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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 30.05.1973
Aktenzeichen: 49-72
Rechtsgebiete: BEAMTENSTATUT


Vorschriften:

BEAMTENSTATUT ART. 87
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. EINE WEITERÜBERTRAGUNG ODER EINE ABWEICHUNG VON DEN KRITERIEN, WELCHE DIE KOMMISSION IN IHREM BESCHLUSS VOM 26. FEBRUAR 1971 ÜBER DIE INTERNE GESCHÄFTSVERTEILUNG NIEDERGELEGT HAT, KANN NUR DANN ZUR NICHTIGKEIT EINER RECHTSHANDLUNG DER VERWALTUNG FÜHREN, WENN DIE GEFAHR BESTEHT, DASS DADURCH EINE DER DEN BEAMTEN IM STATUT GEGEBENEN GARANTIEN ODER DIE NORMEN ÜBER EINE ORDNUNGSGEMÄSSE VERWALTUNGSFÜHRUNG IM PERSONALWESEN VERLETZT WERDEN.

2. DIE UNTERZEICHNUNG DER VERSCHIEDENEN AUF DAS DISZIPLINARVERFAHREN BEZUEGLICHEN RECHTSHANDLUNGEN DURCH DEN VORSITZENDEN DES DISZIPLINARRATS IST NUR ALS NORMALE AUSÜBUNG SEINER RECHTE ANZUSEHEN, DIE AUCH DIE BEFUGNIS UMFASSEN, DIE ORDNUNGSMÄSSIGKEIT DES VERFAHRENS ZU BESTÄTIGEN UND DIE RECHTSHANDLUNGEN DES DISZIPLINARRATS ZU BEGLAUBIGEN.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ZWEITE KAMMER) VOM 30. MAI 1973. - GUISEPPE DRESCIG GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - RECHTSSACHE 49-72.

Entscheidungsgründe:

1/2 DER KLAEGER BEGEHRT DIE AUFHEBUNG SEINER AM 14. APRIL 1972 VOM GENERALDIREKTOR FÜR PERSONAL UND VERWALTUNG DER KOMMISSION VERFÜGTEN ENTFERNUNG AUS DEM DIENST, DER EIN GEGEN IHN WEGEN STRAFBARER HANDLUNGEN - DARUNTER AMTSANMASSUNG UND GELDFORDERUNGEN AN PERSONEN, DIE EINE STELLE BEI DER KOMMISSION ZU ERHALTEN WÜNSCHTEN - EINGELEITETES DISZIPLINARVERFAHREN VORAUFGING. DER KLAEGER LEUGNET DEN DER VERHÄNGTEN DISZIPLINARSTRAFE ZUGRUNDE LIEGENDEN SACHVERHALT NICHT, DOCH BESTREITET ER DIE RECHTSGÜLTIGKEIT DER GETROFFENEN VERFÜGUNG UNTER BERUFUNG AUF FEHLER DES DISZIPLINARVERFAHRENS UND UNRICHTIGE QUALIFIZIERUNG DES SACHVERHALTS.

VERLETZUNG DES ARTIKELS 87 DES STATUTS UND DES BESCHLUSSES DER KOMMISSION VOM 26. FEBRUAR 1971

3/6 DER KLAEGER MACHT GELTEND, NACH ARTIKEL 87 DES STATUTS WERDE DAS DISZIPLINARVERFAHREN AUF VERANLASSUNG DER ANSTELLUNGSBEHÖRDE EINGELEITET, DER BEAMTE SEI VORHER ZU HÖREN. NACH DEM BESCHLUSS DER KOMMISSION VOM 26. FEBRUAR 1971 ÜBER DIE AUSÜBUNG DER BEFUGNISSE, DIE DER ANSTELLUNGSBEHÖRDE IM BEAMTENSTATUT ÜBERTRAGEN SIND, SEI DIESE ANHÖRUNG FÜR DIE BEAMTEN SEINER LAUFBAHNGRUPPE DEM PERSONALDIREKTOR VORBEHALTEN. IM VORLIEGENDEN FALLE HABE DER PERSONALDIREKTOR JEDOCH EINEN ANDEREN BEAMTEN MIT DER ANHÖRUNG BEAUFTRAGT. DIE VERLETZUNG DER BESTIMMUNGEN DES BESCHLUSSES VOM 26. FEBRUAR 1971 HABE SEINEN ANSPRUCH AUF RECHTLICHES GEHÖR BEEINTRÄCHTIGT, DENN DEM KLAEGER SEIEN NICHT ALLE IM STATUT VORGESEHENEN GARANTIEN ZUSTATTEN GEKOMMEN.

7/8 NACH ARTIKEL 87 ABSATZ 2 SATZ 2 DES STATUTS WIRD DAS DISZIPLINARVERFAHREN " AUF VERANLASSUNG DER ANSTELLUNGSBEHÖRDE EINGELEITET; DER BEAMTE IST VORHER ZU HÖREN ". DAS STATUT ENTHÄLT KEINE NÄHEREN ANGABEN ÜBER DIE MODALITÄTEN UND FORMEN, NACH DENEN DIESE ANHÖRUNG ZU ERFOLGEN HAT.

9/11 DER BESCHLUSS DER KOMMISSION VOM 26. FEBRUAR 1971 - DER AUF ARTIKEL 2 DES STATUTS BERUHT, WONACH JEDES ORGAN BESTIMMT, WER IN SEINEM DIENSTBEREICH DIE DER ANSTELLUNGSBEHÖRDE IM STATUT ÜBERTRAGENEN BEFUGNISSE AUSÜBT - SIEHT IN ARTIKEL 5 VOR, DASS DER PERSONALDIREKTOR HINSICHTLICH DER BEAMTEN DER LAUFBAHNGRUPPEN C UND D DIE BEFUGNISSE AUSÜBT, DIE DER ANSTELLUNGSBEHÖRDE IM HINBLICK AUF DIE VORHERIGE ANHÖRUNG NACH ARTIKEL 87 ABSATZ 2 SATZ 2 DES STATUTS ÜBERTRAGEN WORDEN SIND. DIE ALLGEMEINE SYSTEMATIK DIESES BESCHLUSSES, DER EINE DETAILLIERTE AUFZÄHLUNG VON BEFUGNISSEN SEHR UNTERSCHIEDLICHER BEDEUTUNG ENTHÄLT, LÄSST ERKENNEN, DASS ES SICH HIER UM EINE INTERNE GESCHÄFTSVERTEILUNGSMASSNAHME DER KOMMISSION HANDELT UND NICHT UM EINE ZUWEISUNG VON BEFUGNISSEN IM STRENGEN WORTSINNE, DEREN NICHTBEACHTUNG DIE NICHTIGKEIT DER HANDLUNGEN NACH SICH ZÖGE, DIE AUSSERHALB DES VORGEZEICHNETEN RAHMENS VORGENOMMEN WURDEN. DASS DER BESCHLUSS VOM 26. FEBRUAR 1971 DIESE RECHTSNATUR HAT, WIRD DADURCH BESTÄTIGT, DASS DIE KOMMISSION IHN NICHT IM AMTSBLATT, SONDERN IN EINEM FÜR DAS PERSONAL BESTIMMTEN MITTEILUNGSBLATT BEKANNTGEGEBEN HAT.

12/15 BEI DIESER SACHLAGE KANN DER BESCHLUSS NICHT DAHIN VERSTANDEN WERDEN, DASS ER VON VORNHEREIN JEGLICHE WEITERÜBERTRAGUNG VON BEFUGNISSEN DURCH DIE DARIN BEZEICHNETEN BEAMTEN ODER JEGLICHE IN BESONDEREN FÄLLEN IN BETRACHT GEZOGENE ABWEICHUNG VON DEN DURCH DIE KOMMISSION BESTIMMTEN VERTEILUNGSKRITERIEN AUSSCHLÖSSE. EINE WEITERÜBERTRAGUNG ODER EINE ABWEICHUNG VON DIESEN KRITERIEN KÖNNTE NUR DANN ZUR NICHTIGKEIT EINER RECHTSHANDLUNG DER VERWALTUNG FÜHREN, WENN DIE GEFAHR BESTÄNDE, DASS DADURCH EINE DER DEN BEAMTEN IM STATUT GEGEBENEN GARANTIEN ODER DIE NORMEN ÜBER EINE ORDNUNGSGEMÄSSE VERWALTUNGSFÜHRUNG IM PERSONALWESEN VERLETZT WÜRDEN. DIES IST VORLIEGEND NICHT DER FALL, DENN DER PERSONALDIREKTOR HAT DIE ANHÖRUNG DES KLAEGERS EINEM HIERZU BESONDERS QUALIFIZIERTEN BEAMTEN ÜBERTRAGEN, NÄMLICH DEM LEITER DER ABTEILUNG " PERSÖNLICHE RECHTE " BEI DER PERSONALDIREKTION. DIE PRÜFUNG DES VON DIESEM BEAMTEN ERSTELLTEN BERICHTS ZEIGT, DASS DEM KLAEGER EINE GRÜNDLICHE UND UNPARTEIISCHE UNTERSUCHUNG, IN DEREN RAHMEN DIE VERTEIDIGUNGSRECHTE UNEINGESCHRÄNKT GEWAHRT BLIEBEN, ZUGEBILLIGT WURDE.

16 SONACH LÄSST SICH NICHT BESTREITEN, DASS SOWOHL DIE ANHÖRUNG ALS AUCH DIE IHR VORAUSGEGANGENE UNTERSUCHUNG ORDNUNGSGEMÄSS VONSTATTEN GEGANGEN SIND.

17 DIE RÜGE IST DAHER ZURÜCKZUWEISEN.

UNRICHTIGE QUALIFIZIERUNG DES SACHVERHALTS

18/19 DER KLAEGER MACHT NOCH GELTEND, WÄHREND DES GESAMTEN VORVERFAHRENS HÄTTEN DIE MIT DER UNTERSUCHUNG BEAUFTRAGTEN BEAMTEN DIE IHM VORGEWORFENEN HANDLUNGEN STÄNDIG MIT BEGRIFFEN WIE " ERPRESSUNG " UND " BETRUG " BELEGT, DIE DEM STRAFRECHT ENTNOMMEN SEIEN. ZWAR SEIEN DIESE BEWERTUNGEN VOM DISZIPLINARRAT UND VOM GENERALDIREKTOR FÜR PERSONAL UND VERWALTUNG IN SEINER VERFÜGUNG VOM 14. APRIL 1972 NICHT AUFGEGRIFFEN WORDEN; DENNOCH SEI DIE STÄNDIGE VERWENDUNG DIESER BEGRIFFE GEEIGNET GEWESEN, DIE MEINUNG SOWOHL DES DISZIPLINARRATS ALS AUCH DES BEAMTEN, DER DIE ENTFERNUNG AUS DEM DIENST VERFÜGTE, NACHTEILIG ZU BEEINFLUSSEN.

20 ES HANDLE SICH SOMIT UM EINE VERLETZUNG DER VERTEIDIGUNGSRECHTE, DIE ZUR NICHTIGKEIT DER STELLUNGNAHME DES DISZIPLINARRATES WIE AUCH DER VERFÜGUNG ÜBER DIE ENTFERNUNG AUS DEM DIENST FÜHREN MÜSSE.

21/22 ES IST DEN DISZIPLINARBEHÖRDEN NICHT VERWEHRT, PARALLELEN ZU STRAFRECHTLICHEN BEGRIFFEN ZU ZIEHEN, UM DIE IHRER BEURTEILUNG UNTERLIEGENDEN SACHVERHALTE ZU BESCHREIBEN UND GEGEBENENFALLS ZU QUALIFIZIEREN. MIT RÜCKSICHT DARAUF, DASS DAS DISZIPLINARVERFAHREN UND DIE STRAFVERFOLGUNG IN DEN HÄNDEN VERSCHIEDENER BEHÖRDEN LIEGT, BESTEHT IN DIESER HINSICHT KEINE FÜR DEN DISZIPLINARISCH VERFOLGTEN BEAMTEN NACHTEILIGE VERWECHSLUNGSGEFAHR.

23 DIE RÜGE IST DAHER ZURÜCKZUWEISEN.

ZUR VERLETZUNG DER ARTIKEL 8 UND 9 DES ANHANGS IX ZUM STATUT

24 DER KLAEGER ZIEHT DIE RECHTSGÜLTIGKEIT DER BERATUNGEN DES DISZIPLINARRATS NOCH MIT DER BEGRÜNDUNG IN ZWEIFEL, DASS NICHT NUR DIE MIT GRÜNDEN VERSEHENE STELLUNGNAHME DES RATES VON IHREM VORSITZENDEN UNTERZEICHNET GEWESEN SEI, SONDERN DASS DEN PROTOKOLLEN AUCH ZU ENTNEHMEN SEI, DASS DER VORSITZENDE SICH AN DEN BERATUNGEN AKTIV BETEILIGT HABE, OBGLEICH NACH ARTIKEL 8 DES ANHANGS IX ZUM STATUT DER VORSITZENDE DES DISZIPLINARRATES - AUSSER BEI VERFAHRENSFRAGEN ODER BEI STIMMENGLEICHHEIT - AN DER BESCHLUSSFASSUNG NICHT TEILNEHME UND ARTIKEL 9 VORSCHREIBE, DASS DIE MIT GRÜNDEN VERSEHENE STELLUNGNAHME NUR VON DEN MITGLIEDERN DES DISZIPLINARRATS ZU UNTERSCHREIBEN SEI.

25/27 ARTIKEL 8 DES ANHANGS IX SOLL DIE ANWENDUNG DES PARITÄTISCHEN SYSTEMS, VON DEM BEI DER ZUSAMMENSETZUNG DES DISZIPLINARRATS AUSGEGANGEN WIRD, ERMÖGLICHEN, SOWEIT DIE MITGLIEDER DES DISZIPLINARRATS AUF DIESER BASIS EINE MEHRHEITSENTSCHEIDUNG ZU TREFFEN IN DER LAGE SIND. BEI DIESEM SYSTEM STIMMT DER VORSITZENDE NUR BEI STIMMENGLEICHHEIT UND AUSSERDEM NOCH BEI VERFAHRENSFRAGEN MIT. IM ÜBRIGEN STEHEN DEM VORSITZENDEN SCHON AUFGRUND SEINES AMTES ALLE BEFUGNISSE ZU, DEREN ER BEDARF, UM EIN ORDNUNGSGEMÄSSES ARBEITEN DES DISZIPLINARRATS ZU GEWÄHRLEISTEN.

28/30 AUS DEN ZU DEN AKTEN GEREICHTEN PROTOKOLLEN GEHT HERVOR, DASS DER VORSITZENDE KEINE GELEGENHEIT ERHIELT, SICH AN DER BESCHLUSSFASSUNG ÜBER DIE MIT GRÜNDEN VERSEHENE STELLUNGNAHME ZU BETEILIGEN, DA DIE MITGLIEDER DES RATES INSOWEIT EINSTIMMIGKEIT ERZIELTEN. DASS DER VORSITZENDE DIE VERSCHIEDENEN AUF DAS DISZIPLINARVERFAHREN BEZUEGLICHEN RECHTSHANDLUNGEN UNTERZEICHNETE, IST NUR ALS NORMALE AUSÜBUNG SEINER RECHTE ANZUSEHEN, DIE AUCH DIE BEFUGNIS UMFASSEN, DIE ORDNUNGSMÄSSIGKEIT DES VERFAHRENS ZU BESTÄTIGEN UND DIE RECHTSHANDLUNGEN DES DISZIPLINARRATS ZU BEGLAUBIGEN. DIE GÜLTIGKEIT DIESER HANDLUNGEN WIRD ALSO NICHT DADURCH IN FRAGE GESTELLT, DASS SIE DIE UNTERSCHRIFT DES VORSITZENDEN TRAGEN.

31 AUCH DIESE RÜGE IST ZURÜCKZUWEISEN.

Kostenentscheidung:

32/34 NACH ARTIKEL 69 PARAGRAPH 2 DER VERFAHRENSORDNUNG IST DIE UNTERLIEGENDE PARTEI ZUR TRAGUNG DER KOSTEN ZU VERURTEILEN. DER KLAEGER IST MIT SEINEM VORBRINGEN UNTERLEGEN. NACH ARTIKEL 70 DER VERFAHRENSORDNUNG TRAGEN JEDOCH DIE ORGANE IN RECHTSSTREITIGKEITEN MIT BEDIENSTETEN DER GEMEINSCHAFT IHRE KOSTEN SELBST.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF ( ZWEITE KAMMER )

UNTER ABWEISUNG ALLER WEITERGEHENDEN ODER GEGENTEILIGEN ANTRAEGE FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

1. DIE KLAGE WIRD ABGEWIESEN.

2. JEDE PARTEI TRAEGT IHRE EIGENEN KOSTEN.

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