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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.12.1988
Aktenzeichen: 280/87
Rechtsgebiete: Verfahrensordnung


Vorschriften:

Verfahrensordnung Art. 69 § 2
Verfahrensordnung Art. 70
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Eine rein interne Organisationsmaßnahme - wie etwa eine Maßnahme zur Umverteilung der Aufgaben innerhalb einer Verwaltungseinheit -, die nicht geeignet ist, die den Betroffenen nach dem Statut zustehende Rechtsstellung und den Grundsatz der Entsprechung zwischen Besoldungsgruppe und Aufgabenbereich zu beeinträchtigen, stellt keine beschwerende Verfügung im Sinne von Artikel 25 des Statuts dar.

Eine solche Maßnahme fällt in das Ermessen, über das jede Verwaltung bei der Verteilung der Aufgaben auf ihre Bediensteten verfügt. Daher ist die Verwaltung nicht verpflichtet, den betroffenen Beamten zuvor anzuhören oder ihre Verfügung zu begründen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (VIERTE KAMMER) VOM 14. DEZEMBER 1988. - ANDRE HECQ GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - BESCHRAENKUNG DER AUFGABEN. - RECHTSSACHE 280/87.

Entscheidungsgründe:

1 Der Kläger, Beamter der Besoldungsgruppe B 3 der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, hat mit Klageschrift, die am 22. September 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben mit dem Antrag, die von einer nicht bekannten Person erlassene Verfügung unbekannten Datums, mit der ihm die Verantwortung auf dem Gebiet Klimatisierung, Heizung und sanitäre Anlagen für das Gebäude am Square Frère Orban in Brüssel entzogen wurde, aufzuheben und ihn in alle statutarischen Rechte wiedereinzusetzen, die er vor dem 1. Februar 1986 innehatte.

2 Nach einer Auskunft der Kommission, die sie auf eine Frage des Gerichtshofes hin erteilt hat, ist die Verfügung, mit der dem Kläger die Verantwortung für das Orban-Gebäude entzogen wurde, am 27. Januar 1987 von Herrn Bjorn Petersen, Leiter der Abteilung "Gebäude", getroffen worden. Mit dieser Verfügung sei beabsichtigt gewesen, das betreffende Gebäude, dessen Verwaltung eine Reihe technischer Probleme mit sich gebracht habe, dem Aufgabenbereich eines anderen Referats ( des Referats Verschiedene Technikbereiche, in dem in Gruppen mit je einem Verantwortlichen für jedes technische Problem gearbeitet werde ) zuzuweisen. Die Verfügung habe zu keiner Änderung der dienstlichen Verwendung des Klägers geführt; er sei innerhalb desselben Referats weiterhin mit der Verwaltung mehrerer Gebäude betraut gewesen, deren Zahl sich lediglich um eine Einheit verringert habe.

3 Wegen weiterer Einzelheiten der Vorgeschichte des Rechtsstreits und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur soweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

4 Mit einer früheren Klage hatte der Kläger die Aufhebung der Verfügungen beantragt, mit denen ihm die Verantwortung für den Bereich Klimatisierung, Heizung und sanitäre Anlagen für die von der Kommission benutzten oder ab Dezember 1984 zu benutzenden neuen Gebäude übertragen worden war ( Rechtssache 19/87 ). Diese Verfügungen bezogen sich auf sechs Gebäude, zu denen auch das Orban-Gebäude gehört. Mit Urteil vom 23. März 1988 wies der Gerichtshof ( Vierte Kammer ) die Klage ab. Auf dieses Urteil hin hat der Kläger in der vorliegenden Rechtssache den Klagegrund, daß die angefochtene Verfügung die unmittelbare Folge früherer rechtswidriger Maßnahmen sei, fallenlassen.

5 Unter diesen Umständen sind nur die Klagegründe zu prüfen, mit denen geltend gemacht wird, daß die angefochtene Verfügung nicht nach dienstlichen Gesichtspunkten getroffen und nicht mit Gründen versehen worden sei und daß die Verwaltung ihre Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beamten verletzt habe, weil sie die Verfügung getroffen habe, ohne das Interesse des Klägers zu berücksichtigen und ohne ihm vorher Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben.

6 Die Kommission verteidigt sich im wesentlichen mit dem Vorbringen, daß die angefochtene Verfügung eine rein interne, aus technischen Gründen getroffene Organisationsmaßnahme sei. Insoweit führt sie aus, daß sich die Organisation der technischen Arbeiten im Orban-Gebäude, ohne daß man die technischen Leistungen des Klägers in irgendeiner Weise beanstanden könne, als ineffizient erwiesen habe. Die Überwachung auf verschiedenen Ebenen und die Koordination zwischen den verschiedenen betroffenen Handwerkern seien nicht gelungen, und das System der ursprünglich vorgesehenen technischen Einteilung habe nicht funktioniert. All dies habe zu technischen Fehlern geführt, namentlich zu einem Heizungsdefekt im Orban-Gebäude, der sehr störend gewesen sei. Angesichts dieser Umstände sei es erforderlich gewesen, die Verantwortung für dieses Gebäude dem Referat Verschiedene Technikbereiche der Abteilung "Gebäude" zu übertragen, das für die Bewältigung einer Vielzahl technischer Probleme besser ausgestattet sei.

7 Zur Beurteilung dieses Vorbringens ist zunächst festzustellen, daß der Kläger das Bestehen der von der Kommission angeführten technischen Probleme nicht im einzelnen bestritten und nicht vorgetragen hat, daß die Verfügung, mit der ihm die Verantwortung für das Orban-Gebäude entzogen wurde, in Wirklichkeit auf eine verschleierte Disziplinarstrafe hinauslaufe, die das Wesen seines Dienstpostens ändern solle. Es ist jedoch auch festzustellen, daß die angefochtene Verfügung zu einer Zeit getroffen wurde, als sich die Beziehungen zwischen dem Kläger und seinen Vorgesetzten erneut verschlechtert hatten, und daß die Kommission in ihrer Antwort auf die Beschwerde des Klägers sowohl Probleme der technischen Betreuung als auch das schlechte Arbeitsklima erwähnt. Diese Antwort bezieht sich nämlich zum einen auf das Fehlen einer "flexiblen und reibungslosen Koordination zwischen den verschiedenen Handwerkern" und einer "reibungslosen Überwachung auf verschiedenen Ebenen" in dem betreffenden Gebäude und zum anderen auf die Notwendigkeit, "gute Arbeitsbedingungen innerhalb der Abteilung und den Zusammenhalt und die Glaubwürdigkeit nach aussen zu erhalten ".

8 Die Kommission hat zwar nicht erklären können, welcher Zusammenhang zwischen den von ihr angeführten technischen Problemen und der Notwendigkeit, das Arbeitsklima zu verbessern, bestehen soll, doch hat der Kläger nichts vorgetragen, was die Sachdarstellung der Kommission in bezug auf die Art der seinerzeit im Orban-Gebäude gegebenen technischen Probleme entkräften könnte.

9 Aus diesen Gründen ist festzustellen, daß die streitige Verfügung keine andere Bedeutung hat, als aus der Liste der Gebäude, für die der Kläger verantwortlich war, ein Gebäude herauszunehmen, so daß diese Verfügung als rein interne Organisationsmaßnahme anzusehen ist, die in das Ermessen fällt, über das jede Verwaltung bei der Verteilung der Aufgaben auf ihre Bediensteten verfügt.

10 Zwar ist der Ausübung dieses Ermessens insoweit eine Grenze gezogen, als sie die den Betroffenen nach dem Statut zustehende Rechtsstellung und den Grundsatz der Entsprechung zwischen Besoldungsgruppe und Aufgabenbereich nicht beeinträchtigen darf ( siehe dazu das Urteil vom 17. Mai 1984 in der Rechtssache 338/82, Albertini und Montagnani, Slg. 1984, 2123 ). Eine solche Beeinträchtigung der Rechte des Klägers ist jedoch nicht dargetan.

11 Demnach kann die streitige Verfügung nicht als eine beschwerende Maßnahme im Sinne des Statuts angesehen werden; die Verwaltung war daher nicht verpflichtet, den Kläger zuvor anzuhören und die Verfügung zu begründen.

12 In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ausserdem beantragt, von Amts wegen festzustellen, daß Herr Petersen, der die angefochtene Verfügung erlassen habe, hierfür nicht zuständig gewesen sei. Die Zuständigkeit eines Abteilungsleiters zum Erlaß von Verfügungen im Rahmen der internen Organisation gehört jedoch nicht zu den Fragen, die der Gerichtshof von Amts wegen prüfen kann.

13 Da sich den Akten auch sonst nichts für die Feststellung entnehmen lässt, daß die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist, ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

14 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.

Tenor:

Aus diesen Günden

hat

DER GERICHTSHOF ( Vierte Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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