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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 27.10.1982
Aktenzeichen: 35/82
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. ARTIKEL 177 ABSATZ 3 EWG-VERTRAG IST DAHIN AUSZULEGEN , DASS EIN EINZELSTAATLICHES GERICHT , DESSEN ENTSCHEIDUNGEN SELBST NICHT MEHR MIT RECHTSMITTELN DES INNERSTAATLICHEN RECHTS ANGEFOCHTEN WERDEN KÖNNEN , NICHT VERPFLICHTET IST , DEM GERICHTSHOF EINE AUSLEGUNGSFRAGE IM SINNE VON ABSATZ 1 DIESES ARTIKELS VORZULEGEN , WENN SICH DIE FRAGE IN EINEM VERFAHREN DER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG STELLT UND DIE ZU ERLASSENDE ENTSCHEIDUNG DAS GERICHT , DEM DER RECHTSSTREIT DANACH IN EINEM HAUPTVERFAHREN VORGELEGT WIRD , NICHT BINDET , SOFERN ES JEDER PARTEI UNBENOMMEN BLEIBT - AUCH VOR DEN GE RICHTEN EINES ANDEREN GERICHTSZWEIGS - , EIN HAUPTVERFAHREN , IN DEM JEDE IM SUMMARISCHEN VERFAHREN VORLÄUFIG ENTSCHIEDENE FRAGE DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ERNEUT GEPRÜFT WERDEN UND DEN GEGENSTAND EINER VORLAGE NACH ARTIKEL 177 BILDEN KANN , ENTWEDER SELBST EINZULEITEN ODER DESSEN EINLEITUNG ZU VERLANGEN.

2. DIE VORSCHRIFTEN DES EWG-VERTRAGS ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER UND DIE ZU IHRER DURCHFÜHRUNG ERLASSENE REGELUNG KÖNNEN NICHT AUF SACHVERHALTE ANGEWANDT WERDEN , DIE KEINERLEI BERÜHRUNGSPUNKTE MIT IRGENDEINEM DER SACHVERHALTE AUFWEI SEN , AUF DIE DAS GEMEINSCHAFTSRECHT ABSTELLT.

FOLGLICH VERBIETET DAS GEMEINSCHAFTSRECHT EINEM MITGLIEDSTAAT NICHT , EINEM IN ARTIKEL 10 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 GENANNTEN FAMILIENANGEHÖRIGEN EINES IM HOHEITSGEBIET DIESES STAATES BESCHÄFTIGTEN ARBEITNEHMERS , DER NIEMALS DAS RECHT AUF FREIZUEGIGKEIT INNERHALB DER GEMEINSCHAFT AUSGEUEBT HAT , DIE EINREISE ODER DEN AUFENTHALT IN SEINEM HOHEITSGEBIET ZU VERWEIGERN , WENN DER ARBEITNEHMER DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT DIESES STAATES UND DER FAMILIENANGEHÖRIGE DIEJENIGE EINES DRITTLANDES BESITZT.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 27. OKTOBER 1982. - ELESTINA ESSELINA CHRISTIAN MORSON GEGEN NIEDERLAENDISCHEN STAAT UND LEITER DER ORTSPOLIZEIBEHOERDE IM SINNE DER VREEMDELINGENWET ; SEWRADJIE JHANJAN GEGEN NIEDERLAENDISCHEN STAAT. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM HOGE RAAD DER NEDERLANDEN. - FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 35 UND 36/82.

Entscheidungsgründe:

1 DER HOGE RAAD DER NEDERLANDEN HAT MIT URTEILEN VOM 15. JANUAR 1982 , BEIM GERICHTSHOF EINGEGANGEN AM 21. JANUAR 1982 , GEMÄSS ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG ZWEI IN DEN BEIDEN VERBUNDENEN RECHTSSACHEN GLEICHLAUTENDE FRAGEN NACH DER AUSLEGUNG DES ARTIKELS 177 ABSATZ 3 EWG-VERTRAG UND DES ARTIKELS 10 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT ( ABL. L 257 , 1968 , S. 2 ) ZUR VORABENTSCHEIDUNG VORGELEGT.

2 FRAU MORSON UND FRAU JHANJAN , KASSATIONSKLAEGERINNEN IN DEN AUSGANGSVERFAHREN UND STAATSANGEHÖRIGE DER REPUBLIK SURINAM , BEANTRAGTEN EINE AUFENTHALTSERLAUBNIS FÜR DIE NIEDERLANDE , UM SICH BEI IHRER TOCHTER BZW. IHREM SOHN , DIE DIE NIEDERLÄNDISCHE STAATSANGEHÖRIGKEIT BESITZEN UND FÜR IHREN UNTERHALT AUFKOMMEN , NIEDERZULASSEN. AUS DEN AKTEN ERGIBT SICH , DASS DIE TOCHTER UND DER SOHN EINE UNSELBSTÄNDIGE TÄTIGKEIT IN DEN NIEDERLANDEN AUSÜBEN UND ZU KEINER ZEIT IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT BESCHÄFTIGT GEWESEN SIND. DER STAATSSEKRETÄR DER JUSTIZ LEHNTE DIE ANTRAEGE AB , WORAUFHIN FRAU MORSON UND FRAU JHANJAN BEI IHM WIDERSPRUCH EINLEGTEN.

3 NACH DEM NIEDERLÄNDISCHEN AUSLÄNDERGESETZ HABEN DERARTIGE WIDERSPRÜCHE ALLGEMEIN AUFSCHIEBENDE WIRKUNG HINSICHTLICH DES AUSWEISUNGSBESCHLUSSES. DER STAATSSEKRETÄR DER JUSTIZ KANN JEDOCH DIE AUFSCHIEBENDE WIRKUNG VERSAGEN. IN DIESEM FALL KANN ABER EINE EINSTWEILIGE ANORDNUNG BEI EINEM ORDENTLICHEN GERICHT BEANTRAGT WERDEN. DAS VERFAHREN DER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG , UM DAS ES HIER GEHT , IST IN DEN ARTIKELN 289 BIS 297 DES WETBÖK VAN BURGERLIJKE RECHTSVORDERING ( NIEDERLÄNDISCHE ZIVILPROZESSORDNUNG ) GEREGELT. NACH ARTIKEL 292 DIESES WETBÖK ' ' LASSEN DIE EINSTWEILIGEN ANORDNUNGEN DIE HAUPTSACHE UNBERÜHRT ' '.

4 IM VORLIEGENDEN FALL BEANTRAGTEN DIE KASSATIONSKLAEGERINNEN IN DEN AUSGANGSVERFAHREN IM VERFAHREN DER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG , DEM NIEDERLÄNDISCHEN STAAT ZU UNTERSAGEN , SIE AUSZUWEISEN , ZUMINDEST SOLANGE NICHT LETZTINSTANZLICH ÜBER IHRE WIDERSPRÜCHE ENTSCHIEDEN WORDEN SEI. SIE BERIEFEN SICH INSOWEIT AUF ARTIKEL 10 ABSATZ 1 DER GENANNTEN VERORDNUNG NR. 1612/68 , NACH DEM BESTIMMTE FAMILIENANGEHÖRIGE , DARUNTER DIE VERWANDTEN IN AUFSTEIGENDER LINIE , DENEN EIN ARBEITNEHMER UNTERHALT GEWÄHRT , DER DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT EINES MITGLIEDSTAATS BESITZT UND IM HOHEITSGEBIET EINES ANDE REN MITGLIEDSTAATS BESCHÄFTIGT IST , BEI DIESEM ARBEITNEHMER WOHNUNG NEHMEN DÜRFEN. DIE KASSATIONSKLAEGERINNEN BERIEFEN SICH DANEBEN AUF DAS IN DEN ARTIKELN 7 UND 48 DES VERTRAGES GENANNTE DISKRIMINIERUNGSVERBOT.

5 DA DER HOGE RAAD , BEI DEM DIE ANTRAEGE AUF ERLASS EINER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG IM KASSATIONSVERFAHREN ANHÄNGIG SIND , DER ANSICHT WAR , SEINE ENTSCHEIDUNG HÄNGE VON DER AUSLEGUNG GEMEINSCHAFTSRECHTLICHER BESTIMMUNGEN AB , HAT ER FOLGENDE VORABENTSCHEIDUNGSFRAGEN GESTELLT :

' ' 1. IST IN EINEM VERFAHREN DER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG DER HOGE RAAD AUFGRUND VON ARTIKEL 177 ABSATZ 3 DES VERTRAGES ZUR GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT VERPFLICHTET , FALLS IM KASSATIONSVERFAHREN EINE AUSLEGUNGSFRAGE IM SINNE VON ABSATZ 1 DIESES ARTIKELS AUFGEWORFEN WIRD , SICH ZUR ERLANGUNG EINER VORABENTSCHEIDUNG AN DEN GERICHTSHOF ZU WENDEN , WENN MAN DIE TATSACHE BERÜCKSICHTIGT , DASS EINE ENTSCHEIDUNG DES HOGE RAAD IM VERFAHREN DER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG EINEN RICHTER , DEM DER RECHTSSTREIT DANACH IN EINEM HAUPTVERFAHREN VORGELEGT WIRD , NICHT BINDET? WENN DIESE FRAGE NICHT ALLGEMEIN VERNEINT ODER BEJAHT WERDEN KANN , VON WELCHEN UMSTÄNDEN HÄNGT ES DANN AB , OB EINE DERARTIGE VERPFLICHTUNG ANZUNEHMEN IST?

2.VERBIETET ES ARTIKEL 10 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT - GEGEBENENFALLS IN VERBINDUNG MIT ANDEREN BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS - , DASS EIN MITGLIEDSTAAT EINEM DER IN ARTIKEL 10 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG GENANNTEN FAMILIENANGEHÖRIGEN EINES IM HOHEITSGEBIET DIESES MITGLIEDSTAATS BESCHÄFTIGTEN ARBEITNEHMERS DEN ZUGANG , UM BEI DIESEM ARBEITNEHMER WOHNUNG ZU NEHMEN , NICHT GESTATTET , WENN DER ARBEITNEHMER DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT DES STAATES , IN DEM ER BESCHÄFTIGT IST , UND DER BETREFFENDE FAMILIENANGEHÖRIGE EINE ANDERE STAATSANGEHÖRIGKEIT BESITZT?

' '

ZUR ERSTEN FRAGE

6 DIE ERSTE FRAGE LÄUFT IM WESENTLICHEN DARAUF HINAUS , OB ARTIKEL 177 ABSATZ 3 DES VERTRAGES SO AUSZULEGEN IST , DASS EIN EINZELSTAATLICHES GERICHT , DESSEN ENTSCHEIDUNGEN SELBST NICHT MEHR MIT RECHTSMITTELN DES INNERSTAATLICHEN RECHTS ANGEFOCHTEN WERDEN KÖNNEN , ZUR ANRUFUNG DES GERICHTSHOFES IN EINER AUSLEGUNGSFRAGE IM SINNE DES ERSTEN ABSATZES DIESES ARTIKELS VERPFLICHTET IST , WENN SICH DIE FRAGE IN EINEM VERFAHREN DER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG STELLT UND DIE ZU ERLASSENDE ENTSCHEIDUNG DAS GERICHT , DEM DER RECHTSSTREIT DANACH IN EINEM HAUPTVERFAHREN VORGELEGT WIRD , AUCH WENN DIESES GERICHT ZU EINEM ANDEREN GERICHTSZWEIG GEHÖRT , NICHT BINDET.

7 NACH ARTIKEL 177 ABSATZ 2 EWG-VERTRAG KANN EIN GERICHT EINES MITGLIEDSTAATS , DEM EINE FRAGE NACH DER AUSLEGUNG ODER DER GÜLTIGKEIT IM SINNE DES ABSATZES 1 DIESES ARTIKELS GESTELLT WIRD , DEM GERICHTSHOF DIESE FRAGE ZUR VORABENTSCHEIDUNG VORLEGEN , WENN ES EINE ENTSCHEIDUNG DARÜBER ZUM ERLASS SEINES URTEILS FÜR ERFORDERLICH HÄLT. WIRD ABER EINE DERARTIGE FRAGE BEI EINEM EINZELSTAATLICHEN GERICHT GESTELLT , DESSEN ENTSCHEIDUNGEN SELBST NICHT MEHR MIT RECHTSMITTELN DES INNERSTAATLICHEN RECHTS ANGEFOCHTEN WERDEN KÖNNEN , SO IST DIESES GERICHT NACH ARTIKEL 177 ABSATZ 3 ZUR ANRUFUNG DES GERICHTSHOFES VERPFLICHTET.

8 WIE DER GERICHTSHOF SCHON IM URTEIL VOM 24. MAI 1977 ( RECHTSSACHE 107/76 , HOFFMANN-LA ROCHE , SLG. 1977 , 957 ) FESTGESTELLT HAT , HAT ARTIKEL 177 ZUM ZIEL , DIE EINHEITLICHE AUSLEGUNG UND ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS IN SÄMTLICHEN MITGLIEDSTAATEN SICHERZUSTELLEN ; IN DIESEM RAHMEN SOLL ABSATZ 3 DES ARTIKELS INSBESONDERE VERHINDERN , DASS SICH IN EINEM MITGLIEDSTAAT EINE NATIONALE RECHTSPRECHUNG HERAUSBILDET , DIE MIT DEN NORMEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS NICHT IM EINKLANG STEHT. IN SUMMARISCHEN UND EILBEDÜRFTIGEN VERFAHREN DER HIER IN REDE STEHENDEN ART IST DEN AUS DIESER ZIELSETZUNG FLIESSENDEN ANFORDERUNGEN GENÜGE GETAN , WENN IN EINEM ORDENTLICHEN VERFAHREN ZUR HAUPTSACHE EINE ERNEUTE PRÜFUNG JEDER IM SUMMARISCHEN VERFAHREN NUR VORLÄUFIG ENTSCHIEDENEN FRAGE DES GEMEINSCHAFTSRECHTS MÖGLICH IST , GLEICHGÜLTIG , OB DIESES VERFAHREN UNTER ALLEN UMSTÄNDEN ODER NUR AUF BETREIBEN DER UNTERLEGENEN PARTEI EINGELEITET WERDEN MUSS.

9 DAHER IST DIE SPEZIFISCHE ZIELSETZUNG DES ARTIKELS 177 ABSATZ 3 GEWAHRT , WENN DIE VERPFLICHTUNG , DEM GERICHTSHOF VORABENTSCHEIDUNGSFRAGEN VORZULEGEN , IM RAHMEN DES HAUPTVERFAHRENS ZUM ZUGE KOMMT , AUCH WENN DIESES VOR DEN GERICHTEN EINES ANDEREN GERICHTSZWEIGS ALS DEM DES VERFAHRENS DER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG STATTFINDET , SOFERN DANN DIE MÖGLICHKEIT BESTEHT , DEM GERICHTSHOF NACH ARTIKEL 177 DIE AUFGEWORFENEN FRAGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS VORZULEGEN.

10 AUF DIE ERSTE FRAGE DES HOGE RAAD IST DESHALB ZU ANTWORTEN , DASS ARTIKEL 177 ABSATZ 3 EWG-VERTRAG DAHIN AUSZULEGEN IST , DASS EIN EINZELSTAATLICHES GE RICHT , DESSEN ENTSCHEIDUNGEN SELBST NICHT MEHR MIT RECHTSMITTELN DES INNERSTAATLICHEN RECHTS ANGEFOCHTEN WERDEN KÖNNEN , NICHT VERPFLICHTET IST , DEM GERICHTSHOF EINE AUSLEGUNGSFRAGE IM SINNE VON ABSATZ 1 DIESES ARTIKELS VORZULEGEN , WENN SICH DIE FRAGE IN EINEM VERFAHREN DER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG STELLT UND DIE ZU ERLASSENDE ENTSCHEIDUNG DAS GERICHT , DEM DER RECHTSSTREIT DANACH IN EINEM HAUPTVERFAHREN VORGELEGT WIRD , NICHT BINDET , SOFERN ES JEDER PARTEI UNBENOMMEN BLEIBT , - AUCH VOR DEN GERICHTEN EINES ANDEREN GERICHTSZWEIGS - EIN HAUPTVERFAHREN , IN DEM JEDE IN SUMMARISCHEN VERFAHREN VORLÄUFIG ENTSCHIEDENE FRAGE DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ERNEUT GEPRÜFT WERDEN UND DEN GEGENSTAND EINER VORLAGE NACH ARTIKEL 177 BILDEN KANN , ENTWEDER SELBST EINZULEITEN ODER DESSEN EINLEITUNG ZU VERLANGEN.

ZUR ZWEITEN FRAGE

11 DIE ZWEITE FRAGE SOLL IM WESENTLICHEN KLÄREN , OB UND GEGEBENENFALLS UNTER WELCHEN UMSTÄNDEN DAS GEMEINSCHAFTSRECHT EINEM MITGLIEDSTAAT VERBIETET , EINEM IN ARTIKEL 10 DER ZITIERTEN VERORDNUNG NR. 1612/68 GENANNTEN FAMILIENANGEHÖRIGEN EINES IM HOHEITSGEBIET DIESES STAATES BESCHÄFTIGTEN ARBEITNEHMERS DIE EINREISE UND DEN AUFENTHALT IN SEINEM HOHEITSGEBIET ZU VERWEIGERN , WENN DER ARBEITNEHMER DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT DIESES STAATES UND DER BETREFFENDE FAMILIENANGEHÖRIGE DIE EINES DRITTLANDES BESITZT.

12 NACH ARTIKEL 48 EWG-VERTRAG UMFASST DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT DIE ABSCHAFFUNG JEDER AUF DER STAATSANGEHÖRIGKEIT BERUHENDEN UNTERSCHIEDLICHEN BEHANDLUNG DER ARBEITNEHMER DER MITGLIEDSTAATEN. NACH ARTIKEL 10 DER ERWÄHNTEN VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT DÜRFEN BEI DEM ARBEITNEHMER , DER DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT EINES MITGLIEDSTAATS BESITZT UND IM HOHEITSGEBIET EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS BESCHÄFTIGT IST , BESTIMMTE , IM EINZELNEN AUFGEFÜHRTE FAMILIENANGEHÖRIGE DES ARBEITNEHMERS , DARUNTER DIE VERWANDTEN IN AUFSTEIGENDER LINIE , DENEN ER UNTERHALT GEWÄHRT , UNGEACHTET IHRER STAATSANGEHÖRIGKEIT WOHNUNG NEHMEN.

13 DA DER WORTLAUT DIESER VERORDNUNG DIE FAMILIENANGEHÖRIGEN , DENEN EIN ARBEITNEHMER UNTERHALT GEWÄHRT , DER DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT DES MITGLIEDSTAATS BESITZT , IN DESSEN HOHEITSGEBIET ER BESCHÄFTIGT IST , NICHT UMFASST , HÄNGT DIE ANTWORT AUF DIE VORLAGEFRAGE DAVON AB , OB AUS DEM ZUSAMMENHANG DER REGELUNG UND AUS IHRER STELLUNG INNERHALB DES GESAMTSYSTEMS DES GEMEINSCHAFTSRECHTS EIN EINREISE- UND AUFENTHALTSRECHT DIESER FAMILIENANGEHÖRIGEN ABGELEITET WERDEN KANN.

14 DIE KASSATIONSKLAEGERINNEN IN DEN AUSGANGSVERFAHREN BERUFEN SICH INSOWEIT AUF DAS VERBOT DER DISKRIMINIERUNG AUS GRÜNDEN DER STAATSANGEHÖRIGKEIT , DAS IN ARTIKEL 7 EWG-VERTRAG ALLGEMEIN FORMULIERT IST UND IN ARTIKEL 48 EWG-VERTRAG SEINEN SPEZIFISCHEN AUSDRUCK GEFUNDEN HAT.

15 ES IST JEDOCH KLAR , DASS DIE GENANNTEN BESTIMMUNGEN NUR HERANGEZOGEN WERDEN KÖNNEN , SOWEIT DER BETREFFENDE SACHVERHALT IN DEN ANWENDUNGSBEREICH DES GEMEINSCHAFTSRECHTS , HIER IN DEN DER FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT , FÄLLT. DIESE SCHLUSSFOLGERUNG ERGIBT SICH NICHT NUR AUS DER FASSUNG DIESER ARTIKEL , SONDERN ENTSPRICHT AUCH DEREN ZIELSETZUNG , NÄMLICH ZUR BESEITIGUNG ALLER HINDERNISSE FÜR DIE ERRICHTUNG EINES GEMEINSAMEN MARKTES BEIZUTRAGEN , IN DEM DIE STAATSANGEHÖRIGEN DER MITGLIEDSTAATEN DIE MÖGLICHKEIT HABEN , SICH IM HOHEITSGEBIET DIESER STAATEN FREI ZU BEWEGEN , UM SICH WIRTSCHAFTLICH ZU BETÄTIGEN.

16 DARAUS ERGIBT SICH , DASS DIE VORSCHRIFTEN DES EWG-VERTRAGS ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER UND DIE ZU IHRER DURCHFÜHRUNG ERLASSENE REGELUNG NICHT AUF SACHVERHALTE ANGEWANDT WERDEN KÖNNEN , DIE KEINERLEI BERÜHRUNGSPUNKTE MIT IRGENDEINEM DER SACHVERHALTE AUFWEISEN , AUF DIE DAS GEMEINSCHAFTSRECHT ABSTELLT.

17 DIES IST SICHERLICH BEI ARBEITNEHMERN DER FALL , DIE NIEMALS DAS RECHT AUF FREIZUEGIGKEIT INNERHALB DER GEMEINSCHAFT AUSGEUEBT HABEN.

18 DIE ZWEITE FRAGE DES HOGE RAAD IST DESHALB DAHIN ZU BEANTWORTEN , DASS DAS GEMEINSCHAFTSRECHT ES EINEM MITGLIEDSTAAT NICHT VERBIETET , EINEM IN ARTI- KEL 10 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT GENANNTEN FAMILIENANGEHÖRIGEN EINES IM HOHEITSGEBIET DIESES STAATES BESCHÄFTIGTEN ARBEITNEHMERS , DER NIEMALS DAS RECHT AUF FREIZUEGIGKEIT INNERHALB DER GEMEIN SCHAFT AUSGEUEBT HAT , DIE EINREISE ODER DEN AUFENTHALT IN SEINEM HOHEITSGEBIET ZU VERWEIGERN , WENN DER ARBEITNEHMER DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT DIESES STAATES UND DER FAMILIENANGEHÖRIGE DIEJENIGE EINES DRITTLANDES BESITZT.

Kostenentscheidung:

KOSTEN

19 DIE AUSLAGEN DER NIEDERLÄNDISCHEN UND DER BRITISCHEN REGIERUNG SOWIE DER KOMMISSION , DIE VOR DEM GERICHTSHOF ERKLÄRUNGEN ABGEGEBEN HABEN , SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG. FÜR DIE PARTEIEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM NATIONALEN GERICHT ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT. DIE KOSTENENTSCHEIDUNG IST DAHER SACHE DIESES GERICHTS.

AUS DIESEN GRÜNDEN

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

AUF DIE IHM VOM HOGE RAAD DER NEDERLANDEN MIT URTEILEN VOM 15. JANUAR 1982 VORGELEGTEN FRAGEN FÜR RECHT ERKANNT :

1. ARTIKEL 177 ABSATZ 3 EWG-VERTRAG IST DAHIN AUSZULEGEN , DASS EIN EINZELSTAATLICHES GERICHT , DESSEN ENTSCHEIDUNGEN SELBST NICHT MEHR MIT RECHTSMITTELN DES INNERSTAATLICHEN RECHTS ANGEFOCHTEN WERDEN KÖNNEN , NICHT VERPFLICHTET IST , DEM GERICHTSHOF EINE AUSLEGUNGSFRAGE IM SINNE VON ABSATZ 1 DIESES ARTIKELS VORZULEGEN , WENN SICH DIE FRAGE IN EINEM VERFAHREN DER EINSTWEILIGEN ANORDNUNG STELLT UND DIE ZU ERLASSENDE ENTSCHEIDUNG DAS GERICHT , DEM DER RECHTSSTREIT DANACH IN EINEM HAUPTVERFAHREN VORGELEGT WIRD , NICHT BINDET , SOFERN ES JEDER PARTEI UNBENOMMEN BLEIBT - AUCH VOR DEN GERICHTEN EINES ANDEREN GERICHTSZWEIGS - , EIN HAUPTVERFAHREN , IN DEM JENE IM SUMMARISCHEN VERFAHREN VORLÄUFIG ENTSCHIEDENE FRAGE DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ERNEUT GEPRÜFT WERDEN UND DEN GEGENSTAND EINER VORLAGE NACH ARTIKEL 177 BILDEN KANN , ENTWEDER SELBST EINZULEITEN ODER DESSEN EINLEITUNG ZU VERLANGEN.

2. DAS GEMEINSCHAFTSRECHT VERBIETET ES EINEM MITGLIEDSTAAT NICHT , EINEM IN ARTIKEL 10 DER VERORDNUNG NR. 1612/68 DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ÜBER DIE FREIZUEGIGKEIT DER ARBEITNEHMER INNERHALB DER GEMEINSCHAFT GENANNTEN FAMILIENANGEHÖRIGEN EINES IM HOHEITSGEBIET DIESES STAATES BESCHÄFTIGTEN ARBEITNEHMERS , DER NIEMALS DAS RECHT AUF FREIZUEGIGKEIT INNERHALB DER GEMEINSCHAFT AUSGEUEBT HAT , DIE EINREISE ODER DEN AUFENTHALT IN SEINEM HOHEITSGEBIET ZU VERWEIGERN , WENN DER ARBEITNEHMER DIE STAATSANGEHÖRIGKEIT DIESES STAATES UND DER FAMILIENANGEHÖRIGE DIEJENIGE EINES DRITTLANDES BESITZT.

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