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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 03.07.1990
Aktenzeichen: 305/88
Rechtsgebiete: Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen


Vorschriften:

Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Art. 27 Nr. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die in Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil - und Handelssachen genannten Voraussetzungen der Ordnungsmässigkeit und der Rechtzeitigkeit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an den Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, müssen für die Anerkennung einer gegen diesen Beklagten ergangenen ausländischen Entscheidung kumulativ gegeben sein. Deshalb ist die genannte Vorschrift dahin auszulegen, daß eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung nicht anerkannt werden darf, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, nicht ordnungsgemäß, jedoch so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte.

2. Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens ist dahin auszulegen, daß sich die Frage der Heilung von Mängeln bei der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an den Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, nach dem Recht des Gerichts des Urteilsstaats einschließlich der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge bestimmt.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 3. JULI 1990. - ISABELLE LANCRAY SA GEGEN PETERS & SICKERT KG. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: BUNDESGERICHTSHOF - DEUTSCHLAND. - BRUESSELER UEBEREINKOMMEN VOM 27. SEPTEMBER 1968 - ANERKENNUNG EINER ENTSCHEIDUNG GEGEN EINEN BEKLAGTEN, DER SICH AUF DAS VERFAHREN NICHT EINGELASSEN HAT - ARTIKEL 27 NR. 2. - RECHTSSACHE 305/88.

Entscheidungsgründe:

1 Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluß vom 22. September 1988, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Oktober 1988, gemäß dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil - und Handelssachen durch den Gerichtshof ( im folgenden : Übereinkommen ) zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 27 Nr. 2 dieses Übereinkommens zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem bei diesem Gericht anhängigen Rechtsstreit zwischen der Isabelle Lancray SA, einer Aktiengesellschaft französischen Rechts mit Sitz in Neuilly-sur-Seine, Frankreich ( im folgenden : Firma Lancray ), und der Peters und Sickert KG, einer Kommanditgesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in Essen, Bundesrepublik Deutschland ( im folgenden : Peters KG ).

3 Nach den Akten standen die Parteien des Ausgangsverfahrens aufgrund eines Vertrages vom 2. November 1983 in Geschäftsbeziehungen, für deren Beurteilung sie französisches Recht und die Zuständigkeit des Tribunal de commerce Nanterre vereinbart hatten. Die Firma Lancray sah sich wegen einer Reihe von Schwierigkeiten veranlasst, gegen die Peters KG gerichtlich vorzugehen, und erwirkte so am 18. Juli 1986 eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Essen, die es der Peters KG untersagte, Waren der Marke Lancray aus ihren Lagerbeständen an Dritte zu verkaufen oder an Dritte zu übergeben. Am 30. Juli 1986 erhob die Firma Lancray beim Tribunal de commerce Nanterre Klage mit dem Antrag, die vom Amtsgericht Essen getroffenen Anordnungen zu bestätigen und weitere Anordnungen zu erlassen. An demselben Tag übersandte die zuständige französische Behörde dem Präsidenten des Landgerichts Essen auf Antrag der Firma Lancray die in französischer Sprache abgefasste Klageschrift, mit der die Peters KG für den 18. November 1986 vor das französische Gericht geladen wurde, mit dem Ersuchen, dieses Schriftstück der Peters KG zuzustellen und der französischen Behörde eine Zustellungsbescheinigung zu übersenden.

4 Die zuständige deutsche Behörde führte in der Zustellungsbescheinigung vom 19. August 1986 aus, daß die Zustellung der Schriftstücke durch Übergabe an eine Sekretärin im Büro der Peters KG erfolgt sei. Den Schriftstücken war keine deutsche Übersetzung beigefügt. Ein weiterer Schriftsatz in französischer Sprache vom 19. September 1986 mit Ladung zu einem Termin am 16. Dezember 1986 vor dem Tribunal de commerce Nanterre wurde der Peters KG mit eingeschriebenem Brief übersandt.

5 Das Landgericht Essen hob am 16. Oktober 1986 auf Antrag der Peters KG die von der Firma Lancray erwirkte einstweilige Verfügung des Amtsgerichts vom 18. Juli 1986 auf. Die Peters KG teilte dies dem Tribunal de commerce Nanterre mit Schreiben vom 11. November 1986 mit und rügte gleichzeitig, daß die Zustellungen nicht ordnungsgemäß gewesen seien, weil ihnen keine deutsche Übersetzung beigefügt gewesen sei.

6 Die Peters KG erschien im Termin vom 16. Dezember 1986 nicht, und das Tribunal de commerce Nanterre gab der Klage der Firma Lancray mit Urteil vom 15. Januar 1987 statt. Diese Entscheidung wurde der Peters KG durch Übergabe an ihren geschäftsführenden Gesellschafter am 9. März 1987 zugestellt. Das Landgericht Essen ordnete durch Beschluß vom 6. Juli 1987 an, daß das Urteil des Tribunal de commerce Nanterre in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt und bezueglich bestimmter Punkte die Zwangsvollstreckung zugelassen werde.

7 Die Peters KG legte daraufhin gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Oberlandesgericht ein und machte geltend, dem Antrag der Firma Lancray hätte nach Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens nicht entsprochen werden dürfen. Das Oberlandesgericht gab ihrer Beschwerde statt. Die Firma Lancray legte gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein.

8 Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens in der nach Auffassung des vorlegenden Gerichts anwendbaren Fassung lautet :

"Eine Entscheidung wird nicht anerkannt :

...

2 ) wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück nicht ordnungsmässig und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte;

..."

9 Der Bundesgerichtshof stimmt zum einen mit dem Oberlandesgericht darin überein, daß die Klageschrift mit Ladung der Peters KG so rechtzeitig zugestellt worden sei, daß sie sich hätte verteidigen können. Zum anderen hält er mit dem Oberlandesgericht die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks für nicht ordnungsgemäß. Seiner Meinung nach wurde die Klageschrift mit Ladung nicht an den zur Annahme bereiten Empfänger, sondern durch Übergabe an eine Sekretärin im Büro der Zustellungsempfängerin, also im Wege der Ersatzzustellung, zugestellt. Diese wäre aber nach den anwendbaren völkerrechtlichen Verträgen nur zulässig gewesen, wenn dem zuzustellenden Schriftstück eine deutsche Übersetzung beigefügt gewesen wäre, was nicht der Fall war. Der Bundesgerichtshof stellt ausserdem fest, daß das Oberlandesgericht die nationalen Rechtsvorschriften über die Heilung von Zustellungsmängeln für nicht anwendbar erklärt hat, da der Empfänger der Erklärung die benutzte fremde Sprache nicht beherrscht habe.

10 Der Bundesgerichtshof hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt :

1 ) Wird nach Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens a. F. eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß, jedoch so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte?

2 ) Schließt Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens a. F., falls eine Entscheidung nicht anerkannt wird, weil dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück zwar für seine Verteidigung rechtzeitig, aber nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist, die Anerkennung der Entscheidung auch dann aus, wenn die Gesetze des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, eine Heilung des Zustellungsmangels zulassen?

11 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur ersten Frage

12 Die erste Frage geht dahin, ob unter Berücksichtigung des vom vorlegenden Gericht festgestellten Sachverhalts des Ausgangsverfahrens Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens dahin auszulegen ist, daß eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung nicht anerkannt werden darf, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, nicht ordnungsgemäß, jedoch so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte.

13 Zur Prüfung dieser Frage ist zunächst zu untersuchen, ob dieser Artikel zwei voneinander unabhängige Gründe für die Versagung der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung enthält.

14 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. Juni 1981 in der Rechtssache 166/80 ( Klomps, Slg. 1981, 1593 ) ausgeführt hat, enthält Artikel 27 Nr. 2 zwei Voraussetzungen, von denen die eine die Ordnungsmässigkeit der Zustellung betrifft und eine Entscheidung aufgrund der Rechtsvorschriften des Urteilsstaats und der Übereinkommen erfordert, an die dieser auf dem Gebiet der Zustellung gebunden ist, während die andere die für die Verteidigung des Beklagten erforderliche Zeit betrifft und Wertungen tatsächlicher Art verlangt.

15 Sodann ist zu prüfen, ob die beiden in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen der Ordnungsmässigkeit und der Rechtzeitigkeit für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung kumulativ gegeben sein müssen.

16 Dazu ist festzustellen, daß diese Frage aufgrund des Wortlauts der Vorschrift in den verschiedenen sprachlichen Fassungen zu bejahen ist.

17 Diese Auslegung wird auch durch den Sachverständigenbericht über das Brüsseler Übereinkommen ( ABl. 1979, C 59, S. 1 ) bestätigt. Dort heisst es zu Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens : "Ist gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil ergangen, so gewährt ihm das Übereinkommen einen doppelten Schutz. Einmal ist die ordnungsmässige Zustellung der Ladung erforderlich... Zum zweiten kann die Anerkennung selbst bei ordnungsmässiger Ladung versagt werden, wenn das Gericht, vor dem die Anerkennung geltend gemacht wird, zu der Feststellung gelangt, daß die Ladung dem Beklagten nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte."

18 Somit ist davon auszugehen, daß die Ordnungsmässigkeit der Zustellung und das Erfordernis, das Schriftstück rechtzeitig zuzustellen, gesonderte und kumulative Garantien für den Beklagten darstellen, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat. Deshalb genügt das Fehlen einer dieser beiden Garantien für die Versagung der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung.

19 Dem wird entgegengehalten, daß es nicht nötig sei, eine ordnungsgemässe Zustellung zu fordern, wenn der Beklagte jedenfalls ausreichend Zeit gehabt habe, seine Verteidigung vorzubereiten. Nach dieser Auslegung wäre die Ordnungsmässigkeit der Zustellung nur ein widerlegbares Anzeichen für die Rechtzeitigkeit der Zustellung, deren Nichtbeachtung allein ein echter Versagungsgrund wäre.

20 Dem kann nicht gefolgt werden. Zum einen ist diese Auslegung schwerlich mit dem Wortlaut der fraglichen Vorschrift und mit der angeführten Rechtsprechung vereinbar. Zum anderen ist sie geeignet, das Erfordernis einer ordnungsgemässen Zustellung völlig auszuhöhlen. Käme es nämlich nur auf die rechtzeitige Kenntnis an, so wären die Kläger versucht, die für eine ordnungsgemässe Zustellung vorgesehenen Bahnen zu verlassen, für die die Anforderungen im übrigen durch völkerrechtliche Verträge stark verringert worden sind. Dies würde zu erheblicher Unsicherheit darüber führen, ob die Schriftstücke überhaupt zugestellt worden sind, und damit die einheitliche Anwendung des Übereinkommens unmöglich machen. Schließlich könnte der Beklagte nicht mit Sicherheit wissen, ob ein Verfahren, das zu einer Verurteilung führen kann, ordnungsgemäß eingeleitet worden ist und ob es deshalb erforderlich ist, eine Verteidigung vorzubereiten - eine Situation, die mit dem Sinn und Zweck des Übereinkommens ebenfalls nicht vereinbar wäre.

21 Im übrigen ist auf das Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juni 1985 in der Rechtssache 49/84 ( Debäcker, Slg. 1985, 1779 ) zu verweisen, wonach durch das Übereinkommen zwar laut seiner Präambel die Vereinfachung der Förmlichkeiten für die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen sichergestellt werden soll, dieses Ziel jedoch nicht dadurch erreicht werden darf, daß der Anspruch auf rechtliches Gehör in irgendeiner Weise beeinträchtigt wird.

22 Nach alledem ist die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung bei nicht ordnungsgemässer Zustellung unabhängig davon zu versagen, ob der Beklagte tatsächlich Kenntnis von dem verfahrenseinleitenden Schriftstück hatte.

23 Auf die erste Frage ist somit zu antworten, daß Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil - und Handelssachen dahin auszulegen ist, daß eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung nicht anerkannt werden darf, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, nicht ordnungsgemäß, jedoch so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte.

Zur zweiten Frage

24 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens dahin auszulegen ist, daß er es dem Gericht des Vollstreckungsstaats gestattet, unter Anwendung seiner nationalen Rechtsvorschriften einen Zustellungsmangel für geheilt zu erklären.

25 Vorab ist zu bemerken, daß Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens seinem Wortlaut nach die Frage der Heilung von Zustellungsmängeln nicht regelt.

26 Deshalb ist diese Frage aufgrund der Vorschriften über die Zustellung ausländischer Entscheidungen zu beantworten.

27 Dazu ist zunächst auf Artikel IV ( früher : 4 ) Absatz 1 des in Artikel 65 des Übereinkommens genannten Protokolls vom 27. September 1968 ( ABl. 1972, L 299, S. 43 ) hinzuweisen. Dieser lautet :

"Gerichtliche und aussergerichtliche Schriftstücke, die in einem Vertragsstaat ausgefertigt sind und einer in dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats befindlichen Person zugestellt werden sollen, werden nach den zwischen den Vertragsstaaten geltenden Übereinkommen oder Vereinbarungen übermittelt."

28 Weiterhin hat der Gerichtshof im Urteil vom 15. Juli 1982 in der Rechtssache 228/81 ( Pendy Plastic, Slg. 1982, 2723 ) entschieden, daß das Übereinkommen, ohne die unterschiedlichen in den Mitgliedstaaten für die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke im Ausland geltenden Systeme zu harmonisieren, dem Beklagten einen wirksamen Schutz seiner Rechte gewährleisten soll. Zu diesem Zweck ist die Prüfung, ob das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß zugestellt worden ist, sowohl dem Gericht des Urteilsstaats als auch dem Gericht des Vollstreckungsstaats übertragen worden.

29 Ausserdem ist festzustellen, daß das Übereinkommen keine Bestimmung über das auf diese Prüfung anwendbare Recht enthält. Da die Vorschriften über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks Teil des Verfahrens vor dem Gericht des Urteilsstaats sind, kann die Frage nach der Ordnungsmässigkeit dieser Zustellung nur aufgrund des vor dem Gericht des Urteilsstaats anwendbaren Rechts einschließlich der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge beantwortet werden.

30 Die Frage der Heilung von Zustellungsmängeln bestimmt sich somit nach diesem Recht.

31 Auf die zweite Frage ist somit zu antworten, daß Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens dahin auszulegen ist, daß sich die Frage der Heilung von Zustellungsmängeln nach dem Recht des Gerichts des Urteilsstaats einschließlich der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge bestimmt.

Kostenentscheidung:

Kosten

32 Die Auslagen der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und der Italienischen Republik sowie der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem Verfahren vor dem innerstaatlichen Gericht; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Sechste Kammer )

auf die ihm vom Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 22. September 1988 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil - und Handelssachen ist dahin auszulegen, daß eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung nicht anerkannt werden darf, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, nicht ordnungsgemäß, jedoch so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte.

2 ) Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens ist dahin auszulegen, daß sich die Frage der Heilung von Zustellungsmängeln nach dem Recht des Gerichts des Urteilsstaats einschließlich der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge bestimmt.

Ende der Entscheidung

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