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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 16.12.1960
Aktenzeichen: 6-60
Rechtsgebiete: EGKS-Vertrag


Vorschriften:

EGKS-Vertrag Art. 43
EGKS-Vertrag Art. 86
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. IM ZWEIFELSFALL DARF EINE VORSCHRIFT, DIE RECHTSSCHUTZ GEWÄHRT, NICHT ZUUNGUNSTEN DES RECHTSUNTERWORFENEN EINSCHRÄNKEND AUSGELEGT WERDEN.

2. DIE ZUSTÄNDIGKEIT DES GERICHTSHOFES ZUR ENTSCHEIDUNG ÜBER JEDEN STREIT HINSICHTLICH DER ANWENDUNG DES PROTOKOLLS ÜBER DIE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN DER EGKS UMFASST NICHT DIE BEFUGNIS, UNMITTELBAR IN DIE GESETZGEBUNG ODER VERWALTUNG DER MITGLIEDSTAATEN EINZUGREIFEN. DER GERICHTSHOF KANN DAHER GESETZE EINES MITGLIEDSTAATES ODER VERWALTUNGSAKTE, DIE DESSEN BEHÖRDEN ERLASSEN HABEN, NICHT AUS EIGENER MACHTVOLLKOMMENHEIT FÜR NICHTIG ERKLÄREN ODER AUFHEBEN.

3. EIN BEAMTER DER EGKS, DER SICH DURCH EINE VON EINEM MITGLIEDSTAAT BEGANGENE VERLETZUNG DER IHM VERLIEHENEN VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN FÜR BEEINTRÄCHTIGT HÄLT, KANN NACH ARTIKEL 16 DES PROTOKOLLS ÜBER DIE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN DER EGKS GEGEN DIESEN STAAT KLAGE ERHEBEN, OHNE ZUVOR VOM RECHT DER GEMEINSCHAFT VORGESEHENE ANDERE VERFAHREN DURCHGEFÜHRT ZU HABEN.

4. DA DIE ZUSTÄNDIGKEIT DES GERICHTSHOFES NACH ARTIKEL 16 DES PROTOKOLLS ÜBER DIE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN DER EGKS EINE AUSSCHLIESSLICHE ZUSTÄNDIGKEIT IST, IST EINE AUF DIESE VORSCHRIFT GESTÜTZTE KLAGE NICHT DESHALB UNZULÄSSIG, WEIL DER KLAEGER NICHT ZUVOR DEN RECHTSWEG ZU DEN GERICHTEN SEINES LANDES ERSCHÖPFT HAT.

5. DIE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN DER BEAMTEN DER EGKS UND INSBESONDERE DIE BEFREIUNG VON NATIONALEN STEUERN SIND ZWAR IM ÖFFENTLICHEN INTERESSE DER GEMEINSCHAFT GESCHAFFEN, ABER DEN BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT UNMITTELBAR GEWÄHRT WORDEN, DIE DADURCH SUBJEKTIVE RECHTE ERWORBEN HABEN.

6. DAS PROTOKOLL ÜBER DIE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN DER EGKS UNTERSAGT ALLE MASSNAHMEN EINES STAATES, AUF GRUND DEREN VON EINEM BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT IRGENDEINE DIREKTE ODER INDIREKTE STEUER ERHOBEN WIRD, DIE GANZ ODER TEILWEISE AUF DER ZAHLUNG DER GEHÄLTER UND BEZUEGE BERUHT, WELCHE DIE GEMEINSCHAFT DIESEM BEAMTEN SCHULDET.

ES IST INFOLGEDESSEN UNZULÄSSIG, DIESE DIENSTBEZUEGE BEI DER ERMITTLUNG DES AUF ANDERE EINKÜNFTE DESSELBEN BETROFFENEN ANWENDBAREN STEUERSATZES IN ANSATZ ZU BRINGEN.

ES IST GLEICHFALLS UNZULÄSSIG, DIESE DIENSTBEZUEGE BEI DER ERMITTLUNG DES AUF DIE EINKÜNFTE DER EHEFRAU EINES BEAMTEN DER EGKS ANWENDBAREN STEUERSATZES IN ANSATZ ZU BRINGEN, SOFERN DIE EINSCHLAEGIGEN NATIONALEN VORSCHRIFTEN ZUSAMMENVERANLAGUNG DER EHEGATTEN VORSEHEN.

7. STELLT DER GERICHTSHOF FEST, DASS EIN AKT DER GESETZGEBUNGS - ODER DER VERWALTUNGSORGANE EINES MITGLIEDSTAATES DEM GEMEINSCHAFTSRECHT ZUWIDERLÄUFT, SO IST DIESER STAAT NACH ARTIKEL 86 EGKS-VERTRAG VERPFLICHTET, SOWOHL DIESEN AKT RÜCKGÄNGIG ZU MACHEN ALS AUCH DIE MÖGLICHERWEISE DURCH IHN VERURSACHTEN RECHTSWIDRIGEN FOLGEN ZU BEHEBEN.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 16. DEZEMBER 1960. - JEAN E. HUMBLET GEGEN BELGISCHEN STAAT. - RECHTSSACHE 6-60.

Entscheidungsgründe:

S. 1183

I. - GRUNDLAGE UND UMFANG DER ZUSTÄNDIGKEIT DES GERICHTSHOFES

1. NACH ARTIKEL 16 DES PROTOKOLLS ÜBER DIE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT FÜR KOHLE UND STAHL IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 43 DES EGKS-VERTRAGES IST DER GERICHTSHOF FÜR DIE ENTSCHEIDUNG ALLER STREITIGKEITEN ÜBER DIE AUSLEGUNG ODER ANWENDUNG DES PROTOKOLLS ZUSTÄNDIG. DER BEKLAGTE MACHT DEMGEGENÜBER GELTEND, IM VORLIEGENDEN FALLE FEHLE ES AN DER ZUSTÄNDIGKEIT DES GERICHTSHOFES, DA DER RECHTSSTREIT NICHT DIE AUSLEGUNG DES PROTOKOLLS BETREFFE, SONDERN DIE FRAGE NACH DER ORDNUNGSMÄSSIGEN ANWENDUNG DES BELGISCHEN RECHTS AUF DIE EINKÜNFTE DER EHEFRAU DES KLAEGERS AUFWERFE, DIE SELBST NICHT BEDIENSTETE DER GEMEINSCHAFT SEI.

DER GERICHTSHOF KANN SICH DIESER AUFFASSUNG NICHT ANSCHLIESSEN. IN WIRKLICHKEIT GEHT ES IM VORLIEGENDEN RECHTSSTREIT UM DIE FRAGE, OB ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS ES DEN MITGLIEDSTAATEN GESTATTET, BEI DER ERMITTLUNG DES AUF DIE EINKÜNFTE DER EHEFRAU EINES BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT ANWENDBAREN STEUERSATZES DIE DIENSTBEZUEGE DIESES BEAMTEN IN ANSATZ ZU BRINGEN. DER BEKLAGTE SELBST HAT IM ÜBRIGEN IN SEINER KLAGEBEANTWORTUNG DEN STREITGEGENSTAND IN DIESEM SINNE UMSCHRIEBEN. MITHIN HANDELT ES SICH VORLIEGEND UM DIE ENTSCHEIDUNG EINES STREITES ÜBER DIE AUSLEGUNG ODER ANWENDUNG DES PROTOKOLLS, INSBESONDERE VON DESSEN ARTIKEL 11 BUCHSTABE B. DIE EINREDE DER UNZUSTÄNDIGKEIT GREIFT DAHER NICHT DURCH.

S. 1184

2. ANDERERSEITS IST DER GERICHTSHOF NICHT ZUSTÄNDIG ZUR NICHTIGERKLÄRUNG VON AKTEN DER GESETZGEBUNG ODER DER VERWALTUNG EINES MITGLIEDSTAATES.

DER EGKS-VERTRAG WIRD VON DEM GRUNDSATZ EINER STRENGEN SCHEIDUNG ZWISCHEN DEN KOMPETENZEN DER ORGANE DER GEMEINSCHAFT UND DENJENIGEN DER ORGANE DER MITGLIEDSTAATEN BEHERRSCHT. DAS GEMEINSCHAFTSRECHT VERLEIHT DEN ORGANEN DER GEMEINSCHAFT NICHT DIE BEFUGNIS, AKTE DER GESETZGEBUNG ODER VERWALTUNG EINES MITGLIEDSTAATES FÜR NICHTIG ZU ERKLÄREN. SO KANN ETWA DIE HOHE BEHÖRDE, WENN SIE DER AUFFASSUNG IST, EIN STAAT HABE GEGEN EINER DER IHM NACH DEM VERTRAG OBLIEGENDEN VERPFLICHTUNGEN VERSTOSSEN, INDEM ER MIT DEM VERTRAG UNVEREINBARE VORSCHRIFTEN ERLASSEN ODER AUFRECHTERHALTEN HABE, NICHT SELBST DIESE VORSCHRIFTEN FÜR NICHTIG ERKLÄREN ODER AUFHEBEN, SONDERN LEDIGLICH GEMÄSS ARTIKEL 88 DES VERTRAGES EINE VERLETZUNG DES VERTRAGES FESTSTELLEN UND IM ANSCHLUSS HIERAN DAS DORT VORGESEHENE VERFAHREN EINLEITEN, UM ZU VERANLASSEN, DASS DER BETROFFENE STAAT SEINERSEITS DIE VON IHM GETROFFENEN MASSNAHMEN RÜCKGÄNGIG MACHT.

EIN GLEICHES GILT FÜR DEN GERICHTSHOF, DER ALS HÜTER DES RECHTS DER GEMEINSCHAFT GEMÄSS ARTIKEL 31 DES VERTRAGES ZWAR AUF GRUND VON ARTIKEL 16 DES PROTOKOLLS ZUR ENTSCHEIDUNG ÜBER JEDEN DESSEN AUSLEGUNG ODER ANWENDUNG BETREFFENDEN STREIT ZUSTÄNDIG IST, NATIONALE GESETZE EINES MITGLIEDSTAATES ODER VERWALTUNGSAKTE, DIE DESSEN BEHÖRDEN ERLASSEN HABEN, JEDOCH NICHT AUS EIGENER MACHTVOLLKOMMENHEIT FÜR NICHTIG ERKLÄREN ODER AUFHEBEN KANN. DIE FESTSTELLUNG, DASS DER ZUSTÄNDIGKEIT DES GERICHTSHOFES DIESE GRENZEN GESETZT SIND, LÄSST SICH AUSSERDEM AUF EINE DEN VERTRAEGEN VON ROM, INSBESONDERE DEN ARTIKELN 171 EWG-VERTRAG UND 143 EAG-VERTRAG, ENTNOMMENE ÜBERLEGUNG STÜTZEN : DIESE BESTIMMUNGEN LEGEN NÄMLICH DEN URTEILEN, DIE DER GERICHTSHOF IM FALLE VON VERSTÖSSEN DER MITGLIEDSTAATEN GEGEN DIE VERTRAEGE ZU ERLASSEN HAT, EINE BLOSSE FESTSTELLUNGSWIRKUNG BEI, VERPFLICHTEN JEDOCH ANDERERSEITS DIE STAATEN, DIEJENIGEN MASSNAHMEN ZU ERGREIFEN, DIE SICH AUS DEM URTEIL ERGEBEN.

S. 1185

NICHT STICHHALTIG IST NACH AUFFASSUNG DES GERICHTSHOFES DAS VORBRINGEN DES KLAEGERS, WONACH DER SCHUTZ DER VOM VERTRAG VORGESEHENEN VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN UNWIRKSAM WÄRE UND DAS URTEIL DES GERICHTSHOFES ZU EINEM BLOSSEN GUTACHTEN HERABGEMINDERT WÜRDE, WENN DIESER DIE VON DER NATIONALEN VERWALTUNG GESETZTEN RECHTSWIDRIGEN AKTE NICHT FÜR NICHTIG ERKLÄREN UND DEN BETROFFENEN STAAT NICHT ZUM ERSATZ DES HIERDURCH VERURSACHTEN SCHADENS VERURTEILEN KÖNNTE.

DER KLAEGER STÜTZT DIESE AUFFASSUNG AUF DEN WORTLAUT VON ARTIKEL 16 DES PROTOKOLLS ÜBER DIE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 43 DES EGKS-VERTRAGES, UND ZWAR MIT DEM HINWEIS DARAUF, DASS ARTIKEL 16 NICHT NUR AUF DIE AUSLEGUNG, SONDERN AUCH AUF DIE " ANWENDUNG " DES PROTOKOLLS ABSTELLE.

ES IST JEDOCH RECHTSIRRIG ANZUNEHMEN, DIESE VORSCHRIFT ERMÄCHTIGE DEN GERICHTSHOF, UNMITTELBAR IN DIE GESETZGEBUNG ODER VERWALTUNG DER MITGLIEDSTAATEN EINZUGREIFEN. WENN DER GERICHTSHOF IN SEINEM URTEIL FESTSTELLT, DASS EIN AKT DER GESETZGEBUNGS - ODER DER VERWALTUNGSORGANE EINES MITGLIEDSTAATES DEM GEMEINSCHAFTSRECHT ZUWIDERLÄUFT, SO IST DIESER STAAT NACH ARTIKEL 86 EGKS-VERTRAG VERPFLICHTET, SOWOHL DIESEN AKT RÜCKGÄNGIG ZU MACHEN ALS AUCH DIE MÖGLICHERWEISE DURCH IHN VERURSACHTEN RECHTSWIDRIGEN FOLGEN ZU BEHEBEN. DIESE VERPFLICHTUNG ERGIBT SICH AUS DEM VERTRAG UND DEM PROTOKOLL, DIE IN DEN MITGLIEDSTAATEN AUF GRUND IHRER RATIFIZIERUNG GESETZESKRAFT BESITZEN UND DEM INNERSTAATLICHEN RECHT VORGEHEN. SOLLTE DER GERICHTSHOF IM VORLIEGENDEN FALL DIE RECHTSWIDRIGKEIT DES UMSTRITTENEN STEUERBESCHEIDES FESTSTELLEN, SO WÄRE INFOLGEDESSEN DIE BELGISCHE REGIERUNG VERPFLICHTET, DIE ERFORDERLICHEN MASSNAHMEN ZU ERGREIFEN, UM DESSEN AUFHEBUNG UND DIE ERSTATTUNG DER ETWA ZU UNRECHT ERHOBENEN STEUERBETRAEGE AN DEN KLAEGER ZU VERANLASSEN.

S. 1186

NACH ALLEDEM SIND DIE ANTRAEGE DES KLAEGERS UNZULÄSSIG, SOWEIT MIT IHNEN NICHTIGERKLÄRUNG DES UMSTRITTENEN STEUERBESCHEIDES UND VERURTEILUNG DES BEKLAGTEN ZUR ERSTATTUNG DER GEZAHLTEN BETRAEGE BEGEHRT WIRD, DA DER GERICHTSHOF ZU DERARTIGEN ENTSCHEIDUNGEN NICHT BEFUGT IST. EIN GLEICHES GILT HINSICHTLICH DES ANTRAGS, DIE NICHTIGKEIT UND UNWIRKSAMKEIT DES UMSTRITTENEN STEUERBESCHEIDES AUSZUSPRECHEN.

DIESE FESTSTELLUNG GILT FERNER AUCH FÜR DEN ANTRAG AUF VERURTEILUNG DES BEKLAGTEN ZUR ZAHLUNG VON AUSGLEICHSZINSEN WEGEN UNGERECHTFERTIGTER STEUERERHEBUNG. ES IST SACHE DER INNERSTAATLICHEN GESETZGEBUNG, FESTZULEGEN, OB BEI UNGERECHTFERTIGTER ERHEBUNG VON STEUERN DEM BETROFFENEN AUSGLEICHSZINSEN GEBÜHREN.

DIE GLEICHEN GRUNDSÄTZE FÜHREN DAZU, AUCH DEM ANTRAG AUF ERSTATTUNG DER DEM KLAEGER WEGEN UNVOLLSTÄNDIGER EINKOMMENSTEUERERKLÄRUNG AUFERLEGTEN GELDBUSSE DEN ERFOLG ZU VERSAGEN.

II. - ZUR ZULÄSSIGKEIT DER KLAGE

UNTER DEM GESICHTSPUNKT DER ZULÄSSIGKEIT IST ZUNÄCHST ZU PRÜFEN ( A ), OB EINE PRIVATPERSON ÜBERHAUPT IN EIGENEM NAMEN BEIM GERICHTSHOF EINE AUF ARTIKEL 16 DES PROTOKOLLS GESTÜTZTE KLAGE ANHÄNGIG MACHEN KANN, UND ( B ), OB SIE HIERZU BEFUGT IST, OHNE ZUVOR DIE VOM RECHT DER GEMEINSCHAFT ODER VOM NATIONALEN RECHT VORGESEHENEN RECHTSBEHELFE UND VERFAHREN ERSCHÖPFT ZU HABEN. OBWOHL DIESE RECHTSFRAGE VON DEN PARTEIEN IM SCHRIFTLICHEN VERFAHREN NICHT AUFGEWORFEN WORDEN IST, MUSS SIE DER GERICHTSHOF DOCH VON AMTS WEGEN PRÜFEN, DA DIE ZULÄSSIGKEIT DER KLAGE HIERVON ABHÄNGT.

1. DIE PRÜFUNG DER MASSGEBLICHEN VORSCHRIFTEN FÜHRT ZU FOLGENDEN FESTSTELLUNGEN :

A ) WENN DIE VERFASSER DES PROTOKOLLS IN DESSEN ARTIKEL 16 EIN KLAGERECHT VORGESEHEN HABEN, SO WOLLTEN SIE DAMIT OFFENSICHTLICH DIE BEACHTUNG DER DURCH DAS PROTOKOLL GESCHAFFENEN VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN GEWÄHRLEISTEN, UND DIES IM INTERESSE NICHT NUR DER GEMEINSCHAFT UND IHRER ORGANE, SONDERN AUCH DERJENIGEN PERSONEN, DENEN DIESE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN ZUERKANNT WORDEN SIND, SOWIE ANDERERSEITS DER MITGLIEDSTAATEN UND DEREN VERWALTUNGSBEHÖRDEN, DIE GEGEN EINE ALLZU WEITE AUSLEGUNG DER VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN GESCHÜTZT WERDEN MÜSSEN. HIERNACH ERSCHEINT ES DURCHAUS ZULÄSSIG, DASS EIN BEAMTER DER GEMEINSCHAFT VOR DEM GERICHTSHOF GEGEN DIE REGIERUNG SEINES HEIMATSTAATES KLAGT, EBENSO WIE BEREITS VERSCHIEDENE UNTERNEHMEN ALS STREITHELFER AUF SEITEN DER HOHEN BEHÖRDE VOR DEM GERICHTSHOF DEN STANDPUNKT DER REGIERUNG IHRES LANDES BEKÄMPFT HABEN.

S. 1187

DIE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN WURDEN ZWAR " AUSSCHLIESSLICH IM INTERESSE DER GEMEINSCHAFT " GEWÄHRT; ES DARF JEDOCH NICHT ÜBERSEHEN WERDEN, DASS SIE AUSDRÜCKLICH " DEN BEAMTEN DER ORGANE DER GEMEINSCHAFT ZUERKANNT WORDEN SIND. DER UMSTAND, DASS DIE VORRECHTE, IMMUNITÄTEN UND ERLEICHTERUNGEN DEN ÖFFENTLICHEN INTERESSEN DER GEMEINSCHAFT DIENEN SOLLEN, RECHTFERTIGT OHNE ZWEIFEL DIE DER HOHEN BEHÖRDE VERLIEHENE BEFUGNIS, DIE GRUPPEN VON BEAMTEN ZU BESTIMMEN, AUF WELCHE SIE ANWENDUNG FINDEN ( ART. 12 ), ODER GEGEBENENFALLS DIE IMMUNITÄT EINES BEVORRECHTIGTEN AUFZUHEBEN ( ART. 13 ABS. 2 ), BEDEUTET JEDOCH KEINESWEGS, DASS JENE VORRECHTE DER GEMEINSCHAFT UND NICHT UNMITTELBAR DEREN BEAMTEN GEWÄHRT WORDEN WÄREN; FÜR DIESE AUSLEGUNG SPRICHT IM ÜBRIGEN EINDEUTIG DER WORTLAUT DER VORSTEHEND GENANNTEN VORSCHRIFTEN.

DAS PROTOKOLL VERLEIHT MITHIN DEN DORT BEZEICHNETEN PERSONEN EIN SUBJEKTIVES RECHT, DESSEN SCHUTZ DURCH DIE IN ARTIKEL 16 DES PROTOKOLLS VORGESEHENE KLAGEBEFUGNIS GEWÄHRLEISTET WIRD.

B ) ARTIKEL 16 DES PROTOKOLLS, WONACH " JEDER STREIT ÜBER DIE AUSLEGUNG ODER ANWENDUNG DIESES PROTOKOLLS... DEM GERICHTSHOF ZUR ENTSCHEIDUNG VORZULEGEN " IST, ENTHÄLT KEINERLEI HINWEIS AUF IRGENDEIN VERFAHREN, DAS VOR KLAGEERHEBUNG BEI DEM GERICHTSHOF DER GEMEINSCHAFT EINZULEITEN UND DURCHZUFÜHREN WÄRE. NACH DEM WORTLAUT DIESES ARTIKELS KANN JEDER, DER SICH DURCH EINE UNRICHTIGE AUSLEGUNG ODER ANWENDUNG DES PROTOKOLLS FÜR VERLETZT HÄLT, OHNE WEITERES DEN STREIT DEM GERICHTSHOF VORLEGEN. INFOLGEDESSEN SIND DIE BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT BEFUGT, BEIM GERICHTSHOF NACH ARTIKEL 16 DES PROTOKOLLS GEGEN DIE REGIERUNG IHRES LANDES KLAGE ZU ERHEBEN, OHNE ZUVOR EIN IN ANDEREN VORSCHRIFTEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS ODER VOM NATIONALEN RECHT VORGESEHENES VERFAHREN BESCHRITTEN ZU HABEN.

S. 1188

2. ES IST JEDOCH GEBOTEN, DIE VORLIEGENDE RECHTSFRAGE AUCH UNTER HERANZIEHUNG DER GRUNDGEDANKEN DES VERTRAGES UND DER IN DEN MITGLIEDSTAATEN ALLGEMEIN ANERKANNTEN RECHTSGRUNDSÄTZE ZU PRÜFEN.

A ) ZUNÄCHST IST ZU UNTERSUCHEN, OB DIE BEFUGNIS, FÜR EINEN BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT, DER SICH DURCH EINE VON EINEM MITGLIEDSTAAT BEGANGENE VERLETZUNG DES PROTOKOLLS BESCHWERT FÜHLT, KLAGE ZU ERHEBEN, NICHT AUSSCHLIESSLICH DER GEMEINSCHAFT ODER DEMJENIGEN GEMEINSCHAFTSORGAN ZUSTEHT, BEI DEM DER BETREFFENDE BESCHÄFTIGT IST. EINE PRÜFUNG DIESER FRAGE DRÄNGT SICH UM SO MEHR AUF, ALS IM EGKS-VERTRAG KEINE VORSCHRIFT ENTHALTEN IST, DIE ES PRIVATPERSONEN GESTATTEN WÜRDE, WEGEN EINER VERLETZUNG DES VERTRAGES DURCH EINEN MITGLIEDSTAAT UNMITTELBAR DEN GERICHTSHOF ANZURUFEN, ES VIELMEHR GRUNDSÄTZLICH SACHE DER HOHEN BEHÖRDE IST, GEGEN EINEN DERARTIGEN VERSTOSS IN DEM HIERFÜR IN ARTIKEL 88 DES VERTRAGES VORGESEHENEN VERFAHREN VORZUGEHEN.

DEN VERFASSERN DES VERTRAGES IST ES JEDOCH GEWISS NICHT ENTGANGEN, DASS DIE " STREITIGKEITEN ", WELCHE SICH AUS DER " AUSLEGUNG ODER ANWENDUNG " DES PROTOKOLLS ERGEBEN KÖNNEN, HAUPTSÄCHLICH AUF MEINUNGSVERSCHIEDENHEITEN ZWISCHEN DENJENIGEN PERSONEN, DENEN DAS PROTOKOLL VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN VERLEIHT, UND DEN BEHÖRDEN, WELCHE EIN INTERESSE AN EINER ENGEN AUSLEGUNG DIESER VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN HABEN, BERUHEN WÜRDEN. UNTER DIESEM GESICHTSPUNKT ERSCHEINEN DIE PARTEIEN DES VORLIEGENDEN RECHTSSTREITS GERADEZU ALS TYPISCHE BETEILIGTE EINER " STREITIGKEIT " IM SINNE VON ARTIKEL 16.

S. 1189

ÜBERDIES VERLEIHEN DIE IM PROTOKOLL VORGESEHENEN PRIVILEGIEN, WIE BEREITS AUSGEFÜHRT, DEN BEGÜNSTIGTEN SUBJEKTIVE RECHTE, WIE DIE DEUTSCHE UND DIE NIEDERLÄNDISCHE WIEDERGABE DES WORTES " PRIVILEGE " ( VORRECHTE, VOORRECHTEN ) ERKENNEN LASSEN. NORMALERWEISE IST ABER DAVON AUSZUGEHEN, DASS EINEM MATERIELLEN RECHT DIE BEFUGNIS DES BERECHTIGTEN ENTSPRICHT, DIESES RECHT SELBST UND NICHT DURCH VERMITTLUNG EINES DRITTEN IM KLAGEWEGE GELTEND ZU MACHEN.

UNTER DIESEN UMSTÄNDEN IST DER GRUNDSATZ ANZUWENDEN, WONACH EINE VORSCHRIFT, DIE RECHTSSCHUTZ GEWÄHRT, IM ZWEIFELSFALL NICHT ZUUNGUNSTEN DES RECHTSUNTERWORFENEN EINSCHRÄNKEND AUSGELEGT WERDEN DARF. SCHLIESSLICH KANN AUCH NICHT ÜBERSEHEN WERDEN, DASS ARTIKEL 16 DIE IN ARTIKEL 33 DES VERTRAGES VORGESEHENEN EINSCHRÄNKUNGEN NICHT ENTHÄLT.

B ) ES IST JEDOCH ÜBERDIES ZU PRÜFEN, OB DIE KLAGE NICHT DESWEGEN UNZULÄSSIG IST, WEIL DER KLAEGER ETWA ZUVOR DIE IHM VON DER RECHTSORDNUNG SEINES HEIMATSTAATES MÖGLICHERWEISE ZUR VERFÜGUNG GESTELLTEN VERWALTUNGS - UND GERICHTSVERFAHREN HÄTTE DURCHLAUFEN MÜSSEN.

WAS DAS VERWALTUNGSVERFAHREN BETRIFFT, SO IST IN TATSÄCHLICHER HINSICHT FESTZUSTELLEN, DASS ES NACH DEM GEGENWÄRTIGEN SACH - UND STREITSTAND ERSCHÖPFT IST, DA DER LEITER DES AMTES FÜR DIREKTE STEUERN DER PROVINZ LÜTTICH MIT VERFÜGUNG VOM 15. JUNI 1960 DIE VOM KLAEGER GEGEN DEN UMSTRITTENEN STEUERBESCHEID EINGELEGTE BESCHWERDE ZURÜCKGEWIESEN HAT.

WAS DEN RECHTSWEG ANBELANGT, SO GEHT AUS DEN AUSFÜHRUNGEN DER PARTEIEN HERVOR, DASS DER KLAEGER DEN APPELLATIONSHOF LÜTTICH ANGERUFEN HAT; NACH DEM GEGENWÄRTIGEN STAND DES VERFAHRENS IST SOMIT DER RECHTSWEG VOR DEN BELGISCHEN GERICHTEN BESCHRITTEN, ABER NOCH NICHT ERSCHÖPFT.

S. 1190

DIE VERTRAEGE ZUR GRÜNDUNG DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN HABEN DEN GERICHTSHOF DER GEMEINSCHAFTEN JEDOCH KEINESWEGS DEN NATIONALEN GERICHTSINSTANZEN IN DEM SINNE ÜBERGEORDNET, DASS DIE ENTSCHEIDUNGEN DIESER INSTANZEN VOR DEM GERICHTSHOF ANGEFOCHTEN WERDEN KÖNNTEN. ANDERERSEITS BESITZT DER GERICHTSHOF, WAS DIE AUSLEGUNG DES PROTOKOLLS ANBETRIFFT, DIE AUSSCHLIESSLICHE ZUSTÄNDIGKEIT. WIE BEREITS AUSGEFÜHRT, WERDEN DIE VERTRAEGE VON DEM GRUNDSATZ EINER STRENGEN SCHEIDUNG ZWISCHEN DER ZUSTÄNDIGKEIT DES GERICHTSHOFES EINERSEITS UND DERJENIGEN DER NATIONALEN GERICHTE ANDERERSEITS BEHERRSCHT. HIERAUS FOLGT, DASS JEDE ÜBERSCHNEIDUNG DER DIESEN VERSCHIEDENEN GERICHTSBARKEITEN ZUSTEHENDEN KOMPETENZEN AUSGESCHLOSSEN IST. SOWEIT DIE ZUSTÄNDIGKEIT DES GERICHTSHOFES GEGEBEN IST, KANN MITHIN KEINE REDE VON DEM ERFORDERNIS EINER VORHERIGEN " ERSCHÖPFUNG " DES INNERSTAATLICHEN RECHTSWEGES SEIN, DIE DARAUF HINAUSLAUFEN WÜRDE, DASS EIN UND DIESELBE RECHTSFRAGE ZUNÄCHST DEN NATIONALEN GERICHTEN UND ANSCHLIESSEND DEM GERICHTSHOF ZUR ENTSCHEIDUNG VORGELEGT WIRD.

DA DER GERICHTSHOF INNERHALB DER OBEN DARGELEGTEN GRENZEN FÜR DIE ENTSCHEIDUNG DER IHM VORGELEGTEN RECHTSFRAGE ZUSTÄNDIG IST, KANN SOMIT DER UMSTAND, DASS DER KLAEGER DEN RECHTSWEG VOR DEN GERICHTEN SEINES LANDES NICHT ERSCHÖPFT HAT, KEIN HINDERNIS FÜR DIE ZULÄSSIGKEIT DER KLAGE BILDEN.

NACH ALLEDEM STEHT DIE KLAGEBEFUGNIS DES KLAEGERS EINDEUTIG FEST. DIE KLAGE IST SOMIT INSOWEIT ZULÄSSIG, ALS DIE KLAGEANTRAEGE SICH IM RAHMEN DER ZUSTÄNDIGKEIT DES GERICHTSHOFES HALTEN.

III. - ZUR HAUPTSACHE

DIE BELGISCHEN STEUERBEHÖRDEN STÜTZEN DIE STREITIGE STEUERFESTSETZUNG AUF DIE VERORDNUNG DES REGENTEN VOM 15. JANUAR 1948 BETREFFEND DIE KOORDINIERUNG DER GESETZE UND VERORDNUNGEN ÜBER DIE EINKOMMENSTEUERN ( MONITEUR BELGE VOM 21. JANUAR 1948 ), NACHSTEHEND " KOORDINIERTE GESETZE " GENANNT. ZUR ANWENDUNG KAMEN INSBESONDERE DEREN ARTIKEL 46 UND 43. ARTIKEL 46 BESTIMMT, DASS DER SATZ DER " PERSÖNLICHEN ERGÄNZUNGSSTEUER " - EINER ZUSATZSTEUER, WELCHE AUF DIE GESAMTHEIT DER EINKÜNFTE ERHOBEN WIRD - NACH EINKOMMENSSTUFEN GESTAFFELT WIRD. DIESE VORSCHRIFT BERUHT AUF DEM SOGENANNTEN PROGRESSIVEN STEUERSYSTEM IN DEM SINNE, DASS DER STEUERSATZ SICH IN DEM MASSE ERHÖHT, IN DEM DAS GESAMTEINKOMMEN DES STEUERPFLICHTIGEN IN EINE HÖHERE STUFE FÄLLT. DER VORBEZEICHNETE ARTIKEL 43 SEINERSEITS BESTIMMT, DASS " DIE EINKÜNFTE DER EHEGATTEN ZUSAMMENGERECHNET WERDEN ", BEHANDELT ALSO DAS VERMÖGEN DER EHEGATTEN ALS STEUERRECHTLICHE EINHEIT.

S. 1191

IN ANWENDUNG DIESER VORSCHRIFTEN AUF DEN VORLIEGENDEN FALL HAT DIE BELGISCHE STEUERVERWALTUNG DIE DEM KLAEGER VON DER EGKS GEZAHLTEN BEZUEGE IN DER WEISE IN ANRECHNUNG GEBRACHT, DASS SIE SIE MIT DEN STEUERPFLICHTIGEN EINKÜNFTEN VON DESSEN EHEFRAU ZUSAMMENRECHNETE; DER SICH AUF DIESE WEISE ERGEBENDE BETRAG FÜHRTE DAZU, DASS AUF GRUND DER IN ARTIKEL 46 FESTGELEGTEN EINKOMMENSSTUFEN DIESE EINKÜNFTE EINEM STEUERSATZ UNTERFIELEN, DER MERKLICH HÖHER WAR ALS DERJENIGE, DER ANWENDUNG GEFUNDEN HÄTTE, WENN DIE BEZUEGE DES KLAEGERS AUSSER BETRACHT GEBLIEBEN WÄREN. NACH AUFFASSUNG DES KLAEGERS STEHT DIESES VERFAHREN IM WIDERSPRUCH ZU ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS.

DER RECHTSSTREIT GEHT MITHIN UM DIE FRAGE, OB ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS ES DEN BELGISCHEN STEUERBEHÖRDEN GESTATTET, DIE GEHÄLTER UND BEZUEGE, WELCHE DIE GEMEINSCHAFT EINEM IHRER BEAMTEN ZAHLT, BEI DER BESTIMMUNG DES STEUERSATZES IN ANSATZ ZU BRINGEN, DER AUF DIE DER BELGISCHEN ERGÄNZENDEN EINKOMMENSTEUER UNTERLIEGENDEN EINKÜNFTE DER EHEFRAU DIESES BEAMTEN ANZUWENDEN IST.

DIE ANTRAEGE DES KLAEGERS UNTERBREITEN SOMIT DEM GERICHTSHOF DIE ALLGEMEINE RECHTSFRAGE, OB ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS, DER JEGLICHE BESTEUERUNG DER VORERWÄHNTEN EINKÜNFTE UNTERSAGT, AUCH IHRE BERÜCKSICHTIGUNG BEI DER BERECHNUNG DES SATZES DER ERGÄNZENDEN EINKOMMENSTEUER GEMÄSS DEN BELGISCHEN GESETZEN VERBIETET. DIESE ALLGEMEINE RECHTSFRAGE IST DAHER ZUERST ZU PRÜFEN; MIT HILFE DER GRUNDSÄTZE, DIE SICH BEI DIESER PRÜFUNG ERGEBEN, IST ANSCHLIESSEND DER DEM GEGENWÄRTIGEN RECHTSSTREIT ZUGRUNDE LIEGENDE BESONDERE SACHVERHALT ZU ENTSCHEIDEN.

S. 1192

1. WAS DAS ANWENDBARE RECHT ANBELANGT, SO IST JENE ALLGEMEINE FRAGE NACH DEM RECHT DER GEMEINSCHAFT, INSBESONDERE DURCH AUSLEGUNG VON ARTIKEL 11 DES PROTOKOLLS, NICHT JEDOCH NACH DEM BELGISCHEN RECHT ZU BEURTEILEN. INFOLGEDESSEN KÖNNEN WEDER DIE BELGISCHE GESETZGEBUNG UND RECHTSPRECHUNG NOCH DIE VON DER BELGISCHEN VERWALTUNG IN ÄHNLICHEN FÄLLEN GEUEBTE PRAXIS IM VORLIEGENDEN FALL DEN AUSSCHLAG GEBEN, DA SIE DIE RECHTSFRAGE AUF DER GRUNDLAGE DES NATIONALEN RECHTS ENTSCHEIDEN.

2. DER BEKLAGTE MACHT GELTEND, ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS ORDNE KEINE VÖLLIGE FREISTELLUNG DER DEN BEAMTEN VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN DIENSTBEZUEGE AN, SONDERN BESTIMME LEDIGLICH, DASS DIE BEAMTEN PERSÖNLICH BEFREIUNG VON ALLEN STEUERN GENIESSEN. HIERVON AUSGEHEND FOLGERT ER, ES HANDELE SICH HIER NICHT UM " STEUERFREIE EINKÜNFTE " ( REVENUS IMMUNISES ), SONDERN LEDIGLICH UM " VON STEUERN BEFREITE STEUERPFLICHTIGE " ( CONTRIBUABLES EXONERES D' IMPOTS ), UND ZIEHT HIERAUS DEN SCHLUSS, DASS DIESE VERGÜTUNGEN GRUNDSÄTZLICH STEUERPFLICHTIG SEIEN UND " ZUM ZWECKE EINER ORDNUNGSMÄSSIGEN ERMITTLUNG DER STEUERLICHEN LEISTUNGSFÄHIGKEIT DES BETROFFENEN IN ANSATZ GEBRACHT WERDEN MÜSSEN ".

DER GERICHTSHOF VERMAG DIESEN AUSFÜHRUNGEN NICHT ZU FOLGEN.

ZUNÄCHST EINMAL IST NICHT DARGETAN WORDEN, DASS DIE WORTE " EXONERES " UND " IMMUNISES " IN DER INTERNATIONALEN STEUERRECHTLICHEN TERMINOLOGIE ZUR BEZEICHNUNG VERSCHIEDENER BEGRIFFE GEBRAUCHT WÜRDEN. WEITERHIN GEHT AUS DER ÜBERSCHRIFT VON KAPITEL V DES PROTOKOLLS : " MITGLIEDER DER HOHEN BEHÖRDE UND BEAMTE DER ORGANE DER GEMEINSCHAFT " HERVOR, DASS DORT DIE RECHTSSTELLUNG DIESER PERSONEN INSGESAMT GEREGELT WERDEN SOLLTE; HIERAUS ERKLÄRT ES SICH, WESHALB DIE VERFASSER DES PROTOKOLLS SICH FÜR EIN REDAKTIONELLES VERFAHREN ENTSCHIEDEN HABEN, BEI WELCHEM DIE IN ARTIKEL 11 UNTER BUCHSTABEN A BIS D AUFGESTELLTEN REGELN AN DIE PERSON DER BEGÜNSTIGTEN UND NICHT AN DEN GEGENSTAND DER VERSCHIEDENEN VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN ANGEKNÜPFT WERDEN.

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DIE WÖRTLICHE AUSLEGUNG DER EINSCHLAEGIGEN BESTIMMUNG SPRICHT FÜR DEN VOM KLAEGER VERFOCHTENEN STANDPUNKT. DIE WENDUNG " GENIESSEN BEFREIUNG VON ALLEN STEUERN HINSICHTLICH DER... GEHÄLTER " ( " SONT EXONERES DE TOUT IMPOT SUR LES TRAITEMENTS " ) BEDEUTET KLAR UND EINDEUTIG, DASS JEDE BESTEUERUNG DER FREIGESTELLTEN DIENSTBEZUEGE, SEI SIE UNMITTELBARER ODER MITTELBARER ART, AUSGESCHLOSSEN SEIN SOLL. DEM KANN NICHT ENTGEGENGEHALTEN WERDEN, DIE WENDUNG " HINSICHTLICH DER... GEHÄLTER " ( " SUR LES TRAITEMENTS " ) BERECHTIGE ZU DEM UMKEHRSCHLUSS, ARTIKEL 11 VERBIETE NICHT EINE BESTEUERUNG ANDERER EINKÜNFTE, BEI WELCHER DAS IN REDE STEHENDE GEHALT ANGERECHNET UND INFOLGEDESSEN EIN HÖHERER STEUERSATZ ANGEWANDT WÜRDE. EINE DERARTIGE BESTEUERUNG STÜNDE IN WIDERSPRUCH ZU DER IN ARTIKEL 11 VORGESEHENEN STEUERFREIHEIT, DENN AUCH IN DIESEM FALL WÜRDE DAS VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTE, VON JEGLICHER STEUER BEFREITE GEHALT DIE RECHTLICHE GRUNDLAGE DER BESTEUERUNG BILDEN.

ÜBERDIES ENTHÄLT DAS EGKS-PROTOKOLL ( EBENSO WIE IM ÜBRIGEN DAS EWG - UND DAS EAG-PROTOKOLL ) KEINE VORSCHRIFT DES INHALTS, DASS DIE STEUERFREIHEIT DER VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN GEHÄLTER DER EINBEZIEHUNG DIESER EINKÜNFTE IN DIE BEMESSUNGSGRUNDLAGE EINER STEUER MIT ÄHNLICHER RECHTLICHER TRAGWEITE WIE DIE BELGISCHE ERGÄNZENDE EINKOMMENSTEUER NICHT ENTGEGENSTEHEN SOLL, WÄHREND DIE MEHRZAHL DER JÜNGSTEN INTERNATIONALEN DOPPELBESTEUERUNGSABKOMMEN AUSDRÜCKLICH EINEN SOLCHEN VORBEHALT ENTHALTEN. VERSCHIEDENE DER ABKOMMEN, DIE EINEN DERARTIGEN VORBEHALT KENNEN, SIND VON EINZELNEN MITGLIEDSTAATEN KURZE ZEIT VOR ( SIEHE Z. B. ART. XIX PARAGRAPH 1 DES ABKOMMENS ZWISCHEN DEN NIEDERLANDEN UND DEN VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA VOM 29. APRIL 1948; ART. 6 DES ABKOMMENS ZWISCHEN BELGIEN UND DEN NIEDERLANDEN VOM 25. SEPTEMBER 1948 ) ODER KURZE ZEIT NACH UNTERZEICHNUNG DES EGKS-VERTRAGES ( SIEHE Z. B. ART. XVI BUCHST. D DES ABKOMMENS ZWISCHEN BELGIEN UND GROSSBRITANNIEN VOM 27. MÄRZ 1953; ART. 18 DES ABKOMMENS ZWISCHEN BELGIEN UND SCHWEDEN VOM 1. APRIL 1953, USW.) UND JEDENFALLS VOR UNTERZEICHNUNG DES EWG - UND DES EAG-VERTRAGES ABGESCHLOSSEN WURDEN. WENN DIE VERTRAGSCHLIESSENDEN TATSÄCHLICH DIE ABSICHT GEHABT HÄTTEN, DEN NATIONALEN BEHÖRDEN DIE BERÜCKSICHTIGUNG DER VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN BEZUEGE BEI DER ERMITTLUNG DES SATZES DER ERGÄNZENDEN EINKOMMENSTEUER ODER ANDERER STEUERN MIT ÄHNLICHER WIRKUNG ZU GESTATTEN, SO WÄRE ES UNTER DIESEN UMSTÄNDEN UNERKLÄRLICH, WESHALB SIE ES UNTERLASSEN HABEN SOLLTEN, AUSDRÜCKLICH EINEN ÄHNLICHEN VORBEHALT ZU MACHEN, WIE ER IN DEN OBEN ANGEFÜHRTEN ABKOMMEN ENTHALTEN IST, DENN DIE IN REDE STEHENDE RECHTSFRAGE KONNTE DEN DELEGATIONEN, WELCHE DEN DEM GERICHTSHOF ZUR AUSLEGUNG UNTERBREITETEN TEXT AUSGEARBEITET HABEN, NICHT ENTGANGEN SEIN.

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DER GERICHTSHOF KANN SICH JEDOCH NICHT MIT EINER WÖRTLICHEN AUSLEGUNG BEGNÜGEN. ES IST DAHER NOTWENDIG ZU PRÜFEN, OB DIESE AUSLEGUNG DURCH ANDERE GESICHTSPUNKTE, INSBESONDERE DEN GEMEINSAMEN WILLEN DER VERTRAGSCHLIESSENDEN UND DIE RATIO LEGIS, BESTÄTIGT WIRD.

3. IN DIESER HINSICHT MUSS FESTGESTELLT WERDEN, DASS ES NICHT MÖGLICH IST, EINE ÜBEREINSTIMMENDE AUFFASSUNG DER MITGLIEDSTAATEN ZU ERMITTELN, DIE ALS RICHTSCHNUR BEI DER AUSLEGUNG VON ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS DIENEN KÖNNTE. DIE VON DEN REGIERUNGEN ANLÄSSLICH DER PARLAMENTARISCHEN VERHANDLUNGEN ÜBER DEN EGKS-VERTRAG VORGELEGTEN BEGRÜNDUNGEN ENTHALTEN KEINE STELLUNGNAHME ZU DIESER FRAGE. DAS GLEICHE GILT HINSICHTLICH DER ABSTIMMUNG DER PARLAMENTE ÜBER DEN EWG-VERTRAG UND DEN EAG-VERTRAG, DIE EINE SACHLICH ÜBEREINSTIMMENDE VORSCHRIFT ENTHALTEN. IN DEN MEISTEN REGIERUNGSBEGRÜNDUNGEN WIRD DIESE FRAGE ÜBERHAUPT NICHT ERWÄHNT. EINE AUSNAHME BILDET LEDIGLICH DIE LUXEMBURGISCHE BEGRÜNDUNG ZUM EAG-VERTRAG, IN DER AUSGEFÜHRT WIRD, DIE BETREFFENDE VORSCHRIFT WERDE " DIE NATIONALEN STEUERBEHÖRDEN NICHT DARAN HINDERN, DIE STEUERFREIEN BETRAEGE BEI DER BERECHNUNG DESJENIGEN STEUERSATZES ANZURECHNEN, DER AUF NICHT STEUERFREIE EINKÜNFTE, D. H. AUF EINKÜNFTE, DIE AUS ANDEREN EINKOMMENSQUELLEN FLIESSEN ALS DIE VON DEN GEMEINSCHAFTEN GEZAHLTEN BEZUEGE, ANWENDUNG FINDET ". ABGESEHEN DAVON, DASS SICH DIESE ÄUSSERUNG AUF DIE DEN VERTRAEGEN VON ROM BEIGEFÜGTEN PROTOKOLLE UND NICHT AUF DAS EGKS-PROTOKOLL BEZIEHT, VERMAG SIE FÜR SICH ALLEIN NICHT ZU BEWEISEN, DASS DIE VERFASSER DER VERTRAEGE SÄMTLICH MIT DER DORT VERTRETENEN AUSLEGUNG EINVERSTANDEN WAREN. SIE WIRFT VIELMEHR VON NEUEM DIE FRAGE AUF, OB SICH DER GEMEINSAME WILLE DER VERTRAGSCHLIESSENDEN AUCH AUF DIE DEN GEGENSTAND DES VORLIEGENDEN RECHTSSTREITS BILDENDEN MINDER BEDEUTSAMEN RECHTSFOLGEN DER GEWÄHRTEN BEFREIUNG ERSTRECKT.

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DIESE ZWEIFEL WERDEN DURCH EINEN VERGLEICH ZWISCHEN DEN VERSCHIEDENEN NATIONALEN RECHTSORDNUNGEN NOCH VERSTÄRKT. SO BERUHT ZWAR DAS FINANZGESETZ DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK AUF DENSELBEN ERWAEGUNGEN WIE DIE BELGISCHE RECHTSPRECHUNG UND PRAXIS; AUS DER GESETZGEBUNG DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND GEHT JEDOCH HERVOR, DASS DIESE DAS PROTOKOLL IM SINNE DER VOM KLAEGER VERFOCHTENEN AUFFASSUNG AUSGELEGT HAT. DAS DEUTSCHE EINKOMMENSTEUERGESETZ IN DEN FASSUNGEN VOM 23. SEPTEMBER 1958 ( BGBL. I, S. 672 ) UND VOM 11. OKTOBER 1960 ( BGBL. I. S. 789 ) HAT ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS IN DAS DEUTSCHE RECHT EINGEGLIEDERT, INDEM ES DIE DORT BEZEICHNETEN EINKÜNFTE UNTER DER NR. 34 IN SEINEN PARAGRAPHEN 3 AUFGENOMMEN HAT, DER DIE STEUERFREIEN EINNAHMEN AUFZÄHLT. DER DEUTSCHE GESETZGEBER TEILT SOMIT NICHT DIE AUFFASSUNG DER BELGISCHEN VERWALTUNG, DAS PROTOKOLL SEHE KEINE FREISTELLUNG DER EINKÜNFTE VOR, SONDERN LEDIGLICH EINE BEFREIUNG DER STEUERPFLICHTIGEN BEAMTEN.

4. ARTIKEL 13 ABSATZ 1 DES PROTOKOLLS BESTIMMT : " DIE VORRECHTE, IMMUNITÄTEN UND ERLEICHTERUNGEN WERDEN... DEN BEAMTEN DER ORGANE DER GEMEINSCHAFT AUSSCHLIESSLICH IM INTERESSE DER GEMEINSCHAFT GEWÄHRT. " ES IST DAHER ZU ERMITTELN, WELCHES INTERESSE DIE GEMEINSCHAFT DARAN HAT, DASS IHRE BEAMTEN BEFREIUNG VON ALLEN STEUERN HINSICHTLICH DER GEHÄLTER GENIESSEN, DIE SIE IHNEN ZAHLT :

A ) ZUNÄCHST IST FESTZUSTELLEN, DASS ALLEIN EINE FREISTELLUNG DER VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN VERGÜTUNGEN VON JEGLICHER INNERSTAATLICHER STEUER ES DEN ORGANEN DER GEMEINSCHAFT GESTATTET, DIE IHNEN VOM VERTRAG ( ART. 78 EGKS-VERTRAG; ART. 15 UND 16 DES PROTOKOLLS ÜBER DIE SATZUNG DES GERICHTSHOFES DER EGKS ) VERLIEHENE BEFUGNIS ZUR FESTSETZUNG DER EFFEKTIVEN HÖHE DER GEHÄLTER IHRER BEAMTEN WIRKSAM AUSZUÜBEN. BLIEBE JEDEM MITGLIEDSTAAT DAS RECHT VORBEHALTEN, DIE GEHÄLTER DER BEAMTEN DER EGKS NACH MASSGABE SEINES ABGABENSYSTEMS ZUR STEUER HERANZUZIEHEN, SO WÄRE DIE GEMEINSCHAFT DE FACTO DER MÖGLICHKEIT BERAUBT, DIE NETTÖINKÜNFTE IHRER BEAMTEN FESTZUSETZEN. ES IST ABER GERADE DIE FESTSETZUNG DER NETTÖINKÜNFTE, WELCHE ES DEN ORGANEN DER GEMEINSCHAFT ERMÖGLICHT, DIE DIENSTLEISTUNGEN IHRER BEAMTEN ZU BEWERTEN, UND DIESEN WIEDERUM, SICH EIN BILD ÜBER DIE IHNEN GEBOTENE STELLUNG ZU MACHEN. DIE ANWENDUNG NATIONALER STEUERGESETZE AUF DIE VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN GEHÄLTER WÜRDE DAHER DIE BEFUGNIS DER GEMEINSCHAFT BEEINTRÄCHTIGEN, DIE HÖHE DIESER GEHÄLTER SELBSTÄNDIG FESTZULEGEN.

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DIESE ERWAEGUNGEN WERDEN DURCH DIE VERTRAEGE ZUR GRÜNDUNG DER EWG UND DER EAG BESTÄTIGT, DIE ZWAR EINE BESTEUERUNG DER GEHÄLTER SEITENS UND ZUGUNSTEN DER GEMEINSCHAFTEN VORSEHEN, DIE FESTSETZUNG DIESER STEUERN EBENSO WIE DIE FESTSETZUNG DER GEHÄLTER JEDOCH ORGANEN DIESER GEMEINSCHAFTEN, NÄMLICH DEN RÄTEN, VORBEHALTEN ( ART. 12 ABS. 1 DES EWG - UND DES EAG-PROTOKOLLS ÜBER DIE VORRECHTE; ART. 212 EWG-VERTRAG; ART. 186 EAG-VERTRAG ). DIE DREI VERTRAEGE STIMMEN SOMIT INSGESAMT AUF DEM IN FRAGE STEHENDEN GEBIET DARIN ÜBEREIN, DASS SIE DIE DEN BEAMTEN DER GEMEINSCHAFTEN GEZAHLTEN DIENSTBEZUEGE DER STEUERHOHEIT DER MITGLIEDSTAATEN ENTZIEHEN. HIERBEI WAREN SIE VON DER ABSICHT GETRAGEN, DIE UNABHÄNGIGKEIT DER DIENSTSTELLEN DER GEMEINSCHAFT GEGENÜBER DEN NATIONALEN HOHEITSTRAEGERN ZU VERSTÄRKEN.

B ) ZU DEN VORSTEHEND DARGELEGTEN GESICHTSPUNKTEN TRITT NOCH EIN WEITERER ENTSCHEIDENDER GRUND HINZU, NÄMLICH DER UMSTAND, DASS DIE VOLLSTÄNDIGE BEFREIUNG VON NATIONALEN STEUERN UNERLÄSSLICH IST, UM DIE GLEICHHEIT DER GEHÄLTER IM VERHÄLTNIS ZWISCHEN BEAMTEN VERSCHIEDENER NATIONALITÄT ZU GEWÄHRLEISTEN. ES WÄRE IN HOHEM MASSE UNGERECHT, WENN ZWEI BEAMTE, FÜR DIE DAS GEMEINSCHAFTSORGAN DASSELBE BRUTTOGEHALT FESTGESETZT HAT, UNTERSCHIEDLICHE NETTOGEHÄLTER BEZÖGEN. EINE UNTERSCHIEDLICHE HÖHE DER NETTOGEHÄLTER KÖNNTE DER GEMEINSCHAFT BEI DER GEWINNUNG VON PERSONAL AUS DIESEM ODER JENEM MITGLIEDSTAAT SCHWIERIGKEITEN BEREITEN; DAMIT WÜRDE EINE DISKRIMINIERUNG HINSICHTLICH DER DEN ANGEHÖRIGEN DER EINZELNEN MITGLIEDSTAATEN ERÖFFNETEN TATSÄCHLICHEN MÖGLICHKEIT DES ZUGANGS ZU DEN ÖFFENTLICHEN ÄMTERN DER GEMEINSCHAFT GESCHAFFEN.

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C ) FÜR DIE BEAMTEN IST NICHT DIE BRUTTOVERGÜTUNG, SONDERN DIE NETTOVERGÜTUNG DER AUSSCHLAGGEBENDE FAKTOR; WÄREN DIE VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN GEHÄLTER NICHT VON NATIONALEN STEUERN FREIGESTELLT WORDEN, SO HÄTTE DIE JEWEILIGE STEUERLICHE BELASTUNG BEI DER FESTLEGUNG DER BEZUEGE DER BEAMTEN BERÜCKSICHTIGT WERDEN MÜSSEN. DIESE STEUERLAST HÄTTE ALSO LETZTEN ENDES VOM HAUSHALT DER GEMEINSCHAFT GETRAGEN WERDEN MÜSSEN. ÜBERDIES WÜRDE EINE BESTEUERUNG DER IN FRAGE STEHENDEN DIENSTBEZUEGE DURCH DIE MITGLIEDSTAATEN DIE GEFAHR EINER BEEINTRÄCHTIGUNG DER GLEICHHEIT DER MITGLIEDSTAATEN MIT SICH BRINGEN, DENN SIE KÖNNTE ZU DEM ERGEBNIS FÜHREN, DASS DIE UNTERNEHMEN EINZELNER MITGLIEDSTAATEN, DIE VERHÄLTNISMÄSSIG HOHE BEITRAEGE AN DIE GEMEINSCHAFT LEISTEN, AUF MITTELBAREM WEGE EINZELNE ANDERE STAATEN FINANZIEREN, DEREN GESETZGEBUNG MÖGLICHERWEISE EINE BESONDERS WEITGEHENDE BESTEUERUNG VORSIEHT.

DIE STEUERFREIHEIT DER VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN GEHÄLTER ENTSPRICHT SOMIT EINEM BERECHTIGTEN INTERESSE, DESSEN SCHUTZ DURCH ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS GEWÄHRLEISTET WIRD.

5. DER VOM BEKLAGTEN VERTRETENE STANDPUNKT BEEINTRÄCHTIGT DIE VERWIRKLICHUNG DER VORSTEHEND DARGELEGTEN ZIELE.

ER WIDERSPRICHT DEM VOM RECHT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN ANERKANNTEN GRUNDSATZ DER STRENGEN TRENNUNG ZWISCHEN DEN DER FISKALISCHEN HOHEITSGEWALT DER MITGLIEDSTAATEN UNTERLIEGENDEN EINKÜNFTEN EINERSEITS UND DEN GEHÄLTERN DER BEAMTEN DER GEMEINSCHAFTEN ANDERERSEITS; IN DER TAT UNTERLIEGEN DIESE GEHÄLTER - WIE DER WORTLAUT DER VERTRAEGE VON ROM KLAR ERGIBT - HINSICHTLICH IHRER ETWAIGEN STEUERPFLICHTIGKEIT AUSSCHLIESSLICH DEM GEMEINSCHAFTSRECHT, WÄHREND DIE ÜBRIGEN EINKÜNFTE DER BEAMTEN UNTER DER STEUERGEWALT DER MITGLIEDSTAATEN VERBLEIBEN. DIESE WECHSELSEITIGE ABGRENZUNG DER STEUERHOHEITEN SCHLIESST ZWANGSLÄUFIG NICHT NUR JEDE UNMITTELBARE, SONDERN AUCH JEDE MITTELBARE BESTEUERUNG DER DER ZUSTÄNDIGKEIT DER MITGLIEDSTAATEN NICHT UNTERLIEGENDEN EINKÜNFTE AUS.

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A ) DIE VON DER BELGISCHEN STEUERVERWALTUNG BEI HERANZIEHUNG DER BEAMTEN DER EGKS ZUR ERGÄNZENDEN EINKOMMENSTEUER ANGEWANDTE REGELUNG STELLT EINE MITTELBARE BESTEUERUNG DER VON DER GEMEINSCHAFT BEZOGENEN GEHÄLTER DAR.

DER BEKLAGTE HAT ZWAR VORGETRAGEN, DIESE REGELUNG LAUFE ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS NICHT ZUWIDER, DA DIE VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN GEHÄLTER ZU KEINER STEUER HERANGEZOGEN WÜRDEN; WENN AUCH DER STEUERSATZ ZUGRUNDE GELEGT WERDE, DER FÜR DIE AUS DER FIKTIVEN ZUSAMMENRECHNUNG DES VON DER GEMEINSCHAFT BEZOGENEN GEHALTS MIT DEN ANDEREN EINKÜNFTEN RESULTIERENDE EINKOMMENSSTUFE GELTE, SO BELASTE DIE STEUER DOCH LEDIGLICH DIESE ANDEREN EINKÜNFTE.

DIESE AUSFÜHRUNGEN VERKENNEN BESTIMMTE FOLGEN DES DEM BELGISCHEN GESETZ ÜBER DIE ERGÄNZENDE EINKOMMENSTEUER ( SOWIE DEN IN ANDEREN MITGLIEDSTAATEN GELTENDEN ÄHNLICHEN VORSCHRIFTEN ) ZUGRUNDE LIEGENDEN PRINZIPS, WONACH DAS STEUERPFLICHTIGE EINKOMMEN IN STUFEN EINGETEILT WIRD, DIE ZU PROGRESSIV ANSTEIGENDEN SÄTZEN BESTEUERT WERDEN. DIE HANDHABUNG DIESER TECHNIK DES STEUERGESETZGEBERS BRINGT KEINERLEI SCHWIERIGKEITEN MIT SICH, WENN ALLE EINKÜNFTE DES STEUERPFLICHTIGEN DER STEUER UNTERLIEGEN; IN DER TAT WIRD UNGEACHTET DER ANWENDUNG UNTERSCHIEDLICHER SÄTZE AUF DIE EINZELNEN STUFEN LETZTLICH EIN EINZIGER STEUERBETRAG ERHOBEN, DER AUF DEM GESAMTEINKOMMEN LASTET, SO DASS DER AUF DIE OBERSTE STUFE ANGEWANDTE HÖCHSTE SATZ IN WIRKLICHKEIT EBENFALLS DAS GESAMTE EINKOMMEN BESCHWERT. ES IST DAHER IN DER REGEL GLEICHGÜLTIG, OB BESTIMMTE EINKÜNFTE IN DIE NIEDEREN ODER IN DIE HÖHEREN STUFEN EINBEZOGEN WERDEN, DA DER AUF DIE SUMME ALLER EINKÜNFTE ERHOBENE GESAMTSTEUERBETRAG IN JEDEM FALL DER GLEICHE IST.

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DIE VON DEN BELGISCHEN STEUERBEHÖRDEN GEGENÜBER DEN BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT ANGEWANDTE REGELUNG FÜHRT DAGEGEN - AUS GRÜNDEN, DIE SICH NICHT RECHTFERTIGEN LASSEN - DAZU, DASS ANDERE EINKÜNFTE ALS DIE VON DER GEMEINSCHAFT BEZOGENEN GEHÄLTER STETS IN DIE HÖHEREN STUFEN EINBEZOGEN WERDEN, SO DASS AUF SIE EIN STEUERSATZ ANWENDUNG FINDET, DER HÖHER IST ALS DERJENIGE, DER SICH ERGEBEN HÄTTE, WENN DAS VON DER GEMEINSCHAFT BEZOGENE GEHALT NICHT BERÜCKSICHTIGT WORDEN WÄRE. DIESE ANDEREN EINKÜNFTE WERDEN INFOLGEDESSEN ZU EINEM SATZ BESTEUERT, DER NICHT IHRER TATSÄCHLICHEN HÖHE ENTSPRICHT. DAMIT WIRD ABER DAS VON DER GEMEINSCHAFT GEWÄHRTE GEHALT MITTELBAR ZUR STEUER HERANGEZOGEN, DENN LEDIGLICH SEINE BERÜCKSICHTIGUNG ERMÖGLICHT EINE BESTEUERUNG DER ANDEREN EINKÜNFTE ZU EINEM HÖHEREN ALS DEM SONST ANWENDBAREN SATZ.

B ) HINZU KOMMT, DASS IN VERNÜNFTIGER WIRTSCHAFTLICHER UND FINANZIELLER BETRACHTUNG DAS GESAMTEINKOMMEN EINES STEUERPFLICHTIGEN EIN ORGANISCHES GANZES DARSTELLT; AUF DIESER ERWAEGUNG BERUHT AUCH DIE GESETZGEBUNG DER EINZELNEN STAATEN. UNTER DIESEM GESICHTSPUNKT STEHT ES ABER ZUMINDEST MATERIELL DER UNMITTELBAREN BESTEUERUNG BESTIMMTER EINKÜNFTE GLEICH, WENN DIESE BEI DER ERMITTLUNG DES SATZES FÜR DIE " AUF " ( " SUR " ) ANDERE EINKÜNFTE ERHOBENE STEUER ANGERECHNET WERDEN. UNMITTELBARE BESTEUERUNG UND MITTELBARE BERÜCKSICHTIGUNG WEISEN NÄMLICH INSOFERN EIN GEMEINSAMES MERKMAL AUF, ALS IN BEIDEN FÄLLEN EIN URSÄCHLICHER ZUSAMMENHANG ZWISCHEN DEN IN REDE STEHENDEN EINKÜNFTEN UND DER HÖHE DES VOM STEUERPFLICHTIGEN GESCHULDETEN GESAMTBETRAGES BESTEHT.

C ) NACH ALLEDEM VERSTÖSST EIN MITGLIEDSTAAT, DESSEN RECHT EINE PROGRESSIVE BESTEUERUNG VORSIEHT, GEGEN DAS PROTOKOLL, WENN ER DIE GEHÄLTER, WELCHE DIE GEMEINSCHAFT IHREN BEAMTEN ZAHLT, BEI DER ERMITTLUNG DES SATZES DER AUF ANDERE, STEUERPFLICHTIGE, EINKÜNFTE ERHOBENEN STEUERN BERÜCKSICHTIGT. DAS RECHT DER GEMEINSCHAFT VERBIETET ES, DIE PRIVATEN EINKÜNFTE EINES BEAMTEN DESHALB STÄRKER ZU BESTEUERN, WEIL ER EIN GEHALT VON DER GEMEINSCHAFT BEZIEHT, DA SICH EINE DERARTIGE BESTEUERUNG AUF DAS GEHALT DES BEAMTEN IN FORM EINER EINDEUTIGEN VERMINDERUNG AUSWIRKT UND SOMIT DIE GLEICHHEIT DER GEHÄLTER BEEINTRÄCHTIGT.

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DIESER FESTSTELLUNG KANN NICHT ENTGEGENGEHALTEN WERDEN, EINE SOLCHE BESTEUERUNG VERLETZE DEN GRUNDSATZ DER STEUERGLEICHHEIT DESWEGEN NICHT, WEIL SIE NUR DIEJENIGEN BEAMTEN TREFFE, WELCHE NEBEN DEN VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN BEZUEGEN ÜBER ANDERE EINKÜNFTE VERFÜGEN. DIESE ERWAEGUNG LÄSST AUSSER ACHT, DASS ES VORLIEGEND ENTSCHEIDEND AUF DEN VERGLEICH ZWISCHEN GEMEINSCHAFTSBEAMTEN VERSCHIEDENER STAATSANGEHÖRIGKEIT ANKOMMT, WELCHE EIN GLEICH HOHES BRUTTOGEHALT BEZIEHEN UND ÜBERDIES IN IHREM JEWEILIGEN HEIMATSTAAT ÜBER ZUSÄTZLICHE STEUERPFLICHTIGE EINKÜNFTE GLEICHEN UMFANGS VERFÜGEN. STÜNDE ES DEN MITGLIEDSTAATEN FREI, DIE DIENSTBEZUEGE DER BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT IN DIE BERECHNUNGSGRUNDLAGE FÜR DEN AUF ANDERE EINKÜNFTE ANZUWENDENDEN STEUERSATZ EINZUBEZIEHEN, SO WÄRE DIE OBEN ANGEDEUTETE DIFFERENZIERUNG NICHT NUR AUF ABWEICHUNGEN ZWISCHEN DEN STEUERTARIFEN DER EINZELNEN STAATEN - ALSO AUF AUSSERHALB DER GEMEINSCHAFT LIEGENDE FAKTOREN - ZURÜCKZUFÜHREN, SONDERN AUCH AUF DIE ANWENDUNG UNTERSCHIEDLICHER NATIONALER REGELUNGEN AUF EINKÜNFTE, DIE DEM RECHT DER GEMEINSCHAFT UNTERLIEGEN UND NACH DIESEM RECHT IN GLEICHER WEISE BEHANDELT WERDEN SOLLEN.

D ) NOCH UNTER EINEM WEITEREN GESICHTSPUNKT BEEINTRÄCHTIGT DIE VON DEM BEKLAGTEN GEHANDHABTE REGELUNG DIE BEFUGNIS DER GEMEINSCHAFT, DIE DIENSTBEZUEGE IHRER BEAMTEN SELBSTÄNDIG FESTZUSETZEN. AUF GRUND EINER SOLCHEN REGELUNG WÄRE NÄMLICH EIN BEAMTER DER GEMEINSCHAFT NICHT NUR GENÖTIGT, DEN STEUERBEHÖRDEN SEIN GEHALT ANZUGEBEN, SONDERN AUCH DIE MIT DIESEM GEHALT ZUSAMMENHÄNGENDEN ÜBLICHEN AUFWENDUNGEN ( BERUFLICHE UND SONSTIGE UNKOSTEN ) ALS ABZUGSFÄHIG GELTEND ZU MACHEN, UM EINE ZU WEITGEHENDE BESTEUERUNG SEINER PERSÖNLICHEN EINKÜNFTE ZU VERHINDERN. BEI DER PRÜFUNG DER FRAGE, OB DIESE ABZUEGE DEM GRUND UND DER HÖHE NACH GERECHTFERTIGT SIND, MÜSSTEN DIE NATIONALEN STEUERBEHÖRDEN ALSDANN IN DIE RECHTLICHE WÜRDIGUNG DER VERSCHIEDENEN BESTANDTEILE DER VON DER GEMEINSCHAFT GEZAHLTEN BEZUEGE EINTRETEN. GANZ ABGESEHEN VON DEN UNLIEBSAMEN FOLGEN, DIE SICH AUS EINER ABWEICHENDEN BEURTEILUNG DURCH DIE VERSCHIEDENEN STEUERVERWALTUNGEN ERGEBEN KÖNNTEN, WÄRE HIERMIT EIN EINGRIFF IN DIE BEFUGNIS DER ORGANE DER GEMEINSCHAFT GEGEBEN, DIE VERGÜTUNGEN IHRER BEAMTEN IN VOLLER UNABHÄNGIGKEIT FESTZULEGEN UND MITHIN DIE VERSCHIEDENEN BESTANDTEILE, AUS DENEN SICH DAS JEDEM BEAMTEN GEWÄHRTE GESAMTGEHALT ZUSAMMENSETZT, ZU BESTIMMEN UND ZU RECHTFERTIGEN. DIE VOM BEKLAGTEN VERTRETENE AUFFASSUNG FÜHRT MITHIN IM ERGEBNIS DAZU, DASS DER DEM ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS BEIZULEGENDE SINN, SEI ES AUCH NUR TEILWEISE, UMGANGEN WIRD. SIE HÄTTE NICHT NUR ZUR FOLGE, DASS DIE IN REDE STEHENDEN DIENSTBEZUEGE DEM EINHEITLICHEN, IN SICH GESCHLOSSENEN RECHT DER GEMEINSCHAFT ENTZOGEN, SONDERN AUCH, DASS SIE EINER VIELHEIT UNTERSCHIEDLICHER, JA GEGENSÄTZLICHER RECHTSORDNUNGEN UNTERWORFEN WÜRDEN. DIE BERÜCKSICHTIGUNG DER IN ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS BEZEICHNETEN DIENSTBEZUEGE BEI DER ERMITTLUNG DES AUF ANDERE EINKÜNFTE DERSELBEN PERSON ANWENDBAREN STEUERSATZES WIDERSPRICHT SOMIT DEM VERTRAG.

S. 1201

6. IM VORLIEGENDEN FALL IST FREILICH IN BETRACHT ZU ZIEHEN, DASS ES SICH UM DIE BESTEUERUNG DES VERMÖGENS NICHT EINES BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT, SONDERN VON DESSEN EHEFRAU HANDELT, DIE IHRERSEITS NICHT BEAMTIN IST; DER BEKLAGTE MACHT DENN AUCH GELTEND, DAS PROTOKOLL FINDE AUF DIE PERSÖNLICHEN EINKÜNFTE DER EHEFRAU KEINE ANWENDUNG.

DAS BELGISCHE STEUERRECHT BETRACHTET JEDOCH DAS VERMÖGEN DER EHEGATTEN, SELBST WENN ES IN ZIVILRECHTLICHER HINSICHT GETRENNT IST, ALS EINHEITLICHE MASSE; DASS SICH DIE UMSTRITTENE STEUER AUF DIE GEMEINSAMEN EINKÜNFTE AUSWIRKT, IST UNBESTREITBAR UND WIRD AUCH NICHT BESTRITTEN. WENN ES ABER FÜR DEN FALL GETRENNTER VERANLAGUNG DER EHEGATTEN UNTERSAGT IST, DAS GEHALT EINES BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT IM WEGE DER ANRECHNUNG BEI DER ERMITTLUNG DES STEUERSATZES MITTELBAR ZU BESTEUERN, SO MUSS DAS GLEICHE GELTEN, WENN BEI ZUSAMMENVERANLAGUNG DIE STEUER LEDIGLICH GEGENÜBER DEM EHEGATTEN, DER BEAMTER IST, FESTGESETZT WIRD. DIES IST JEDENFALLS MIT BESTIMMTHEIT DANN ANZUNEHMEN, WENN DEN EHEMANN EBENFALLS DIE PERSÖNLICHE VERPFLICHTUNG ZUR ZAHLUNG DER AUF DAS VERMÖGEN SEINER EHEFRAU ERHOBENEN STEUER TRIFFT, WIE DIES BEI DER GEMEINSAMEN VERANLAGUNG GEMÄSS ARTIKEL 43 DER BELGISCHEN " KOORDINIERTEN GESETZE " DER FALL IST. DER BEKLAGTE KANN SICH DAHER NICHT MIT ERFOLG DARAUF BERUFEN, DASS DIEJENIGE PERSON, DEREN EINKÜNFTE IM VORLIEGENDEN FALL BESTEUERT WORDEN SIND, NÄMLICH DIE EHEFRAU, NICHT MIT DERJENIGEN PERSON IDENTISCH IST, DER DAS PROTOKOLL EIN VORRECHT EINRÄUMT, HIER ALSO DEM EHEMANN. VIELMEHR GILT DER GRUNDSATZ, WONACH DIE IN ARTIKEL 11 BUCHSTABE B DES PROTOKOLLS BEZEICHNETEN EINKÜNFTE BEI DER ERMITTLUNG DES AUF ANDERE EINKÜNFTE ANWENDBAREN STEUERSATZES NICHT IN ANSATZ GEBRACHT WERDEN DÜRFEN, AUCH DANN, WENN DIESE LETZTEREN EINKÜNFTE VOM EHEGATTEN DES STEUERBEFREIUNG GENIESSENDEN BEAMTEN BEZOGEN WURDEN.

S. 1202

NACH ALLEDEM IST DEN BEIDEN ERSTEN ANTRAEGEN DES KLAEGERS STATTZUGEBEN MIT AUSNAHME DES ANTRAGS AUF FESTSTELLUNG DER NICHTIGKEIT UND UNWIRKSAMKEIT DER UMSTRITTENEN STEUERFESTSETZUNG. DIE ZUSTÄNDIGEN BELGISCHEN BEHÖRDEN SIND SOMIT GEMÄSS ARTIKEL 86 DES EGKS-VERTRAGES VERPFLICHTET, DIE WIRKUNGEN DER AKTE ZU BESEITIGEN, MIT DENEN DIESE STEUERFESTSETZUNG VORGENOMMEN UND BESTÄTIGT WURDE.

Kostenentscheidung:

DER KLAEGER HAT MIT SEINEN ANTRAEGEN BETREFFEND DIE AUSLEGUNG DES PROTOKOLLS UND MITHIN IN DER HAUPTFRAGE DES RECHTSSTREITS OBGESIEGT.

SOMIT IST DER BEKLAGTE IN ANWENDUNG VON ARTIKEL 69 DER VERFAHRENSORDNUNG DES GERICHTSHOFES ZUR TRAGUNG DER KOSTEN ZU VERURTEILEN.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

UNTER ABWEISUNG ALLER WEITERGEHENDEN ODER GEGENTEILIGEN ANTRAEGE FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

1. DIE ANTRAEGE DES KLAEGERS AUF NICHTIGERKLÄRUNG DER UMSTRITTENEN STEUERFESTSETZUNG, AUF FESTSTELLUNG VON DEREN NICHTIGKEIT UND UNWIRKSAMKEIT SOWIE AUF VERURTEILUNG DES BEKLAGTEN ZUR ERSTATTUNG DER GEZAHLTEN BETRAEGE EINSCHLIESSLICH DER DEM KLAEGER WEGEN UNVOLLSTÄNDIGER EINKOMMENSTEUERERKLÄRUNG AUFERLEGTEN GELDBUSSE UND ZUR ZAHLUNG VON AUSGLEICHSZINSEN WERDEN ABGEWIESEN.

2. DIE ÜBRIGEN KLAGEANTRAEGE SIND INSOWEIT ZULÄSSIG UND BEGRÜNDET, ALS FESTZUSTELLEN IST :

A ) DAS PROTOKOLL ÜBER DIE VORRECHTE UND IMMUNITÄTEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT FÜR KOHLE UND STAHL VERBIETET ES DEN MITGLIEDSTAATEN, VON EINEM BEAMTEN DER GEMEINSCHAFT IRGENDEINE STEUER ZU ERHEBEN, DIE GANZ ODER TEILWEISE AUF DER ZAHLUNG DES VON DER GEMEINSCHAFT DIESEM BEAMTEN GEWÄHRTEN GEHALTS BERUHT.

B ) DAS PROTOKOLL VERBIETET ES EBENFALLS, DIESES GEHALT BEI DER ERMITTLUNG DES AUF ANDERE EINKÜNFTE EINES BEAMTEN ANWENDBAREN STEUERSATZES IN ANSATZ ZU BRINGEN.

C ) DAS GLEICHE GILT FÜR DIE STEUERN, WELCHE AUF DIE EINKÜNFTE DER EHEFRAU EINES BEAMTEN GESCHULDET WERDEN, FALLS DIE EHEGATTEN ZUSAMMEN VERANLAGT WERDEN.

D ) DIE STEUERFESTSETZUNG IN HÖHE VON 9035 BFRS, WELCHE GEGENSTAND DES DEM KLAEGER AM 18. ODER 19. DEZEMBER 1959 DURCH DEN STEUEREINNEHMER IN ENGIS ZUGESTELLTEN STEUERBESCHEIDES ( ART. 913.321 ) IST, WIDERSPRICHT DAHER INSOWEIT DEM PROTOKOLL, ALS DIESE STEUERFESTSETZUNG AUF DER EXISTENZ DER GEHALTSZAHLUNGEN UND BEZUEGE BERUHT, WELCHE DER KLAEGER VON DER EGKS ERHÄLT.

3. DER BEKLAGTE TRAEGT DIE KOSTEN DES RECHTSSTREITS.

Ende der Entscheidung

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