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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 18.04.1989
Aktenzeichen: 358/87
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Begriff der "Verpflichtungen" in Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände sowie der Begriff der "Bedingungen" in Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1307/77 mit Durchführungsbestimmungen zu dieser Prämienregelung sind dahin auszulegen, daß sie sich im Falle einer Nichtvermarktungsprämie nur auf die Verpflichtungen und Bedingungen beziehen, die nach Artikel 2 der Verordnung Nr. 1078/77 Voraussetzung für die Gewährung der Prämie sind, und nicht all die sonstigen Erfordernisse, die sich unter anderem auf die Modalitäten für die Kontrolle der Einhaltung der sich aus der Prämienregelung ergebenden Verpflichtungen beziehen.

2. Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1307/77, wonach der Anspruch auf die Prämie für die Nichtvermarktung von Milch anteilmässig für die Tiere verfällt, deren bestimmungsgemässe Verwendung nicht gemäß Artikel 7 dieser Verordnung nachgewiesen ist, ist dahin auszulegen, daß er sich auch auf den Fall bezieht, daß die Kennzeichnung und Registrierung einzelner Tiere und die Ausstellung einer Kennkarte für sie unterblieben sind.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (DRITTE KAMMER) VOM 18. APRIL 1989. - KURT DREWES GEGEN BEZIRKSREGIERUNG LUENEBURG. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM BUNDESVERWALTUNGSGERICHT. - RECHTSSACHE 358/87.

Entscheidungsgründe:

1 Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 22. Oktober 1987, beim Gerichtshof eingegangen am 30. November 1987, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag vier Fragen nach der Auslegung und der Gültigkeit einiger Bestimmungen der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände ( ABl. L 131, S. 1 ) sowie der Verordnung Nr. 1307/77 der Kommission vom 15. Juni 1977 mit Durchführungsbestimmungen zur Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände ( ABl. L 150, S. 24 ) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Landwirt Kurt Drewes und der Bezirksregierung Lüneburg ( nachstehend : Bezirksregierung ) wegen einer nach den vorgenannten Verordnungen gezahlten Nichtvermarktungsprämie.

3 Herr Drewes beantragte bei der Bezirksregierung die Gewährung einer solchen Prämie für sieben Milchkühe, die er kennzeichnen ließ.

4 Mit Bescheid vom 4. April 1978 genehmigte die Bezirksregierung den Antrag und setzte die prämienberechtigte Milchmenge auf 13 666 l fest. Nachdem Herr Drewes die Einstellung der Milchlieferungen ab 1. September 1978 angezeigt hatte, gewährte ihm die Bezirksregierung mit Bescheid vom 12. Oktober 1978 auf die auf 9 327,26 DM berechnete Prämie die erste Prämienrate.

5 In einer Erklärung vom 6. November 1980 gab Herr Drewes an, daß er fünf mindestens sechs Monate alte weibliche Rinder besitze. Diese Rinder waren mit Ausnahme von dreien, die im Laufstall nicht hatten eingefangen werden können, gekennzeichnet worden. Die drei genannten Tiere wurden von Herrn Drewes im Januar und Februar 1981 ohne Kennzeichnung verkauft.

6 Mit Bescheid vom 30. November 1981 hob die Bezirksregierung ihre Bescheide vom 4. April 1978 und 12. Oktober 1978 mit der Begründung auf, Herr Drewes habe die Bedingungen für die Gewährung der Prämie nicht erfuellt, da er während des fünfjährigen Verpflichtungszeitraums nicht sein ganzes Milchvieh habe kennzeichnen lassen. Mindestens drei Tiere seien nicht gekennzeichnet worden. Dies führe zum Verlust der gesamten Prämie. Demgemäß forderte die Bezirksregierung Herrn Drewes auf, die schon ausgezahlte erste Prämienrate zurückzuzahlen.

7 Gegen diesen Bescheid erhob Herr Drewes Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht. Er macht im wesentlichen geltend, die Verwaltung sei nicht berechtigt, die ausgezahlte Prämie insgesamt zurückzufordern, da diese nur anteilmässig im Verhältnis der drei nicht gekennzeichneten Stück Vieh zu dem insgesamt vorhandenen Viehbestand gekürzt werden dürfe.

8 Um dieses Vorbringen beurteilen zu können, hat das in der Revision mit dem Rechtsstreit befasste Bundesverwaltungsgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt :

"1 ) Ist der Begriff der 'Verpflichtungen' in Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977, bei deren Nichteinhaltung die bereits ausgezahlten Prämienbeträge wiedereinzuziehen sind, im Falle einer Nichtvermarktungsprämie

a ) entweder dahin auszulegen, daß er sich allein auf die Verpflichtungen ( Bedingungen ) der Nichtvermarktungsprämie in den Artikeln 1 und 2 dieser Verordnung bezieht,

b)oder, wenn nein, dahin auszulegen, daß er auch die gemäß Artikel 7 Buchstabe e dieser Verordnung in Artikel 7 in Verbindung mit Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung ( EWG ) Nr. 1307/77 der Kommission vom 15. Juni 1977 festgelegten Modalitäten für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen einbezieht, zu welchen insbesondere die Kennzeichnung und Registrierung der Tiere sowie die Ausstellung einer Kennkarte für die Tiere gehören?

2 ) Ist der Begriff der 'Bedingungen' in Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1307/77 der Kommission vom 15. Juni 1977, bei deren Nichteinhaltung die bereits gezahlten Prämienbeträge wiedereinzuziehen sind, dahin auszulegen, daß er sich im Falle einer Nichtvermarktungsprämie allein auf die in Artikel 2 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1078/77 vorgesehenen Verpflichtungen ( Bedingungen ) bezieht?

3 ) Ist die in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1307/77 der Kommission vom 15. Juni 1977 für den Fall getroffene Regelung, daß 'die bestimmungsgemässe Verwendung der Tiere nicht gemäß Artikel 7 nachgewiesen ist' , dahin auszulegen, daß sie sich auch auf die Fälle bezieht, in denen die Kennzeichnung und Registrierung einzelner Tiere und die Ausstellung einer Kennkarte für einzelne Tiere unterblieben sind?

4 ) Für den Fall, daß die Frage 1 b bejaht und dementsprechend die Frage 3 verneint werden sollte :

Ist Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1078/77, soweit er auch für den Fall einer nur versehentlich unterbliebenen Kennzeichnung und Registrierung eines einzelnen nach der Genehmigung des Prämienantrags als Mastvieh erworbenen weiblichen Rindes den Verfall der gesamten Prämie ohne Rücksicht darauf gebietet, ob die Einhaltung der Verpflichtungen ( Bedingungen ) in Artikel 2 dieser Verordnung in anderer Weise nachgewiesen ist, mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu vereinbaren?"

9 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, der fraglichen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

Zur ersten Frage

10 Mit der ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob der Begriff der "Verpflichtungen" in Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates im Falle einer Nichtvermarktungsprämie dahin auszulegen ist, daß er sich nur auf die Verpflichtungen bezieht, die nach Artikel 2 dieser Verordnung Voraussetzung für die Gewährung der Prämie sind, oder aber in dem Sinn, daß er auch die Modalitäten für die Kontrolle der Einhaltung dieser Verpflichtungen wie die Kennzeichnung und Registrierung der Tiere betrifft.

11 Um diese Frage sachgerecht beantworten zu können, ist zunächst festzustellen, daß die Verordnung Nr. 1078/77 zur Wiederherstellung des Gleichgewichts auf dem Markt für Milch und Milcherzeugnisse unter anderem ein System von Prämien für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen eingeführt hat. Nach Artikel 2 Absatz 2 dieser Verordnung setzt die Gewährung der Prämie voraus, "daß sich der Erzeuger schriftlich verpflichtet", während eines fünfjährigen Zeitraums der Nichtvermarktung Milch oder Milcherzeugnisse aus seinem landwirtschaftlichen Betrieb weder zu verkaufen noch kostenlos abzugeben sowie nicht zu gestatten, daß sein Betrieb von anderen für die Milchviehhaltung genutzt wird, sein Milchvieh nicht zu vermieten und es nur zur Schlachtung oder zur Ausfuhr zu verkaufen.

12 Nach Artikel 7 der Verordnung Nr. 1078/77 werden "die Modalitäten für die Kontrolle der Einhaltung der sich aus der Prämiengewährung ergebenden Verpflichtungen" ( Buchstabe e ) nach dem Verwaltungsausschußverfahren erlassen. Aufgrund dieser Bestimmung hat die Kommission die Verordnung Nr. 1307/77 mit Durchführungsbestimmungen zur Prämienregelung erlassen, die in Artikel 7 die Modalitäten für die Kontrolle der Einhaltung der sich aus dieser Regelung ergebenden Verpflichtungen festlegt.

13 In diesem von den genannten Bestimmungen gebildeten Zusammenhang ist die Tragweite des Artikels 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 zu beurteilen, wonach "die Mitgliedstaaten... die erforderlichen Maßnahmen (( treffen )), um bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen die bereits ausgezahlten Prämienbeträge wiedereinzuziehen ".

14 Alle Verfahrensbeteiligten stimmen darin überein, daß die genannte Bestimmung, wonach sämtliche ausgezahlten Prämien wiedereinzuziehen sind, nur für den Fall gilt, daß der Erzeuger die Voraussetzungen für die Entstehung eines Prämienanspruchs, hier also die Voraussetzungen des Artikels 2 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates, nicht erfuellt. Dagegen sei diese Bestimmung nicht anwendbar, wenn andere Verpflichtungen, die sich unter anderem aus der Durchführungsregelung der Kommission ergäben, nicht erfuellt worden seien.

15 Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Bereits der Wortlaut der fraglichen Bestimmungen zeigt, daß der Begriff der "Verpflichtungen" in Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 sich im Falle der Nichtvermarktungsprämien auf die "schriftliche Verpflichtung" in Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung bezieht. Er muß daher in dem Sinn verstanden werden, daß er nur die Verpflichtungen betrifft, die nach Artikel 2 der Verordnung Nr. 1078/77 die Voraussetzung für die Gewährung der Prämie sind, und nicht all die sonstigen Erfordernisse, die sich unter anderem auf die in Artikel 7 der Verordnung Nr. 1307/77 der Kommission genannten Modalitäten für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen beziehen.

16 Diese enge Auslegung wird durch die Erfordernisse des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit bestätigt. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 22. September 1988 in der Rechtssache 199/87 ( Jensen/Landbrugsministeriet, Slg. 1988, 0000 ) entschieden hat, ist der maßgebliche Rechtsgrund für die Gewährung und den endgültigen Erwerb der Prämie die tatsächliche Einstellung jeder Vermarktung von Milch und Milcherzeugnissen während des gesamten vorgesehenen Fünfjahreszeitraums, so daß selbst eine nur teilweise Verletzung dieser Verpflichtung die Rechtfertigung und die Rechtsgrundlage für die Gewährung der Prämie und das Recht, sie zu behalten, entfallen lässt.

17 Die Nichteinhaltung der nach Artikel 2 der Verordnung Nr 1078/77 bestehenden Verpflichtung zur Nichtvermarktung kann nämlich das Ziel der Prämienregelung, die Verringerung der Überschüsse bei Milch und Milcherzeugnissen, in so erheblichem Maß beeinträchtigen, daß sie die Wiedereinziehung sämtlicher bereits ausgezahlter Beträge rechtfertigt. Dagegen kann der Verstoß gegen eine der in Artikel 7 der Verordnung Nr. 1307/77 vorgesehenen Kontrollmodalitäten eine solche Wirkung nur haben, soweit die betreffende Kontrolle aufgrund dessen nicht gewährleistet ist. Nur insoweit rechtfertigt ein solcher Verstoß daher die Wiedereinziehung der ausgezahlten Beträge.

18 Somit ist auf die erste Frage zu antworten, daß der Begriff der "Verpflichtungen" in Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 dahin auszulegen ist, daß er sich im Falle einer Nichtvermarktungsprämie nur auf die Verpflichtungen bezieht, die nach Artikel 2 dieser Verordnung Voraussetzung für die Gewährung der Prämie sind.

Zur zweiten Frage

19 Mit der zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im wesentlichen wissen, ob der Begriff der "Bedingungen" in Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1307/77 der Kommission dahin auszulegen ist, daß er sich im Falle einer Nichtvermarktungsprämie nur auf die in Artikel 2 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vorgesehenen Bedingungen bezieht.

20 Nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1307/77 müssen die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen treffen, um die bereits gezahlten Prämienbeträge wiedereinzuziehen, "soweit der Begünstigte der zuständigen Stelle nicht glaubhaft gemacht hat, daß er die in Artikel 2... der Verordnung ( EWG ) Nr. 1078/77 vorgesehenen Bedingungen einhält ".

21 Insoweit genügt die Feststellung, daß sich aus dem vollkommen eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung ergibt, daß die ausgezahlten Beträge im Falle einer Nichtvermarktungsprämie nur dann wiedereinzuziehen sind, wenn die Einhaltung der in Artikel 2 der Verordnung Nr. 1078/77 vorgesehenen Bedingungen nicht glaubhaft gemacht worden ist. Die fragliche Bestimmung kann daher nicht entgegen ihrem Wortlaut dahin ausgelegt werden, daß sie die Wiedereinziehung auch in anderen Fällen, insbesondere bei einem Verstoß gegen die in Artikel 7 der Verordnung Nr. 1307/77 festgelegten Kontrollmodalitäten, vorschreibt.

22 Somit ist auf die zweite Frage zu antworten, daß der Begriff der "Bedingungen" in Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1307/77 der Kommission vom 15. Juni 1977 dahin auszulegen ist, daß er sich im Falle einer Nichtvermarktungsprämie nur auf die in Artikel 2 der Verordnung Nr. 1078/77 vorgesehenen Bedingungen bezieht.

Zur dritten Frage

23 Bei der dritten Frage geht es im wesentlichen darum, ob Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1307/77 der Kommission dahin auszulegen ist, daß er sich auch auf den Fall bezieht, daß die Kennzeichnung und Registrierung einzelner Tiere und die Ausstellung einer Kennkarte für sie unterblieben sind.

24 Nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1307/77 "kennzeichnet und registriert" die zuständige Stelle "das auf dem Betrieb gehaltene Milchvieh und stellt für diese Tiere die in Artikel 7 vorgesehene Kennkarte aus ". Artikel 7 der Verordnung legt die Einzelheiten des Inhalts, der Erteilung und der Verwendung der Kennkarte fest. Eine Kennkarte wird für jedes ordnungsgemäß gekennzeichnete und registrierte Tier ausgestellt, um die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen aus der Prämienregelung zu gewährleisten ( Absatz 1 ). Sie muß bei jeder Veräusserung ergänzt werden; dies muß auch in den Fällen der Ausfuhr, der Schlachtung und des Verendens geschehen, die nur durch Vorlage des ordnungsgemäß ergänzten Originals der Kennkarte nachgewiesen werden können ( Absätze 5 bis 9 ). In diesen Zusammenhang fügt sich Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1307/77 ein, der folgendermassen lautet : "Wenn die bestimmungsgemässe Verwendung der Tiere nicht gemäß Artikel 7 nachgewiesen ist, verfällt der Anspruch auf die Prämie anteilmässig für die Tiere, für die dieser Nchweis nicht erbracht worden ist."

25 Alle Verfahrensbeteiligten, die dazu Erklärungen abgegeben haben, stimmen darin überein, daß die Kennzeichnung und Registrierung der Tiere unerläßliche Voraussetzungen für die Ausstellung der Kennkarte sind. Infolgedessen mache die Nichteinhaltung dieser beiden Formalitäten den Nachweis unmöglich, daß die betreffenden Tiere bestimmungsgemäß verwendet worden seien. Daher entfalle nach Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1307/77 der Prämienanspruch für die Tiere, die nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet und registriert worden seien.

26 Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Die Allgemeinheit des Ausdrucks "bestimmungsgemässe Verwendung" in Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1307/77 zeigt, daß diese Vorschrift alle Fälle erfasst, in denen die nach Artikel 7 der Verordnung erforderlichen Nachweise dafür, daß die betreffenden Tiere unter Einhaltung der durch die Gemeinschaftsregelung aufgestellten Erfordernisse verwendet worden sind, nicht erbracht worden sind. Diese Vorschrift ist somit dahin zu verstehen, daß sie auch für das Unterbleiben der Kennzeichnung und Registrierung der Tiere gilt, von denen die Ausstellung der Kennkarte abhängt, mit der allein der Nachweis der bestimmungsgemässen Verwendung der Tiere erbracht werden kann.

27 Die Richtigkeit dieser Auslegung wird durch einen Vergleich des Artikels 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1307/77 mit Artikel 8 Absatz 1 derselben Verordnung und mit Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 bestätigt. Aus den Antworten auf die erste und die zweite Frage ergibt sich, daß keine der beiden letztgenannten Bestimmungen den Fall betrifft, daß die nach der Verordnung Nr. 1307/77 vorgeschriebene Kennzeichnung und Registrierung des Milchviehs unterblieben sind. Daher würde eine andere als die vorstehende Auslegung des Artikels 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1307/77 den Erzeuger von jeder Verpflichtung befreien, die bereits ausgezahlten Prämienbeträge auch nur teilweise zurückzuzahlen. Eine solche enge Auslegung könnte die praktische Wirksamkeit der Prämienregelung beeinträchtigen.

28 Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, daß Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1307/77 der Kommission vom 15. Juni 1977 dahin auszulegen ist, daß er sich auch auf den Fall bezieht, daß die Kennzeichnung und Registrierung einzelner Tiere und die Ausstellung einer Kennkarte für sie unterblieben sind.

Zur vierten Frage

29 Angesichts der Antworten auf die ersten drei Fragen erübrigt sich die Beantwortung der vierten Vorabentscheidungsfrage.

Kostenentscheidung:

Kosten

30 Die Auslagen der Bundesregierung und der französischen Regierung sowie des Rates und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen beim Gerichtshof eingereicht haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Dritte Kammer )

auf die ihm vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 22. Oktober 1987 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

1 ) Der Begriff der "Verpflichtungen" in Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1078/77 des Rates vom 17. Mai 1977 ist dahin auszulegen, daß er sich im Falle einer Nichtvermarktungsprämie nur auf die Verpflichtungen bezieht, die nach Artikel 2 dieser Verordnung Voraussetzung für die Gewährung der Prämie sind.

2 ) Der Begriff der "Bedingungen" in Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1307/77 der Kommission vom 15. Juni 1977 ist dahin auszulegen, daß er sich im Falle einer Nichtvermarktungsprämie nur auf die in Artikel 2 der Verordnung Nr. 1078/77 vorgesehenen Bedingungen bezieht.

3 ) Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1307/77 der Kommission vom 15. Juni 1977 ist dahin auszulegen, daß er sich auch auf den Fall bezieht, daß die Kennzeichnung und Registrierung einzelner Tiere und die Ausstellung einer Kennkarte für sie unterblieben sind.

Ende der Entscheidung

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