEN FALLES LASSEN DEN GERICHTSHOF ZU DER ÜBERZEUGUNG KOMMEN , DASS DER RAT DIE GRENZEN , DIE ER BEI DER AUSÜBUNG SEINES ERMESSENS IM RAHMEN DER GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK ZU BEACHTEN HAT , IN DER TAT ERHEBLICH UND OFFENKUNDIG ÜBERSCHRITTEN HAT. DIESE ÜBERZEUGUNG GRÜNDET SICH NAMENTLICH AUF FOLGENDE ERWAEGUNGEN :
14 ES IST ZUNÄCHST ZU BERÜCKSICHTIGEN , DASS UNTER DEN GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN NORMEN ZUM SCHUTZ DER EINZELNEN DER GLEICHHEITSGRUNDSATZ - DER NAMENTLICH IM 2. UNTERABSATZ VON ARTIKEL 40 ABSATZ 3 EWG-VERTRAG VERANKERT IST , WELCHER JEDE DISKRIMINIERUNG BEI DER GEMEINSAMEN ORGANISATION DER AGRARMÄRKTE VERBIETET - VON BESONDERER BEDEUTUNG IST. SODANN HAT DIE VERLETZUNG DIESES GRUNDSATZES IM VORLIEGENDEN FALL EINE BEGRENZTE UND KLAR UMRISSENE GRUPPE VON UNTERNEHMEN BETROFFEN. DIE ZAHL DER QUELLMEHLHERSTELLER IN DER GEMEINSCHAFT IST NÄMLICH OFFENBAR SEHR KLEIN. AUSSERDEM GEHT DER VON DEN KLAEGERINNEN BEHAUPTETE SCHADEN ÜBER DIE GRENZEN DER WIRTSCHAFTLICHEN RISIKEN HINAUS , DIE EINE BETÄTIGUNG IN DEM BETROFFENEN WIRTSCHAFTSZWEIG MIT SICH BRINGT. SCHLIESSLICH IST DIE GLEICHBEHANDLUNG MIT DEN HERSTELLERN VON MAISSTÄRKE , DIE SEIT DEM BEGINN DER GEMEINSAMEN MARKTORGANISATION FÜR GETREIDE EINGEHALTEN WORDEN WAR , VOM RAT IM JAHRE 1974 OHNE HINREICHENDE BEGRÜNDUNG AUFGEGEBEN WORDEN.
15 AUS DIESEN GRÜNDEN KOMMT DER GERICHTSHOF ZU DEM ERGEBNIS , DASS DIE ABSCHAFFUNG DER ERSTATTUNGEN FÜR QUELLMEHL DURCH DIE VERORDNUNG NR. 1125/74 DES RATES DIE HAFTUNG DER GEMEINSCHAFT AUSLÖST.
16 NUNMEHR IST ZU PRÜFEN , WELCHER SCHADEN DEN QUELLMEHLHERSTELLERN AUS DIESER DISKRIMINIERUNG ENTSTANDEN IST. DER SCHADEN , DEN DIE KLAEGERINNEN GELTEND MACHEN , SOLL DARAUF BERUHEN , DASS DER RAT DIE ERSTATTUNGEN ABGESCHAFFT HAT , WELCHE DEN QUELLMEHLHERSTELLERN HÄTTEN GEZAHLT WERDEN MÜSSEN , WENN DIE GLEICHBEHANDLUNG MIT DEN HERSTELLERN VON MAISSTÄRKE EINGEHALTEN WORDEN WÄRE. DIE HÖHE DIESER ERSTATTUNGEN STELLT ALSO DIE GRUNDLAGE FÜR DIE BERECHNUNG DES ERLITTENEN SCHADENS DAR.
17 GEGEN DIESE METHODE DER SCHADENSBERECHNUNG HABEN DER RAT UND DIE KOMMISSION EINGEWANDT , DIE QUELLMEHLHERSTELLER HÄTTEN DEN SCHADEN DURCH ABWÄLZUNG DES NACHTEILS AUS DEM WEGFALL DER ERSTATTUNGEN IN IHREN PREISEN VERMIEDEN ODER JEDENFALLS VERMEIDEN KÖNNEN. GRUNDSÄTZLICH KANN EIN SOLCHER EINWAND IM RAHMEN EINER SCHADENSERSATZKLAGE NICHT VON VORNHEREIN VON DER HAND GEWIESEN WERDEN. WENN DER WEGFALL DER ERSTATTUNGEN WIRKLICH ÜBER DIE PREISE ABGEWÄLZT WORDEN IST , KANN DER SCHADEN IN DER TAT NICHT ANHAND DER NICHTGEWÄHRTEN ERSTATTUNGEN BERECHNET WERDEN. IN DIESEM FALL TRÄTE DIE PREISERHÖHUNG AN DIE STELLE DER ERSTATTUNGEN UND WÜRDE DEN HERSTELLER SCHADLOS STELLEN.
18 DIE KLAEGERINNEN HABEN BESTRITTEN , DASS DIESE ABWÄLZUNG MÖGLICH GEWESEN SEI. SIE ERKLÄRTEN , ANGESICHTS DER KONKURRENZ DER IN DEN GENUSS VON ERSTATTUNGEN KOMMENDEN STÄRKEHERSTELLER HÄTTEN SIE SICH IM RAHMEN IHRER GESCHÄFTSPOLITIK ENTSCHLOSSEN , UM IHRE ABSATZMÄRKTE ZU HALTEN , DAS QUELLMEHL UNTER VERLUST ZU VERKAUFEN ANSTATT DIE PREISE MIT DEM RISIKO DES VERLUSTS IHRER MÄRKTE ZU ERHÖHEN. DIE VOM RAT UND DER KOMMISSION ANGEFÜHRTEN PREISERHÖHUNGEN BERUHTEN AUF DER HERAUFSETZUNG DES SCHWELLENPREISES FÜR MAIS UND AUF GESTIEGENEN PRODUKTIONSKOSTEN.
19 DIE VON DEN PARTEIEN VORGELEGTEN STATISTISCHEN DATEN UND DIE VORGETRAGENEN ARGUMENTE ERLAUBEN NICHT DIE FESTSTELLUNG , DASS DIE KLAEGERINNEN DEN NACHTEIL AUS DER ABSCHAFFUNG DER ERSTATTUNGEN AUF IHRE PREISE ABGEWÄLZT HABEN ODER HÄTTEN ABWÄLZEN KÖNNEN.
20 DER DEN KLAEGERINNEN ZU ERSETZENDE SCHADEN IST DEMNACH IN DER WEISE ZU BERECHNEN , DASS ER DEN ERSTATTUNGEN ENTSPRICHT , DIE IHNEN GEZAHLT WORDEN WÄREN , WENN DIE VERWENDUNG VON MAIS FÜR DIE HERSTELLUNG VON QUELLMEHL ZUR BROTHERSTELLUNG IN DER ZEIT VOM 1. AUGUST 1974 BIS ZUM 19. OKTOBER 1977 EINEN ANSPRUCH AUF DIE GLEICHEN ERSTATTUNGEN BEGRÜNDET HÄTTE WIE DIE VERWENDUNG VON MAIS FÜR DIE HERSTELLUNG VON STÄRKE.
21 ZUM NACHWEIS DER MENGEN QUELLMEHL , FÜR DIE SCHADENSERSATZ ZU LEISTEN SEI , UND DER NICHTGEWÄHRTEN ERSTATTUNGEN FÜR DIESE MENGEN HABEN DIE KLAEGERINNEN DEM GERICHTSHOF EINE REIHE VON BELEGEN VORGELEGT. BEIM GEGENWÄRTIGEN STAND DES VERFAHRENS KANN DER GERICHTSHOF JEDOCH DIE RICHTIGKEIT DIESER ANGABEN NICHT BEURTEILEN. DAHER SIND DIE VOM GERICHTSHOF ANERKANNTEN KRITERIEN FÜR DIE ENTSCHÄDIGUNG DER KLAEGERINNEN IN EINEM ZWISCHENURTEIL FESTZUSTELLEN UND DIE BESTIMMUNG DER HÖHE DES SCHADENSERSATZES DER EINIGUNG DER PARTEIEN ODER , MANGELS EINER SOLCHEN EINIGUNG , DER ENTSCHEIDUNG DURCH DEN GERICHTSHOF VORZUBEHALTEN.
Kostenentscheidung:
22 DIE KLAEGERINNEN HABEN WEITER BEANTRAGT , DIE GEMEINSCHAFT ZUR ZAHLUNG VON ZINSEN IN HÖHE VON 8 VOM HUNDERT JÄHRLICH AB ZUSTELLUNG DER KLAGEN ZU VERURTEILEN.
23 ÜBER DIESEN ANSPRUCH IST , WEIL ER IM ZUSAMMENHANG MIT DER AUSSERVERTRAGLICHEN HAFTUNG DER GEMEINSCHAFT NACH ARTIKEL 215 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG ERHOBEN WIRD , IM LICHTE DER DEN RECHTSORDNUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN GEMEINSAMEN ALLGEMEINEN RECHTSGRUNDSÄTZE ZU ENTSCHEIDEN , AUF DIE DIESE VORSCHRIFT VERWEIST. DANACH IST EIN ZINSANSPRUCH GRUNDSÄTZLICH GEGEBEN. UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER VOM GERICHTSHOF FÜR DIE SCHADENSBERECHNUNG ZUGRUNDE GELEGTEN KRITERIEN ENTSTEHT DER ZINSANSPRUCH MIT DEM VORLIEGENDEN URTEIL , SOWEIT ES DIE PFLICHT ZUM SCHADENSERSATZ FESTSTELLT. DER ANZUWENDENDE ZINSSATZ BETRAEGT 6 VOM HUNDERT JÄHRLICH.
AUS DIESEN GRÜNDEN
Tenor:
HAT
DER GERICHTSHOF
IM WEGE DES ZWISCHENURTEILS FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :
1. DIE EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT IST VERPFLICHTET , DEN FIRMEN
1 ) INTERQUELL STÄRKE-CHEMIE GMBH & CO. KG , GROSSAITINGEN ,
2 ) DIAMALT AG , MÜNCHEN ,
JEWEILS EINEN BETRAG IN HÖHE DERJENIGEN ERSTATTUNGEN BEI DER ERZEUGUNG VON QUELLMEHL ZUR BROTHERSTELLUNG ZU ZAHLEN , AUF DIE DIESE UNTERNEHMEN ANSPRUCH GEHABT HÄTTEN , WENN DIE VERWENDUNG VON MAIS ZUR HERSTELLUNG VON QUELLMEHL IN DER ZEIT VOM 1. AUGUST 1974 BIS ZUM 19. OKTOBER 1977 EINEN ANSPRUCH AUF DIE GLEICHEN ERSTATTUNGEN BEGRÜNDET HÄTTE WIE DIE VERWENDUNG VON MAIS ZUR HERSTELLUNG VON STÄRKE.
2.DIESE BETRAEGE SIND MIT 6 VOM HUNDERT JÄHRLICH VOM TAG DIESES URTEILS AN ZU VERZINSEN.
3.DEN PARTEIEN WIRD AUFGEGEBEN , DEM GERICHTSHOF BINNEN EINER FRIST VON 12 MONATEN AB VERKÜNDIGUNG DIESES URTEILS MITZUTEILEN , AUF WELCHE SCHADENSERSATZBETRAEGE SIE SICH GEEINIGT HABEN.
4.MANGELS EINER SOLCHEN EINIGUNG LEGEN DIE PARTEIEN DEM GERICHTSHOF INNERHALB DERSELBEN FRIST BEZIFFERTE ANTRAEGE VOR.
5.DIE ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE KOSTEN BLEIBT VORBEHALTEN.
Ende der Entscheidung
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