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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 10.01.1973
Aktenzeichen: 55-72
Rechtsgebiete: Verordnung Nr. 89, Verordnung Nr. 19, Verordnung Nr. 129


Vorschriften:

Verordnung Nr. 89 Art. 3
Verordnung Nr. 89 Art. 2
Verordnung Nr. 19 Art. 2
Verordnung Nr. 19 Art. 9
Verordnung Nr. 129 Art. 2 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. AUS ARTIKEL 2 UND 9 DER VERORDNUNG NR. 19/62 DES RATES IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 1 DER VERORDNUNG NR. 86/62 DER KOMMISSION GEHT HERVOR, DASS DER FREI-GRENZE-PREIS AUF DER GRUNDLAGE DES GÜNSTIGSTEN PREISES FÜR DAS IM AUSFÜHRENDEN MITGLIEDSTAAT GEERNTETE ERZEUGNIS ZU BERECHNEN IST. VON DIESER REGELUNG KANN UNTER DER VORAUSSETZUNG ABGEWICHEN WERDEN, DASS EINHEIMISCHE UND EINGEFÜHRTE WAREN VÖLLIG AUSTAUSCHBAR SIND UND ZU EINEM EINHEITLICHEN MARKTPREIS ANGEBOTEN WERDEN.

2. DER MARKT, VON DEM DAS ERZEUGNIS ZUM GÜNSTIGSTEN PREIS IN DEN EINFÜHRENDEN MITGLIEDSTAAT AUSGEFÜHRT WERDEN KANN, IST DANN DER REPRÄSENTATIVSTE MARKT, WENN ER IM VERGLEICH ZU DEN ANDEREN REPRÄSENTATIVEN MÄRKTEN ALS WICHTIGER MARKT ANZUSEHEN IST.

3. NICHT JEDE SCHWANKUNG DER WECHSELKURSE, DIE ÜBER DIE IN DER VERORDNUNG NR. 67 DER KOMMISSION FESTGELEGTEN GRENZEN HINAUSGEHT, INNERHALB DEREN EINE ÄNDERUNG DES ABSCHÖPFUNGSSATZES NICHT IN BETRACHT KOMMT, IST EIN INDIZ FÜR EINE ERHEBLICHE STÖRUNG, WELCHE DIE WIRKSAMKEIT DER REGELUNGEN DER GEMEINSAMEN AGRARMARKTORGANISATIONEN ODER DIE DURCHFÜHRUNG DER GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK GEFÄHRDEN UND ES RECHTFERTIGEN KÖNNTE, DASS DIE KOMMISSION ARTIKEL 2 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG NR. 129 DES RATES ANWENDET.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 10. JANUAR 1973. - GESELLSCHAFT FUER GETREIDEHANDEL AG GEGEN EINFUHR- UND VORRATSSTELLE FUER GETREIDE UND FUTTERMITTEL. - (ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM HESSISCHEN FINANZGERICHT). - RECHTSSACHE 55-72.

Entscheidungsgründe:

1 DAS HESSISCHE FINANZGERICHT ERSUCHT DEN GERICHTSHOF DURCH BESCHLUSS VOM 28. JUNI 1972, BEI DER KANZLEI EINGEGANGEN AM 3. AUGUST 1972, UM VORABENTSCHEIDUNG ÜBER DIE GÜLTIGKEIT DER IM AMTSBLATT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN - LANDWIRTSCHAFTSBEILAGE NR. 1 VOM 12. JANUAR 1966, S. 16 B; NR. 4 VOM 2. FEBRUAR 1966, S. 118 B; NR. 7 VOM 23. FEBRUAR 1966, S. 214 B; NR. 8 VOM 2. MÄRZ 1966, S. 250 B, UND NR. 9 VOM 9. MÄRZ 1966, S. 285 B, VERÖFFENTLICHTEN ENTSCHEIDUNGEN DER KOMMISSION DER EWG, MIT DENEN DER FREI-GRENZE-PREIS FÜR DIE EINFUHR VON MAIS AUS ITALIEN IN DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND FESTGESETZT WORDEN IST.

2 WIE SICH AUS DEN AKTEN ERGIBT UND AUCH IM VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF DEUTLICH GEWORDEN IST, WERDEN GEGEN DIESE ENTSCHEIDUNGEN DREI RÜGEN ERHOBEN, DIE

A ) DIE WAHL DER NOTIERUNGEN FÜR AUS DEN VEREINIGTEN STAATEN IMPORTIERTEN MAIS ALS BERECHNUNGSGRUNDLAGE FÜR DIE FESTSETZUNG DES FREI-GRENZE-PREISES VON AUS ITALIEN NACH DEUTSCHLAND EINGEFÜHRTEN MAIS,

B ) DIE WAHL PADUAS ALS DES REPRÄSENTATIVSTEN MARKTES IM SINNE VON ARTIKEL 3 DER VERORDNUNG NR. 89 DER KOMMISSION UND

C ) DEN BEI DER BERECHNUNG DES FREI-GRENZE-PREISES ANGEWANDTEN UMRECHNUNGSKURS

BETREFFEN.

ZUR ERSTEN RÜGE

3 NACH ARTIKEL 2 DER VERORDNUNG NR. 89 DER KOMMISSION VOM 25. JULI 1962 ( ABL. 1962, S. 1899 FF.) IST DER FREI-GRENZE-PREIS AUF DER GRUNDLAGE DES FÜR DEN EINFÜHRENDEN MITGLIEDSTAAT GÜNSTIGSTEN PREISES ZU BESTIMMEN. GEMÄSS ARTIKEL 1 DER VERORDNUNG NR. 86 DER KOMMISSION VOM 25. JULI 1962 ( ABL. 1962, S. 1894 ) WERDEN DIE INNERGEMEINSCHAFTLICHEN ABSCHÖPFUNGEN LEDIGLICH AUF DAS IM AUSFÜHRENDEN MITGLIEDSTAAT GEERNTETE GETREIDE ANGEWANDT, WÄHREND DANN, WENN DIE ERZEUGNISSE NICHT IM AUSFÜHRENDEN MITGLIEDSTAAT GEERNTET WORDEN SIND, DIE GEGENÜBER DRITTEN LÄNDERN GELTENDE ABSCHÖPFUNG ERHOBEN WIRD. DIE ARTIKEL 2 UND 9 DER VERORDNUNG NR. 19 DES RATES VOM 4. APRIL 1962 ( ABL. 1962, S. 933 FF.) SEHEN VOR, DASS SICH DIE HÖHE DER INNERGEMEINSCHAFTLICHEN ABSCHÖPFUNGEN NACH DEM UNTERSCHIED ZWISCHEN DEM FREI-GRENZE-PREIS UND DEM SCHWELLENPREIS DES EINFÜHRENDEN MITGLIEDSTAATS, VERMINDERT UM EINEN PAUSCHBETRAG, BESTIMMT.

4 AUS DER VERBINDUNG DIESER VORSCHRIFTEN ERGIBT SICH, DASS DER FREI-GRENZE-PREIS AUF DER GRUNDLAGE DES GÜNSTIGSTEN PREISES FÜR DAS IM AUSFÜHRENDEN MITGLIEDSTAAT GEERNTETE ERZEUGNIS ZU BERECHNEN IST. DIESE SCHLUSSFOLGERUNG WIRD DURCH DIE NEUNTE BEGRÜNDUNGSERWAEGUNG DER VERORDNUNG NR. 19 BESTÄTIGT, WONACH " DIE EINZUFÜHRENDE REGELUNG... DIE BEIBEHALTUNG DER SICH AUS DER ANWENDUNG DES VERTRAGES ERGEBENDEN PRÄFERENZ ZUGUNSTEN DER MITGLIEDSTAATEN ERMÖGLICHEN ( MUSS ) ".

5 VOM 10. DEZEMBER 1965 AN HAT DIE KOMMISSION DEN FREI-GRENZE-PREIS FÜR AUS ITALIEN NACH DEUTSCHLAND EINGEFÜHRTEN MAIS NICHT MEHR AUF DER GRUNDLAGE DES GÜNSTIGSTEN PREISES FÜR DAS IN ITALIEN GEERNTETE ERZEUGNIS, SONDERN AUF DER GRUNDLAGE DES GÜNSTIGSTEN PREISES FÜR IMPORTMAIS FESTGESETZT, DER SEINERZEIT UM ETWA 3 000 LIRE UNTER DEM PREIS FÜR ITALIENISCHEN MAIS LAG. DIE KOMMISSION MACHT GELTEND, EINE SOLCHE ABWEICHUNG VOM ALLGEMEINEN PRINZIP SEI GEBOTEN GEWESEN, WEIL GROSSE MENGEN VON AUS DRITTLÄNDERN KOMMENDEM MAIS, DIE FÄLSCHLICH ALS IN ITALIEN GEERNTETE WARE ANGEMELDET WORDEN SEIEN, NACH DEUTSCHLAND AUSGEFÜHRT WORDEN SEIEN; DIESER MISSBRAUCH HABE DURCH DIE FESTSETZUNG DES FREI-GRENZE-PREISES AUF DER GRUNDLAGE DES GÜNSTIGSTEN PREISES FÜR IMPORTMAIS VERHINDERT WERDEN KÖNNEN.

6 ZWAR KANN VON DER REGEL ABGEWICHEN WERDEN, DASS DER FREI-GRENZE-PREIS AUSGEHEND VOM PREIS FÜR DAS EINHEIMISCHE ERZEUGNIS ZU BERECHNEN IST, DOCH SETZT DIES VORAUS, DASS EINHEIMISCHE UND EINGEFÜHRTE WAREN VÖLLIG AUSTAUSCHBAR SIND UND ZU EINEM EINHEITLICHEN MARKTPREIS ANGEBOTEN WERDEN. DIE BERECHNUNG DES FREI-GRENZE-PREISES AUF DER GRUNDLAGE DES UNTER DEM PREIS FÜR EINHEIMISCHEN MAIS LIEGENDEN MARKTPREISES FÜR IMPORTMAIS ERSCHWERT DIE AUSFUHR VON EINHEIMISCHEM MAIS, WEIL DER VORTEIL AUS DER ANWENDUNG DES PAUSCHBETRAGES NACH ARTIKEL 2 DER VERORDNUNG NR. 19 SOWIE AUS DER EXISTENZ DER VON ARTIKEL 4 DER VERORDNUNG NR. 89 MITERFASSTEN GEWINNSPANNE ERHEBLICH VERRINGERT ODER SOGAR AUFGEHOBEN WIRD. EINE SOLCHE BERECHNUNGSWEISE WÄRE SONACH MIT DEM ERKLÄRTEN ZWECK DER VERORDNUNG NR. 19 UNVEREINBAR.

7 DIE FRAGLICHEN ENTSCHEIDUNGEN SIND DAHER UNGÜLTIG, SOWEIT DARIN DIE FREI-GRENZE-PREISE AUF DER GRUNDLAGE DES GÜNSTIGSTEN PREISES FÜR AUS EINEM DRITTLAND EINGEFÜHRTEN MAIS FESTGESETZT WORDEN SIND.

ZUR ZWEITEN RÜGE

8 NACH ARTIKEL 3 DER VERORDNUNG NR. 89 SIND ALS REPRÄSENTATIVSTE MÄRKTE DIEJENIGEN ANZUSEHEN, VON DENEN DAS ERZEUGNIS ZUM GÜNSTIGSTEN PREIS IN DEN EINFÜHRENDEN MITGLIEDSTAAT AUSGEFÜHRT WERDEN KANN. DIESER BESTIMMUNG IST GENÜGT, WENN DER MARKT, VON DEM DAS ERZEUGNIS ZUM GÜNSTIGSTEN PREIS IN DEN EINFÜHRENDEN MITGLIEDSTAAT AUSGEFÜHRT WERDEN KANN, IM VERGLEICH ZU DEN ANDEREN REPRÄSENTATIVEN MÄRKTEN ALS WICHTIGER MARKT ANZUSEHEN IST.

9 IN ANBETRACHT DER AUF DEM MARKT VON PADUA UMGESETZTEN MENGEN AN ITALIENISCHEM UND EINGEFÜHRTEM MAIS KONNTE DIE KOMMISSION DAVON AUSGEHEN, DASS DIESER MARKT, VERGLICHEN MIT DEN ANDEREN HAUPTHANDELSPLÄTZEN NORDITALIENS, FÜR DEN AUSSENHANDEL MIT MAIS BESONDERS WICHTIG IST. IM ÜBRIGEN IST NICHT BESTRITTEN, DASS DIE AN DER BÖRSE VON PADUA NOTIERTEN PREISE DIE FÜR DIE AUSFUHR VON MAIS AUS ITALIEN NACH DEUTSCHLAND GÜNSTIGSTEN PREISE SIND.

10 DIE GEGEN DIE WAHL PADUAS ALS DES REPRÄSENTATIVSTEN MARKTES IM SINNE DES ARTIKELS 3 DER VERORDNUNG NR. 89 ERHOBENE RÜGE GREIFT DAHER NICHT DURCH.

ZUR DRITTEN RÜGE

11 NACH ARTIKEL 2 ABSATZ 1 DER VERORDNUNG NR. 129 DES RATES VOM 23. OKTOBER 1962 ( ABL. 1962, S. 2553 F.) HAT DIE KOMMISSION BEI DER BERECHNUNG DER VERSCHIEDENEN IM RAHMEN DER GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK ZUGRUNDE ZU LEGENDEN PREISE DEN BEIM INTERNATIONALEN WÄHRUNGSFONDS ANGEMELDETEN UMRECHNUNGSKURS ANZUWENDEN. NACH ARTIKEL 2 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG KANN JEDOCH IN AUSNAHMEFÄLLEN, DIE DIE DURCHFÜHRUNG DER GEMEINSAMEN AGRARMARKTREGELUNG GEFÄHRDEN KÖNNEN, DIE ANWENDUNG DES EFFEKTIVEN WECHSELKURSES GESTATTET WERDEN.

12 WAS DIE KLAEGERIN DES AUSGANGSVERFAHRENS ZU DEN IM WINTER 1965/66 EINGETRETENEN LEICHTEN SCHWANKUNGEN DES EFFEKTIVEN WECHSELKURSES DER LIRA VORTRAEGT, VERMAG NICHT DIE WAHRSCHEINLICHKEIT ZU BEGRÜNDEN, DASS EINE STÖRUNG DES MAISMARKTES ZU BEFÜRCHTEN WAR. DIE IN ARTIKEL 1 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG NR. 67 DER KOMMISSION VOM 11. JULI 1962 ( ABL. 1962, S. 1860 ) BEI DEN BERECHNUNGSFAKTOREN DER AGRARPREISE ZUGELASSENE TOLERANZ VON 0,45 BIS 0,75 RECHNUNGSEINHEITEN JE TONNE BESTIMMT AUCH DIE GRENZEN DER WECHSELKURSSCHWANKUNGEN, INNERHALB DEREN EINE ÄNDERUNG DES ABSCHÖPFUNGSSATZES JEDENFALLS NICHT IN BETRACHT KOMMT. DARAUS DARF ABER NICHT GEFOLGERT WERDEN, DASS JEDE ÜBER DIESE GRENZEN HINAUSGEHENDE SCHWANKUNG OHNE WEITERES EIN INDIZ FÜR EINE ERHEBLICHE STÖRUNG DARSTELLT, WELCHE DIE WIRKSAMKEIT DER REGELUNGEN DER GEMEINSAMEN AGRARMARKTORGANISATIONENEN ODER DIE DURCHFÜHRUNG DER GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK GEFÄHRDEN KÖNNTE.

13 AUCH DIESE RÜGE IST DAHER ZURÜCKZUWEISEN.

Kostenentscheidung:

14 DIE AUSLAGEN DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN, DIE VOR DEM GERICHTSHOF ERKLÄRUNGEN ABGEGEBEN HAT, SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG. FÜR DIE PARTEIEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM NATIONALEN GERICHT ANHÄNGIGEN RECHTSSTREIT. DIE KOSTENENTSCHEIDUNG OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

AUF DIE IHM VOM HESSISCHEN FINANZGERICHT GEMÄSS DESSEN BESCHLUSS VOM 28. JUNI 1972 VORGELEGTE FRAGE FÜR RECHT ERKANNT :

DIE ENTSCHEIDUNGEN DER KOMMISSION VOM 7. JANUAR 1966, 28. JANUAR 1966, 18. FEBRUAR 1966, 28. FEBRUAR 1966 UND 4. MÄRZ 1966 ZUR FESTSETZUNG DES FREI-GRENZE-PREISES FÜR DIE EINFUHR VON MAIS AUS ITALIEN IN DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND SIND UNGÜLTIG, SOWEIT DARIN BEI DER FESTSETZUNG DES FREI-GRENZE-PREISES AUF DEN GÜNSTIGSTEN PREIS FÜR AUS EINEM DRITTLAND EINGEFÜHRTEN MAIS ABGESTELLT WIRD.

Ende der Entscheidung

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