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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 22.09.1988
Aktenzeichen: 268/87
Rechtsgebiete: Gemeinsamer Zolltarif
Vorschriften:
Gemeinsamer Zolltarif Tarifstelle 23.06 B |
Ein als "Sojahäute" bezeichnetes Erzeugnis, das aus gemahlenen Sojabohnenhüllen ( Saathäuten ) besteht, ist, wenn es nur zur Verwendung als Tierfutter bestimmt ist und keiner anderen besonderen Tarifposition angehört, der Tarifstelle 23.06 B des gemeinsamen Zolltarifs zuzuweisen.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (VIERTE KAMMER) VOM 22. SEPTEMBER 1988. - CARGILL BV GEGEN INSPECTEUR DER INVOERRECHTEN EN ACCIJNZEN. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VON DER TARIEFCOMMISSIE AMSTERDAM. - SOJABOHNENHAEUTE - TARIFIERUNG. - RECHTSSACHE 268/87.
Entscheidungsgründe:
1 Die Tariefcommissie hat mit Beschluß vom 6. April 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 7. September 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Tarifnummern 23.02, 23.04, 23.06 und 23.07 des gemeinsamen Zolltarifs zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Cargill BV ( Klägerin ) und dem Inspecteur der invoerrechten en accijnzen ( Beklagter ) über die Tarifierung von gemahlenen Sojabohnenhäuten.
3 Die Klägerin führte 1983 einen Posten Sojahäute in die Niederlande ein und gab in der Zollanmeldung an, es handele sich um Waren der Tarifstelle 23.04 B, für die damals eine Zollbefreiung vorgesehen war. Nach einer Untersuchung des Erzeugnisses wies der Beklagte die Sojahäute der Tarifstelle 23.06 B zu, mit der Folge, daß ein Einfuhrzoll von 2 % des Wertes fällig wurde.
4 Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Klage bei der Tariefcommissie. Diese hat in der Erwägung, daß das betreffende Erzeugnis nicht nur den von den Parteien angeführten Positionen des gemeinsamen Zolltarifs, sondern auch den Tarifnummern 23.02 oder 23.07 zugewiesen werden könnte, das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Vorabentscheidungsfrage vorgelegt :
"Welcher Tarifnummer ( Tarifstelle ) des gemeinsamen Zolltarifs sind die in der Darstellung des Sachverhalts beschriebenen gemahlenen Sojabohnenhäute zuzuweisen?"
5 Wegen weiterer Einzelheiten der Vorgeschichte des Rechtsstreits und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.
6 Das streitige Erzeugnis wurde im Ausgangsverfahren als aus gemahlenen Sojabohnenhüllen ( Saathäuten ) bestehend definiert; die Parteien haben sich im Ausgangsverfahren auf deren Bezeichnung als "Sojahäute" geeinigt.
7 Die Tarifnummer 23.07 kommt für die Tarifierung der Sojahäute nicht in Betracht. Sie betrifft nämlich "Futter, melassiert oder gezuckert" und "andere Zubereitungen der bei der Fütterung verwendeten Art ". Sojahäute sind weder melassiert noch gezuckert; es handelt sich bei ihnen auch nicht um eine Zubereitung, denn sie sind nicht das Ergebnis einer Verarbeitung anderer Erzeugnisse oder einer Mischung mehrerer Erzeugnisse.
8 Die Sojahäute können auch nicht der Tarifnummer 23.02 zugewiesen werden, da es sich bei Sojabohnen weder um Getreide noch um Hülsenfrüchte handelt, für die diese Tarifnummer ausschließlich gilt.
9 Die Tarifstelle 23.04 B betrifft andere Rückstände von der Gewinnung pflanzlicher Öle als solche, die bei der Gewinnung von Olivenöl entstehen. Deshalb ist zu prüfen, ob Sojahäute, wie die Klägerin geltend macht, als Rückstände von der Gewinnung von Sojaöl anzusehen sind.
10 Aus den Akten geht hervor, daß Sojahäute je nach der angewandten Technik vor ( mittels der Technik des "head-end dehulling ") oder nach der tatsächlichen Gewinnung des Öls ( Technik des "tail-end dehulling ") abgelöst werden können. Da es sich jedoch um das gleiche Erzeugnis handelt, kann die angewandte Technik nicht maßgebend für die Tarifierung sein.
11 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 11. März 1982 in der Rechtssache 129/81 ( Fancon, Slg. 1982, 967 ) entschieden hat, ergibt sich aus der Abfassung der Tarifnummer 23.04, daß der Begriff "Rückstände" nicht mit "Abfällen" verwechselt werden darf. Deshalb deckt diese Tarifnummer nicht alle Erzeugnisse ab, die nach der Gewinnung eines pflanzlichen Öls zurückbleiben. Vielmehr ist erforderlich, daß es sich um Erzeugnisse handelt, die unmittelbar beim Vorgang der Ölgewinnung zurückbleiben, und nicht um Erzeugnisse, die sich bereits im Grunderzeugnis finden und während des Vorgangs der Ölgewinnung nicht verändert werden.
12 Da die Sojahäute unabhängig davon, ob sie vor oder nach dem tatsächlichen Vorgang der Ölgewinnung von den Bohnen abgelöst werden, nicht unmittelbares Ergebnis dieses Vorgangs sind, sind sie nicht als Rückstände von der Gewinnung von Sojaöl anzusehen und können deshalb nicht der Tarifstelle 23.04 B zugewiesen werden.
13 Schließlich können die Sojahäute der Tarifstelle 23.06 B, "Waren pflanzlichen Ursprungs der als Futter verwendeten Art, anderweit weder genannt noch inbegriffen :... andere" zugewiesen werden.
14 Im Verfahren ist unbestritten, daß Sojahäute nur zur Verwendung als Tierfutter bestimmt sind. Da sie keiner anderen besonderen Tarifposition zuzuweisen sind, ist für die Tarifierung der Sojahäute die Tarifstelle 23.06 B heranzuziehen.
15 Deshalb ist auf die vom vorlegenden Gericht gestellte Frage zu antworten, daß gemahlene Sojabohnenhäute der Tarifstelle 23.06 B des gemeinsamen Zolltarifs zuzuweisen sind.
Kostenentscheidung:
Kosten
16 Die Auslagen des Vereinigten Königreichs und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Tenor:
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF ( Vierte Kammer )
auf die ihm von der Tariefcommissie mit Beschluß vom 6. April 1987 vorgelegte Frage für Recht erkannt :
Gemahlene Sojabohnenhäute sind der Tarifstelle 23.06 B des gemeinsamen Zolltarifs zuzuweisen.
Ende der Entscheidung
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