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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 15.07.1970
Aktenzeichen: 45-69
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 17/62, VO (EWG) Nr. 99/63, EWG-Vertrag


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 17/62 Art. 19
VO (EWG) Nr. 99/63 Art. 4
EWG-Vertrag Art. 85
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. UM DIE RECHTSSICHERHEIT ZU GEWÄHRLEISTEN, MÜSSEN VERJÄHRUNGSFRISTEN IM VORAUS FESTGELEGT WERDEN. NUR DER GEMEINSCHAFTSGESETZGEBER IST DAFÜR ZUSTÄNDIG, IHRE DAUER UND DIE EINZELHEITEN IHRER ANWENDUNG ZU REGELN.

2. ZUR WAHRUNG DER VERTEIDIGUNGSRECHTE IST ES ERFORDERLICH, DASS DIE KOMMISSION IN DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE, SEI ES AUCH NUR IN GEDRÄNGTER FORM, DIE WESENTLICHEN TATSACHEN KLAR ANGIBT, AUF DIE SIE SICH STÜTZT, UND IM LAUFE DES VERWALTUNGSVERFAHRENS DIE SONSTIGEN ETWA ZUR VERTEIDIGUNG DER BETROFFENEN NOTWENDIGEN ANGABEN MACHT.

DIE IN ARTIKEL 4 DER VERORDNUNG NR. 99 VERANKERTEN VERTEIDIGUNGSRECHTE SIND GEWAHRT, WENN DIE ENTSCHEIDUNG DEN BETROFFENEN KEINE ANDEREN ZUWIDERHANDLUNGEN ZUR LAST LEGT ALS DIE IN DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE GENANNTEN UND NUR TATSACHEN BERÜCKSICHTIGT, ZU DENEN DIE BETROFFENEN SICH MÜNDLICH ODER SCHRIFTLICH ÄUSSERN KONNTEN.

IST ZWEIFELHAFT, OB DIE MITTEILUNG VON ZUR VERTEIDIGUNG EINER PARTEI ERFORDERLICHEN UNTERLAGEN MIT DER NOTWENDIGKEIT UNVEREINBAR IST, DIE GESCHÄFTSGEHEIMNISSE ANDERER UNTERNEHMEN ZU WAHREN, SO KANN DIE KOMMISSION DIESE MITTEILUNG NICHT ABLEHNEN, OHNE ZUVOR DIESE UNTERNEHMEN ZUR STELLUNGNAHME AUFGEFORDERT ZU HABEN.

3. WIRD DEM BERATENDEN AUSSCHUSS FÜR KARTELL - UND MONOPOLFRAGEN SOWIE DEN KOMMISSIONSMITGLIEDERN EIN NICHT ENDGÜLTIGES ANHÖRUNGSPROTOKOLL VORGELEGT, SO KANN DIES EINEN FEHLER DES VERWALTUNGSVERFAHRENS DARSTELLEN, DER DIE RECHTSWIDRIGKEIT DER ES ABSCHLIESSENDEN ENTSCHEIDUNG NACH SICH ZIEHEN KANN, WENN DIE FASSUNG DIESES PROTOKOLLS IN EINEM WESENTLICHEN PUNKT IRREFÜHREND IST.

4. EIN GENTLEMEN' S AGREEMENT KANN EINE UNTER DAS VERBOT DES ARTIKELS 85 ABSATZ 1 FALLENDE ABSPRACHE SEIN, WENN ES KLAUSELN ENTHÄLT, DIE DEN WETTBEWERB IM GEMEINSAMEN MARKT IM SINNE DIESES ARTIKELS EINSCHRÄNKEN, UND WENN DIESE KLAUSELN DEN GEMEINSAMEN WILLEN DER PARTEIEN GETREU ZUM AUSDRUCK BRINGEN.

5. ARTIKEL 15 DER VERORDNUNG NR. 17 SIEHT SANKTIONEN NICHT NUR FÜR VORSÄTZLICHE ZUWIDERHANDLUNGEN VOR. DIESER GESICHTSPUNKT KANN JEDOCH NUR FÜR DIE BEMESSUNG DER GELDBUSSE EINE ROLLE SPIELEN.

DIE IN ARTIKEL 15 DER VERORDNUNG NR. 17 VORGESEHENEN SANKTIONEN SIND KEINE ZWANGSGELDER. IHR ZWECK BESTEHT EBENSOSEHR DARIN, UNERLAUBTE HANDLUNGSWEISEN ZU AHNDEN, WIE DARIN, IHRER WIEDERHOLUNG VORZUBEUGEN, SO DASS IHRE VERHÄNGUNG NICHT AUF NOCH FORTDAUERNDE ZUWIDERHANDLUNGEN BESCHRÄNKT IST. DIE BEFUGNISSE DER KOMMISSION WERDEN ALSO KEINESWEGS DADURCH BERÜHRT, DASS DAS DIE ZUWIDERHANDLUNG BEGRÜNDENDE VERHALTEN SOWIE SEINE AUSWIRKUNGEN NICHT MEHR BESTEHEN.

6. BEI DER BEURTEILUNG DER SCHWERE DER ZUWIDERHANDLUNG FÜR DIE BEMESSUNG DER GELDBUSSE SIND INSBESONDERE DIE ART DER WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN, DIE ANZAHL UND DIE BEDEUTUNG DER BETEILIGTEN UNTERNEHMEN, DER VON IHNEN IN DER GEMEINSCHAFT JEWEILS KONTROLLIERTE MARKTANTEIL SOWIE DIE MARKTLAGE ZUR ZEIT DER BEGEHUNG DER ZUWIDERHANDLUNG ZU BERÜCKSICHTIGEN.

7. DIE VORHERIGE FESTSETZUNG EINES GESAMTHÖCHSTBETRAGS DER GELDBUSSE NACH DER GRÖSSE DER GEFAHR, DIE DAS KARTELL FÜR DEN WETTBEWERB UND DEN HANDEL IM GEMEINSAMEN MARKT DARSTELLTE, IST MIT DEM GRUNDSATZ DER INDIVIDÜLLEN ZUMESSUNG DER SANKTIONEN NICHT UNVEREINBAR. DIE STELLUNG UND DAS INDIVIDÜLLE VERHALTEN DES EINZELNEN UNTERNEHMENS UND DIE BEDEUTUNG SEINER ROLLE INNERHALB DES KARTELLS KÖNNEN BEI DER INDIVIDÜLLEN BEMESSUNG DER GELDBUSSE BERÜCKSICHTIGT WERDEN.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 15. JULI 1970. - FIRMA BOEHRINGER MANNHEIM GMBH GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - RECHTSSACHE 45-69.

Entscheidungsgründe:

1 DIE KLAEGERIN SCHLOSS IM JAHRE 1958 MIT DER FIRMA N. V. NEDERLANDSE COMBINATIE VOOR CHEMISCHE INDUSTRIE, AMSTERDAM ( NACHSTEHEND " NEDCHEM " GENANNT ), DIE DABEI MIT FÜNF ANDEREN, SPÄTER DURCH SIE VERTRETENEN NIEDERLÄNDISCHEN UNTERNEHMEN GEMEINSCHAFTLICH HANDELTE, UND MIT DER FIRMA BUCHLER UND CO., BRAUNSCHWEIG, EINEN VERTRAG, WORIN DIESE UNTERNEHMEN EINANDER IHRE HEIMATMÄRKTE RESERVIERTEN UND DIE FESTSETZUNG DER PREISE UND QUOTEN FÜR DIE AUSFUHR VON CHININ UND CHINIDIN IN ANDERE LÄNDER VORSAHEN. DIE FIRMA BUCHLER SCHIED AM 28. FEBRUAR 1959 AUS DIESEM VERTRAG AUS. IM JULI 1959 ÄNDERTEN BÖHRINGER UND NEDCHEM AUF INTERVENTION DES BUNDESKARTELLAMTS, BEI DEM DER VERTRAG ANGEMELDET WORDEN WAR, DIESEN DAHIN AB, DASS SIE DIE LIEFERUNGEN NACH DEN MITGLIEDSTAATEN DER EWG VON IHM AUSNAHMEN.

2 IM JAHRE 1960 WURDE ZWISCHEN DER KLAEGERIN UND DEN BEIDEN ANDEREN VORGENANNTEN UNTERNEHMEN EIN NEUES KARTELL BEGRÜNDET, DAS KURZ DARAUF AUF FRANZÖSISCHE UND ENGLISCHE UNTERNEHMEN AUSGEDEHNT WURDE. GRUNDLAGE DIESES KARTELLS WAR ZUNÄCHST EIN VERTRAG ÜBER DEN HANDEL MIT DRITTSTAATEN ( IM FOLGENDEN " EXPORTKARTELLVERTRAG " GENANNT ), DER UNTER ANDEREM DIE FESTSETZUNG DER PREISE UND RABATTE FÜR DIE AUSFUHR VON CHININ UND CHINIDIN IM GEGENSEITIGEN EINVERNEHMEN UND DIE DURCH EINEN MENGENAUSGLEICH IM FALLE VON ÜBERSCHREITUNGEN ODER UNTERSCHREITUNGEN ABGESICHERTE ZUTEILUNG VON AUSFUHRQUOTEN VORSAH. AUSSERDEM DEHNTEN ZWEI " GENTLEMEN' S AGREEMENTS ZWISCHEN DENSELBEN VERTRAGSPARTEIEN DIE GENANNTEN BESTIMMUNGEN AUF ALLE VERKÄUFE INNERHALB DES GEMEINSAMEN MARKTES AUS. DIESE ABSPRACHEN STELLTEN AUCH DEN GRUNDSATZ DES SCHUTZES DER HEIMATMÄRKTE ZUGUNSTEN EINES JEDEN HERSTELLERS AUF UND VERPFLICHTETEN DIE FRANZÖSISCHEN KARTELLMITGLIEDER, KEIN SYNTHETISCHES CHINIDIN HERZUSTELLEN.

3 DIE KOMMISSION HIELT DIE HIERMIT VEREINBARTEN WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN FÜR GEEIGNET, DEN HANDEL ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN ZU BEEINTRÄCHTIGEN, UND VERHÄNGTE DURCH ENTSCHEIDUNG VOM 16. JULI 1969 ( ABL. L 192, S. 5 FF.) GEGEN DIE KLAEGERIN EINE GELDBUSSE VON 190000 RECHNUNGSEINHEITEN.

4 DAS UNTERNEHMEN BÖHRINGER HAT MIT SEINER AM 26. SEPTEMBER 1969 BEI DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEREICHTEN KLAGESCHRIFT GEGEN DIESE ENTSCHEIDUNG KLAGE ERHOBEN.

A - RÜGE DER VERJÄHRUNG

5 DIE KLAEGERIN RÜGT, DIE KOMMISSION HABE NICHT BERÜCKSICHTIGT, DASS DIE BEHAUPTETE ZUWIDERHANDLUNG INFOLGE DER ZWISCHEN DER BEGEHUNGSZEIT UND DER EINLEITUNG DES VERWALTUNGSVERFAHRENS DURCH DIE KOMMISSION VERSTRICHENEN FRIST VERJÄHRT SEI.

6 DIE VORSCHRIFTEN, AUS DENEN SICH DIE BEFUGNIS DER KOMMISSION ZUR VERHÄNGUNG VON GELDBUSSEN BEI ZUWIDERHANDLUNGEN GEGEN DIE WETTBEWERBSVORSCHRIFTEN ERGIBT, SEHEN INDESSEN KEINE VERJÄHRUNG VOR. UM IHREN ZWECK ZU ERFÜLLEN, DIE RECHTSSICHERHEIT ZU GEWÄHRLEISTEN, MÜSSEN VERJÄHRUNGSFRISTEN IM VORAUS FESTGELEGT WERDEN. ES IST SACHE DES GEMEINSCHAFTSGESETZGEBERS, IHRE DAUER UND DIE EINZELHEITEN IHRER ANWENDUNG ZU REGELN.

7 DIE RÜGE IST DAHER NICHT BEGRÜNDET.

B - VERFAHRENS - UND FORMRÜGEN

I - DIE MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE BETREFFENDE RÜGEN

8 DER KOMMISSION WIRD VORGEWORFEN, SIE HABE ARTIKEL 19 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 17/62 DES RATES, ARTIKEL 4 DER VERORDNUNG NR. 99/63 DER KOMMISSION UND ARTIKEL 190 DES VERTRAGES VERLETZT, DA DIE SCHRIFTLICHE MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE VOM 30. JULI 1968 DEN SACHVERHALT, VON DEM DIE KOMMISSION AUSGEGANGEN IST, UND DIE BEWEISMITTEL, AUF DIE SIE SICH GESTÜTZT HAT, NICHT IM EINZELNEN ANGEBE.

9 ARTIKEL 19 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 17 VERPFLICHTET DIE KOMMISSION, DEN BETEILIGTEN VOR ERLASS EINER BUSSGELDENTSCHEIDUNG GELEGENHEIT ZU GEBEN, SICH ZU DEN IHNEN GEGENÜBER IN BETRACHT GEZOGENEN BESCHWERDEPUNKTEN ZU ÄUSSERN. ARTIKEL 4 DER VERORDNUNG NR. 99 BESTIMMT, DASS DIE KOMMISSION IN IHREN ENTSCHEIDUNGEN NUR DIE BESCHWERDEPUNKTE IN BETRACHT ZIEHT, ZU DENEN DIE UNTERNEHMEN UND UNTERNEHMENSVEREINIGUNGEN, GEGEN DIE SICH DIE ENTSCHEIDUNG RICHTET, GELEGENHEIT ZUR ÄUSSERUNG GEHABT HABEN. DIE MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE WIRD DIESEM ERFORDERNIS GERECHT, WENN SIE, SEI ES AUCH NUR IN GEDRÄNGTER FORM, DIE WESENTLICHEN TATSACHEN KLAR ANGIBT, AUF DIE SICH DIE KOMMISSION STÜTZT. DER DIESEM ORGAN DURCH ARTIKEL 19 AUFERLEGTEN VERPFLICHTUNG IST GENÜGE GETAN, WENN DIE KOMMISSION DIE ZUR VERTEIDIGUNG NOTWENDIGEN ANGABEN IM LAUFE DES VERWALTUNGSVERFAHRENS MACHT.

10 IM VORLIEGENDEN FALL HAT DIE KOMMISSION DIE WESENTLICHEN TATSACHEN, AUF DIE SIE DIE BESCHWERDEPUNKTE GESTÜTZT HAT, KLAR DARGELEGT, INDEM SIE AUSDRÜCKLICH AUF IN DEN PROTOKOLLEN EINIGER SITZUNGEN DER BETEILIGTEN UNTERNEHMEN ENTHALTENE ERKLÄRUNGEN UND AUF DEN SCHRIFTWECHSEL DIESER UNTERNEHMEN ÜBER DEN SCHUTZ DER HEIMATMÄRKTE VOM OKTOBER/NOVEMBER 1963 BEZUG GENOMMEN HAT. SIE HAT FERNER AUFGRUND IHRER NACHPRÜFUNGEN FESTGESTELLT, DIE BETEILIGTEN HÄTTEN IM HINBLICK AUF EINEN ETWAIGEN MENGENAUSGLEICH DEN AUSTAUSCH VON ANGABEN ÜBER IHRE VERKÄUFE FORTGESETZT UND BIS ENDE 1964 EINE EINHEITLICHE PREISPOLITIK BEIBEHALTEN, UND HAT HIERAUS GESCHLOSSEN, DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS ÜBER DIE PRODUKTIONS - UND VERKAUFSTÄTIGKEIT IM GEMEINSAMEN MARKT SEIEN AUCH NACH 1962 NOCH ANGEWANDT WORDEN.

11 DIE GEGEN DIE MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE ERHOBENEN RÜGEN SIND DAHER UNBEGRÜNDET.

II - RÜGE HINSICHTLICH DER EINSICHT IN DIE VERWALTUNGSAKTEN

12 DIE KLAEGERIN MACHT GELTEND, DIE KOMMISSION HABE IHREN ANSPRUCH AUF RECHTLICHES GEHÖR VERLETZT, INDEM SIE IHR IM VERWALTUNGSVERFAHREN DIE EINSICHT IN DIE WESENTLICHEN UNTERLAGEN VERWEIGERT HABE, AUF DENEN DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG BERUHE. DIE BEKLAGTE ENTGEGNET, SIE HABE DER KLAEGERIN GELEGENHEIT GEGEBEN, DIE FÜR DIE BEURTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE BEDEUTSAMEN UNTERLAGEN EINZUSEHEN.

13 IN DER MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE WIRD DER KLAEGERIN ZUR LAST GELEGT, SIE HABE BIS 1966, INSBESONDERE FÜR IHRE VERKÄUFE IN ITALIEN, BELGIEN UND LUXEMBURG, ZUSAMMEN MIT ANDEREN CHININHERSTELLERN EINE GEMEINSAME PREISPOLITIK BETRIEBEN. DER MITTEILUNG ZUFOLGE ERGIBT SICH DIESES ABGESTIMMTE VERHALTEN NAMENTLICH AUS DER EINHEITLICHKEIT DER VON DEN UNTERNEHMEN FÜR IHRE VERKÄUFE IN DEN GENANNTEN LÄNDERN ANGEWANDTEN PREISE. FÜR DIESE BEHAUPTUNG STÜTZT SICH DIE MITTEILUNG DER BESCHWERDEPUNKTE ( NR. 11 LETZTER ABSATZ ) AUF DIE ERGEBNISSE DER VON BEAMTEN DER KOMMISSION IN DIESEN LÄNDERN DURCHGEFÜHRTEN NACHPRÜFUNGEN. DIE KLAEGERIN HAT IM VERWALTUNGSVERFAHREN DIE KOMMISSION AUSDRÜCKLICH AUFGEFORDERT, IHR DIE ERGEBNISSE DIESER NACHPRÜFUNGEN ZUR KENNTNIS ZU BRINGEN. DIE KOMMISSION HAT DIESEN ANTRAG ABGELEHNT UND SICH AUF DIE NOTWENDIGKEIT BERUFEN, DIE GESCHÄFTSGEHEIMNISSE ANDERER UNTERNEHMEN ZU WAHREN.

14 DIE KOMMISSION HAT JEDOCH SELBST VORGETRAGEN, DIESE UNTERNEHMEN HÄTTEN SICH WECHSELSEITIG REGELMÄSSIG DIE IN DEN FRAGLICHEN STAATEN VERKAUFTEN MENGEN MITGETEILT. IM ÜBRIGEN HÄTTE DIE KOMMISSION IM ZWEIFELSFALL DIE ANDEREN BETEILIGTEN UNTERNEHMEN AUFFORDERN KÖNNEN, ZU DEM VERLANGEN DER KLAEGERIN STELLUNG ZU NEHMEN, IHR EINSICHT IN DIE JENE BETREFFENDEN UNTERLAGEN ZU GEWÄHREN. ES IST NICHT ERSICHTLICH, DASS DIE KOMMISSION DIES GETAN HAT.

15 DIE KLAEGERIN HAT JEDOCH IM GESAMTEN VERWALTUNGSVERFAHREN NICHT BESTRITTEN, BIS ENDE 1964 EINE MIT ANDEREN ABGESTIMMTE PREISPOLITIK BETRIEBEN ZU HABEN. DIE NICHTMITTEILUNG VON UNTERLAGEN KONNTE DAHER WOHL NUR HINSICHTLICH DES MONATS JANUAR 1965 DIE VERTEIDIGUNGSMÖGLICHKEITEN DER KLAEGERIN IM VERWALTUNGSVERFAHREN EINSCHRÄNKEN. DIE RÜGE IST DESHALB ZUSAMMEN MIT DEN MATERIELLEN RÜGEN ZU UNTERSUCHEN.

III - RÜGEN HINSICHTLICH DER FASSUNG DES PROTOKOLLS ÜBER DIE ANHÖRUNG

16 DIE KLAEGERIN MACHT GELTEND, DER BERATENDE AUSSCHUSS FÜR KARTELL - UND MONOPOLFRAGEN UND DAS KOLLEGIUM DER KOMMISSIONSMITGLIEDER HÄTTEN SICH AUF EINE NICHT ENDGÜLTIGE FASSUNG DES PROTOKOLLS ÜBER DIE ANHÖRUNG GESTÜTZT, WELCHE DIE VON IHR VORGESCHLAGENEN ÄNDERUNGEN NICHT ENTHALTEN HABE. DIES SEI MIT DEN RECHTSSTAATLICHEN GRUNDSÄTZEN UNVEREINBAR, WELCHE DIE FUNDAMENTALEN RECHTE DER MIT SANKTIONEN BEDROHTEN UNTERNEHMEN GEWÄHRLEISTETEN.

17 DIE NICHTENDGÜLTIGKEIT DES DEN BEIDEN GENANNTEN ORGANEN VORGELEGTEN ANHÖRUNGSPROTOKOLLS KÖNNTE NUR DANN EINEN FEHLER DES VERWALTUNGSVERFAHRENS DARSTELLEN, DER DIE RECHTSWIDRIGKEIT DER ES ABSCHLIESSENDEN ENTSCHEIDUNG NACH SICH ZIEHEN KÖNNTE, WENN DIE FASSUNG DIESES PROTOKOLLS IN EINEM WESENTLICHEN PUNKT IRREFÜHREND GEWESEN WÄRE. DIE PRÜFUNG DER VON DER KLAEGERIN VORGESCHLAGENEN ÄNDERUNGEN DES PROTOKOLLENTWURFS LÄSST INDESSEN ERKENNEN, DASS DIE GEFORDERTEN ÄNDERUNGEN KEINE WESENTLICHEN BESTANDTEILE BETRAFEN, SO DASS DIE ENDGÜLTIGE FASSUNG DES PROTOKOLLS, DIE ALLE VON DER KLAEGERIN VORGESCHLAGENEN ÄNDERUNGEN ENTHIELT, IN KEINEM WESENTLICHEN PUNKT VON DEM DEN MITGLIEDERN DER KOMMISSION VORGELEGTEN ENTWURF ABWEICHT. DIESER ENTWURF WAR ALSO NICHT DAZU GEEIGNET, DIE ERKLÄRUNGEN DER BETEILIGTEN ZU VERFÄLSCHEN, UND KONNTE SOMIT DEM BERATENDEN AUSSCHUSS UND DER KOMMISSION ZUR VOLLSTÄNDIGEN UNTERRICHTUNG ÜBER DEN WESENTLICHEN INHALT DER IN DER ANHÖRUNG ABGEGEBENEN ERKLÄRUNGEN DIENEN.

18 DIE RÜGE IST DAHER UNBEGRÜNDET.

IV - RÜGEN DES VERFAHRENS VOR DEM BERATENDEN AUSSCHUSS

19 DIE KLAEGERIN BEANSTANDET, DASS DIE KOMMISSION DEM BERATENDEN AUSSCHUSS DIE HÖHE DER IN AUSSICHT GENOMMENEN GELDBUSSE NICHT GENANNT HABE. SIE HAT DIE RÜGE TROTZ DER GEGENTEILIGEN BEHAUPTUNG DER BEKLAGTEN AUCH IN IHRER ERWIDERUNG AUFRECHTERHALTEN.

20 DIE MITGLIEDER DES BERATENDEN AUSSCHUSSES WURDEN DURCH BEGLEITSCHREIBEN DER KOMMISSION VOM 30. MAI 1969 ZUM VORENTWURF DER ENTSCHEIDUNG DARÜBER UNTERRICHTET, WELCHE GRÖSSENORDNUNG DIE FÜR DIE EINZELNEN UNTERNEHMEN VORGESEHENEN GELDBUSSEN HABEN SOLLTEN. DER DIREKTOR, VON DEM DIESES SCHREIBEN UNTERZEICHNET WAR, HATTE HINZUGEFÜGT, ER WERDE IN DER SITZUNG VOM 23. JUNI 1969 " DIE HÖHE DER GEGENWÄRTIG IN AUSSICHT GENOMMENEN GELDBUSSEN MÜNDLICH " MITTEILEN. DEN AUSZUEGEN AUS DEM PROTOKOLL DIESER SITZUNG IST ZU ENTNEHMEN, DASS DIE MITGLIEDER DES AUSSCHUSSES DIESE MITTEILUNG ERHALTEN HABEN UND DAZU STELLUNG NEHMEN KONNTEN.

21 DIE RÜGE IST DAHER UNBEGRÜNDET.

V - RÜGE DER UNZUREICHENDEN TEILNAHME DER MITGLIEDER DER KOMMISSION AM VERWALTUNGSVERFAHREN

22 DIE KLAEGERIN MACHT GELTEND, DAS UNTERSUCHUNGSVERFAHREN SEI RECHTSWIDRIG, DA DIE MITGLIEDER DER KOMMISSION, DIE ÜBER DIE GELDBUSSE ZU ENTSCHEIDEN HATTEN, BEI IHRER ANHÖRUNG NICHT ZUGEGEN GEWESEN SEIEN.

23 DAS DER ANWENDUNG VON ARTIKEL 85 DES VERTRAGES DIENENDE VERFAHREN VOR DER KOMMISSION IST EIN VERWALTUNGSVERFAHREN, AUCH WENN ES ZUR VERHÄNGUNG VON GELDBUSSEN FÜHREN KANN. IN EINEM SOLCHEN VERFAHREN IST NICHTS DAGEGEN EINZUWENDEN, DASS SICH DIE MITGLIEDER DER KOMMISSION, WENN SIE ÜBER DIE VERHÄNGUNG VON GELDBUSSEN ZU ENTSCHEIDEN HAT, DURCH DIE VON DER KOMMISSION GEMÄSS ARTIKEL 9 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 99 MIT DER ANHÖRUNG BEAUFTRAGTEN PERSONEN ÜBER DIE ERGEBNISSE DER ANHÖRUNG UNTERRICHTEN LASSEN. DARIN, DASS DIE KLAEGERIN NICHT PERSÖNLICH VON DEN MITGLIEDERN DER KOMMISSION ANGEHÖRT WORDEN IST, LIEGT DAHER KEIN MANGEL DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG.

24 DIE KLAEGERIN MACHT NOCH GELTEND, DAS VERWALTUNGSVERFAHREN SEI DESHALB FEHLERHAFT, WEIL DEN EINZELNEN KOMMISSIONSMITGLIEDERN NICHT DIE GESAMTEN VERFAHRENSAKTEN ZUGELEITET WORDEN SEIEN.

25 DIE MITGLIEDER DER KOMMISSION SIND INDESSEN ZUTREFFEND UND VOLLSTÄNDIG ÜBER DIE WESENTLICHEN PUNKTE DER SACHE UNTERRICHTET WORDEN; DIE GESAMTEN AKTEN WAREN IHNEN ZUGÄNGLICH.

26 DIE RÜGE DER KLAEGERIN IST SOMIT NICHT BEGRÜNDET.

C - ZUR BEGRÜNDETHEIT

I - QUALIFIZIERUNG UND DAUER DER GENTLEMEN' S AGREEMENTS

27 DIE KLAEGERIN RÜGT, DASS DIE KOMMISSION DEN FÜR DEN HANDEL MIT DRITTLÄNDERN GELTENDEN EXPORTKARTELLVERTRAG UND DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS ÜBER DAS VERHALTEN DER KARTELLMITGLIEDER AUF DEM GEMEINSAMEN MARKT IM HINBLICK AUF ARTIKEL 85 ALS UNTRENNBARE EINHEIT ANGESEHEN HAT. ZUM UNTERSCHIED VOM EXPORTKARTELLVERTRAG SEIEN DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS KEINE VEREINBARUNGEN IM SINNE VON ARTIKEL 85 ABSATZ 1 GEWESEN UND HÄTTEN JEDENFALLS BEREITS ENDE OKTOBER 1962 ENDGÜLTIG ZU BESTEHEN AUFGEHÖRT. DAS VERHALTEN DER PARTEIEN DES EXPORTKARTELLVERTRAGS LASSE NICHT DEN SCHLUSS ZU, DASS SIE DIE URSPRÜNGLICH IN DEN GENTLEMEN' S AGREEMENTS VORGESEHENEN WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN WEITER ANGEWENDET HÄTTEN. DIE GEGENTEILIGEN FOLGERUNGEN, ZU DENEN DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG GELANGT, SEIEN FEHLERHAFT, DA SIE AUF UNRICHTIGEN FESTSTELLUNGEN BERUHTEN.

28 DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS, DEREN FORTBESTEHEN BIS ENDE OKTOBER 1962 DIE KLAEGERIN EINRÄUMT, BEZWECKTEN DIE EINSCHRÄNKUNG DES WETTBEWERBS IM GEMEINSAMEN MARKT. DIE PARTEIEN DES EXPORTKARTELLVERTRAGS HATTEN SICH UNTEREINANDER BEREIT ERKLÄRT, SICH ENTSPRECHEND DEN GENTLEMEN' S AGREEMENTS ZU VERHALTEN, SIE RÄUMEN AUCH EIN, SICH BIS ENDE OKTOBER 1962 SO VERHALTEN ZU HABEN. DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS BRACHTEN ALSO DEN GEMEINSAMEN WILLEN DER KARTELLMITGLIEDER HINSICHTLICH IHRES VERHALTENS AUF DEM GEMEINSAMEN MARKT GETREU ZUM AUSDRUCK. AUSSERDEM ENTHIELTEN SIE EINE KLAUSEL, WONACH EINE VERLETZUNG DER GENTLEMEN' S AGREEMENTS IPSO FACTO EINE VERLETZUNG DES EXPORTKARTELLVERTRAGS DARSTELLEN SOLLTE. UNTER DIESEN UMSTÄNDEN IST DIESE VERKNÜPFUNG BEI DER ANWENDUNG DES VERBOTSTATBESTANDS VON ARTIKEL 85 ABSATZ 1 AUF DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS ZU BERÜCKSICHTIGEN.

29 DIE BEKLAGTE STÜTZT IHRE AUFFASSUNG, DASS DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS BIS FEBRUAR 1965 FORTGESETZT WORDEN SEIEN, AUF URKUNDEN UND ERKLÄRUNGEN DER KARTELLMITGLIEDER, DEREN WENIG KLARER UND SOGAR WIDERSPRÜCHLICHER INHALT INDESSEN KEINE ENTSCHEIDUNG DARÜBER ZULÄSST, OB DIE UNTERNEHMEN IN IHRER SITZUNG VOM 29. OKTOBER 1962 DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS BEENDIGEN WOLLTEN. DAHER IST DAS VERHALTEN DER UNTERNEHMEN IM GEMEINSAMEN MARKT NACH DEM 29. OKTOBER 1962 UNTER DEN VIER GESICHTSPUNKTEN DER AUFTEILUNG DER HEIMATMÄRKTE, DER FESTSETZUNG GEMEINSAMER PREISE, DER ZUTEILUNG VON ABSATZQUOTEN UND DES VERBOTS DER HERSTELLUNG SYNTHETISCHEN CHINIDINS ZU UNTERSUCHEN.

II - SCHUTZ DER HEIMATMÄRKTE DER HERSTELLER

30 DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS GEWÄHRLEISTETEN DEN HERSTELLERN AUS DEN EINZELNEN MITGLIEDSTAATEN DEN SCHUTZ IHRER HEIMATMÄRKTE. WENN NACH OKTOBER 1962 AUSLÄNDISCHE HERSTELLER EINEN DIESER MÄRKTE IN EINIGEM UMFANG BELIEFERTEN, WAS BEI DEN CHININ - UND CHINIDINVERKÄUFEN IN FRANKREICH DER FALL WAR, PASSTEN SIE SICH IM WESENTLICHEN DEN ÜBER DEN PREISEN FÜR AUSFUHREN IN DRITTLÄNDER LIEGENDEN DORTIGEN INLANDSPREISEN AN. OFFENBAR ÄNDERTE SICH AUCH DAS UNBEDEUTENDE HANDELSVOLUMEN ZWISCHEN DEN ANDEREN UNTER DIE HEIMATSCHUTZKLAUSEL FALLENDEN MITGLIEDSTAATEN NICHT, OBWOHL SICH DIE PREISE VON EINEM DIESER STAATEN ZUM ANDEREN STARK UNTERSCHIEDEN. DIE ZWISCHEN DEN INNERSTAATLICHEN RECHTSVORSCHRIFTEN DIESER STAATEN BESTEHENDEN ABWEICHUNGEN VERMÖGEN WEDER DIESE PREISUNTERSCHIEDE NOCH DAS PRAKTISCHE NICHTVORHANDENSEIN EINES WARENAUSTAUSCHS ZU ERKLÄREN.

31 DER BRIEFWECHSEL ZWISCHEN DEN PARTEIEN DES EXPORTKARTELLVERTRAGS VON OKTOBER/NOVEMBER 1963 ÜBER DEN SCHUTZ DER HEIMATMÄRKTE BESTÄTIGTE NUR IHREN WILLEN, DIESE SACHLAGE UNVERÄNDERT ZU LASSEN. NEDCHEM BEKRÄFTIGTE DIESEN WILLEN IN DER SITZUNG DER BETEILIGTEN UNTERNEHMEN VOM 14. MÄRZ 1964 IN BRÜSSEL ERNEUT.

32 NACH ALLEDEM HABEN DIE HERSTELLER, WAS DIE SICH AUS DEM SCHUTZ IHRER HEIMATMÄRKTE ERGEBENDE WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNG ANLANGT, AUCH NACH DER SITZUNG VOM 29. OKTOBER 1962 WEITER DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS VON 1960 EINGEHALTEN UND IHREN HIERAUF GERICHTETEN GEMEINSAMEN WILLEN BEKRÄFTIGT.

33 DIE KLAEGERIN MACHT GELTEND, INSBESONDERE WEGEN DER ROHSTOFFKNAPPHEIT SEI DIE AUFTEILUNG DER HEIMATMÄRKTE, WIE SIE SICH AUS DEM BRIEFWECHSEL VON OKTOBER/NOVEMBER 1963 ERGIBT, FÜR DEN WETTBEWERB IM GEMEINSAMEN MARKT OHNE JEDE BEDEUTUNG GEWESEN.

34 TROTZ DER IN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG FESTGESTELLTEN ROHSTOFFVERKNAPPUNG UND STEIGERUNG DER NACHFRAGE NACH DEN STREITIGEN ERZEUGNISSEN ZEIGTE SICH ERST 1964, NACH DER EINSTELLUNG DER VON DER AMERIKANISCHEN VERWALTUNG HERRÜHRENDEN LIEFERUNGEN DER FIRMA NEDCHEM, ERNEUT DIE GEFAHR EINER MANGELLAGE. IM ÜBRIGEN IST EINE SOLCHE LAGE NICHT GEEIGNET, EIN KARTELL ZU RECHTFERTIGEN, DAS DIE EINSCHRÄNKUNG DES WETTBEWERBS IM GEMEINSAMEN MARKT BEZWECKT UND DEN HANDEL ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN UNMITTELBAR BEEINTRÄCHTIGT. DIE AUFTEILUNG DER HEIMATMÄRKTE BEZWECKTE EINE EINSCHRÄNKUNG DES WETTBEWERBS UND DES HANDELS IM GEMEINSAMEN MARKT. WENN DIESES KARTELL IM VERGLEICH ZU NORMALEN ZEITEN MÖGLICHERWEISE PRAKTISCH GERINGERE WIRKUNGEN AUF DEN WETTBEWERB UND DEN INTERNATIONALEN HANDEL AUSÜBTE, NACHDEM DER DROHENDE ROHSTOFFMANGEL ERKENNBAR WURDE, SO ÄNDERT DIES NICHTS DARAN, DASS DIE KARTELLMITGLIEDER IHR VERHALTEN NICHT BEENDET HABEN. IM ÜBRIGEN HAT DIE KLAEGERIN NICHTS ERHEBLICHES DAFÜR VORGEBRACHT, DASS SIE VOR ABLAUF DES EXPORTKARTELLVERTRAGS AUFGEHÖRT HABE, SICH KARTELLGEMÄSS ZU VERHALTEN.

35 DAS VORBRINGEN ZU DEM TEIL DER ENTSCHEIDUNG, DER DIE FORTSETZUNG DER ABSPRACHE ÜBER DEN SCHUTZ DER HEIMATMÄRKTE DER HERSTELLER BIS ANFANG FEBRUAR 1965 BETRIFFT, IST DAHER NICHT BEGRÜNDET.

III - GEMEINSAME FESTSETZUNG DER VERKAUFSPREISE

36 HINSICHTLICH DER GEMEINSAMEN FESTSETZUNG DER VERKAUFSPREISE FÜR DIE NICHT AUFGETEILTEN MÄRKTE, NÄMLICH DIE BELGISCH-LUXEMBURGISCHE WIRTSCHAFTSUNION UND ITALIEN, SAHEN DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS VOR, DASS DIE NACH DEM EXPORTKARTELLVERTRAG IM GEMEINSAMEN EINVERNEHMEN FÜR DIE AUSFUHR NACH DRITTLÄNDERN AUFGESTELLTEN PREISLISTEN ANGEWANDT WERDEN SOLLTEN. DIE GEMEINSAME FESTSETZUNG DER VERKAUFSPREISE DURCH DIE HERSTELLER FAST DES GESAMTEN IM GEMEINSAMEN MARKT ABGESETZTEN CHININS UND CHINIDINS IST GEEIGNET, DEN HANDEL ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN ZU BEEINTRÄCHTIGEN, UND BESCHRÄNKT DEN WETTBEWERB IM GEMEINSAMEN MARKT ERHEBLICH. WENN DIE PARTEIEN DES EXPORTKARTELLVERTRAGS, WIE DIE BEKLAGTE BEHAUPTET, BIS FEBRUAR 1965 DIE ANWENDUNG IHRER AUSFUHRPREISLISTEN FÜR IHRE LIEFERUNGEN IN DIE VORGENANNTEN MITGLIEDSTAATEN FORTGESETZT HÄTTEN, SO WÄRE DARAUS ZU SCHLIESSEN, DASS SIE SICH WEITER ENTSPRECHEND DEN BESTIMMUNGEN DER GENTLEMEN' S AGREEMENTS ÜBER DIE GEMEINSAME FESTSETZUNG DER VERKAUFSPREISE VERHALTEN HABEN.

37 FÜR DIE ZEIT VON NOVEMBER 1962 BIS APRIL 1964 ERWEISEN DIE VON DER BEKLAGTEN MITGETEILTEN ZAHLEN IM WESENTLICHEN STÄNDIG EINE ÜBEREINSTIMMUNG DER IM RAHMEN DES EXPORTKARTELLS FESTGESETZTEN AUSFUHRPREISE MIT DEN PREISEN, WELCHE DIE BETEILIGTEN EINSCHLIESSLICH DER KLAEGERIN AUF IHRE VERKÄUFE IN DEN NICHT GESCHÜTZTEN NATIONALEN MÄRKTEN DER GEMEINSCHAFT ANWANDTEN. WENN DIESE PREISE VON DEN AUSFUHRPREISLISTEN ABWEICHEN, SO IST DAS AUF RABATTE ODER ZUSCHLAEGE ZURÜCKZUFÜHREN, DIE IM ALLGEMEINEN DEN NACH DEN GENTLEMEN' S AGREEMENTS VEREINBARTEN ENTSPRECHEN. ANDERS ALS FÜR EINEN TEIL DES JAHRES 1964 HAT DIE KLAEGERIN FÜR DEN VORGENANNTEN ZEITRAUM KEINE GEGENBEWEISE ERBRACHT ODER ANGEBOTEN, WELCHE DIE BEWEISFÜHRUNG DER KOMMISSION ZU ERSCHÜTTERN VERMÖCHTEN. AUSSERDEM IST DIE AM 12. MÄRZ 1964 AUFGRUND DES EXPORTKARTELLVERTRAGS - NACHDEM NEDCHEMS WIDERSTAND DANK DES VERTRAGES ÜBERWUNDEN WERDEN KONNTE - GEMEINSAM BESCHLOSSENE PREISERHÖHUNG UM 15 PROZENT AUCH AUF LIEFERUNGEN NACH ITALIEN, BELGIEN UND LUXEMBURG EINHEITLICH ANGEWANDT WORDEN, OBWOHL NEDCHEM LIEBER WEITERHIN NIEDRIGERE PREISE ANGEWANDT HÄTTE.

38 AUS ALLEDEM ERHELLT, DASS DIE PARTEIEN DES EXPORTKARTELLVERTRAGS SICH HINSICHTLICH IHRER VERKAUFSPREISE AUCH NACH OKTOBER 1962 IM GEMEINSAMEN MARKT WEITER SO VERHALTEN HABEN, ALS SEIEN DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS VON 1960 NOCH IN KRAFT.

39 DAS PREISVERHALTEN DER KARTELLMITGLIEDER VOM MAI 1964 AN IST ERST AUFGRUND DER VOM GERICHTSHOF IN DER MÜNDLICHEN VERHANDLUNG AN DIE BEKLAGTE GERICHTETEN FRAGEN GRÜNDLICH ERÖRTERT WORDEN. AUS DEN DABEI VON DEN PARTEIEN GEMACHTEN ANGABEN GEHT HERVOR, DASS EIN KARTELLMITGLIED IM LAUFE DES JAHRES 1964, NAMENTLICH VOM MAI AN, IN EINER WACHSENDEN ZAHL VON FÄLLEN PREISE ANGEWANDT HAT, DIE VON DEN AUSFUHRPREISLISTEN ABWICHEN. DIE BEKLAGTE VERMOCHTE NICHT ÜBERZEUGEND DARZULEGEN, WIE DIES MIT DER WEITERGELTUNG DER FRAGLICHEN ABSPRACHE ZU VEREINBAREN SEI. DIE UNTERLASSUNG DER MITTEILUNG DER ERGEBNISSE DER IN ITALIEN UND BELGIEN DURCHGEFÜHRTEN NACHPRÜFUNGEN AN DIE BETEILIGTEN HAT VERHINDERT, DASS DIE FRAGE IM VERWALTUNGSVERFAHREN ERÖRTERT UND GEKLÄRT WERDEN KONNTE, UND HAT SOMIT MÖGLICHERWEISE DAZU BEIGETRAGEN, VORGÄNGE UNGEKLÄRT ZU LASSEN, DIE HÄTTEN AUFGEKLÄRT WERDEN MÜSSEN.

40 UNTER DIESEN UMSTÄNDEN IST NICHT HINLÄNGLICH DARGETAN, DASS DIE KLAEGERIN IM EINVERNEHMEN MIT DEN ANDEREN HERSTELLERN NACH MAI 1964 EINHEITLICHE PREISE AUF IHRE VERKÄUFE IN DER BELGISCH-LUXEMBURGISCHEN WIRTSCHAFTSUNION UND IN ITALIEN ANGEWANDT HAT. DIE ZEIT VON MAI 1964 BIS FEBRUAR 1965 SCHEIDET DAHER FÜR DIE ANNAHME EINER ZUWIDERHANDLUNG AUS.

IV - ABSATZQUOTEN

41 ZU DER MIT EINER AUSGLEICHSREGELUNG VERBUNDENEN FESTSETZUNG DER ABSATZQUOTEN FÜR DEN GEMEINSAMEN MARKT, DIE EINE ZUSÄTZLICHE GARANTIE FÜR DIE AUFTEILUNG DER HEIMATMÄRKTE DARSTELLTE, MACHT DIE KLAEGERIN GELTEND, DIE NOTWENDIGE VORAUSSETZUNG FÜR DAS FUNKTIONIEREN EINER SOLCHEN REGELUNG, NÄMLICH DIE WECHSELSEITIGE UNTERRICHTUNG ÜBER DIE GESAMTEN VERKÄUFE EINSCHLIESSLICH DER IN DER GEMEINSCHAFT GETÄTIGTEN, SEI NACH OKTOBER 1962 NICHT MEHR ERFÜLLT GEWESEN.

42 ES IST NICHT KLAR ERSICHTLICH, DASS DIE VON DER BEKLAGTEN ZUR STÜTZUNG IHRER GEGENTEILIGEN BEHAUPTUNG VORGELEGTEN VERKAUFSMITTEILUNGEN DER BETEILIGTEN AUCH DIE LIEFERUNGEN IM GEMEINSAMEN MARKT BETREFFEN. DIESE URKUNDEN BEZIEHEN SICH VIELMEHR IM ALLGEMEINEN AUSDRÜCKLICH AUF " EXPORTVERKÄUFE ", MIT WELCHEM AUSDRUCK DIE KARTELLMITGLIEDER GEWÖHNLICH DIE VERKÄUFE IN DRITTLÄNDER BEZEICHNETEN. AUSSERDEM IST EINEM BRIEFWECHSEL ZWISCHEN ZWEI KARTELLMITGLIEDERN VOM JANUAR 1964 ZU ENTNEHMEN, DASS SOGAR DIE MITTEILUNG DER DIESE EXPORTVERKÄUFE BETREFFENDEN ZAHLEN NICHT MEHR REGELMÄSSIG ERFOLGTE. DIE BEKLAGTE SELBST RÄUMT IN DER BEGRÜNDUNG DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG EIN, DASS DIE ZUR SICHERUNG DER QUOTEN BESTIMMTE AUSGLEICHSREGELUNG WEGEN DER VERKNAPPUNG DER ROHSTOFFE UND DER ZUNAHME DER NACHFRAGE, ALS DEREN FOLGE DAS INTERESSE DER KARTELLMITGLIEDER AN AUSGLEICHSLIEFERUNGEN UNTEREINANDER ENTFALLEN SEI, IN DEN JAHREN 1963/64 NICHT ANGEWANDT WORDEN IST.

43 DIE BEKLAGTE HAT IN DER SITZUNG EINE AUFSTELLUNG DER VON NEDCHEM, BÖHRINGER UND BUCHLER IN DEN JAHREN 1962 BIS 1964 ABGESETZTEN CHININMENGEN VORGELEGT, UM NACHZUWEISEN, DASS DIESE MENGEN, AUSGEDRÜCKT IN PROZENTEN DER SUMME DER QUOTEN, FÜR DIESEN ZEITRAUM NICHT MERKLICH VON DEN DEN EINZELNEN UNTERNEHMEN IM KARTELL ZUGETEILTEN QUOTEN ABWICHEN UND DASS ALSO DIE QUOTENREGELUNG AUCH NACH 1962 WEITER FUNKTIONIERT HABE.

44 DIESE AUFSTELLUNG, DIE IM ÜBRIGEN DIE CHINIDINVERKÄUFE NICHT BERÜCKSICHTIGT, LÄSST JEDOCH ERKENNEN, DASS BEI JEDEM DER DREI UNTERNEHMEN NICHT UNBETRÄCHTLICHE ABWEICHUNGEN VON SEINER QUOTE BESTEHEN, SELBST WENN VOM DURCHSCHNITT AUSGEGANGEN WIRD. IM ÜBRIGEN ERFASSEN DIE ZAHLENANGABEN DER KOMMISSION GLOBAL DIE GESAMTEN CHININVERKÄUFE DER BETEILIGTEN UND LASSEN DAHER NICHT ERSEHEN, WIE SICH DAS VERHALTEN DER BETEILIGTEN IM GEMEINSAMEN MARKT ENTWICKELT HAT. DA HINREICHENDE BEWEISE FÜR DIE FORTSETZUNG DER QUOTENREGELUNG FÜR DIE VERKÄUFE IM GEMEINSAMEN MARKT NACH OKTOBER 1962 FEHLEN, SIND DIE GEGENÜBER DIESEM TEIL DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG VORGEBRACHTEN RÜGEN DER KLAEGERIN BEGRÜNDET.

V - PRODUKTIONSBESCHRÄNKUNGEN FÜR SYNTHETISCHES CHINIDIN

45 DIE GENTLEMEN' S AGREEMENTS UNTERSAGTEN DER FRANZÖSISCHEN UNTERNEHMENSGRUPPE, SYNTHETISCHES CHINIDIN HERZUSTELLEN. BEI DER SCHWERE DER EINIGEN UNTERNEHMEN AUS EINEM MITGLIEDSTAAT ZUGUNSTEN VON UNTERNEHMEN AUS ANDEREN MITGLIEDSTAATEN AUFERLEGTEN BESCHRÄNKUNGEN UND BEI DER BEDEUTUNG DIESER UNTERNEHMEN AUF DEM BETROFFENEN MARKT BEZWECKTEN DIESE VERBOTE OFFENSICHTLICH EINE EINSCHRÄNKUNG DES WETTBEWERBS INNERHALB DES GEMEINSAMEN MARKTES UND WAREN GEEIGNET, DEN HANDEL ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN ZU BEEINTRÄCHTIGEN. WENN DIE KLAEGERIN GELTEND MACHT, DIE FRANZÖSISCHEN UNTERNEHMEN SEIEN ZUR ZEIT DES ABSCHLUSSES DIESER VEREINBARUNG NICHT IN DER LAGE GEWESEN, SYNTHETISCHES CHINIDIN HERZUSTELLEN, SO WIRD DADURCH EINE SOLCHE EINSCHRÄNKUNG, DIE IHNEN JEDE MÖGLICHKEIT NAHM, DIESE TÄTIGKEIT AUFZUNEHMEN, NICHT ZULÄSSIG.

46 DAS EINVERSTÄNDNIS DER FRANZÖSISCHEN UNTERNEHMEN MIT DIESER BESCHRÄNKUNG IHRER HANDLUNGSFREIHEIT LÄSST SICH DURCH DAS INTERESSE ERKLÄREN, DAS SIE - WEGEN DER BESONDERS HOHEN PREISE, DIE SIE IN FRANKREICH FÜR IHRE ERZEUGNISSE ANWANDTEN - AN DER ERHALTUNG DES GEBIETSSCHUTZES HATTEN, DEN SIE AUF IHREM HEIMATMARKT GENOSSEN. BERÜCKSICHTIGT MAN DIESEN ZUSAMMENHANG ZWISCHEN BEIDEN WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN, SO ERSCHEINT DER SCHLUSS GERECHTFERTIGT, DASS DAS HERSTELLUNGSVERBOT EBENSOLANGE BESTANDEN HAT WIE DER GEBIETSSCHUTZ. ZWAR HAT BÖHRINGER IM MÄRZ 1964 DEM IM KARTELL VERBLIEBENEN ENGLISCHEN MITGLIED, DEM DAS GENTLEMEN' S AGREEMENT DIE GLEICHEN VERPFLICHTUNGEN AUFERLEGTE WIE DEN FRANZÖSISCHEN UNTERNEHMEN, EINE LIZENZ FÜR DIE HERSTELLUNG VON CHINIDIN ERTEILT; DIES ÄNDERT ABER NICHTS AN DEN ÜBER DIE BEZIEHUNGEN ZWISCHEN DEN FRANZÖSISCHEN UNTERNEHMEN UND DEN DEUTSCHEN UND NIEDERLÄNDISCHEN KARTELLMITGLIEDERN GETROFFENEN FESTSTELLUNGEN. DER SCHUTZ DER HEIMATMÄRKTE MAG WEGEN DER IN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG ( NR. 29 LETZTER ABSATZ ) FESTGESTELLTEN VERKNAPPUNG DER ROHSTOFFE GEGEN ENDE SEINES BESTEHENS MÖGLICHERWEISE KEINE BEDEUTENDEN AUSWIRKUNGEN AUF DEN WETTBEWERB UND HANDEL ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN MEHR GEHABT HABEN; DIESE ABSPRACHE HAT ABER DOCH BIS FEBRUAR 1965 FORTBESTANDEN. DA ANHALTSPUNKTE FÜR DAS GEGENTEIL FEHLEN, IST IM HINBLICK AUF DEN ERWÄHNTEN ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DEN BEIDEN SEITEN DES KARTELLS DAVON AUSZUGEHEN, DASS DIE DIE PRODUKTIONSFREIHEIT DER FRANZÖSISCHEN UNTERNEHMEN EINSCHRÄNKENDE ABSPRACHE DIE GLEICHE DAUER HATTE.

47 DAHER SIND DIE HIERZU VORGEBRACHTEN RÜGEN DER KLAEGERIN UNBEGRÜNDET.

VI - GESAMTBEURTEILUNG DES KARTELLS IM GEMEINSAMEN MARKT

48 NACH ALLEDEM HAT DIE KLAEGERIN MIT ANDEREN CHININ - UND CHINIDINHERSTELLERN AN EINEM DURCH ARTIKEL 85 EWG-VERTRAG VERBOTENEN KARTELL TEILGENOMMEN. DIESES KARTELL HAT IN DEN MEISTEN HINSICHTEN AUCH NACH DER SITZUNG VOM 29. OKTOBER 1962 FORTBESTANDEN. ERNSTHAFTE ZWEIFEL AN DER FORTSETZUNG DES KARTELLS NACH 1962 BESTEHEN NUR HINSICHTLICH DER ANWENDUNG VON ABSATZQUOTEN. DASS DIE UNTERNEHMEN DAS QUOTENSYSTEM MÖGLICHERWEISE NICHT MEHR ANWANDTEN, VERBESSERTE ABER DIE WETTBEWERBSBEDINGUNGEN ANSCHEINEND NICHT SPÜRBAR, DA DIE UNTERNEHMEN WEITERHIN GEMEINSAM FESTGESETZTE PREISE UND FÜR IHRE LIEFERUNGEN INNERHALB DES GEMEINSAMEN MARKTES EINHEITLICH GEMEINSAME PREISERHÖHUNGEN ANWANDTEN, DIE SIE IM MÄRZ UND OKTOBER 1964 IM RAHMEN DES EXPORTKARTELLVERTRAGS VORGENOMMEN HATTEN, UND DA SIE AUCH DEN SCHUTZ DER JEWEILIGEN HEIMATMÄRKTE UND FÜR DIE FRANZÖSISCHEN UNTERNEHMEN DAS VERBOT DER HERSTELLUNG SYNTHETISCHEN CHINIDINS BESTEHEN LIESSEN. DIE ANWENDUNG EINHEITLICHER PREISE FÜR DIE LIEFERUNGEN NACH ITALIEN, BELGIEN UND LUXEMBURG KONNTE ALLERDINGS NUR BIS APRIL 1964 FESTGESTELLT WERDEN.

49 SELBST WENN EINZURÄUMEN SEIN SOLLTE, DASS DER EXPORTKARTELLVERTRAG UNABHÄNGIG VON DER FÜR DEN GEMEINSAMEN MARKT GETROFFENEN ABSPRACHE HÄTTE FUNKTIONIEREN KÖNNEN, SO IST DOCH ENDLICH FESTZUSTELLEN, DASS DIE KARTELLMITGLIEDER TATSÄCHLICH GROSSEN WERT DARAUF LEGTEN, BEIDE ABSPRACHEN ZUSAMMEN ANZUWENDEN. OBWOHL DER EXPORTKARTELLVERTRAG VON OKTOBER 1963 AN FÜR " RUHEND " ERKÄRT WURDE, GEHT AUS DEN VON DEN BETEILIGTEN IN IHREN SPÄTEREN SITZUNGEN ABGEGEBENEN ERKLÄRUNGEN SOWIE AUS IHREM GESAMTEN SPÄTEREN VERHALTEN EINDEUTIG HERVOR, DASS SIE NOCH EIN INTERESSE AN DER ERHALTUNG DIESES VERTRAGES, INSBESONDERE IM HINBLICK AUF SEINE EVENTÜLLE VERWENDUNG IM GEMEINSAMEN MARKT, HATTEN.

VII - RÜGEN HINSICHTLICH DER SCHULDFESTSTELLUNG

50 DIE KLAEGERIN RÜGT, DIE KOMMISSION HABE DAMIT, DASS SIE IHR IN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG VORSÄTZLICHES VERHALTEN VORWIRFT, ARTIKEL 15 DER VERORDNUNG NR. 17 VERLETZT.

51 ARTIKEL 15 SIEHT SANKTIONEN NICHT NUR FÜR VORSÄTZLICHE ZUWIDERHANDLUNGEN VOR. DAS VORBRINGEN DER KLAEGERIN KANN ALSO NUR FÜR DIE BEMESSUNG DER GELDBUSSE EINE ROLLE SPIELEN.

VIII - RÜGEN HINSICHTLICH DER GELDBUSSE

52 DIE KLAEGERIN BEANSTANDET, DASS DIE KOMMISSION IHR WEGEN EINER BEREITS BEENDETEN ZUWIDERHANDLUNG EINE GELDBUSSE AUFERLEGT HAT. DIE BEKLAGTE HABE SICH EINES ERMESSENSMISSBRAUCHS SCHULDIG GEMACHT, INDEM SIE DIESE SACHLAGE NICHT WENIGSTENS BEI DER BEMESSUNG DER GELDBUSSE BERÜCKSICHTIGT HABE.

53 DIE IN ARTIKEL 15 DER VERORDNUNG NR. 17 VORGESEHENEN SANKTIONEN SIND KEINE ZWANGSGELDER. IHR ZWECK BESTEHT EBENSOSEHR DARIN, UNERLAUBTE HANDLUNGSWEISEN ZU AHNDEN, WIE DARIN, IHRER WIEDERHOLUNG VORZUBEUGEN. DIESES ZIEL WÄRE NICHT HINLÄNGLICH ZU ERREICHEN, WENN SANKTIONEN NUR FÜR NOCH FORTDAUERNDE ZUWIDERHANDLUNGEN VERHÄNGT WERDEN DÜRFTEN. DAHER WIRD DIE BEFUGNIS DER KOMMISSION ZUR VERHÄNGUNG VON SANKTIONEN KEINESWEGS DADURCH BERÜHRT, DASS DAS DIE ZUWIDERHANDLUNG BEGRÜNDENDE VERHALTEN UND DIE MÖGLICHKEIT NACHTEILIGER AUSWIRKUNGEN NICHT MEHR BESTEHEN. BEI DER BEURTEILUNG DER SCHWERE DER ZUWIDERHANDLUNG FÜR DIE BEMESSUNG DER GELDBUSSE SIND INSBESONDERE DIE ART DER WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN, DIE ANZAHL UND DIE BEDEUTUNG DER BETEILIGTEN UNTERNEHMEN, DER VON IHNEN IN DER GEMEINSCHAFT JEWEILS KONTROLLIERTE MARKTANTEIL SOWIE DIE MARKTLAGE ZUR ZEIT DER BEGEHUNG DER ZUWIDERHANDLUNG ZU BERÜCKSICHTIGEN.

54 DIE KLAEGERIN RÜGT FERNER, DASS DIE KOMMISSION ZUNÄCHST EINEN GESAMTBETRAG DER GELDBUSSE FÜR DAS KARTELL FESTGESETZT UND DIESEN SODANN AUF DIE EINZELNEN UNTERNEHMEN AUFGETEILT HABE. DIESE VERFAHRENSWEISE SEI MIT DEM ERFORDERNIS EINER INDIVIDÜLLEN BUSSGELDZUMESSUNG NICHT VEREINBAR. AUSSERDEM SEI DIE KLAEGERIN IM VERGLEICH ZU ANDEREN UNTERNEHMEN DURCH DIE UNVERHÄLTNISMÄSSIGE HÖHE DER IHR AUFERLEGTEN GELDBUSSE DISKRIMINIERT WORDEN.

55 DIE VORHERIGE FESTSETZUNG EINES GESAMTHÖCHSTBETRAGS DER GELDBUSSE, DER SICH NACH DER GRÖSSE DER GEFAHR BESTIMMT, DIE DAS KARTELL FÜR DEN WETTBEWERB UND DEN HANDEL IM GEMEINSAMEN MARKT DARSTELLTE, IST MIT DEM GRUNDSATZ DER INDIVIDÜLLEN ZUMESSUNG VON SANKTIONEN NICHT UNVEREINBAR. DIE STELLUNG UND DAS INDIVIDÜLLE VERHALTEN DES EINZELNEN UNTERNEHMENS UND DIE BEDEUTUNG SEINER ROLLE INNERHALB DES KARTELLS KÖNNEN NOCH BEI DER INDIVIDÜLLEN BEMESSUNG DER GELDBUSSE BERÜCKSICHTIGT WERDEN.

56 IM VORLIEGENDEN FALL BERÜCKSICHTIGT DIE ANGEFOCHTENE ENTSCHEIDUNG INSBESONDERE IN NR. 40 ABSÄTZE 2 UND 4 AUSDRÜCKLICH STELLUNG UND ROLLE DER KLAEGERIN INNERHALB DES KARTELLS. SIE STELLT DEN DOMINIERENDEN EINFLUSS, DEN DIESES UNTERNEHMEN ZUSAMMEN MIT NEDCHEM BEI DER AUSGESTALTUNG UND ANWENDUNG DES KARTELLS HATTE, UND INSBESONDERE SEINE STARKE POSITION IN DER ROHSTOFFVERSORGUNG FEST. DIESER LETZTERE UMSTAND RECHTFERTIGT ES NACH MEINUNG DER KOMMISSION, GEGEN DIE KLAEGERIN EINE VERHÄLTNISMÄSSIG SCHWERERE GELDBUSSE ZU VERHÄNGEN ALS GEGEN DIE ANDEREN UNTERNEHMEN. SELBST WENN MAN BERÜCKSICHTIGE, DASS DIE CHINCHONA-PLANTAGEN DER KLAEGERIN IM KONGO IN DEN JAHREN 1963/64 MÖGLICHERWEISE EINEN GERINGEN ERTRAG ABWARFEN, SEI DOCH DER UMSTAND, DASS DIE KLAEGERIN FÜR DIE ZUKUNFT MIT BEDEUTENDEN EIGENEN ROHSTOFFQUELLEN HABE RECHNEN KÖNNEN, IN EINER ZEIT DER ROHSTOFFKNAPPHEIT AUF DEM INTERNATIONALEN MARKT DAZU ANGETAN GEWESEN, IHR EINEN BEDEUTENDEN EINFLUSS AUF DIE ANDEREN MITGLIEDER DES KARTELLS ZU VERSCHAFFEN, DIE SICH FÜR IHRE VERSORGUNG IN EINER SCHWÄCHEREN LAGE BEFUNDEN HÄTTEN.

57 DIESE BEURTEILUNG DER KOMMISSION IST ZUTREFFEND.

58 ENDLICH GEHT AUS DEM PROTOKOLL DER GEMEINSAMEN SITZUNGEN DER KARTELLMITGLIEDER VOM 25. SEPTEMBER UND 29. OKTOBER 1962 HERVOR, DASS DIESE SICH DER UNVEREINBARKEIT IHRER HANDLUNGSWEISE MIT DEN VERBOTSVORSCHRIFTEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS BEWUSST WAREN. SCHWERE UND VORSÄTZLICHKEIT DER ZUWIDERHANDLUNGEN RECHTFERTIGEN DAHER EINE HOHE GELDBUSSE.

59 AUCH DIE FESTSTELLUNGEN DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG ZU DEN DER KLAEGERIN ZUZURECHNENDEN ZUWIDERHANDLUNGEN SIND IM WESENTLICHEN BEGRÜNDET. DASS FÜR DIE ZEIT VON NOVEMBER 1962 BIS FEBRUAR 1965 KEINE FESTSETZUNG VON ABSATZQUOTEN UND FÜR DIE ZEIT VON MAI 1964 BIS FEBRUAR 1965 KEINE FESTSETZUNG VON VERKAUFSPREISEN FESTGESTELLT WERDEN KANN, MINDERT DIE SCHWERE DER SICH AUS DEM KARTELL ERGEBENDEN WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNG NICHT SPÜRBAR UND RECHTFERTIGT NUR EINE GERINGFÜGIGE HERABSETZUNG DER GELDBUSSE. DIESE IST AUF 180000 RECHNUNGSEINHEITEN ZU ERMÄSSIGEN.

60 DIE KLAEGERIN MACHT GELTEND, DIE IHR FÜR DEN GLEICHEN SACHVERHALT VON EINEM GERICHT DER USA AUFERLEGTE GELDBUSSE VON 80 000 DOLLAR, DIE BEREITS VOR ERLASS DER ANGEFOCHTENEN ENTSCHEIDUNG GEZAHLT WORDEN IST, MÜSSE AUF DIE STREITIGE GELDBUSSE ANGERECHNET WERDEN.

61 DIESE SANKTION IST JEDOCH NUR FÜR WETTBEWERBSBESCHRÄNKUNGEN VERHÄNGT WORDEN, DIE AUSSERHALB DER GEMEINSCHAFT BEGANGEN WURDEN. SIE IST DAHER IM VORLIEGENDEN RECHTSSTREIT NICHT ZU BERÜCKSICHTIGEN.

Kostenentscheidung:

62 NACH ARTIKEL 69 PARAGRAPH 2 ABSATZ 1 DER VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTSHOFES IST DIE UNTERLIEGENDE PARTEI AUF ANTRAG ZUR TRAGUNG DER KOSTEN ZU VERURTEILEN. DIE KLAEGERIN IST MIT IHREM VORBRINGEN IM WESENTLICHEN UNTERLEGEN UND IST DAHER ZUR TRAGUNG DER KOSTEN DES RECHTSSTREITS ZU VERURTEILEN.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

UNTER ABWEISUNG ALLER WEITERGEHENDEN ODER GEGENTEILIGEN ANTRAEGE FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

1. DIE ANFECHTUNGSKLAGE WIRD ABGEWIESEN.

2. " DIE ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN VOM 16. JULI 1969 ( AMTSBLATT L 192, S. 5 FF.) WIRD BERICHTIGT, SOWEIT SIE IN ARTIKEL 1 FESTSTELLT, DASS DIE KLAEGERIN DIE KLAUSELN DER GENTLEMEN' S AGREEMENTS VOM 9. APRIL 1960 ÜBER DIE QUOTEN - UND AUSGLEICHSREGELUNG IN DER ZEIT VON NOVEMBER 1962 BIS FEBRUAR 1965 ANGEWANDT UND DIE ÜBER DIE PREISFESTSETZUNG UND DIE RABATTE BEI DEN CHININ - UND CHINIDINAUSFUHREN IN DER ZEIT VON MAI 1964 BIS FEBRUAR 1965 BEFOLGT HABE " ( BERICHTIGUNG DURCH BESCHLUSS DES GERICHTSHOFES VOM 14. OKTOBER 1970 ).

3. DIE IN DER GENANNTEN ENTSCHEIDUNG GEGEN DIE KLAEGERIN FESTGESETZTE GELDBUSSE WIRD AUF 180000 RECHNUNGSEINHEITEN HERABGESETZT.

4. DIE KLAEGERIN WIRD VERURTEILT, DIE KOSTEN DES RECHTSSTREITS ZU TRAGEN.

Ende der Entscheidung

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