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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 28.02.1989
Aktenzeichen: 341/85
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, Beamtenstatut


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 176
Beamtenstatut Art. 29
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Organe verfügen bei der Wahl der Mittel, die zur Deckung ihres Personalbedarfs am besten geeignet sind, über ein Ermessen. Sie sind gleichwohl gehalten, bei Posten, mit denen eine Entscheidungsbefugnis verbunden ist, einer der im Beamtenstatut und in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten abschließend aufgeführten Regelungen nachzukommen.

Folglich können die Organe, wenn sie niemanden als Beamten oder sonstigen Bediensteten einstellen können, einen solchen Posten nicht einmal vorübergehend anders besetzen als durch Rückgriff auf eine Vertretung oder eine Verweserschaft.

Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur aus unabweislichen Gründen insbesondere der Dringlichkeit der Besetzung einer freien Stelle, zulässig.

2. Die Adressaten eines Urteils, mit dem eine Handlung eines Organs aufgehoben wurde, sind von der Art und Weise, in der das Organ dieses Urteil durchführt, unmittelbar betroffen und können daher eine Klage gegen eine Handlung richten, die in der Folge dieses Urteils ergangen ist, selbst wenn die angefochtene Handlung mittlerweile keine Wirkungen mehr zeitigt.

3. Die Einstellung eines Bediensteten auf Zeit durch ein Organ kann nur zum Ziel haben, den dienstlichen Erfordernissen gerecht zu werden, nicht aber, eine tatsächliche Lage zu bereinigen. Befugnismißbräuchlich ist folglich die rückwirkende Einstellung eines Bediensteten auf Zeit mit dem Ziel, seine Stellung zu bereinigen, wenn seine Ernennung als Beamter durch Urteil aufgehoben wurde. Diese Aufhebung hatte als solche weder die Nichtigkeit der vom Betroffenen in Ausübung seiner Funktionen vorgenommenen Handlungen zur Folge, da er diese dem Anschein nach ordnungsgemäß bekleidete, noch angesichts seines guten Glaubens den Verlust der Rechte, die er als Entgelt für seine Dienste erhalten hatte.

4. Die Anstellungsbehörde verfügt bei der Besetzung einer Planstelle über ein weites Ermessen. Bei der Besetzung einer Dauerplanstelle kann sie somit gemäß Artikel 2 Buchstabe b der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten einen Bediensteten auf Zeit einstellen, bevor sie einen Beamten ernennt, der die Funktionen der Planstelle wahrnehmen soll.

5. Wenn die Anstellungsbehörde bei der Besetzung einer Planstelle auch bei der Abwägung der Befähigungsnachweise der Bewerber ein weites Ermessen hat, muß sie doch in dem Rahmen bleiben, den sie sich selbst durch die Stellenausschreibung gesetzt hat. Wenn sie im nachhinein feststellt, daß die in der Stellenausschreibung enthaltenen Voraussetzungen über das hinausgehen, was die dienstlichen Interessen erfordern, steht es daher in ihrem Belieben, das Verfahren zu wiederholen, indem sie die ursprüngliche Stellenausschreibung annulliert und durch eine neue ersetzt.

Diese Grundsätze gelten erst recht in einem externen Einstellungsverfahren für das Verhältnis zwischen Stellenausschreibung und Bekanntgabe des Auswahlverfahrens. Stuende es der Anstellungsbehörde frei, die in der Stellenausschreibung vorgesehenen Teilnahmebedingungen in der Bekanntgabe des Auswahlverfahrens zu ändern, so könnte sie im Ergebnis externe Einstellungsverfahren durchführen, ohne zuvor interne Bewerbungen prüfen zu müssen. Das stuende in Widerspruch zu Artikel 29 Absatz 1 Beamtenstatut, wonach die Möglichkeiten einer internen Einstellung vor Durchführung des allgemeinen Auswahlverfahrens zu prüfen sind.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ZWEITE KAMMER) VOM 28. FEBRUAR 1989. - ERIK VAN DER STIJL UND GEOFFREY CULLINGTON GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - DURCHFUEHRUNG EINES URTEILS, MIT DEM EINE ERNENNUNG AUFGEHOBEN WIRD. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 341/85, 251, 258, 259, 262, 266/86 UND 222 UND 232/87.

Entscheidungsgründe:

1 Eric van der Stijl, früherer Beamter der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, hat mit Klageschriften, die am 15. November 1985 ( Rechtssache 341/85 ), am 29. September 1986 ( Rechtssache 251/86 ), am 15. Oktober 1986 ( Rechtssache 258/86 ), am 20. Oktober 1986 ( Rechtssache 262/86 ), am 29. Oktober 1986 ( Rechtssache 266/86 ) und am 30. Juli 1987 ( Rechtssache 232/87 ) bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen sind, sechs Klagen erhoben :

a ) in der Rechtssache 341/85, einerseits auf Aufhebung der Entscheidung vom 16. Oktober 1985, den Streithelfer Bernard Math ab 28. September 1983 für zwei Jahre, verlängert bis zum 31. Dezember 1985, als Bediensteten auf Zeit einzustellen, damit er die Aufgaben eines Leiters der Abteilung F 1 ( Inspektion ) an der Generaldirektion Energie wahrnehme, zum anderen auf Schadensersatz in Höhe von 2 000 ECU oder hilfsweise auf Schmerzensgeld in vom Gerichtshof festzusetzender Höhe,

b ) in der Rechtssache 251/86, einerseits auf Aufhebung der Entscheidung, den Steithelfer nach dem 7. Oktober 1985 auf der fraglichen Stelle zu belassen, sowie der Entscheidung vom 18. Dezember 1985, mit der der Vertrag des Streithelfers als Bediensteter auf Zeit bis zum 30. Juni 1986 verlängert wurde, und andererseits auf Schmerzensgeld in vom Gerichtshof festzusetzender Höhe,

c ) in der Rechtssache 266/86, auf Aufhebung der Bekanntgabe des allgemeinen Auswahlverfahrens KOM/A/477 zur Besetzung der Planstelle des Leiters der Abteilung F 1 der Laufbahn A 3 ( ABl. 1986, C 67, S. 8 ) sowie der stillschweigenden Zurückweisung des Antrags vom 21. Januar 1985, mit dem der Kläger beantragt hatte, die Kommission möge über seine Bewerbung im Rahmen der Stellenausschreibung KOM/963/83 entscheiden,

d ) in der Rechtssache 258/86, auf Aufhebung der Entscheidung des Prüfungsausschusses des Auswahlverfahrens KOM/A/477, den Streithelfer zu den Prüfungen zuzulassen, sowie der Entscheidung, ihn in die Eignungsliste aufzunehmen,

e ) in der Rechtssache 262/86, einerseits auf Aufhebung der Entscheidung dieses Prüfungsausschusses, den Kläger nicht in die Eignungsliste aufzunehmen, andererseits auf Schmerzensgeld in vom Gerichtshof festzusetzender Höhe,

f ) in der Rechtssache 232/87, einerseits auf Aufhebung der Ernennung des Streithelfers auf die Planstelle des Leiters der erwähnten Abteilung und andererseits auf Schmerzensgeld in vom Gerichtshof festzusetzender Höhe.

2 Geoffrey Cullington, Beamter der Besoldungsstufe A 4 der Europäischen Gemeinschaften, hat mit Klageschriften, die am 15. Oktober 1986 ( Rechtssache 259/86 ) und am 16. Juli 1987 ( Rechtssache 222/87 ) bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind, zwei Klagen erhoben :

a ) in der Rechtssache 259/86, auf Aufhebung der Entscheidung des Prüfungsausschusses für das Auswahlverfahren KOM/A/477, den Streithelfer zu den Prüfungen dieses Verfahrens zuzulassen, sowie der Entscheidung, ihn in die Eignungsliste aufzunehmen,

b ) in der Rechtssache 222/87, einerseits auf Aufhebung der Ernennung des Streithelfers auf die Planstelle des Leiters der erwähnten Abteilung und der daraus sich ergebenden Zurückweisung der Bewerbung des Klägers, andererseits auf Schmerzensgeld in vom Gerichtshof festzusetzender Höhe.

3 Der Kläger van der Stijl hatte von 1971 bis 1986 einen Dienstposten der Besoldungsgruppe A 4 der Direktion "Sicherheitsüberwachung" inne, wo er 1982 bis 1983 die Funktionen eines Leiters der Abteilung F 1 ( Inspektion ) interimistisch wahrnahm. Der Kläger Cullington, Beamter der Besoldungsgruppe A 4 in der gleichen Abteilung, ist Leiter des zweiten der beiden Referate, aus dem sich die Abteilung zusammensetzt. Der Streithelfer in den acht Rechtssachen war von 1968 bis 1983 Beamter des französischen Atomenergiekommissariats. Am 28. September 1983 wurde er zum Leiter der Abteilung F 1 in der Besoldungsgruppe A 3 ernannt.

4 Mit Urteil vom 7. Oktober 1985 in der Rechtssache 128/84 ( van der Stijl/Kommission, Slg. 1985, 3281 ) hat der Gerichtshof die Entscheidung des Präsidenten der Kommission vom 3. November 1983 über die Ernennung des Streithelfers auf die Planstelle eines Leiters der genannten Abteilung F 1 und die Entscheidung der Anstellungsbehörde über die Zurückweisung der Bewerbung des Klägers auf diese Planstelle mit der Begründung aufgehoben, daß die Kommission das ausserordentliche Verfahren des Artikels 29 Absatz 2 Beamtenstatut zu Unrecht angewandt habe.

5 In der Folge dieses Urteils hat die Kommission am 16. Oktober 1985 beschlossen, den Streithelfer als Bediensteten auf Zeit in der Besoldungsgruppe A 3 mit Wirkung vom 28. September 1983, dem Tag seines Dienstantrittes, für eine Dauer von zwei Jahren, verlängert bis zum 31. Dezember 1985, einzustellen, damit er die Tätigkeiten eines Leiters der Abteilung F 1 ausübe.

6 Am 18. Dezember 1985 hat die Kommission zum einen entschieden, den Vertrag des Streithelfers bis zum 31. Juni 1986 zu verlängern, zum anderen, ein allgemeines Auswahlverfahren KOM/A/477 aufgrund von Befähigungsnachweisen und Prüfungen zur Besetzung dieses Dienstpostens durchzuführen. Am Ende des Auswahlverfahrens wurden der Kläger Cullington und der Streithelfer in die Eignungsliste aufgenommen und der Streithelfer anschließend auf die streitige Stelle ernannt; der Kläger van der Stijl, der ebenfalls am Auswahlverfahren teilgenommen hatte, wurde nicht in die Eignungsliste aufgenommen, da er dem "ganz besonderen Profil der freien Stelle" nicht entspreche.

7 Alle Beschwerden, die die Kläger gegen die streitgegenständlichen Entscheidungen erhoben, wurden von der Kommission zurückgewiesen.

8 Weitere Einzelheiten des Sachverhalts und des Parteivorbringens finden sich im Sitzungsbericht, auf den verwiesen wird. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Die Entscheidung, den Streithelfer nach dem 7. Oktober 1985 auf seiner Stelle zu belassen ( Rechtssache 251/86 )

9 Der Kläger van der Stijl macht geltend, daß der Streithelfer vom 7. Oktober 1985, dem Tag der Verkündung des Urteils des Gerichtshofes, bis zum 16. Oktober 1985, dem Tag der Entscheidung, den Streithelfer als Bediensteten auf Zeit einzustellen, auf seiner Stelle belassen worden sei, stelle eine Verletzung des Artikels 176 EWG-Vertrag dar, wonach das Organ, dem die für nichtig erklärte Handlung zur Last falle, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergebenden Maßnahmen zu ergreifen habe. Die Belassung des Streithelfers widerspreche auch den Grundsätzen des Beamtenstatuts, daß nur ein Beamter oder ein ordnungsgemäß ernannter Bediensteter Tätigkeiten des europäischen öffentlichen Dienstes ausüben dürfe.

10 Die Kommission hält dem entgegen, wie sie die Kontinuität ihrer Dienststellen sichere, stehe in ihrem Ermessen, dessen Grenzen im vorliegenden Fall nicht überschritten seien. Da der Streithelfer die Funktion eines Abteilungsleiters mehr als zwei Jahre ausgeuebt habe, habe sie davon ausgehen dürfen, daß er am besten geeignet sei, diese Funktionen vorübergehend wahrzunehmen.

11 Die Organe verfügen bei der Wahl der Mittel, die zur Deckung ihres Personalbedarfs am besten geeignet sind, über ein weites Ermessen. Ohne daß geprüft werden müsste, ob die Organe unter anderen Umständen auf andere Lösungen zurückgreifen könnten, sind sie gleichwohl gehalten, bei Posten, mit denen eine Entscheidungsbefugnis verbunden ist, einer der im Beamtenstatut und in den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten ( Beschäftigungsbedingungen ) abschließend aufgeführten Regelungen nachzukommen.

12 Dem Grundsatz einer ordnungsgemässen Verwaltung widerspräche es, wenn jemand derart erhebliche Verantwortlichkeiten ausüben könnte, der in keinem dienstrechtlichen Verhältnis zu den Gemeinschaften stuende. Er unterläge insbesondere nicht den Verpflichtungen der Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften und bräuchte im Falle eines Verstosses gegen diese Verpflichtungen keine Disziplinarmaßnahmen zu gewärtigen.

13 Hieraus ergibt sich, daß die Organe der Gemeinschaft, wenn sie niemanden als Beamten oder sonstigen Bediensteten einstellen können, eine freie Stelle, mit der eine Entscheidungsbefugnis verbunden ist, nicht einmal vorübergehend anders besetzen können als durch Rückgriff auf eine Vertretung oder eine Verweserschaft. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur aus unabweislichen Gründen insbesondere der Dringlichkeit der Besetzung einer freien Stelle zulässig. Solche Gründe hat die Kommission im vorliegenden Fall nicht dargetan.

14 Die Entscheidung, den Streithelfer in der Zeit vom 7. Oktober 1985, dem Tag der Verkündung des Urteils, mit dem seine Ernennung aufgehoben wurde, bis zum 16. Oktober 1985, dem Tag seiner Verpflichtung als Bediensteter auf Zeit, auf der Stelle eines Leiters der Abteilung F 1 zu belassen, ist somit aufzuheben.

Die Entscheidung vom 16. Oktober 1985, den Streithelfer vom 28. September 1983 bis zum 31. Dezember 1985 als Bediensteten auf Zeit einzustellen ( Rechssache 341/85 )

A - Zulässigkeit

15 Die Kommission hält die Klage für unzulässig, da sie sich gegen eine Entscheidung richte, die seit dem 31. Dezember 1985 keine Wirkungen mehr zeitige. Nach diesem Datum könne sie nicht mehr vom Gerichtshof aufgehoben werden; eine Klage sei daher gegenstandslos.

16 Der Streithelfer führt aus, da die Kommission am 18. Dezember 1985 beschlossen habe, ein allgemeines Auswahlverfahren durchzuführen, um den von ihm innegehabten Posten zu besetzen, könne die streitige Entscheidung am 16. Oktober 1985 den Kläger nicht beschweren.

17 Dieser macht geltend, angesichts der im Beamtenstatut für das vorgerichtliche und gerichtliche Verfahren vorgesehenen Fristen laufe die Auffassung der Beklagten darauf hinaus, jede befristeteEntscheidung praktisch unanfechtbar zu machen. Davon abgesehen beeinflusse die angefochtene Entscheidung seine Rechtsposition auch nach dem 31. Dezember 1985.

18 Diese Frage braucht nicht entschieden zu werden. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 25. November 1976 in der Rechtssache 30/76 ( Küster, Slg. 1978, 1719, Randnr. 8 ) ausgeführt hat, sind die Adressaten eines Urteils, mit dem eine Handlung eines Organs aufgehoben wurde, von der Art und Weise, in der das Organ dieses Urteil durchführt, unmittelbar betroffen. Da die Klage sich gegen eine Handlung richtet, die in der Folge des Urteils vom 7. Oktober 1985 ergangen ist, wäre sie selbst dann zulässig, wenn die angefochtene Handlung mittlerweile keine Wirkungen mehr zeitigte.

B - Begründetheit

19 Die erste Rüge geht dahin, die Entscheidung, den Streithelfer rückwirkend als Bediensteten auf Zeit einzustellen, verletze Artikel 176 EWG-Vertrag, da der vor dem Gerichtshof als rechtswidrig erwiesene Sachverhalt wiederhergestellt werde. Die einzige korrekte Art der Durchführung des Urteils vom 7. Oktober 1985 hätte darin bestanden, ein allgemeines Auswahlverfahren durchzuführen und die Kontinuität des Dienstes durch Stellvertretung oder Verweserschaft sicherzustellen.

20 Die Kommission hält dem entgegen, der Gerichtshof habe die Ernennung des Streithelfers nur wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben. Nichts hindere sie somit daran, bis zur Durchführung eines allgemeinen Auswahlverfahrens an die Spitze der Abteilung als Bediensteten auf Zeit denjenigen zu stellen, der die Abteilung bereits mehr als zwei Jahre geleitet habe.

21 Nach Auffassung des Streithelfers läge eine Verletzung des Artikels 176 EWG-Vertrag nur vor, wenn die Kommission die aufgehobene Entscheidung schlicht erneut getroffen hätte. Die angefochtene Entscheidung habe jedoch einen anderen Gegenstand als die aufgehobene, da sie einen Vertrag zur Einstellung eines Bediensteten auf Zeit und keine Beamtenernennung beinhalte.

22 In seinem Urteil vom 7. November 1985 hat sich der Gerichtshof nicht darüber ausgesprochen, ob der Streithelfer die für die fragliche Stelle erforderliche Eignung besitze. Die Kommission hatte somit das Recht, ihn als Bediensteten auf Zeit für diese Dienststelle einzustellen.

23 Die Rüge der Verletzung des Artikel 176 EWG-Vertrag ist daher zurückzuweisen.

24 Die zweite Rüge geht dahin, die streitige Entscheidung stelle einen Verfahrens - und einen Ermessensmißbrauch dar.

25 Das stützt der Kläger darauf, daß die Kommission durch die Rückwirkung die vom Gerichtshof aufgehobene Verwaltungsrechtlage zugunsten des Streithelfers bereinigen wolle. Eine solche rückwirkende Bereinigung könne nicht mit dienstlichen Interessen begründet werden. Auch sei sie überfluessig, da nach der Theorie des faktischen Beamten weder die vom Streithelfer ausgegangenen Verwaltungsakte noch seine finanziellen Ansprüche gefährdet seien. Das einzige Ziel der Kommission sei es gewesen, dem Streithelfer ein Dienstalter und eine Berufserfahrung zu sichern, die im Rahmen eines neuen Einstellungsverfahrens berücksichtigt werden könnten, und ihn auf seiner Stelle zu belassen, bis seine endgültige Ernennung durchgeführt werden könnte.

26 Die Kommission bestreitet, daß sie den Streithelfer habe begünstigen wollen. Der Kläger greife zu unbewiesenen Spekulationen, die im übrigen durch die Durchführung des allgemeinen Auswahlverfahrens widerlegt würden.

27 Nach Auffassung des Streithelfers hat die Kommission ihre Entscheidung im dienstlichen Interesse getroffen. Der Kläger habe nicht einmal aufzuzeigen versucht, daß das Motiv der streitigen Entscheidung nicht im dienstlichen Interesse gelegen habe.

28 Die Rüge des Klägers greift durch. Die Einstellung eines Bediensteten auf Zeit durch ein Organ kann nur zum Ziel haben, den dienstlichen Erfordernissen gerecht zu werden, nicht aber, eine tatsächliche Lage "zu bereinigen ". Im übrigen war die Kommission, wie der Kläger zu Recht bemerkt, durch nichts gezwungen, die Einstellung des Streithelfers rückwirkend durchzuführen; die Aufhebung seiner Ernennung hatte schließlich als solche nicht die Nichtigkeit der von ihm als Abteilungsleiter vorgenommenen Handlungen zur Folge, da er dem Anschein nach diese Funktion ordnungsgemäß bekleidete. Da sein guter Glaube ausserdem nicht in Frage steht, sind auch die Beträge und Rechte, die der Streithelfer als Entgelt für seine Dienste bei der Kommission erhalten hatte, gesichert.

29 Die Gründe, aus denen die Kommission den Steithelfer rückwirkend eingestellt hat, können dahinstehen. Die Entscheidung beruht auf einem Befugnismißbrauch, da sie eine tatsächliche Lage für die Vergangenheit "bereinigen" sollte. Sie ist daher für die Zeit vom 28. September 1983 bis 15. Oktober 1985 aufzuheben. Die übrigen Rügen des Klägers brauchen daher, soweit sie sich auf denselben Zeitraum beziehe, nicht mehr geprüft zu werden.

30 Hingegen sind diese Rügen für den Zeitraum vom 16. Oktober bis zum 31. Dezember 1985 zu prüfen.

31 Insoweit rügt der Kläger zunächst hilfsweise die Zulässigkeit des Verfahrens der Einstellung des Streithelfers als Bediensteten auf Zeit, da der Vorrang der internen Besetzung nach Artikel 29 Absatz 1 Beamtenstatut nicht gewahrt worden sei. Die freie Planstelle sei besetzt worden, ohne daß die Bewerbung des Klägers erneut geprüft worden sei.

32 Nach Auffassung der Kommission erlaubt es Artikel 2 Buchstabe b der Beschäftigungsbedingungen, einen Bediensteten auf Zeit zur Besetzung einer Dauerplanstelle einzustellen, anstatt sofort einen Beamten zu ernennen.

33 Dem ist zu folgen. Das Dienstrecht räumt der Anstellungsbehörde für die Besetzung einer Dauerplanstelle ein weites Ermessen ein; sie kann somit einen Bediensteten auf Zeit einstellen, bevor sie endgültig einen Beamten ernennt. Die Grenzen dieses Ermessens sind im vorliegenden Fall nur insoweit überschritten, als es um die rückwirkende Einstellung des Streithelfers geht.

34 Als zweites rügt der Kläger hilfsweise, die angefochtene Entscheidung verletze Artikel 12 Absatz 1 und Absatz 2 Buchstabe e der Beschäftigungsbedingungen, da der Streithelfer die zur Ernennung als Bediensteter der Gemeinschaften erforderlichen Sprachkenntnisse, oder die in der früher veröffentlichten Stellenausschreibung verlangten Sprachkenntnisse und besonderen Kenntnisse nicht besessen habe oder weil schließlich seine Einstellung nicht auf möglichst breiter geographischer Grundlage erfolgt sei.

35 Kommission und Streithelfer bestreiten diese Behauptungen. Die Sprachkenntnisse und die besonderen Befähigungen des Streithelfers entsprächen vollauf den Anforderungen der zu besetzenden Stelle.

36 Wenn auch Zweifel an den Sprachkenntnissen des Streithelfers im Zeitpunkt seiner Einstellung erlaubt sind, so hat der Kläger doch nicht hinreichend dargetan, daß diese ungenügend waren. Nichts erlaubt übrigens die Feststellung, daß die besonderen Befähigungen des Streithelfers den Anforderungen der freien Stelle nicht entsprochen hätten. Im Zeitpunkt seiner Einstellung als Bediensteter auf Zeit hatte der Streithelfer im übrigen bereits mehr als zwei Jahre die Funktion eines Leiters der Abteilung F 1 wahrgenommen; seine Dienstvorgesetzten konnten daher seine Fähigkeiten durchaus beurteilen. Schließlich ist nicht nachgewiesen, wenn auch vieles dafür spricht, daß die Staatsangehörigkeit des Streithelfers der einzige Grund für seine Einstellung war.

37 Die zwei hilfsweise vorgebrachten Rügen sind somit nicht begründet.

Die Entscheidung, das Beschäftigungsverhältnis des Streithelfers für die Zeit vom 31. Dezember 1985 bis zum 30. Juni 1986 zu verlängern ( Rechtssache 251/86 )

38 Nach Auffassung des Klägers stellt die Entscheidung vom 18. Dezember 1985, das Beschäftigungsverhältnis des Streithelfers bis zum 30. Juni 1986 zu verlängern, nicht nur eine Verstärkung der Unregelmässigkeiten der ersten Einstellungsentscheidung dar, sondern auch eine offenkundige Verletzung des Artikels 8 Absatz 2 der Beschäftigungsbedingungen, wonach das Beschäftigungsverhältnis eines Bediensteten auf Zeit, der zur Besetzung einer Dauerplanstelle eingestellt werde, nur für höchstens zwei Jahre begründet werden und nur einmal um höchstens ein Jahr verlängert werden dürfe. Da die ursprüngliche Einstellungsentscheidung bereits das Beschäftigungsverhältnis des Streithelfers bis zum 31. Dezember 1985 verlängert habe, sei keine weitere Verlängerung mehr möglich gewesen.

39 Die Kommission macht geltend, das verlängerte Beschäftigungsverhältnis des Streithelfers überschreite nicht die höchstzulässige Gesamtdauer von drei Jahren. Der Kläger lege die Beschäftigungsbedingungen zu eng aus.

40 Dem ist nicht zu folgen. Artikel 8 Absatz 2 der Beschäftigungsbedingungen begrenzt das Beschäftigungsverhältnis eines Bediensteten auf Zeit, der zur Besetzung einer Dauerplanstelle eingestellt wurde, dreifach : Die Dauer des ursprünglichen Beschäftigungsverhältnisses darf zwei Jahre nicht übersteigen, dieses Verhältnis darf nur einmal verlängert werden, die Dauer der Verlängerung darf ein Jahr nicht übersteigen.

41 Die streitige Entscheidung der Kommission verstösst gegen die zweite Begrenzung; da die Entscheidung vom 16. Oktober 1985, mit der das Beschäftigungsverhältnis des Streithelfers für zwei Jahre ( 28. September 1985 ) begründet worden war, dieses bis zum 31. Dezember 1985 verlängerte, war jede weitere Verlängerungsentscheidung rechtswidrig; die Entscheidung vom 18. Dezember 1985 ist daher aufzuheben.

Zur Rechtmässigkeit der Bekanntgabe des Auswahlverfahrens KOM/A/477 ( Rechtssache 251/86 )

42 Die erste Rüge stützt sich darauf, daß die Entscheidung, ein allgemeines Auswahlverfahren durchzuführen, unter Verletzung des Artikels 29 Absatz 1 Beamtenstatut erfolgt sei, weil die Kommission nicht zuvor die internen Bewerbungen, insbesondere diejenige des Klägers, geprüft habe, deren Zurückweisung mit dem Urteil vom 7. Oktober 1985 aufgehoben worden war.

43 Insofern bestreitet der Kläger die Behauptung der Kommission, auf ihrer Sitzung vom 18. Dezember 1985 habe sie "die Bewerbungen" geprüft. Es könne nämlich nur eine Bewerbung, die seine, gegeben haben, da keine andere Stellenausschreibung bekannt gemacht worden sei und da die Zurückweisungen der beim ersten Einstellungsverfahren eingereichten Bewerbungen mit Ausnahme derjenigen endgültig geworden seien, die ihn betreffe und die im Urteil vom 7. Oktober 1985 aufgehoben worden sei. Trotz seines ausdrücklichen Verlangens sei er von der Zurückweisung seiner Bewerbung erst mit Schreiben vom 25. Juli 1986 förmlich unterrichtet worden, das auf eine zwischenzeitlich eingelegte Beschwerde hin ergangen sei.

44 Die Kommission trägt vor, sie habe die Verfahrensbestimmungen des Beamtenstatuts beachtet. In ihrer Sitzung vom 18. Dezember 1985 habe sie die Möglichkeiten einer Beförderung oder Versetzung innerhalb des Organs geprüft, dann entschieden, die fragliche Stelle nicht durch Beförderung zu besetzen und kein internes Auswahlverfahren nach Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe b durchzuführen. Da keine Übernahmeanträge von Beamten anderer Organe vorgelegen hätten, habe sie beschlossen, ein allgemeines Auswahlverfahren durchzuführen.

45 Das Protokoll der fraglichen Sitzung der Kommission, das sie auf Verlangen des Gerichtshofes vorgelegt hat, lässt erkennen, daß diese das Verfahren nach Artikel 29 Absatz 1 Beamtenstatut beachtet hat.

46 Sicherlich widerspricht das Verhalten der Kommission, auf die Bewerbung des Klägers hin trotz seines ausdrücklichen Verlangens über lange Zeit untätig zu bleiben, den Grundsätzen einer ordnungsgemässen Verwaltung; es belegt auch eine gewisse Rücksichtslosigkeit gegenüber ihren Beamten. Die Ordnungsgemäßheit des beachteten Verfahrens kann es jedoch nicht beeinflussen. Das gleiche gilt für die Mehrdeutigkeiten, die der Kläger in den Ausführungen der Kommission bemerkt hat. Diese erste Rüge ist daher zurückzuweisen.

47 Die zweite Rüge geht dahin, die Bekanntgabe des Auswahlverfahrens sei rechtswidrig, weil sie von der Stellenausschreibung abweiche. Die Anforderung einer "der Tätigkeit entsprechenden umfassenden Erfahrung" in der Stellenausschreibung sei ersetzt worden durch den Ausdruck "Berufserfahrung nach dem Hochschulstudium..., davon mindestens mehrere Jahre in Bereichen, die im Zusammenhang mit der... (( auszuübenden )) Tätigkeit stehen ".

48 Nach Auffassung des Klägers stellt die zweite Formulierung geringere Anforderungen und unterscheidet sich auch inhaltlich von der ersten. Soweit die Berufserfahrung des Streithelfers den Anforderungen der Stellenausschreibung nicht entsprochen habe, hätten die vorgenommenen Änderungen das Ziel gehabt, die Teilnahmebedingungen an dessen Erfahrung anzugleichen.

49 Die Kommission führt aus, es handle sich nur um geringe Abweichungen in der Formulierung, die erforderlich gewesen seien, um die Bekanntgabe des Auswahlverfahrens für Aussenstehende leichter lesbar zu machen.

50 Dem ist nicht so. Die vorgenommenen Änderungen stellen sehr wohl eine Verringerung der Anforderungen dar, die für die Teilnahme an dem Einstellungsverfahren gestellt werden.

51 Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. Oktober 1974 in der Rechtssache 188/73 ( Grassi/Rat, Slg. 1974, 1099, Randnr. 38 ) entschieden hat, muß die Anstellungsbehörde, wenn sie auch bei der Abwägung der Befähigungsnachweise der Bewerber ein weites Ermessen hat, doch in dem Rahmen bleiben, den sie sich selbst durch die Stellenausschreibung gesetzt hat. Im selben Urteil hat der Gerichtshof in Randnummer 43 darauf hingewiesen, daß es im Belieben der Anstellungsbehörde stehe, wenn sie im nachhinein feststelle, daß die in der Stellenausschreibung enthaltenen Voraussetzungen über das hinausgingen, was die dienstlichen Interessen erforderten, das Verfahren zu wiederholen, indem sie die ursprüngliche Stellenausschreibung annulliere und durch eine berichtigte Ausschreibung ersetze.

52 Diese Grundsätze wurden zwar anläßlich eines internen Beförderungsverfahrens ausgesprochen. Sie müssen aber erst recht gelten, wenn es um das Verhältnis zwischen Stellenausschreibung und Bekanntgabe eines Auswahlverfahrens geht. Jede andere Auslegung würde Artikel 29 Beamtenstatut seiner Wirkung berauben, wonach die Organe verpflichtet sind, die Möglichkeit einer internen Besetzung zu prüfen, bevor sie ein allgemeines Auswahlverfahren durchführen. Stuende es den Organen frei, die Teilnahmebedingungen von einem Verfahrensabschnitt zum nächsten zu ändern, insbesondere die Anforderungen zu senken, so könnten sie im Ergebnis externe Einstellungsverfahren durchführen, ohne zuvor interne Bewerbungen prüfen zu müssen.

53 Der zweiten Rüge ist somit stattzugeben; die Bekanntgabe des allgemeinen Auswahlverfahrens KOM/A/477 ist aufzuheben.

54 Als Folge dieser Aufhebung sind die Klagen in den Rechtssachen 258, 259 262/86 und 222 sowie 232/87 gegenstandslos geworden; die Hauptsache ist damit insoweit erledigt.

Zu den Anträgen auf Schmerzensgeld

55 Ihre Schadensersatzanträge in den Rechtssachen 341/85, 251/86, 266/86, 222/87 und 232/87 stützen die Kläger im wesentlichen auf die Schwere der begangenen Verstösse, den provokativen Charakter der an sie gerichteten Entscheidungen, die Verletzung der Fürsorgepflicht der Kommission und der Grundsätze einer ordnungsgemässen Verwaltung, die das Verhältnis zwischen ihr und ihren Beamten bestimmen müssten, und im Falle der Klägers van der Stijl die zunehmenden psychischen Spannungen, die daraus für ihn und seine Familie erwachsen seien.

56 Die Art und Weise, mit der die Kommission das Urteil vom 7. Oktober 1985 durchgeführt hat, ist sehr beunruhigend. Aus den von den Klägern zur Stützung ihrer Schadensersatzanträge angeführten Gründen ergibt sich gleichwohl, daß das vorliegende Urteil als solches ein hinreichender Ersatz allen immateriellen Schadens ist, den diese möglicherweise im vorliegenden Fall erlitten haben. Da kein behebbarer Schaden entstanden ist, sind die Anträge auf Schadensersatz unbegründet.

Kostenentscheidung:

Kosten

57 Nach Artikel 69 § 2 Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen im wesentlichen unterlegen ist, sind ihr die Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung, das zu dem Beschluß des Präsidenten der Zweiten Kammer vom 5. Dezember 1985 ( Rechtssache 341/85 ) geführt hat, sowie der Kosten im Rahmen der Unzulässigkeiteinreden, die zu vier Beschlüssen des Präsidenten der Zweiten Kammer vom 15. Juni 1987 ( Rechtssachen 251/86, 258/86, 262/86, 266/86 ) geführt haben, aufzuerlegen. Der Streithelfer trägt seine eigenen sowie diejenigen Kosten, die sein Streitbeitritt den Klägern verursacht hat.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Zweite Kammer )

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Entscheidung, den Streithelfer in der Zeit vom 7. Oktober 1985 bis zum 16. Oktober 1985 auf der Stelle eines Leiters der Abteilung F 1 der Generaldirektion Energie zu belassen, wird aufgehoben.

2 ) Die Entscheidung, den Streithelfer als Bediensteten auf Zeit einzustellen, wird für den Zeitraum vom 28. September 1983 bis zum 15. Oktober 1986 aufgehoben.

3 ) Die Entscheidung, das Beschäftigungsverhältnis des Streithelfers vom 31. Dezember 1985 bis zum 31. Juni 1986 zu verlängern, wird aufgehoben.

4 ) Die Bekanntgabe des Auswahlverfahrens KOM/A/477 wird aufgehoben.

5 ) Die Schadensersatzanträge werden abgewiesen.

6 ) Die Kommission trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der durch den Streitbeitritt verursachten Kosten.

7 ) Der Streithelfer trägt seine eigenen sowie diejenigen Kosten, die sein Streitbeitritt den Klägern verursacht hat.

Ende der Entscheidung

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