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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 09.07.1969
Aktenzeichen: 5-69
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 85 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. DER GERICHTSHOF IST NICHT BEFUGT, IM VERFAHREN NACH ARTIKEL 177 BUCHSTABE A EWG-VERTRAG DIESEN VERTRAG AUF DEN KONKRETEN EINZELFALL ANZUWENDEN. ER KANN ABER DER FASSUNG DES VORLAGEBESCHLUSSES DIE FRAGEN ENTNEHMEN, DIE LEDIGLICH DIE AUSLEGUNG DES VERTRAGES BETREFFEN.

2. EINE VEREINBARUNG KANN DEN HANDEL ZWISCHEN MITGLIEDSTAATEN NUR BEEINTRÄCHTIGEN, WENN SICH ANHAND EINER GESAMTHEIT OBJEKTIVER RECHTLICHER ODER TATSÄCHLICHER UMSTÄNDE MIT HINREICHENDER WAHRSCHEINLICHKEIT VORAUSSEHEN LÄSST, DASS SIE UNMITTELBAR ODER MITTELBAR, TATSÄCHLICH ODER DER MÖGLICHKEIT NACH DEN HANDEL ZWISCHEN MITGLIEDSTAATEN IN EINER WEISE BEEINFLUSSEN KANN, DIE DER VERWIRKLICHUNG DER ZIELE EINES EINHEITLICHEN ZWISCHENSTAATLICHEN MARKTES NACHTEILIG SEIN KANN.

3. ES IST MÖGLICH, DASS EINE ALLEINVERTRIEBSVEREINBARUNG SELBST BEI ABSOLUTEM GEBIETSSCHUTZ MIT RÜCKSICHT AUF DIE SCHWACHE STELLUNG, WELCHE DIE BETEILIGTEN AUF DEM MARKT DER FRAGLICHEN ERZEUGNISSE IM GESCHÜTZTEN GEBIET HABEN, NICHT UNTER DAS IN ARTIKEL 85 ABSATZ 1 EWG-VERTRAG ENTHALTENE VERBOT FÄLLT.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 9. JULI 1969. - FRANZ VOELK GEGEN ETS J. VERVAECKE S.P.R.L. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM OBERLANDESGERICHT MUENCHEN. - RECHTSSACHE 5-69.

Entscheidungsgründe:

1 DURCH BESCHLUSS VOM 5. DEZEMBER 1968, BEI DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEGANGEN AM 28. JANUAR 1969, HAT DAS OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN NACH ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG FOLGENDE FRAGE VORGELEGT : KOMMT ES BEI DER ENTSCHEIDUNG DER FRAGE, OB DER UMSTRITTENE VERTRAG GEMÄSS ARTIKEL 85 ABSATZ 1 EWG-VERTRAG VERBOTEN IST, AUF DEN TATSÄCHLICH ERZIELTEN ODER ZULETZT ANGESTREBTEN MARKTANTEIL DES KLAEGERS IN DEN MITGLIEDSTAATEN DER EWG AN, INSBESONDERE IN DEM ABSOLUT GESCHÜTZTEN VERKAUFSGEBIET DER BEKLAGTEN, BELGIEN UND LUXEMBURG?

2 DER GERICHTSHOF IST NICHT BEFUGT, IM VERFAHREN NACH ARTIKEL 177 BUCHSTABE A EWGV DEN VERTRAG AUF DEN KONKRETEN EINZELFALL ANZUWENDEN. ER KANN ABER DER FASSUNG DES VORLAGEBESCHLUSSES DIE FRAGEN ENTNEHMEN, DIE LEDIGLICH DIE AUSLEGUNG DES VERTRAGES BETREFFEN.

3 DIE VORGELEGTE FRAGE BETRIFFT VEREINBARUNGEN, DIE DADURCH GEKENNZEICHNET SIND, DASS EIN HERSTELLER EINEM HÄNDLER FÜR BESTIMMTE LÄNDER DES GEMEINSAMEN MARKTES DEN ALLEINVERTRIEB SEINER ERZEUGNISSE ÜBERTRAGEN UND SICH VERPFLICHTET HAT, DEN HÄNDLER GEGEN LIEFERUNGEN DRITTER IN DIESE LÄNDER ZU SCHÜTZEN, WÄHREND DER HÄNDLER IHM GEGENÜBER DIE VERPFLICHTUNG EINGEGANGEN IST, KEINE KONKURRENZERZEUGNISSE ZU VERTREIBEN.

4 DIE VORLAGE LÄUFT SOMIT AUF DIE FRAGE HINAUS : KOMMT ES BEI DER ENTSCHEIDUNG, OB DERARTIGE VEREINBARUNGEN NACH ARTIKEL 85 ABSATZ 1 DES VERTRAGES VERBOTEN SIND, AUF DEN MARKTANTEIL AN, DEN DER KONZEDENT IM GEBIET DES KONZESSIONÄRS BESITZT ODER ANSTREBT?

5 EINE VEREINBARUNG KANN DEN HANDEL ZWISCHEN MITGLIEDSTAATEN NUR BEEINTRÄCHTIGEN, WENN SICH ANHAND EINER GESAMTHEIT OBJEKTIVER RECHTLICHER ODER TATSÄCHLICHER UMSTÄNDE MIT HINREICHENDER WAHRSCHEINLICHKEIT VORAUSSEHEN LÄSST, DASS SIE UNMITTELBAR ODER MITTELBAR, TATSÄCHLICH ODER DER MÖGLICHKEIT NACH DEN HANDEL ZWISCHEN MITGLIEDSTAATEN IN EINER WEISE BEEINFLUSSEN KANN, DIE DER VERWIRKLICHUNG DER ZIELE EINES EINHEITLICHEN ZWISCHENSTAATLICHEN MARKTES NACHTEILIG SEIN KANN.

6 AUSSERDEM IST DIE VERBOTSVORSCHRIFT DES ARTIKELS 85 ABSATZ 1 NUR UNTER DER VORAUSSETZUNG ANWENDBAR, DASS DIE VEREINBARUNG EINE VERHINDERUNG, EINSCHRÄNKUNG ODER VERFÄLSCHUNG DES WETTBEWERBS INNERHALB DES GEMEINSAMEN MARKTES BEZWECKT ODER BEWIRKT.

7 DIESE VORAUSSETZUNGEN SIND IM HINBLICK AUF DIE TATSÄCHLICHEN BEGLEITUMSTÄNDE DER FRAGLICHEN VEREINBARUNG ZU VERSTEHEN. EINE VEREINBARUNG WIRD DAHER VON DER VERBOTSVORSCHRIFT DES ARTIKELS 85 NICHT ERFASST, WENN SIE DEN MARKT MIT RÜCKSICHT AUF DIE SCHWACHE STELLUNG DER BETEILIGTEN AUF DEM MARKT DER FRAGLICHEN ERZEUGNISSE NUR GERINGFÜGIG BEEINTRÄCHTIGT. SOMIT IST ES MÖGLICH, DASS EINE ALLEINVERTRIEBSVEREINBARUNG SELBST BEI ABSOLUTEM GEBIETSSCHUTZ MIT RÜCKSICHT AUF DIE SCHWACHE STELLUNG, WELCHE DIE BETEILIGTEN AUF DEM MARKT DER FRAGLICHEN ERZEUGNISSE IN DEM GEBIET HABEN, FÜR DAS DER ABSOLUTE SCHUTZ BESTEHT, NICHT UNTER DIE VERBOTSVORSCHRIFT DES ARTIKELS 85 ABSATZ 1 FÄLLT.

8 DIE AUSLAGEN DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN, DIE VOR DEM GERICHTSHOF ERKLÄRUNGEN ABGEGEBEN HAT, SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG.

Kostenentscheidung:

9 FÜR DIE PARTEIEN DES AUSGANGSRECHTSSTREITS IST DAS VERFAHREN EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT. DIE KOSTENENTSCHEIDUNG OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

AUF DIE IHM GEMÄSS BESCHLUSS DES OBERLANDESGERICHTS MÜNCHEN VOM 5. DEZEMBER 1968 VORGELEGTE FRAGE FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

ES IST MÖGLICH, DASS EINE ALLEINVERTRIEBSVEREINBARUNG SELBST BEI ABSOLUTEM GEBIETSSCHUTZ MIT RÜCKSICHT AUF DIE SCHWACHE STELLUNG, WELCHE DIE BETEILIGTEN AUF DEM MARKT DER FRAGLICHEN ERZEUGNISSE IM GESCHÜTZTEN GEBIET HABEN, NICHT UNTER DAS IN ARTIKEL 85 ABSATZ 1 EWGV ENTHALTENE VERBOT FÄLLT.

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