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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.03.1990
Aktenzeichen: 320/81
Rechtsgebiete: Beamtenstatut, VerfOEuGH


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 64
Beamtenstatut Art. 65
VerfOEuGH Art. 38
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (VIERTE KAMMER) VOM 7. MAERZ 1990. - SILVERIO ACERBIS UND ANDERE GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - ANPASSUNG DES BERICHTIGUNGSKOEFFIZIENTEN. - RECHTSSACHE 320/81.

Entscheidungsgründe:

1 Der Kläger, Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, sowie weitere 485 in der Anlage Ispra ( Varese, Italien ) der Gemeinsamen Forschungsstelle tätige Beamte der Kommission, haben mit Klageschrift, die am 24. Dezember 1981 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben auf Ungültigerklärung ihrer Gehaltsabrechnungen für die Monate Februar und März 1981 über Nachzahlungen mit Wirkung vom 1. Juli 1980, die die Kommission in Anwendung der Verordnung ( Euratom, EGKS, EWG ) Nr. 397/81 des Rates vom 10. Februar 1981 zur Festlegung der Tabellen der Gehälter sowie der sonstigen Bestandteile der Bezuege der Beamten und der sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften ( ABl. L 46, S. 1 ) vorgenommen hatte. Die betreffende Aufhebung wird insoweit begehrt, als der gewährte Betrag unzureichend sei.

2 Am 20. Januar 1981 erließ der Rat die Verordnung ( Euratom, EGKS, EWG ) Nr. 187/81 zur Angleichung der Dienst - und Versorgungsbezuege der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie der Berichtigungsköffizienten, die auf diese Dienst - und Versorgungsbezuege anwendbar sind ( ABl. L 21, S. 18 ), wobei er von dem Vorschlag der Kommission vom 9. Dezember 1980 abwich, den diese in der Folge der vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten durchgeführten Untersuchungen gemacht hatte.

3 Gestützt auf diese Verordnung, die eine pauschale Nettörhöhung der Monatsgehälter und Versorgungsbezuege der Beamten und sonstigen Gemeinschaftsbediensteten vorsah, wurde in der genannten Verordnung Nr. 397/81 für Italien mit Wirkung vom 1. Juli 1980 ein einheitlicher Berichtigungsköffizient von 75,3 % festgesetzt.

4 Die Kläger sind der Auffassung, der betreffende Koeffizient sei aus zwei Gründen rechtswidrig : Erstens sei er für ganz Italien allein unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in der Hauptstadt festgesetzt worden, ohne den aussergewöhnlich hohen Lebenshaltungskosten in Varese Rechnung zu tragen; zweitens sei er selbst bei Zugrundelegung der in Rom üblichen Preise unzureichend.

5 Die Kläger machen hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Festsetzung dieses Koeffizienten durch die Verordnungen Nrn. 187/81 und 397/81 vier Klagegründe geltend :

- Verletzung von Artikel 64 Beamtenstatut, wonach der Berichtigungsköffizient je nach den Lebensbedingungen am Ort der dienstlichen Verwendung berechnet werden müsse;

- Verletzung von Artikel 65 Absatz 2 Beamtenstatut : Die Anpassung des italienischen Berichtigungsköffizienten sei verspätet erfolgt und unzureichend gewesen;

- Verletzung des Diskriminierungsverbotes : Die Kläger würden gegenüber den anderen in anderen Dienstorten tätigen Beamten diskriminiert;

- Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes, da die im Jahre 1980 durchgeführte Untersuchung des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften nicht berücksichtigt worden sei.

6 Die Kläger beantragen,

- die Nachzahlung der Dienstbezuege mit Wirkung vom 1. Juli 1980 für ungültig zu erklären;

- festzustellen, daß die Organe verpflichtet sind, die sich aus dem Aufhebungsbegehren ergebenden Maßnahmen zu treffen, und zwar die Nachzahlungen erneut vorzunehmen und mit Wirkung vom 1. Juli 1980 einen angemessenen Berichtigungsköffizienten anzuwenden;

- hilfsweise das vorliegende Verfahren bis zum Erlaß des Urteils in der Rechtssache 158/79 ( Roumengous Carpentier/Kommission ) auszusetzen.

7 In ihrer Erwiderung beantragen die Kläger ausserdem den Ersatz des Geldentwertungsschadens.

8 Gemäß den übereinstimmenden Anträgen der Parteien hat der Gerichtshof ( Dritte Kammer ) am 20. Januar 1982 beschlossen, das Verfahren bis zum Erlaß des Urteils in einer Reihe von Verfahren auszusetzen, die Ähnlichkeiten und Analogien zu der vorliegenden Rechtssache aufweisen.

9 Mit Urteil vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 59/81 ( Kommission/Rat, Slg. 1982, 3329 ) erklärte der Gerichtshof die Verordnung Nr. 187/81 sowie gewisse Bestimmungen der Verordnung Nr. 397/81 insoweit für nichtig, als sie gegen Artikel 65 Absätze 1 und 2 Beamtenstatut verstossen. In der Folge dieses Urteils erließ der Rat auf Vorschlag der Kommission vom 29. Oktober 1982 die Verordnung ( EGKS, EWG, Euratom ) Nr. 3139/82 vom 22. November 1982 zur Änderung der Tabellen der Grundgehälter und zur Angleichung der geltenden Berichtigungsköffizienten für die Dienst - und Versorgungsbezuege ab 1. April 1980 ( ABl. L 331, S. 1 ).

10 In der Verordnung ( EWG, Euratom, EGKS ) Nr. 3681/83 vom 19. Dezember 1983 zur Änderung der Berichtigungsköffizienten, die in Italien anwendbar sind ( ABl. L 368, S. 1 ) sah der Rat mit Wirkung vom 1. Januar 1976 die Neufestsetzung des italienischen Berichtigungsköffizienten und einen höheren Koeffizienten für Varese als für Rom vor. Aufgrund dieser Verordnung nahm die Kommission Nachzahlungen der Dienstbezuege an alle Beamten vor.

11 In seinen Urteilen vom 15. Januar 1985 in den Rechtssachen 158/79 ( Roumengous Carpentier/Kommission, Slg. 1985, 39 ) und 737/79 ( Battaglia/Kommission, Slg. 1985, 71 ) und in den verbundenen Rechtssachen 532/79, 534/79, 567/79, 600/79, 618/79, 660/79 und 543/79 ( Amesz u. a./Kommission, Slg. 1985, 55 ) gewährte der Gerichtshof Verzugszinsen in Höhe von jährlich 6 % aus dem Betrag der rückständigen Dienstbezuege ab dem Tag der Einlegung der Beschwerden der Kläger in diesen Rechtssachen, wies jedoch den Antrag auf Ersatz des Geldentwertungsschadens ab.

12 In der Folge dieses Urteils zahlte die Kommission gemäß Entscheidung vom 31. Juli 1985 allen in Ispra tätigen Beamten Verzugszinsen aus den aufgrund der durch die genannte Verordnung Nr. 3681/83 erfolgten Neufestsetzung des in Italien anwendbaren Berichtigungsköffizienten geschuldeten Beträgen.

13 Am 26. November 1986 erließ der Rat die Verordnung ( EWG, Euratom, EGKS ) Nr. 3619/86 zur Berichtigung der Berichtigungsköffizienten, die auf die Dienst - und Versorgungsbezuege der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften u. a. in Italien anwendbar sind ( ABl. L 336, S. 1 ), wobei er erneut von dem Vorschlag der Kommission abwich. Aufgrund einer Klage der Kommission erklärte der Gerichtshof die betreffende Verordnung wegen Verstosses gegen die Bestimmungen des Artikels 64 Beamtenstatut für nichtig ( Urteil vom 28. Juni 1988 in der Rechtssache 7/87, Kommission/Rat, Slg. 1988, 3401 ).

14 Der Rat zog seine Konsequenzen aus diesem Urteil in seiner Verordnung ( EGKS, EWG, Euratom ) Nr. 3294/88 vom 24. Oktober 1988 zur Berichtigung der Berichtigungsköffizienten, die auf die Dienst - und Versorgungsbezuege der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften u. a. in Italien anwendbar sind ( ABl. L 293, S. 1 ), in der mit Wirkung vom 1. Januar 1981 für Varese ein eigener Berichtigungsköffizient festgesetzt wurde.

15 Keine dieser nach der Nichtigerklärung der Verordnungen Nrn. 187/81 und 397/81 getroffenen Maßnahmen wurde von den Klägern im Rahmen der vorliegenden Rechtssache angefochten.

16 Wegen des Sachverhalts, der anwendbaren Vorschriften, der einschlägigen Urteile des Gerichtshofes und des Verfahrensablaufs sowie des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

17 Die dargelegte Fallgeschichte wirft die Frage auf, ob sich der Gegenstand der Rechtssache nicht erledigt hat.

18 Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Nichtigerklärung ihrer Gehaltsabrechnungen für die Monate Februar und März 1981. Diese Gehaltsabrechnungen stellten in Durchführung der Verordnungen Nrn. 187/81 und 397/81 getroffene individuelle Maßnahmen dar, die nach dem Vorbringen der Kläger insoweit rechtswidrig waren, als sie die Lebenshaltungskosten in Varese nicht berücksichtigt und für ganz Italien einen zu niedrigen Berichtigungsköffizienten festgesetzt hatten.

19 Diese Verordnungen wurden jedoch durch Urteile des Gerichtshofes für nichtig erklärt und inzwischen durch andere Verordnungen ersetzt. Diese Maßnahmen, die später ihrerseits durch andere ersetzt wurden, führten rückwirkend sowohl hinsichtlich der Höhe der Dienst - und Versorgungsbezuege der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften als auch hinsichtlich der Berichtigungsköffizienten, die auf diese Dienst - und Versorgungsbezuege angewandt werden, andere Regelungen ein und führten dazu, daß die entsprechenden Gehaltsabrechnungen ersetzt wurden.

20 Folglich wurden die mit der vorliegenden Klage angefochtenen Gehaltsabrechnungen in dem Zeitpunkt hinfällig, in dem sie durch neue Gehaltsabrechnungen ersetzt wurden. Da das mit der vorliegenden Klage verfolgte Ziel, diese Abrechnungen zu beseitigen, somit erreicht wurde, ist festzustellen, daß die Klage gegenstandslos geworden ist.

21 Die Kläger habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof eingeräumt, daß ihrem Hauptbegehren Genüge getan wurde. Sie machen jedoch geltend, ihr Antrag auf Ersatz des Geldentwertungsschadens, den sie in ihrer Erwiderung gestellt hätten und der auf vollständigen Ersatz des Schadens, den sie aufgrund der Verspätung erlitten hätten, mit der die Maßnahmen getroffen worden seien, und auf die Beseitigung der Folgen der Teuerung ziele, sei nicht befriedigt worden.

22 Die Kommission bestreitet nicht nur die Begründetheit dieses Antrags, sondern auch seine Zulässigkeit, da er verspätet gestellt worden sei.

23 So ist es. Dieser Antrag wurde nämlich erstmals in der Erwiderung gestellt. Somit ist er gemäß Artikel 19 der EWG-Satzung des Gerichtshofes und Artikel 38 der Verfahrensordnung als unzulässig abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

24 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Vierte Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Klage wird abgewiesen.

2 ) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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