Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 12.07.1990
Aktenzeichen: 35/88
Rechtsgebiete: Verordnung 2727/75/EWG, EWGV


Vorschriften:

Verordnung 2727/75/EWG Art. 24
EWGV Art. 93 Abs. 3
EWGV Art. 5 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Umstand, daß der EWG-Vertrag in Artikel 93 Absatz 2 ein Verfahren vorsieht, das auf die durch staatliche Beihilfen für den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes aufgeworfenen besonderen Probleme zugeschnitten ist, steht keineswegs dem entgegen, daß eine Beihilferegelung nach dem in Artikel 169 EWG-Vertrag vorgesehenen Verfahren zur Feststellung einer Vertragsverletzung auf ihre Vereinbarkeit mit anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften als Artikel 92, insbesondere mit den Vorschriften über eine gemeinsame Marktorganisation, überprüft wird.

2. Die gemeinsamen Marktorganisationen beruhen auf dem Grundsatz eines offenen Marktes, zu dem jeder Erzeuger unter Bedingungen eines wirksamen Wettbewerbs freien Zugang hat und auf dessen Funktionieren ausschließlich mit dem in diesen Organisationen vorgesehenen Instrumentarium Einfluß genommen wird. In den Bereichen, die einer gemeinsamen Marktorganisation unterliegen - und erst recht, wenn diese Organisation auf einem gemeinsamen Preissystem fusst -, sind die Mitgliedstaaten nicht mehr befugt, durch einseitig erlassene innerstaatliche Rechtsvorschriften in den Preisbildungsmechanismus der gemeinsamen Marktorganisation einzugreifen.

3. Die Kommission kann auf das Verfahren des Artikels 169 EWG-Vertrag zurückgreifen, wenn sie durch den Gerichtshof feststellen lassen will, daß ein Mitgliedstaat gegen Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag verstossen hat, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen im Sinne von Artikel 92 EWG-Vertrag zu unterrichten.

4. Der Umstand, daß ein Mitgliedstaat nicht mit der Kommission zusammenarbeitet, wenn diese eine Untersuchung durchführt, um festzustellen, ob gegebenenfalls eine Vertragsverletzung dieses Mitgliedstaats vorliegt, die Gegenstand einer Klage nach Artikel 169 EWG-Vertrag sein kann, stellt eine Verletzung der Verpflichtungen dieses Mitgliedstaats aus Artikel 5 Absatz 1 EWG-Vertrag dar. Eine solche mangelnde Zusammenarbeit wiegt besonders schwer, wenn sie vor dem Gerichtshof nach Erhebung einer Vertragsverletzungsklage fortbesteht.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 12. JULI 1990. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN REPUBLIK GRIECHENLAND. - VERTRAGSVERLETZUNG - LANDWIRTSCHAFT - MARKT FUER FUTTERGETREIDE. - RECHTSSACHE 35/88.

Entscheidungsgründe:

1 Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Klageschrift, die am 2. Februar 1988 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 169 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung, daß die Griechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Verordnung ( EWG ) Nr. 2727/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide ( ABl. L 281, S. 1 ) in ihrer geänderten Fassung und aus den Durchführungsverordnungen zu dieser Verordnung sowie aus den Artikeln 5 und 93 EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie in den Markt für Futtergetreide eingegriffen hat und daß sie insbesondere die Zentralstelle für die Verwaltung einheimischer Erzeugnisse ( Kentriki Ypiresia Diacheiriseos Ethnikon Proïonton; KYDEP ) zum Kauf und Verkauf von Futtergetreide zu Preisen und unter Bedingungen, die von der griechischen Regierung festgesetzt worden sind, angewiesen, den aus diesen Geschäften resultierenden Differenzbetrag mit staatlichen Mitteln ausgeglichen und die bevorzugte Finanzierung der Tätigkeiten der KYDEP auf dem Markt für Futtergetreide durch die Griechische Landwirtschaftsbank ( Agrotiki Trapeza tis Ellados ) gefördert hat.

2 Die Kommission trägt vor, die Bedingungen für den Vertrieb von Futtergetreide auf dem griechischen Markt seien vom Staat festgelegt worden, insbesondere durch Einschaltung eines Ausschusses, der durch die gemeinsame Entscheidung Nr. A6-2028 vom 17. März 1981 ( Efimeris tis Kyverniseos tis Ellinikis Dimokratias vom 31. März 1981, S. 1826 ) des Landwirtschaftsministers und des Handelsministers geschaffen worden sei und der aus Vertretern der betroffenen Ministerien und der KYDEP bestehe. Die Letztgenannte, bei der es sich um eine zentrale genossenschaftliche Organisation handele, in der Verbände von Genossenschaften zusammengefasst seien, sei das Organ gewesen, das die Entscheidungen dieses Ausschusses ausführe. Dabei sei das Defizit der von ihr auf dem Futtergetreidemarkt durchgeführten Geschäfte, das sich durch den Verkauf dieses Getreides mit Verlust ergeben habe, mit Mitteln aus dem Staatshaushalt ausgeglichen worden. Darüber hinaus seien der KYDEP für die Durchführung dieser Geschäfte von der Griechischen Landwirtschaftsbank Vorzugsbedingungen bei der Finanzierung eingeräumt worden.

3 Die Kommission war der Auffassung, daß diese Eingriffe des Staates gegen die Verpflichtungen verstießen, die sich aus dem Bestehen der durch die Verordnung Nr. 2727/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 geschaffenen gemeinsamen Marktorganisation für Getreide ergäben, und daß die Griechische Republik ausserdem gegen die Artikel 5 und 93 EWG-Vertrag verstossen habe, und hat daraufhin gegen diesen Staat ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

4 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs und des Vorbringens der Parteien wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zum Klagegegenstand

5 Die Kommission beantragt, drei Vertragsverletzungen festzustellen : zum einen einen Verstoß gegen die Verordnung Nr. 2727/75, insbesondere gegen die Artikel 3, 5, 6, 7, 8, 12 ff. und 24 dieser Verordnung, der sich daraus ergebe, daß der Staat in den Markt für Futtergetreide eingreife, zum andern einen Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag, weil die Kommission nicht vorab über die staatlichen Beihilfen unterrichtet worden sei, die die KYDEP erhalten habe, und schließlich einen Verstoß gegen Artikel 5 EWG-Vertrag. Hinsichtlich der letztgenannten Vertragsverletzung macht die Kommission unter Verweisung auf Artikel 5 Absatz 1 geltend, daß die griechischen Behörden bei der von der Kommission auf dem Markt für Futtergetreide in der Griechischen Republik durchgeführten Untersuchung nicht mitgewirkt hätten und - unter Verweisung auf Artikel 5 Absatz 2 - daß die angebliche staatliche Intervention eine Gesamtheit von Maßnahmen bilde, die geeignet sei, die Verwirklichung der Ziele des EWG-Vertrages zu gefährden.

6 Die vorliegende Klage auf Feststellung einer Vertragsverletzung bezieht sich - wie der Vertreter der Kommission in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angegeben hat - auf den Zeitraum vom 1. Januar 1981 bis zum 26. März 1984, dem Tag, an dem das erste förmliche Aufforderungsschreiben an die Griechische Republik gerichtet wurde.

7 Die Rüge, es liege ein Verstoß gegen die Verordnung Nr. 2727/75 vor, ist daher anhand der Bestimmungen dieser Verordnung zu prüfen, die während dieses Zeitraums galten, also in der Fassung, die unter anderem aus den Änderungen durch die Verordnungen ( EWG ) des Rates Nrn. 1143/76 vom 17. Mai 1976 ( ABl. L 130, S. 1 ), 1151/77 vom 17. Mai 1977 ( ABl. L 136, S. 1 ), 1254/78 vom 12. Juni 1978 ( ABl. L 156, S. 1 ), 1870/80 vom 15. Juli 1980 ( ABl. L 184, S. 1 ), 3808/81 vom 21. Dezember 1981 ( ABl. L 382, S. 37 ) und 1451/82 vom 18. Mai 1982 ( ABl. L 164, S. 1 ) hervorgegangen ist.

Zum Verstoß gegen die Verordnung Nr. 2727/75

Zur Zulässigkeit

8 Die Griechische Republik macht geltend, die Klage der Kommission sei unzulässig, soweit sie auf die Feststellung eines Verstosses gegen die Verordnung Nr. 2727/75 gerichtet sei.

9 Die Intervention des Staates, um die es hier gehe, bestehe nämlich - vorausgesetzt, sie werde nachgewiesen - darin, daß das Defizit der KYDEP, das sich aus dem von ihr unter Verlust durchgeführten Verkauf von Futtergetreide ergebe, vom Staatshaushalt übernommen werde. Die damit gewährte Beihilfe stelle eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 92 EWG-Vertrag dar; daher sei nur das Verfahren des Artikels 93 Absatz 2 EWG-Vertrag anwendbar; insbesondere das Verfahren des Artikels 169 EWG-Vertrag sei ausgeschlossen.

10 Nach Artikel 42 EWG-Vertrag findet das Kapitel über die Wettbewerbsregeln, d. h. die Artikel 85 bis 94, auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als der Rat dies im Rahmen der für die Organisation der Agrarmärkte erlassenen Vorschriften bestimmt. Auf der Grundlage dieser Bestimmung sieht Artikel 22 der Verordnung Nr. 2727/75 vor, daß die Artikel 92 bis 94 EWG-Vertrag auf die Erzeugung von und den Handel mit Getreide "vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen dieser Verordnung" anwendbar sind.

11 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist jedoch für die Feststellung eines Verstosses gegen Vorschriften einer gemeinsamen Marktorganisation das in Artikel 169 EWG-Vertrag vorgesehene Verfahren zur Feststellung einer Vertragsverletzung anwendbar. Nach dieser Rechtsprechung sieht der EWG-Vertrag zwar in Artikel 93 Absatz 2 ein Verfahren vor, das speziell auf die durch staatliche Beihilfen für den Wettbewerb innerhalb des Gemeinsamen Marktes aufgeworfenen besonderen Probleme zugeschnitten ist, steht aber der Umstand, daß dieses Verfahren vorgesehen ist, keineswegs dem entgegen, daß eine Beihilferegelung nach dem Verfahren des Artikels 169 auf ihre Vereinbarkeit mit anderen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften als Artikel 92 überprüft wird ( siehe Urteile vom 24. April 1980 in der Rechtssache 72/79, Kommission/Italien, Slg. 1980, 1411, und vom 30. Januar 1985 in der Rechtssache 290/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1985, 439 ).

12 Der von der Griechischen Republik angeführte Umstand, daß das beanstandete Eingreifen des Staates - wenn man es als nachgewiesen annimmt - eine Beihilferegelung darstellt, verbietet der Kommission somit nicht, nach dem Verfahren des Artikel 169 EWG-Vertrag geltend zu machen, daß dieses Eingreifen mit den Vorschriften über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide nicht vereinbar sei.

13 Die von der Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist daher zurückzuweisen.

Zur Begründetheit

14 Die KYDEP hat bis zum Beitritt der Griechischen Republik zu den Europäischen Gemeinschaften Futtergetreide für Rechnung des Staates gekauft, gelagert und vertrieben.

15 Beim Beitritt verkaufte der Staat mit der bereits genannten Entscheidung Nr. A6-2028 des Landwirtschaftsministers und des Handelsministers vom 17. März 1981 das ihm gehörende Futtergetreide nach einem am 31. Dezember 1980 erstellten Bestandsverzeichnis an die KYDEP.

16 Der mit der gleichen Entscheidung geschaffene Ausschuß hatte die Aufgabe, die Verwaltung und den Absatz des verkauften Getreides durch die KYDEP zu kontrollieren.

17 Die Griechische Republik versichert, das Eingreifen des Staates auf dem Markt für Futtergetreide mit Hilfe dieses Ausschusses und der KYDEP habe sich ausschließlich auf die Getreidemengen bezogen, die Gegenstand der bereits genannten Entscheidung vom 17. März 1981 gewesen seien.

18 Die Kommission behauptet dagegen, das Eingreifen der griechischen Behörden habe sich nach dem Beitritt der Griechischen Republik auf den gesamten Futtergetreidemarkt erstreckt.

19 Es ist zunächst zu prüfen, ob die griechischen Behörden unter den von der Kommission behaupteten Voraussetzungen eingegriffen haben, und dann, sofern ein solches Eingreifen nachgewiesen ist, festzustellen, ob es mit der Verordnung Nr. 2727/75 vereinbar ist.

20 Als Beleg für ihre Behauptungen hat die Kommission verschiedene Schriftstücke vorgelegt, insbesondere einen Bericht der Rechtsabteilung der KYDEP vom 4. November 1985 und das Protokoll der am 12. und 13. Dezember 1986 abgehaltenen 36. Generalversammlung dieser Organisation, das Äusserungen der Verantwortlichen der KYDEP enthält, wonach diese tatsächlich mit der Durchführung der von den nationalen Behörden getroffenen Entscheidungen in bezug auf den Markt für Futtergetreide betraut ist.

21 Die in diesen Unterlagen enthaltenen Informationen werden durch die von der griechischen Regierung auf ausdrückliche Aufforderung durch den Gerichtshof vorgelegten Entscheidungen griechischer Minister oder diesen unterstehender Ausschüsse bestätigt und präzisiert.

22 Aus diesen Entscheidungen geht erstens hervor, daß die griechischen Behörden die Verkaufspreise und die Mengen an Futtergetreide festsetzten, die von der KYDEP an Viehzuechter und an Hersteller von Mischfuttermitteln verkauft wurden. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Entscheidung Nr. 1761 des "Finanzausschusses" vom 24. September 1981, in deren Absatz 1 "ein Einheitspreis in Höhe von 10 DR pro Kilogramm für den Verkauf von Futtergetreide ( Mais, Gerste usw.) an Vieh - und Gefluegelzuechter und an die Futtermittelindustrie durch die KYDEP festgesetzt wird", sowie die Entscheidung des Landwirtschaftsministers vom 29. Juli 1982 zu nennen, in der sehr genau für die einzelnen Tierarten die Mengen an Futtergetreide bestimmt werden, die von der KYDEP an die Zuechter verkauft werden können.

23 Zweitens übernahm der Staat das Defizit, das bei der KYDEP aufgrund der ständigen Praxis des Verkaufs mit Verlust entstand, der dieser Organisation vorgeschrieben war. Absatz 3 der Entscheidung Nr. 1761 des "Finanzausschusses" ist in diesem Punkt besonders klar, da er "die Übernahme des Differenzbetrags zwischen dem sich aus dem Kauf, der Aufbewahrung und der Beförderung durch die KYDEP ergebenden Gestehungspreis und dem Verkaufspreis von 10 DR pro Kilogramm durch die Gewährung eines Darlehens der Bank von Griechenland an die Griechische Landwirtschaftsbank zu Lasten des Staatshaushalts mit Verbuchung auf das Verbrauchsgüterkonto für 1982 zulässt ".

24 Aus der genannten Entscheidung und aus der im Schreiben des "Finanzausschusses" vom 2. April 1982 an die Bank von Griechenland enthaltenen Entscheidung geht ausserdem hervor, daß der Staat eine Bürgschaft für die KYDEP übernahm, damit diese für die Finanzierung ihrer Geschäfte auf dem Markt für Futtergetreide über die Griechische Landwirtschaftsbank Darlehen der Bank von Griechenland erhalten konnte.

25 Weiter enthalten die Akten eine Reihe von übereinstimmenden Angaben, die den Schluß erlauben, daß der Preis, zu dem die KYDEP das Futtergetreide kaufte, ebenfalls von den griechischen Behörden festgelegt wurde.

26 Das folgt insbesondere aus den Ausführungen im Bericht der Rechtsabteilung der KYDEP und im Protokoll der 36. Generalversammlung dieser Organisation, die bereits erwähnt wurden. Ausserdem konnte der Staat, soweit er den Unterschied zwischen dem Gestehungspreis und dem Verkaufspreis des Futtergetreides ganz oder teilweise zu seinen Lasten übernahm, es der KYDEP nicht freistellen, die Höhe des Preises zu bestimmen, zu dem diese Organisation von den Erzeugern kaufte. Dies ist gerade der Sinn des Protokolls Nr. 189 des durch die Entscheidung Nr. A6-2028 geschaffenen Ausschusses vom 14. Februar 1984, das sich sowohl auf die "Bestimmung des Kaufpreises für Mais, Gerste und Weizen" als auch auf "den letzten Endes vom Staat für das Jahr 1982 im Rahmen der Verwaltung des Futtergetreides übernommenen Betrag" bezog.

27 Schließlich erstreckte sich die Intervention der griechischen Behörden auf den gesamten Markt für Futtergetreide, wie sich eindeutig aus Absatz 1 Unterabsatz 2 der Entscheidung Nr. 1761 des "Finanzausschusses" ergibt, die sich auf das "seit dem 1. Januar 1981 gekaufte" Futtergetreide bezieht und deren Aussagen in keinem Punkt im Widerspruch zu den Verfahrensakten stehen; sie war - entgegen dem Vorbringen der Beklagten - keineswegs auf das Getreide beschränkt, das vor dem Beitritt der Griechischen Republik zu den Europäischen Gemeinschaften erzeugt oder erworben worden war.

28 Die angezogenen Entscheidungen und die anderen gleichartigen Unterlagen in den Akten belegen, daß die griechischen Behörden während des mit der vorliegenden Klage erfassten Zeitraums sowohl durch Maßnahmen, die sich insbesondere auf die Festsetzung der Preise bezogen, als auch durch Maßnahmen der finanziellen Unterstützung die von der KYDEP auf dem Markt für Futtergetreide durchgeführten Geschäfte kontrollierten.

29 Was die Vereinbarkeit dieser staatlichen Intervention mit der Verordnung Nr. 2727/75 angeht, ist darauf hinzuweisen, daß die gemeinsamen Marktorganisationen auf dem Grundsatz eines offenen Marktes beruhen, zu dem jeder Erzeuger unter Bedingungen eines wirksamen Wettbewerbs freien Zugang hat und auf dessen Funktionieren ausschließlich mit dem in diesen Organisationen vorgesehenen Instrumentarium Einfluß genommen wird. In den Bereichen, die einer gemeinsamen Marktorganisation unterliegen - und erst recht, wenn diese Organisation, wie im vorliegenden Fall, auf einem gemeinsamen Preissystem fusst -, sind die Mitgliedstaaten nicht mehr befugt, durch einseitig erlassene innerstaatliche Rechtsvorschriften in den Preisbildungsmechanismus der gemeinsamen Marktorganisation einzugreifen ( Urteil vom 29. November 1989 in der Rechtssache C-281/87, Kommission/Griechenland, Slg. 1989, 4015, Randnr. 16 ).

30 Die Intervention der griechischen Behörden unter den oben beschriebenen Voraussetzungen verstieß in einem Bereich, in dem die gemeinschaftsrechtliche Regelung erschöpfend ist, gegen die Vorschriften über die gemeinsame Marktorganisation. Die administrative Festsetzung der Kauf - und Verkaufspreise für Futtergetreide durch die KYDEP und die dieser Organisation gewährte finanzielle Unterstützung verstießen gegen das System der Preisbildung durch den Wettbewerb sowie dagegen, daß ausschließlich Interventionen der Gemeinschaft zulässig sind, wie sie insbesondere in den Artikeln 3, 5, 6, 7 und 8 der Verordnung Nr. 2727/75 vorgesehen sind. Entgegen dem Vorbringen der griechischen Regierung können weder die angebliche Eigenart der griechischen Landwirtschaftsbetriebe noch Umstände wie die Trockenheit oder aussergewöhnliche Umstände wie die mit den Folgen der Katastrophe von Tschernobyl verbundenen Schwierigkeiten zu Preisinterventionen ermächtigen, die nicht auf Gemeinschaftsebene nach den Vorschriften über die gemeinsame Marktorganisation beschlossen worden sind.

31 Im Zusammenhang mit den Artikeln 12 ff. der Verordnung Nr. 2727/75, die sich auf die Beziehungen zu Drittländern beziehen, rügt die Kommission nach den Erklärungen ihres Vertreters in der mündlichen Verhandlung nur einen Verstoß gegen die dort niedergelegten Verfahrensvorschriften. Wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, ist dieses Vorbringen nicht durch hinreichend genaue Angaben belegt und daher nicht begründet.

32 Die Kommission macht in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichtshofes ausserdem einen Verstoß gegen Artikel 24 der Verordnung Nr. 2727/75 geltend, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, der Kommission Angaben über die Anwendung der Vorschriften der gemeinsamen Marktorganisation zu übermitteln. Dieses Vorbringen stützt die Kommission darauf, daß die griechischen Behörden sich geweigert hätten, ihr bei ihrer Untersuchung über die Tätigkeit der KYDEP Informationen zu übermitteln. Das der Griechischen Republik in diesem Zusammenhang zur Last gelegte Verhalten hängt - wie die Kommission im übrigen in der vorprozessualen Phase und in ihren beim Gerichtshof eingereichten Schriftsätzen vorgetragen hat - mit der Frage zusammen, ob gegebenenfalls ein Verstoß gegen die Pflicht zur Zusammenarbeit aus Artikel 5 Absatz 1 EWG-Vertrag vorliegt. Es wird folglich im Rahmen dieses besonderen Vertragsverletzungsvorwurfs geprüft.

33 Aus allen diesen Gründen ist festzustellen, daß die Griechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Verordnung Nr. 2727/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide in ihrer geänderten Fassung verstossen hat, daß sie auf die Bedingungen des Kaufs und des Verkaufs von Futtergetreide durch die KYDEP Einfluß genommen, das Defizit der KYDEP, das sich aus deren Intervention auf dem Markt für Futtergetreide ergab, durch haushaltsrechtliche Maßnahmen ausgeglichen und es dieser Stelle ermöglicht hat, aufgrund der staatlichen Garantie Kredite von der Bank von Griechenland ( Trapeza tis Ellados ) zu erhalten.

Zum Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag

34 Die Kommission kann auf das Verfahren des Artikels 169 EWG-Vertrag zurückgreifen, wenn sie durch den Gerichtshof feststellen lassen will, daß ein Mitgliedstaat gegen Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag verstossen hat, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen im Sinne von Artikel 92 EWG-Vertrag zu unterrichten ( Urteil vom 27. März 1984 in der Rechtssache 169/82, Kommission/Italien, Slg. 1984, 1603 ).

35 Die Griechische Republik hat nicht bestritten, daß die Subventionen, die der KYDEP gewährt wurden, damit diese die Fehlbeträge decken konnte, die sich aus dem Verkauf von Futtergetreide unter Verlust ergaben, rechtlich den Charakter einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 92 EWG-Vertrag haben. Sie hat sich vielmehr auf eben diese Qualifizierung zur Begründung der Einrede der Unzulässigkeit gestützt, die sie dem ersten Vertragsverletzungsvorwurf der Kommission entgegengesetzt hat.

36 Es ist auch unstreitig, daß diese Beihilfen nicht gemäß Artikel 93 Absatz 3 gemeldet wurden.

37 Es ist daher festzustellen, daß die Griechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie die Kommission über die Beihilfevorhaben zugunsten der KYDEP für den Kauf und den Verkauf von Futtergetreide nicht unterrichtet hat.

Zum Verstoß gegen Artikel 5 EWG-Vertrag

38 Die Kommission ist in erster Linie der Auffassung, daß die Griechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossen habe, daß sie sich geweigert habe, der Kommission Informationen über die Tätigkeit der KYDEP sowie über Entscheidungen der Verwaltung über die Organisation des Marktes für Futtergetreide in Griechenland zu übermitteln.

39 Die griechische Regierung hat anläßlich der Untersuchung, die im Rahmen des zur Erhebung der vorliegenden Klage führenden Verfahrens durchgeführt wurde, der Kommission die nicht veröffentlichten Ministerialentscheidungen und Entscheidungen der den Ministern unterstehenden Ausschüsse nicht übermittelt, die sich auf die Voraussetzungen der Intervention der KYDEP auf dem Futtergetreidemarkt beziehen.

40 Da diese Unterlassung die Kommission daran gehindert hat, von der Gesamtheit der zwischen dem griechischen Staat und der KYDEP bestehenden komplexen Beziehungen Kenntnis zu nehmen, wurde der Kommission damit die Zusammenarbeit verweigert.

41 Diese Weigerung wiegt um so schwerer, als sie vor dem Gerichtshof fortbestanden hat. Entgegen seiner Aufforderung hat die griechische Regierung innerhalb der ihr ursprünglich gesetzten Frist weder die genannten Entscheidungen vorgelegt noch die präzisen Fragen beantwortet, die ihr gestellt worden waren. Erst nach einer ersten mündlichen Verhandlung, in der der Gerichtshof der griechischen Regierung ausnahmsweise eine neue Frist gesetzt hatte, hat diese den Aufforderungen des Gerichtshofes entsprochen.

42 Es ist daher festzustellen, daß die Griechische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossen hat, daß sie die Kommission über die Entscheidungen der griechischen Behörden in bezug auf die Bedingungen der Intervention der KYDEP auf dem Markt für Futtergetreide nicht unterrichtet hat.

43 Hingegen ist keine Verletzung der in Artikel 5 Absatz 2 EWG-Vertrag enthaltenen allgemeinen Verpflichtungen festzustellen, der sich von den bereits festgestellten Verstössen gegen die genauer definierten gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen der Griechischen Republik unterschiede.

Kostenentscheidung:

Kosten

44 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung trägt die unterliegende Partei die Kosten. Da die Griechische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Griechische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Verordnung ( EWG ) Nr. 2727/75 des Rates vom 29. Oktober 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide in ihrer geänderten Fassung verstossen, daß sie auf die Bedingungen des Kaufs und des Verkaufs von Futtergetreide durch die KYDEP Einfluß genommen, das Defizit der KYDEP, das sich aus deren Intervention auf dem Markt für Futtergetreide ergab, durch haushaltsrechtliche Maßnahmen ausgeglichen und es dieser Stelle ermöglicht hat, aufgrund der staatlichen Garantie Kredite von der Bank von Griechenland ( Trapeza tis Ellados ) zu erhalten.

2 ) Die Griechische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag verstossen, daß sie die Kommission über die Beihilfevorhaben zugunsten der KYDEP für den Kauf und den Verkauf von Futtergetreide nicht unterrichtet hat.

3 ) Die Griechische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossen, daß sie die Kommission über die Entscheidungen der griechischen Behörden in bezug auf die Bedingungen der Intervention der KYDEP auf dem Markt für Futtergetreide nicht unterrichtet hat.

4 ) Die Griechische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

Zurück