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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.06.1988
Aktenzeichen: 29/87
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 36
EWG-Vertrag Art. 30
EWG-Vertrag Art. 9
EWG-Vertrag Art. 95
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Mit der Richtlinie 70/524 über Zusatzstoffe in der Tierernährung und ihren vor der Richtlinie 84/587 liegenden Änderungen ist eine so weitgehende Harmonisierung erfolgt, daß die Mitgliedstaaten sich nicht auf Artikel 36 EWG-Vertrag berufen konnten, wenn sie bei der Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, aus anderen Mitgliedstaaten nationale Maßnahmen zur Sicherstellung der Identifizierung und Reinheit der betreffenden Zusatzstoffe trafen. Mit ihr ist jedoch keine so weitgehende Harmonisierung erfolgt, daß die Mitgliedstaaten sich für die gesundheitspolizeilichen Kontrollmaßnahmen, die für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer galten, nicht mehr auf Artikel 36 EWG-Vertrag berufen konnten.

2. Artikel 30 EWG-Vertrag ist dahin auszulegen, daß eine nationale Maßnahme, die die Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, von einer vorherigen Erlaubnis abhängig macht, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Artikels 30 EWG-Vertrag darstellt.

3. Eine jährliche Abgabe, die ein Mitgliedstaat von Importeuren von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, und inländischen Herstellern derselben Erzeugnisse in gleicher Weise erhoben hat und die die Kosten des Staates für die gemäß der Richtlinie 70/524 vorgenommenen Stichproben decken sollte, ist mit den Artikeln 9 und 95 EWG-Vertrag sowie mit der Richtlinie 70/524 vereinbar.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ZWEITE KAMMER) VOM 14. JUNI 1988. - DANSK DENKAVIT APS GEGEN LANDBRUGSMINISTERIET. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM OESTRE LANDSRET. - ZUSATZSTOFFE IN DER TIERERNAEHRUNG - IDENTIFIKATION UND REINHEIT. - RECHTSSACHE 29/87.

Entscheidungsgründe:

1 Das Östre Landsret hat mit Beschluß vom 30. Januar 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Februar 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag mehrere Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 70/524 des Rates vom 23. November 1970 über Zusatzstoffe in der Tierernährung ( ABl. L 270, S. 1 ), geändert durch die Richtlinien 73/103 des Rates vom 28. April 1973 ( ABl. L 124, S. 17 ) und 75/296 des Rates vom 28. April 1975 ( ABl. L 124, S. 29 ), sowie der Artikel 9, 30, 36 und 95 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt, um beurteilen zu können, ob bestimmte dänische Rechtsvorschriften über den Handel mit und die Einfuhr von Mischfuttermitteln, die Antibiotika und andere Zusatzstoffe enthalten, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem dänischen Landwirtschaftsministerium und der Firma Dansk Denkavit Aps ( im folgenden : Denkavit Aps ), die zur selben Gruppe wie ein niederländisches Unternehmen gehört, das Mischfuttermittel herstellt, die Zusatzstoffe enthalten, und die diese seit 1981 nach Dänemark einführt.

3 Aus den Akten ergibt sich, daß die Denkavit Aps bei der Einfuhr von Futtermitteln nach Dänemark den einschlägigen dänischen Rechtsvorschriften nachkommt, insbesondere der Verpflichtung, die verwendeten Zusatzstoffe registrieren zu lassen, auf der Verpackung die Registrierungsnummer anzugeben und vom Landwirtschaftsministerium vorher eine Erlaubnis einzuholen. Da die Denkavit Aps jedoch der Auffassung war, daß durch die Richtlinie 70/524, geändert durch die Richtlinien 73/103 und 75/296 eine Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene erfolgt sei, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit genommen habe, über die Anforderungen der Richtlinie hinaus zusätzliche nationale Anforderungen zu stellen, erhob sie vor dem Östre Landsret Klage gegen die genannten dänischen Vorschriften, deren Rechtmässigkeit sie bestreitet. Im Verfahren verlangt sie auch die Rückerstattung der Beträge, die sie als jährliche Abgabe für die Erlaubnis entrichtet hatte.

4 Da das Östre Landsret der Auffassung ist, daß die Entscheidung des Rechtsstreits eine Auslegung der Richtlinie 70/524 und ihrer vor der Richtlinie 84/587 des Rates vom 29. November 1984 ( ABl. L 319, S. 13 ) liegenden Änderungen erforderlich mache, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt :

1 ) War mit der Richtlinie 70/524/EWG des Rates vom 23. November 1970 über Zusatzstoffe in der Tierernährung und ihren vor der Richtlinie 84/587/EWG des Rates vom 29. November 1984 liegenden Änderungen eine so weitgehende Harmonisierung erfolgt, daß den Mitgliedstaaten bei der Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, aus anderen Mitgliedstaaten jede Möglichkeit genommen war, sich im Zusammenhang mit nationalen Maßnahmen zur Sicherstellung der Identifizierung der verwendeten Zusatzstofferzeugnisse sowie ihrer Reinheit auf Artikel 36 EWG-Vertrag zu berufen?

2 ) Bei Verneinung der Frage 1 : War vor der genannten Richtlinie 84/587/EWG die Harmonisierung der Anforderungen an Verpackung und Kennzeichnung von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, soweit durchgeführt, daß es nicht mehr möglich war, sich im Zusammenhang mit einer nationalen Vorschrift, nach der auf der Verpackung anzugeben ist, daß das betreffende Zusatzstofferzeugnis von einer nationalen Behörde unter der zugeteilten Registrierungsnummer genehmigt wurde, auf Artikel 36 zu berufen?

3 ) Ist Artikel 30 EWG-Vertrag so zu verstehen, daß eine nationale Maßnahme unzulässig ist, mit der ein Mitgliedstaat vorschreibt, daß Futtermittel, die die in der Richtlinie 70/524/EWG genannten Zusatzstoffe enthalten, aus anderen Mitgliedstaaten nur aufgrund eines einem Unternehmen unbefristet ausgestellten Dokuments, der sogenannten "Erlaubnis", eingeführt werden dürfen, wenn die inländischen Hersteller die gleiche Erlaubnis haben müssen, wenn die Behörden auf andere Weise nicht erfahren, in welchen Betrieben Kontrollen gemäß der genannten Verordnung durchzuführen sind, wenn gesetzlich keine besonderen Bedingungen für die Erteilung oder Rücknahme der Erlaubnis vorgesehen sind und davon auszugehen ist, daß die Versagung eines Antrags auf Erteilung der Erlaubnis oder ihre Rücknahme nach nationalen Rechtsgrundsätzen nur erfolgen kann, wenn die Art des Betriebs dies im Hinblick auf die Gesundheit von Menschen oder Tieren zwingend erfordert, wenn die Erlaubnis in der Praxis von der Verwaltung innerhalb weniger Wochen aufgrund eines Antrags ausgestellt wird, der nur den Namen und die Adresse des Importeurs enthalten muß, und wenn die Verwaltung in ihrer bisherigen Praxis einem Importeur niemals die Erlaubnis versagt oder sie zurückgenommen hat?

4 ) War mit der Richtlinie 70/524/EWG des Rates vom 23. November 1970 über Zusatzstoffe in der Tierernährung und ihren vor der Richtlinie 84/587/EWG des Rates vom 29. November 1984 liegenden Änderungen eine so weitgehende Harmonisierung erfolgt, daß den Mitgliedstaaten jede Möglichkeit genommen war, sich im Zusammenhang mit einer nationalen Maßnahme, wie sie in der Frage 3 beschrieben worden ist, auf Artikel 36 zu berufen?

5 ) War es mit dem Gemeinschaftsrecht, namentlich den Artikeln 9 und 95 EWG-Vertrag sowie der genannten Richtlinie 70/524/EWG vereinbar, daß ein Mitgliedstaat von den Betrieben, die die in Frage 3 beschriebene Erlaubnis erhalten hatten, jährlich eine Abgabe erhob, wenn die Abgabe von inländischen Herstellern und Importeuren in gleicher Höhe erhoben wurde und wenn die Abgaben zusammengenommen den Ausgaben für die gemäß der Richtlinie 70/524/EWG vorgenommenen Stichprobenkontrollen entsprachen?

5 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und der Vorgeschichte des Rechtsstreits, des einschlägigen dänischen Rechts sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zum Grad der mit der Richtlinie 70/524 erreichten Harmonisierung der Identifizierung und Reinheit der Zusatzstoffe

6 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob mit der Richtlinie 70/524 des Rates vom 23. November 1970 und ihren vor der Richtlinie 84/587 des Rates vom 29. November 1984 liegenden Änderungen eine so weitgehende Harmonisierung erfolgt ist, daß die Mitgliedstaaten sich nicht auf Artikel 36 EWG-Vertrag berufen konnten, wenn sie bei der Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, aus anderen Mitgliedstaaten nationale Maßnahmen zur Sicherstellung der Identifizierung und Reinheit der betreffenden Zusatzstoffe trafen.

7 Die Denkavit Aps und die Kommission machen im wesentlichen geltend, daß die Richtlinie 70/524 die Identifizierung der Zusatzstoffe sowie die Reinheit dieser Substanzen in Futtermitteln abschließend regele, so daß diese Futtermittel in der Gemeinschaft frei in den Verkehr gebracht werden könnten, ohne daß die Mitgliedstaaten die Möglichkeit hätten, von der Richtlinie selbst nicht vorgesehene gesundheitspolizeiliche Kontrollmaßnahmen zu treffen. Die im Ausgangsverfahren streitigen nationalen Vorschriften ließen sich daher nicht mit Artikel 36 EWG-Vertrag rechtfertigen.

8 Das dänische Landwirtschaftsministerium ist der Auffassung, Unreinheiten der in Futtermitteln verwendeten Zusatzstoffe könnten schwere Gefahren für die öffentliche Gesundheit herbeiführen. Weder der Wortlaut noch der Sinn der Richtlinie 70/524, noch irgendeine andere gemeinschaftsrechtliche Vorschrift beträfen die für den Schutz der Gesundheit erforderlichen Maßnahmen. Erst durch den Erlaß der dritten Änderungsrichtlinie 84/587 sei die Harmonisierung solcher Maßnahmen verwirklicht worden. Vorher sei es daher Sache der Mitgliedstaaten gewesen, gemäß Artikel 36 EWG-Vertrag alle Maßnahmen zu treffen, um die Identifizierung und die Reinheit der als Zusatzstoffe verwendeten Produkte sicherzustellen.

9 Insoweit soll in erster Linie an die Grundsätze der Regelung der Richtlinie 70/524 erinnert werden.

10 Gemäß Artikel 3 Absatz 1 dieser Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsvorschriften über Tierernährung vorschreiben, daß nur die in Anhang I der Richtlinie genannten Zusatzstoffe in Futtermitteln enthalten sein dürfen, und zwar unter den dort genannten Voraussetzungen.

11 Gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie in der Fassung der Richtlinie 75/296 werden aufgrund der Entwicklung der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse notwendig werdende Änderungen der Anhänge nach dem Verfahren des mit der Richtlinie 73/101 in die Richtlinie 70/524 eingefügten Artikels 16 a vorgenommen. Dieses Verfahren sieht vor, daß der Vorsitzende des Ständigen Futtermittelausschusses diesen von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats befasst, und ermächtigt insbesondere die Kommission, alle erforderlichen Maßnahmen zu erlassen, wenn sie der mit qualifizierter Mehrheit zustande gekommenen Stellungnahme dieses Ausschusses entsprechen.

12 Nach Artikel 10 der Richtlinie in der Fassung der Richtlinie 75/296 müssen die Mitgliedstaaten vorschreiben, daß Futtermittel, die bestimmte Zusatzstoffe enthalten, nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn diese Stoffe mit bestimmten Einzelheiten auf der Verpackung angegeben sind.

13 Gemäß Artikel 13 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten schließlich dafür Sorge tragen, daß die Futtermittel, welche die Bestimmungen der Richtlinie erfuellen, hinsichtlich des Vorhandenseins oder Fehlens von Zusatzstoffen und ihrer entsprechenden Kennzeichnung nur den in der Richtlinie vorgesehenen Verkehrsbeschränkungen unterliegen.

14 In zweiter Linie ist darauf hinzuweisen, daß im Rahmen der oben beschriebenen Regelung gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie in der Fassung der Richtlinie 75/296 nach dem Verfahren des Artikels 16 a die Kriterien festgelegt werden können, auf Grund deren sich die in der Richtlinie aufgeführten Zusatzstoffe näher beschreiben lassen, insbesondere bezueglich Zusammensetzung und Reinheit sowie der physikalisch-chemischen und biologischen Eigenschaften.

15 Die Richtlinie hat also auf Gemeinschaftsebene ausdrücklich die Festsetzung von Qualitätsmerkmalen für die als Zusatzstoffe in Futtermitteln zugelassenen Stoffe vorgesehen und dafür ein besonderes Verfahren eingeführt, das insbesondere auf Antrag eines Mitgliedstaats durchgeführt werden kann.

16 Daraus folgt, daß mit der Richtlinie 70/524 sämtliche materiellen Voraussetzungen für das Inverkehrbringen von Futtermitteln in bezug auf das Vorhandensein oder Fehlen von Zusatzstoffen und die entsprechende Kennzeichnung einschließlich der Qualitätsmerkmale harmonisiert werden sollten. Die Mitgliedstaaten konnten daher auf nationaler Ebene keine solchen Qualitätsmerkmale mehr festsetzen. Wenn ein Mitgliedstaat besondere Maßnahmen zur Identifizierung und Reinheit der zugelassenen Stoffe für notwendig hielt, musste er auf das zu diesem Zweck vorgesehene Gemeinschaftsverfahren zurückgreifen.

17 Dieser Auslegung steht der spätere Erlaß der Richtlinie 84/587 nicht entgegen. Gemäß der zweiten Begründungserwägung dieser Richtlinie betreffen die durch sie vorgenommenen Änderungen zusätzliche Maßnahmen auf der Stufe der Erzeugung, des Inverkehrbringens und der Verteilung der Zusatzstoffe sowie der Vormischungen von Zusatzstoffen, da die Erfahrung gezeigt habe, daß bei der seinerzeitigen Regelung der Verwendung von Zusatzstoffen in der Tierernährung nicht alle erforderlichen Sicherheitsgarantien gegeben seien. Keine der Begründungserwägungen dieser Richtlinie enthält einen Hinweis darauf, daß das Verfahren zur Festsetzung der Kriterien insbesondere für die Zusammensetzung und Reinheit der Zusatzstoffe vorher nicht von der Harmonisierung erfasst worden wäre.

18 Die Berufung eines Mitgliedstaats auf Artikel 36 EWG-Vertrag war daher im Rahmen von Maßnahmen zur Sicherstellung der Identifizierung und Reinheit der Zusatzstoffe in der Tierernährung nicht berechtigt.

19 Infolgedessen ist auf die erste Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, daß mit der Richtlinie 70/524 des Rates vom 23. November 1970 und ihren vor der Richtlinie 84/587 des Rates vom 29. November 1984 liegenden Änderungen eine so weitgehende Harmonisierung erfolgt ist, daß die Mitgliedstaaten sich nicht auf Artikel 36 EWG-Vertrag berufen konnten, wenn sie bei der Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, aus anderen Mitgliedstaaten nationale Maßnahmen zur Sicherstellung der Identifizierung und Reinheit der betreffenden Zusatzstoffe trafen.

Zur Anforderung der Registrierung der Zusatzstoffe

20 Angesichts der Antwort auf die erste Frage erübrigt sich eine Prüfung der zweiten Frage.

Zum System einer vorherigen Erlaubnis

21 Mit der dritten Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob das System einer vorherigen Erlaubnis, dem die Einführer von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, sowie die inländischen Erzeuger dieser Erzeugnisse unterworfen sind, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Artikels 30 EWG-Vertrag darstellt.

22 Gemäß Artikel 30 EWG-Vertrag sind mengenmässige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten anzusehen, die den Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell behindern kann.

23 Unter diesem Gesichtspunkt ist offenkundig, daß eine Regelung, die ohne vorherige behördliche Erlaubnis die Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, verbietet, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Artikels 30 EWG-Vertrag ist, da eine solche Maßnahme den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zumindest potentiell behindern kann.

24 Selbst wenn das vorlegende Gericht in seinem Beschluß darlegt - die dänische Regierung ist diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung gefolgt -, daß die Erlaubnis in der Verwaltungspraxis automatisch und schnell erteilt werde, ist festzustellen, daß ein System, das die Erteilung einer behördlichen Erlaubnis verlangt, zwangsläufig die Ausübung eines gewissen Ermessens mit sich bringt und für die Wirtschaftsteilnehmer eine Rechtsunsicherheit schafft.

25 Auf die dritte Frage des vorlegenden Gerichts ist daher zu antworten, daß Artikel 30 EWG-Vertrag dahin auszulegen ist, daß eine nationale Maßnahme, die die Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, von einer vorherigen Erlaubnis abhängig macht, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Artikels 30 EWG-Vertrag darstellt.

Zum Grad der mit der Richtlinie 70/524 erreichten Harmonisierung der für Wirtschaftsteilnehmer geltenden Kontrollmaßnahmen

26 Bei der vierten Frage geht es darum, ob mit der Richtlinie 70/524 und ihren vor der Richtlinie 84/587 liegenden Änderungen eine so weitgehende Harmonisierung erfolgt ist, daß die Mitgliedstaaten sich für die Kontrollmaßnahmen, die für die Wirtschaftsteilnehmer auf dem Gebiet der Futtermittel, die Zusatzstoffe enthalten, galten, nicht mehr auf Artikel 36 EWG-Vertrag berufen konnten.

27 Dazu ist festzustellen, daß sich die mit der Richtlinie 70/524 und ihren vor der Richtlinie 84/587 liegenden Änderungen verwirklichte Harmonisierung entgegen der Auffassung der Denkavit Aps nicht auf Maßnahmen erstreckt, die für die Wirtschaftsteilnehmer auf dem Gebiet der Futtermittel, die Zusatzstoffe enthalten, galten. Insoweit verpflichtete Artikel 15 dieser Richtlinie die Mitgliedstaaten lediglich, eine amtliche Kontrolle zumindest in Form von Stichproben vorzunehmen, wenn die Futtermittel in den Verkehr gebracht wurden.

28 Dagegen wird ein solches Ziel mit der Änderungsrichtlinie 84/587 verfolgt, nach deren neunter Begründungserwägung "die Erzeugung und Verwendung von Antibiotika,..., die Mischfuttermitteln zugesetzt werden sollen,... nur durch Personen zulässig sein (( sollte )), die die zur Herstellung von Zusatzstoffen... erforderlichen Sachkenntnisse, Anlagen und Ausrüstungen besitzen und in das Verzeichnis der Hersteller eines Mitgliedstaats aufgenommen sind ". Artikel 13 Absatz 3 dieser Richtlinie sieht daher vor, daß jeder Mitgliedstaat jährlich ein Verzeichnis derjenigen Hersteller von Zusatzstoffen und Mischfuttermitteln veröffentlicht, bei denen er festgestellt hat, daß sie die Anforderungen der Richtlinie erfuellen.

29 Nach dem Stand des Gemeinschaftsrechts, der mit der Richtlinie 70/524 und ihren vor der Richtlinie 84/587 liegenden Änderungen erreicht war, konnten die Mitgliedstaaten also gegenüber den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern aufgrund von Artikel 36 EWG-Vertrag die erforderlichen gesundheitspolizeilichen Kontrollmaßnahmen erlassen.

30 Dem vorlegenden Gericht ist daher zu antworten, daß mit der Richtlinie 70/524 und ihren vor der Richtlinie 84/587 liegenden Änderungen keine so weitgehende Harmonisierung auf dem Gebiet der Futtermittel, die Zusatzstoffe enthalten, erfolgt ist, daß die Mitgliedstaaten sich für die gesundheitspolizeilichen Kontrollmaßnahmen, die für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer galten, nicht mehr auf Artikel 36 EWG-Vertrag berufen konnten.

Zur Rechtmässigkeit einer jährlichen Abgabe im Zusammenhang mit den für die Wirtschaftsteilnehmer geltenden Kontrollmaßnahmen

31 Mit der fünften Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob eine jährliche Abgabe, die von den Importeuren von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, und den inländischen Herstellern derselben Erzeugnisse in gleicher Weise erhoben wurde und die die Kosten des Staates für die gemäß der Richtlinie 70/524 vorgenommenen Stichproben decken sollte, mit den Artikel 9 und 95 EWG-Vertrag sowie mit der Richtlinie 70/524 vereinbar war.

32 Wie oben bereits ausgeführt, steht die Richtlinie 70/524 mit ihren vor Erlaß der Richtlinie 84/587 liegenden Änderungen dem Recht der Mitgliedstaaten nicht entgegen, von den Wirtschaftsteilnehmern eine Erlaubnis zu verlangen. Die in Artikel 36 vorgesehene Befreiung der Wirtschaftsteilnehmer von Kontrollmaßnahmen betrifft allein die Einfuhr - oder Ausfuhrbeschränkungen oder die Maßnahmen gleicher Wirkung. Sie kann nicht auf Zölle oder Abgaben gleicher Wirkung erstreckt werden, die ihrerseits nicht von Artikel 36 erfasst werden. Daraus folgt, daß die Rechtsmässigkeit solcher Lasten im Hinblick auf Artikel 9 oder, gegebenenfalls, auf Artikel 95 EWG-Vertrag zu würdigen ist.

33 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes bezieht sich das Verbot, im Handel zwischen den Mitgliedstaaten Zölle und Abgaben gleicher Wirkung zu erheben, auf alle anläßlich oder wegen der Einfuhr geforderten Abgaben, die nur eingeführte Waren, nicht aber gleichartige einheimische Waren treffen. Um eine solche Abgabe handelt es sich jedoch nicht, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, Teil einer allgemeinen inländischen Gebührenregelung ist, die einheimische und eingeführte Waren systematisch nach gleichen Kriterien erfasst; sie fällt dann in den Anwendungsbereich nicht von Artikel 9, sondern von Artikel 95 EWG-Vertrag.

34 Zu Artikel 95 trägt die Denkavit Aps vor, daß bei der jährlichen Abgabe die Diskriminierung oder Benachteiligung der Importeure darin bestehe, daß ein einheimischer Erzeuger mehrere Zwischenhändler haben könne, ohne daß ihm deswegen zusätzliche Abgaben auferlegt würden, während jeder Importeur erneut die fragliche Abgabe zahlen müsse, wenn ein ausländischer Erzeuger mehrere Importeure habe.

35 Diese Argumentation ist nicht begründet, wenn die fragliche Abgabe die Wirtschaftsteilnehmer als solche, unabhängig von der Menge der eingeführten oder hergestellten Waren, belastet. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 28. Januar 1981 in der Rechtssache 32/80 ( Kortmann, Slg. 1981, 251 ) festgestellt hat, ist Artikel 95 beachtet, wenn die inländische Abgabe die inländischen und die eingeführten Erzeugnisse nach den gleichen, durch den Zweck, zu dem die Abgabe eingeführt wurde, objektiv gerechtfertigten Kriterien erfasst, so daß sie nicht dazu führt, daß das importierte Erzeugnis mit einem höheren Betrag belastet wird als das gleichartige inländische Erzeugnis.

36 Auf die fünfte Frage ist daher zu antworten, daß eine jährliche Abgabe, die von Importeuren von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, und inländischen Herstellern derselben Erzeugnisse in gleicher Weise erhoben wurde und die die Kosten des Staates für die gemäß der Richtlinie 70/524 vorgenommenen Stichproben decken sollte, mit den Artikeln 9 und 95 EWG-Vertrag sowie mit der Richtlinie 70/524 vereinbar ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

37 Die Ausgaben der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Zweite Kammer )

auf die ihm vom Östre Landsret, Kopenhagen, mit Beschluß vom 30. Januar 1987 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Mit der Richtlinie 70/524 des Rates vom 23. November 1970 und ihren vor der Richtlinie 84/587 des Rates vom 29. November 1984 liegenden Änderungen ist eine so weitgehende Harmonisierung erfolgt, daß die Mitgliedstaaten sich nicht auf Artikel 36 EWG-Vertrag berufen konnten, wenn sie bei der Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, aus anderen Mitgliedstaaten nationale Maßnahmen zur Sicherstellung der Identifizierung und Reinheit der betreffenden Zusatzstoffe trafen.

2 ) Artikel 30 EWG-Vertrag ist dahin auszulegen, daß eine nationale Maßnahme, die die Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, von einer vorherigen Erlaubnis abhängig macht, eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Artikels 30 EWG-Vertrag darstellt.

3 ) Mit der Richtlinie 70/524 und ihren vor der Richtlinie 84/587 liegenden Änderungen ist keine so weitgehende Harmonisierung auf dem Gebiet der Futtermittel, die Zusatzstoffe enthalten, erfolgt, daß die Mitgliedstaaten sich für die gesundheitspolizeilichen Kontrollmaßnahmen, die für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer galten, nicht mehr auf Artikel 36 EWG-Vertrag berufen konnten.

4 ) Eine jährliche Abgabe, die von Importeuren von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten und inländischen Herstellern derselben Erzeugnisse in gleicher Weise erhoben wurde und die die Kosten des Staates für die gemäß der Richtlinie 70/524 vorgenommenen Stichproben decken sollte, ist mit den Artikeln 9 und 95 EWG-Vertrag sowie mit der Richtlinie 70/524 vereinbar.

Ende der Entscheidung

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