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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 08.02.1968
Aktenzeichen: 28-66
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
1. DIE GENEHMIGUNG VON AUSNAHMETARIFEN HAT DEN ZWECK, EINE VORÜBERGEHENDE UNTERSTÜTZUNG ZU GEWÄHREN, UM - NAMENTLICH DURCH EINE UMSTELLUNG DER ERZEUGUNG UND VERTEILUNG - AUSSERGEWÖHNLICHE, AUF UNVORHERSEHBAREN UMSTÄNDEN BERUHENDE SCHWIERIGKEITEN ZU ÜBERWINDEN, WELCHE DAZU FÜHREN KÖNNEN, DASS DIE ZUSAMMENSETZUNG DER ERZEUGUNGSKOSTEN DEN NATÜRLICHEN WETTBEWERBSBEDINGUNGEN DER UNTERNEHMEN NICHT MEHR ENTSPRICHT. VGL. LEITSATZ NR. 2 DES URTEILS IN DEN VERBUNDENEN RECHTSSACHEN 27 - 29/58, RSPRGH VI/1961, 518.
2. BEI DER ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE UNVORHESEHBARKEIT DER DIE AUSNAHMETARIFE RECHTFERTIGENDEN UMSTÄNDE IST AUF DEN SACHVERHALT DES EINZELFALLS UND AUF EINE VERNÜNFTIGE VORAUSSCHAU ABZUSTELLEN.
UNVORHERSEHBARE UMSTÄNDE SIND VERÄNDERUNGEN DER INFRASTRUKTUR DES VERKEHRS, DIE EINE NEUORIENTIERUNG DER WIRTSCHAFT NACH SICH ZIEHEN.
3. DER IN ARTIKEL 2 ABSATZ 2 DES VERTRAGES GEBRAUCHTE BEGRIFF DER VORAUSSETZUNGEN, DIE VON SICH AUS DIE RATIONELLSTE VERTEILUNG DER ERZEUGUNG SICHERN, DARF NICHT ALS EINE UNVERÄNDERLICHE GRÖSSE VERSTANDEN WERDEN. ER ERFASST SACHVERHALTE, DIE - VOR ALLEM IM ZEITABLAUF - UNGEWISS UND VERÄNDERLICH SIND.
4. ES TRIFFT ZU, DASS ES BEI DER SCHAFFUNG DES GEMEINSAMEN MARKTES VORNEHMLICH AUF DIE RATIONELLSTE VERTEILUNG DER ERZEUGUNG AUF DEM HÖCHSTEN LEISTUNGSSTAND ANKOMMT. DIES BEDEUTET ABER NICHT, DASS DIE IN ARTIKEL 2 DES VERTRAGES GENANNTEN SOZIALPOLITISCHEN ZIELE UNTER ALLEN UMSTÄNDEN ZWEITRANGIG SEIN MÜSSTEN UND DASS DIE GEMEINSCHAFT IN KEINEM FALL IHR HANDELN VON IHNEN BESTIMMEN LASSEN DÜRFTE.
DIE IN DEN ARTIKELN 2 UND 3 AUFGESTELLTEN ALLGEMEINEN ZIELE DES VERTRAGES KÖNNEN NICHT SÄMTLICH UNTER ALLEN UMSTÄNDEN IN VOLLEM UMFANG GLEICHZEITIG VERFOLGT WERDEN. DIE GEMEINSCHAFT MUSS DAHER STÄNDIG FÜR EINEN AUSGLEICH ZWISCHEN EINZELNEN ZIELEN SORGEN. SIE MUSS FERNER, WENN WIDERSPRÜCHE AUFTRETEN, DEM EINEN ODER ANDEREN DIESER ALLGEMEINEN ZIELE DEN IHM NACH IHRER MEINUNG UNTER DEN WIRTSCHAFTLICHEN VERHÄLTNISSEN, FÜR DIE SIE IHRE ENTSCHEIDUNG TRIFFT, GEBÜHRENDEN VORRANG EINRÄUMEN. VGL. LEITSATZ NR.4 DES URTEILS 8/57, RSPRGH IV/1958, 236.
5. DASS DIE ANWENDUNG VON AUSNAHMETARIFEN ZUGUNSTEN EINES ODER MEHRERER UNTERNEHMEN FÜR ZULÄSSIG ERKLÄRT WIRD, BEDEUTET NICHT NOTWENDIGERWEISE, DASS NUR MASSNAHMEN ZUGUNSTEN DER EINZELNEN UNTERNEHMEN ZULÄSSIG WÄREN, UND SCHLIESST KEINESWEGS MASSNAHMEN AUS, DIE AUF EINE GRUPPE IN GLEICHER LAGE BEFINDLICHER UNTERNEHMEN ABGESTELLT WERDEN.
6. AUSNAHMETARIFE IM BINNENVERKEHR HABEN AUSNAHMECHARAKTER. SIE SIND DAHER NACH DEM VERTRAG NUR ZULÄSSIG, SOWEIT SIE ES DEN BEGÜNSTIGTEN UNTERNEHMEN ERMÖGLICHEN, BINNEN ANGEMESSENER FRIST ARBEITSBEDINGUNGEN WIEDERHERZUSTELLEN, DIE VON SICH AUS DIE VERTEILUNG DER ERZEUGUNG AUF DEM HÖCHSTEN LEISTUNGSSTAND GEWÄHRLEISTEN. DIE HOHE BEHÖRDE MUSS DESHALB GENEHMIGUNGEN VON AUSNAHMETARIFEN BEFRISTEN. VGL. LEITSATZ NR. 2 DES URTEILS IN DEN VERBUNDENEN RECHTSSACHEN 27-29/58, RSPRGH VI/1961, 518.
URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 8. FEBRUAR 1968. - REGIERUNG DES KOENIGREICHS DER NIEDERLANDE GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - RECHTSSACHE 28-66.
Entscheidungsgründe:
DIE KLAEGERIN BEGRÜNDET IHRE KLAGE DAMIT, DIE HOHE BEHÖRDE HABE DURCH DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG DIE GENEHMIGUNGEN ERTEILT, OHNE DIE VORAUSSETZUNGEN ZU BEACHTEN, VON DENEN VOR ALLEM NACH DEN ARTIKELN 4 BUCHSTABE B UND 70 DES VERTRAGES DIE ZULÄSSIGKEIT VON AUSNAHMETARIFEN IM BINNENVERKEHR ABHÄNGT. ÜBER DIESE VORAUSSETZUNGEN HABE DER GERICHTSHOF SCHON FRÜHER ENTSCHIEDEN. DIE AUSNAHMETARIFE, VON DENEN ARTIKEL 70 ABSATZ 4 DES VERTRAGES HANDELT, KÖNNTEN DANACH NUR GENEHMIGT WERDEN, UM DIE BEGÜNSTIGTEN UNTERNEHMEN IN DIE LAGE ZU VERSETZEN, AUF UNVORHERSEHBAREN UMSTÄNDEN BERUHENDE AUSSERGEWÖHNLICHE UND VORÜBERGEHENDE SCHWIERIGKEITEN ZU ÜBERWINDEN, WELCHE DAZU FÜHREN KÖNNEN, DASS DIE ZUSAMMENSETZUNG DER ERZEUGUNGSKOSTEN DEN NATÜRLICHEN ARBEITSBEDINGUNGEN DIESER UNTERNEHMEN NICHT MEHR ENTSPRICHT.
DIE KLAEGERIN MACHT HIERZU ALS ERSTES GELTEND, DURCH DIE KANALISIERUNG DER MOSEL, DES MAINS UND DES NECKARS HÄTTEN SICH DIE WETTBEWERBSBEDINGUNGEN DER SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN NICHT NUR VORÜBERGEHEND, SONDERN FÜR DIE DAUER GEÄNDERT. AUSSERDEM SEIEN VERBESSERUNGEN DER VERKEHRSWEGE DURCH ÖFFENTLICHE ARBEITEN EINE STÄNDIGE SORGE DER BEHÖRDEN ALLER MITGLIEDSTAATEN UND KÖNNTEN NICHT ALS UNVORHERSEHBARER UMSTAND ANGESEHEN WERDEN. FERNER FIELEN DIE NATÜRLICHEN UND TECHNISCHEN BEDINGUNGEN UNTER DENEN DIE EINZELNEN ERZEUGER ARBEITEN, MIT IHREN STÄNDIGEN ODER DOCH JEDERZEIT ZU GEWÄRTIGENDEN VERÄNDERUNGEN AUCH DANN UNTER DEN BEGRIFF DER NATÜRLICHEN ARBEITSBEDINGUNGEN DER UNTERNEHMEN, WENN DIESE VERÄNDERUNGEN AUF MENSCHLICHE EINGRIFFE ZURÜCKZUFÜHREN SEIEN.
ZU DIESEN NATÜRLICHEN ARBEITSBEDINGUNGEN SEI AUCH DIE LAGE DER UNTERNEHMEN HINSICHTLICH DER GEGEBENEN UND JEDERZEIT VERÄNDERUNGEN AUSGESETZTEN INFRASTRUKTUR DES VERKEHRS ZU RECHNEN. VERÄNDERUNGEN DIESER INFRASTRUKTUR WIE DIE IM VORLIEGENDEN FALL EINGETRETENEN SEIEN DAHER NICHT ALS EREIGNISSE ANZUSEHEN, WELCHE DAZU FÜHREN KÖNNEN, DASS DIE ZUSAMMENSETZUNG DER ERZEUGUNGSKOSTEN DEN NATÜRLICHEN ARBEITSBEDINGUNGEN DER SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN NICHT MEHR ENTSPRICHT. SOLCHE VERÄNDERUNGEN SEIEN JA GERADE BESTANDTEIL DIESER BEDINGUNGEN.
ZUNÄCHST DARF DIE TATSACHE DER DURCH DIE MOSEL -, MAIN - UND NECKARKANALISIERUNG IN DEN WETTBEWERBSBEDINGUNGEN DER SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN EINGETRETENEN VERÄNDERUNG NICHT MIT DEN SICH AUS IHR ERGEBENDEN WIRTSCHAFTLICHEN FOLGEN ODER GENAUER DEN DIESEN UNTERNEHMEN DURCH SIE ENTSTEHENDEN SCHWIERIGKEITEN VERWECHSELT WERDEN. DIESE VERÄNDERUNG SELBST IST VON DAUER. DARAUS FOLGT ABER NICHT, DASS AUCH DIE BESTIMMTEN UNTERNEHMEN DURCH SIE ENTSTEHENDEN SCHWIERIGKEITEN DAUERNDE SEIN MÜSSEN. ES IST VIELMEHR DURCHAUS VORSTELLBAR, DASS DIESE SCHWIERIGKEITEN SICH ÜBERWINDEN LASSEN, INSBESONDERE DURCH EINE UMSTELLUNG DER PRODUKTION UND DES VERTRIEBS, FÜR DIE EINE ANGEMESSENE, ZEITLICH BEGRENZTE HILFE BERECHTIGT IST. EINE SOLCHE DIE UMSTELLUNG ERLEICHTERNDE HILFE SOLLEN DIE STREITIGEN AUSNAHMETARIFE GERADE BRINGEN.
BEI DER ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE UNVORHERSEHBARKEIT DER DIE AUSNAHMETARIFE RECHTFERTIGENDEN UMSTÄNDE IST AUF DEN SACHVERHALT DES EINZELFALLS UND AUF EINE VERNÜNFTIGE VORAUSSCHAU ABZUSTELLEN. HIERBEI IST AUF DEM GEBIET DES VERKEHRSWESENS ZU UNTERSCHEIDEN ZWISCHEN SOLCHEN ARBEITEN, DIE DEM NORMALEN AUSBAU DER INFRASTRUKTUR DIENEN, UND SOLCHEN, IM ALLGEMEINEN WEIT BEDEUTENDEREN ARBEITEN, DIE EINE NEUORIENTIERUNG DER WIRTSCHAFT NACH SICH ZIEHEN. IM VORLIEGENDEN FALL KANN ABER DIE MOSEL -, MAIN - UND NECKARKANALISIERUNG NICHT ZU DEN ARBEITEN GERECHNET WERDEN, DIE DEM NORMALEN AUSBAU DER INFRASTRUKTUR DIENEN, WIE ER JEDEM MITGLIEDSTAAT OBLIEGT.
DIE KLAEGERIN RÜGT SODANN, DASS DIE HOHE BEHÖRDE DIE STREITIGEN UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHMEN MIT DER VERÄNDERUNG DER INFRASTRUKTUR AUF DEM GEBIET DER WASSERSTRASSEN BEGRÜNDET HAT. ZWECK UND WIRKUNG DIESER MASSNAHME BESTÜNDEN NICHT DARIN, VON AUSSEN AUF DIE NATÜRLICHEN ARBEITSBEDINGUNGEN EINWIRKENDE EINFLÜSSE ABZUWEHREN, WELCHE DAZU FÜHREN KÖNNTEN, DASS DIE ZUSAMMENSETZUNG DER ERZEUGUNGSKOSTEN JENEN BEDINGUNGEN NICHT MEHR ENTSPRICHT. SIE SOLLE IM GEGENTEIL DIE AUSWIRKUNGEN AUSGLEICHEN, DIE SICH AUS DEN UNTERSCHIEDEN IN DEN NATÜRLICHEN ARBEITSBEDINGUNGEN DER UNTERNEHMEN FÜR DEN WETTBEWERB ERGEBEN.
DIE RÜGE GREIFT NICHT DURCH. DER IN ARTIKEL 2 ABSATZ 2 DES VERTRAGES GEBRAUCHTE BEGRIFF DER VORAUSSETZUNGEN, DIE VON SICH AUS DIE RATIONELLSTE VERTEILUNG DER ERZEUGUNG SICHERN, DARF NICHT ALS EINE UNVERÄNDERLICHE GRÖSSE VERSTANDEN WERDEN. ER ERFASST SACHVERHALTE, DIE - VOR ALLEM IM ZEITABLAUF - UNGEWISS UND VERÄNDERLICH SIND. SO ERGIBT SICH AUS ÖFFENTLICHEN ARBEITEN, DIE EINE VERÄNDERUNG DER INFRASTRUKTUR EINER REGION MIT SICH BRINGEN, IN DER UNTERNEHMEN IHREN STANDORT HABEN, ANFANGS GEWISS EINE PLÖTZLICHE VERÄNDERUNG DER BISHERIGEN UMWELT, MAG DIE NEUE LAGE AUCH TEIL DER ARBEITSBEDINGUNGEN ZU WERDEN BESTIMMT SEIN, UNTER DENEN DIE UNTERNEHMEN KÜNFTIG IHRE TÄTIGKEIT AUSZUÜBEN HABEN.
DIESE RÜGEN SIND DAHER ZURÜCKZUWEISEN.
DIE KLAEGERIN RÜGT FERNER, DIE HOHE BEHÖRDE HABE BEI DER BEGRÜNDUNG IHRER DIE STREITIGEN TARIFE AUFRECHTERHALTENDEN ENTSCHEIDUNG ZU GROSSES GEWICHT AUF SOZIALPOLITISCHE ZIELE GELEGT. ZUR BEGRÜNDUNG FÜHRT SIE AUS, UNTER DEN IN ARTIKEL 2 AUFGEFÜHRTEN ZIELEN SEI DAS GEBOT, DAFÜR ZU SORGEN, DASS KEINE UNTERBRECHUNG IN DER BESCHÄFTIGUNG EINTRITT, ZWEITRANGIG IM VERHÄLTNIS ZU DEM, DIE RATIONELLSTE VERTEILUNG DER ERZEUGUNG AUF DEM HÖCHSTEN LEISTUNGSSTAND ZU SICHERN. EIN VORÜBERGEHENDER RÜCKGANG DER BESCHÄFTIGUNG UND DIE SCHLIESSUNG VON UNTERNEHMEN, DIE NUR MIT STÄNDIGER AUSREICHENDER HILFE WEITERBESTEHEN KÖNNTEN, MÜSSTEN NACH DER RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES HINGENOMMEN WERDEN.
S. 20
ES TRIFFT ZU, DASS ES BEI DER SCHAFFUNG DES GEMEINSAMEN MARKTES VORNEHMLICH AUF DIE RATIONELLSTE VERTEILUNG DER ERZEUGUNG AUF DEM HÖCHSTEN LEISTUNGSSTAND ANKOMMT. DIES BEDEUTET ABER NICHT, DASS DIE IN ARTIKEL 2 DES VERTRAGES GENANNTEN SOZIALPOLITISCHEN ZIELE UNTER ALLEN UMSTÄNDEN ZWEITRANGIG SEIN MÜSSTEN UND DASS DIE GEMEINSCHAFT IN KEINEM FALL IHR HANDELN VON IHNEN BESTIMMEN LASSEN DÜRFTE. DIE IN DEN ARTIKELN 2 UND 3 AUFGESTELLTEN ALLGEMEINEN ZIELE DES VERTRAGES KÖNNEN NICHT SÄMTLICH UNTER ALLEN UMSTÄNDEN IN VOLLEM UMFANG GLEICHZEITIG VERFOLGT WERDEN. DIE GEMEINSCHAFT MUSS DAHER STÄNDIG FÜR EINEN AUSGLEICH ZWISCHEN EINZELNEN ZIELEN SORGEN. SIE MUSS FERNER, WENN WIDERSPRÜCHE AUFTRETEN, DEM EINEN ODER ANDEREN DIESER ALLGEMEINEN ZIELE DEN IHM NACH IHRER MEINUNG UNTER DEN WIRTSCHAFTLICHEN VERHÄLTNISSEN, FÜR DIE SIE IHRE ENTSCHEIDUNG TRIFFT, GEBÜHRENDEN VORRANG EINRÄUMEN. WENN DIE GEFAHR BESTEHT, DASS SCHWIERIGKEITEN, VON DENEN BESTIMMTE UNTERNEHMEN BETROFFEN WERDEN, ZU AUSGEDEHNTER ARBEITSLOSIGKEIT FÜHREN, DIE DEN ALLGEMEINEN SOZIALPOLITISCHEN ZIELEN ZUWIDERLÄUFT, SO KANN DIE GEMEINSCHAFT GEEIGNETE MASSNAHMEN ERGREIFEN, UM GANZ BESONDERS DIESE ZIELE ZU VERFOLGEN. ES KANN DURCHAUS DER GEEIGNETE WEG SEIN, SOLCHE SCHWIERIGKEITEN ZU ÜBERWINDEN, WENN SIE ARTIKEL 70 ABSATZ 4 DES VERTRAGES ANWENDET, NICHT UM DEN BETROFFENEN EINE DAUERNDE, MIT DEN ALLGEMEINEN ZIELEN DES VERTRAGES UNVEREINBARE SUBVENTION ZUZUWENDEN, WOHL ABER UM SIE IN DIE LAGE ZU VERSETZEN, SICH MÖGLICHST SCHNELL AN DIE NEUE WETTBEWERBSLAGE ANZUPASSEN.
DIE RÜGE GREIFT DAHER NICHT DURCH.
DIE KLAEGERIN MEINT NOCH, DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG VERLETZE ARTIKEL 70 ABSATZ 4 DES VERTRAGES, DA SIE ENTGEGEN DIESER BESTIMMUNG, DIE AUSNAHMETARIFE ZUGUNSTEN " EINES ODER MEHRERER UNTERNEHMEN " DER KOHLEFÖRDERUNG UND STAHLERZEUGUNG VORSIEHT, DIE STREITIGEN TARIFE GENEHMIGT HABE, OHNE DIE KONKRETEN BETRIEBSVERHÄLTNISSE DER EINZELNEN BETROFFENEN SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN INDIVIDÜLL ZU PRÜFEN. SIE MACHT INSBESONDERE GELTEND, DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG ENTHALTE KEINE AUSREICHENDEN ANGABEN ÜBER DIE UNMITTELBAREN UND MITTELBAREN AUSWIRKUNGEN DER VORERWÄHNTEN KANALISIERUNGEN AUF DIE SAARLÄNDISCHEN STAHLUNTERNEHMEN UND ERLAUBE KEIN URTEIL DARÜBER, OB DIE UMSTRITTENEN TARIFE NICHT ZU EINER ÜBERMÄSSIGEN UNTERSTÜTZUNG DER BEGÜNSTIGTEN UNTERNEHMEN FÜHREN.
DASS DIE ANWENDUNG VON AUSNAHMETARIFEN ZUGUNSTEN EINES ODER MEHRERER UNTERNEHMEN FÜR ZULÄSSIG ERKLÄRT WIRD, BEDEUTET NICHT NOTWENDIGERWEISE, DASS NUR MASSNAHMEN ZUGUNSTEN DER EINZELNEN UNTERNEHMEN ZULÄSSIG WÄREN, UND SCHLIESST KEINESWEGS MASSNAHMEN AUS, DIE AUF EINE GRUPPE IN GLEICHER LAGE BEFINDLICHER UNTERNEHMEN ABGESTELLT WERDEN. AUSSERDEM HAT DIE KANALISIERUNG DER VORGENANNTEN FLÜSSE DIE WETTBEWERBSBEDINGUNGEN, SOWEIT SIE VON DEN VERKEHRSVERHÄLTNISSEN ABHÄNGEN, NUR ZWISCHEN DEN DER EGKS UNTERSTEHENDEN SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN UND DEN KONKURRENZUNTERNEHMEN ANDERER REVIERE, DIE SICH DER NEUEN WASSERSTRASSEN BEDIENEN KÖNNEN, VERÄNDERT. SIE BERÜHRT ALSO NUR DIE WETTBEWERBSBEDINGUNGEN ZWISCHEN VERSCHIEDENEN REVIEREN, NICHT DIE ZWISCHEN EINZELNEN UNTERNEHMEN. DAHER KONNTEN DIE STREITIGEN AUSNAHMETARIFE, DIE DEN SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN EINGERÄUMT WURDEN, UM SIE IN DIE LAGE ZU VERSETZEN, DIE IHNEN DURCH DIE KANALISIERUNGEN ENTSTANDENEN SCHWIERIGKEITEN ZU ÜBERWINDEN, GLEICHFALLS GLOBAL FESTGESETZT WERDEN. WAS INSBESONDERE DIE SAARLÄNDISCHEN STAHLUNTERNEHMEN ANBELANGT, SO IST KEIN BEWEIS DAFÜR ANGETRETEN, DASS DIESE TARIFE ZU EINER ÜBERMÄSSIGEN UNTERSTÜTZUNG FÜR DIE BEGÜNSTIGTEN UNTERNEHMEN FÜHREN.
S. 21
DIE RÜGE IST SOMIT UNBEGRÜNDET.
DIE KLAEGERIN RÜGT WEITER, DIE HOHE BEHÖRDE HABE DIE AUSNAHMETARIFE GENEHMIGT, UM DIE SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN IN DIE LAGE ZU VERSETZEN, STRUKTURELLE SCHWIERIGKEITEN ZU ÜBERWINDEN. DADURCH HABE SIE AN DER REGIONALEN WIRTSCHAFTSPOLITIK EINES MITGLIEDSTAATS MITGEWIRKT. SIE DÜRFE JEDOCH IHR VERHALTEN NICHT DEN ERFORDERNISSEN EINER SOLCHEN POLITIK ANPASSEN. ARTIKEL 70 ABSATZ 4 DES VERTRAGES SEI EINE AUSNAHMEVORSCHRIFT. DIE HOHE BEHÖRDE HABE, WENN SIE DEN STRUKTURELLEN SCHWIERIGKEITEN DES SAARLANDES HABE ABHELFEN WOLLEN, ANDERE WEGE BESCHREITEN KÖNNEN, SO DEN DER ARTIKEL 37 UND 67 DES VERTRAGES ODER DEN DES PROTOKOLLS EINES ABKOMMENS BETREFFEND DIE ENERGIEFRAGEN VOM 21. APRIL 1964 UND DER ENTSCHEIDUNG NR. 3/65 DER HOHEN BEHÖRDE VOM 17. FEBRUAR 1965.
DIE BEGRÜNDUNG DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG ERLAUBT IN IHRER GESAMTHEIT DIE FESTSTELLUNG, DASS DIE VERÄNDERUNGEN, DENEN DIE WETTBEWERBSBEDINGUNGEN ALS FOLGE DER ERWÄHNTEN KANALISIERUNGEN UNTERWORFEN WAREN, VERHÄLTNISSE NOCH VERSCHLIMMERT HABEN, DIE SCHON OHNEDIES BESORGNIS ERREGEN MUSSTEN, DASS DIE HOHE BEHÖRDE ABER MIT DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG NUR DIESER VERSCHLIMMERUNG BEGEGNEN WOLLTE, SOWEIT SIE ALS NICHT ENDGÜLTIG ANGESEHEN WERDEN KANN. DER AUSSCHLAGGEBENDE GRUND FÜR DIESE ENTSCHEIDUNG IST ALSO IM WESENTLICHEN DER WILLE, DIESEN ANPASSUNGSSCHWIERIGKEITEN ABZUHELFEN. DIE STREITIGEN TARIFE MÖGEN VOM STANDPUNKT DER REGIERUNG AUS, DIE SIE EINGEFÜHRT HAT, ALS MASSNAHMEN REGIONALER WIRTSCHAFTSPOLITIK ERSCHEINEN. WEDER DER BEGRÜNDUNG DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG NOCH DEM ZWECK DER STREITIGEN GENEHMIGUNGEN IST ABER ZU ENTNEHMEN, DASS DIE HOHE BEHÖRDE IHRE ENTSCHEIDUNG AUS ERWAEGUNGEN GETROFFEN HABE, DIE DEN GRUNDSÄTZEN DES VERTRAGES NICHT ENTSPRECHEN.
S. 22
DIE RÜGE GREIFT DAHER NICHT DURCH.
DIE KLAEGERIN MACHT ENDLICH NOCH GELTEND, DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG SEI DESWEGEN RECHTSWIDRIG, WEIL SIE DIE GENEHMIGUNGEN NICHT BEFRISTET. DIE GENEHMIGUNGEN SEIEN KEINE VORÜBERGEHENDEN MASSNAHMEN, SONDERN BEWILLIGTEN DEN SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN ENTGEGEN DEN VORSCHRIFTEN VON ARTIKEL 70 ABSATZ 4 DES VERTRAGES FÜR DIE DAUER ODER FÜR UNBESTIMMTE ZEIT EINE VERGÜNSTIGUNG.
DIE BEKLAGTE HÄLT DEM ENTGEGEN, DASS DIE GENEHMIGUNGEN NUR VORÜBERGEHEND ERTEILT SEIEN, ERGEBE SICH AUS ARTIKEL 4 ABSATZ 2 DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG, DEM ZUFOLGE DIE GENEHMIGUNGEN AUFGRUND EINER GESAMTHEIT BESTIMMTER TATSÄCHLICHER UMSTÄNDE ERTEILT WORDEN SEIEN UND JEDERZEIT AUF ANTRAG EINES BETEILIGTEN ODER VON AMTS WEGEN ÜBERPRÜFT WERDEN KÖNNTEN. SIE BEMERKT FERNER, SIE HABE KÜRZLICH MIT ZUSTIMMUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS BEGONNEN, GENEHMIGUNGEN DIESER ART NICHT MEHR KURZFRISTIG MIT JÄHRLICHER ERNEUERUNG, SONDERN MIT KLAUSELN WIE DER DES ARTIKELS 4 ABSATZ 2 ZU ERTEILEN.
DIE IN ARTIKEL 70 ABSATZ 4 DES VERTRAGES VORGESEHENEN AUSNAHMETARIFE IM BINNENVERKEHR ENTSPRECHEN IHREM WESEN UND IHRER BEDEUTUNG NACH DEN SCHUTZMASSNAHMEN, DURCH DIE EIN MITGLIEDSTAAT DIE WETTBEWERBSLAGE BESTIMMTER UNTERNEHMEN WIEDER AUSZUGLEICHEN SUCHT, DIE VON VORÜBERGEHENDEN SCHWIERIGKEITEN BEI DER HERSTELLUNG ODER BEIM ABSATZ IHRER ERZEUGNISSE BETROFFEN WERDEN. ARTIKEL 70 ABSATZ 4 VERPFLICHTET DIE HOHE BEHÖRDE, SICH ZU VERGEWISSERN, DASS DIE AUSNAHMETARIFE IM BINNENVERKEHR MIT DEN GRUNDSÄTZEN DES VERTRAGES IM EINKLANG STEHEN. AUS DEN EINLEITENDEN BESTIMMUNGEN DES VERTRAGES, INSBESONDERE AUS DEN ARTIKELN 2 BIS 4, DIE DIE WESENTLICHEN ZIELE DER GEMEINSCHAFT BEZEICHNEN, GEHT HERVOR, DASS UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHMEN WIE DIE VORLIEGENDE LEDIGLICH AUSNAHMECHARAKTER HABEN. DIES WIRD NOCH DURCH ARTIKEL 70 ABSATZ 4 BEKRÄFTIGT, WONACH DIE HOHE BEHÖRDE BEFUGT IST, DIE GENEHMIGUNG NUR BEFRISTET ODER BEDINGT ZU ERTEILEN. DIESE MASSNAHMEN SIND DAHER NUR ZULÄSSIG, SOWEIT SIE ES ERMÖGLICHEN, BINNEN ANGEMESSENER FRIST ARBEITSBEDINGUNGEN WIEDERHERZUSTELLEN, DIE VON SICH AUS DIE RATIONELLSTE VERTEILUNG DER ERZEUGUNG AUF DEM HÖCHSTEN LEISTUNGSSTAND GEWÄHRLEISTEN. DIE VON DER HOHEN BEHÖRDE ERTEILTE GENEHMIGUNG IST NICHT BEFRISTET UND SPORNT DAHER DIE BEGÜNSTIGTEN UNTERNEHMEN NICHT WIRKSAM GENUG AN, SICH DEN NEUEN WETTBEWERBSBEDINGUNGEN ANZUPASSEN UND DIE AUSNAHMETARIFE NICHT ALS DAUERNDE UNTERSTÜTZUNG ZUM AUSGLEICH IHRER SCHWIERIGKEITEN ANZUSEHEN.
S. 23
DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG IST AUSSCHLIESSLICH MIT WIRTSCHAFTLICHEN SCHWIERIGKEITEN BEGRÜNDET, DIE ALLE DER EGKS UNTERSTEHENDEN SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN BETREFFEN. SIE SIEHT IN ARTIKEL 2 AUFLAGEN VOR, DIE VERHINDERN SOLLEN, DASS DIE ANWENDUNG DER UMSTRITTENEN TARIFE ZU DISKRIMINIERUNGEN BESTIMMTER KONKURRENTEN DER SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN FÜHRT, DIE ABER NICHT DAZU BESTIMMT SIND, DIESE LETZTEREN ZUR ANPASSUNG ANZUSPORNEN. SIE BEFRISTET AUCH DIE UMSTRITTENEN GENEHMIGUNGEN NICHT. NACH IHREM ARTIKEL 4 ABSATZ 2 KÖNNEN DIE VON DER HOHEN BEHÖRDE ERTEILTEN GENEHMIGUNGEN WIDERRUFEN WERDEN, WENN DIE TATSÄCHLICHEN UMSTÄNDE, AUF DENEN SIE BERUHEN, SICH GEÄNDERT HABEN ODER NICHT MEHR BESTEHEN. DIESE BESTIMMUNG LÄUFT DARAUF HINAUS, DASS DIE GENEHMIGUNGEN AUFRECHTERHALTEN BLEIBEN KÖNNEN, SOLANGE DIE SIE RECHTFERTIGENDEN SCHWIERIGKEITEN FORTBESTEHEN. SIE BERÜCKSICHTIGT NICHT, DASS DAS WESENTLICHE ZIEL DER ERTEILTEN GENEHMIGUNG GERADE DARIN BESTEHT, DEN BEGÜNSTIGTEN BEI DER ÜBERWINDUNG IHRER SCHWIERIGKEITEN BEHILFLICH ZU SEIN, NICHT ABER DARIN, DIESE SCHWIERIGKEITEN AUSZUGLEICHEN, SOLANGE SIE UNVERÄNDERT FORTBESTEHEN. SIE IST DAHER NUR EINE FORMELHAFTE KLAUSEL, DIE NICHT GEWÄHRLEISTET, DASS DIE SAARLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN DIE IHNEN ZUTEIL WERDENDE UNTERSTÜTZUNG SO VERWENDEN, WIE ES DEN ZIELEN DES VERTRAGES ENTSPRICHT. AUS DIESEM GRUND GENÜGT DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG IN IHREM ARTIKEL 4 ABSATZ 2 NICHT DEN ANFORDERUNGEN VON ARTIKEL 70 ABSATZ 4 DES VERTRAGES. SIE IST DAHER AUFZUHEBEN.
Kostenentscheidung:
NACH ARTIKEL 69 PARAGRAPH 2 ABSATZ 1 DER VERFAHRENSORDNUNG IST DIE UNTERLIEGENDE PARTEI AUF ANTRAG ZUR TRAGUNG DER KOSTEN ZU VERURTEILEN. DA DIE KLAEGERIN MIT IHRER KLAGE ERFOLG GEHABT HAT, IST DIE BEKLAGTE ZUR TRAGUNG DER KOSTEN DES VERFAHRENS ZU VERURTEILEN.
Tenor:
HAT
DER GERICHTSHOF
UNTER ABWEISUNG ALLER WEITERGEHENDEN ODER GEGENTEILIGEN ANTRAEGE FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :
1. DIE ENTSCHEIDUNG NR. 14/66 DER HOHEN BEHÖRDE WIRD AUFGEHOBEN. DIE SACHE WIRD AN DIE KOMMISSION ZURÜCKVERWIESEN.
2. DIE BEKLAGTE HAT DIE KOSTEN DES VERFAHRENS ZU TRAGEN.
Ende der Entscheidung
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