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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 04.05.1988
Aktenzeichen: 64/85
Rechtsgebiete: EGV 259/68


Vorschriften:

EGV 259/68 Art. 11 Abs. 2 Anh. 8
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts ist dahin auszulegen, daß die Beamten, die vor ihrem Eintritt in den öffentlichen Dienst der Gemeinschaften einem beitragsgebundenen Versorgungssystem angehörten, nur dann die in dieser Bestimmung vorgesehene Übertragung des versicherungsmathematischen Gegenwerts ihrer innerhalb des nationalen Systems erworbenen Ansprüche verlangen können, wenn diese Möglichkeit nach dem für den nationalen Sozialversicherungsträger geltenden innerstaatlichen Recht besteht.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (SECHSTE KAMMER) VOM 4. MAI 1988. - FERNAND WATGEN GEGEN CAISSE DE PENSION DES EMPLOYES PRIVES. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM CONSEIL SUPERIEUR DES ASSURANCES SOCIALES - GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG. - UEBERTRAGUNG VON RUHEGEHALTSANSPRUECHEN. - RECHTSSACHE 64/85.

Entscheidungsgründe:

1 Der conseil supérieur des assurances sociales des Großherzogtums Luxemburg hat mit Beschluß vom 27. Februar 1985, beim Gerichtshof eingegangen am 12. März 1985, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung von Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII der Verordnung Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind ( ABl. L 56, S. 1; nachstehend : Statut ), zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Beamten des Europäischen Parlaments Fernand Watgen, dem Kläger des Ausgangsverfahrens, und der Caisse de pension des employés privés des Großherzogtums Luxemburg, der Beklagten des Ausgangsverfahrens ( nachstehend : Caisse ).

3 Herr Watgen war vor seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit beim Europäischen Parlament in der Privatwirtschaft in Luxemburg beschäftigt und hatte Ruhegehaltsansprüche gegenüber der Caisse erworben. Am 27. November 1980 beantragte er die Übertragung seiner Ruhegehaltsansprüche auf das Versorgungssystem der Gemeinschaften, und zwar in Höhe des versicherungsmathematischen Gegenwerts dieser Ansprüche. Die Caisse lehnte diesen Antrag am 26. Januar 1984 ab, übertrug jedoch den pauschalen Rückkaufwert, d. h. die Summe der von Herrn Watgen an das luxemburgische Versorgungssystem gezahlten Beiträge zuzueglich Zinseszinsen zu einem Zinssatz von 4 %, auf das Gemeinschaftssystem.

4 Gegen diese Entscheidung erhob Herr Watgen Klage vor dem conseil arbitral des assurances sociales. Gegen die Klageabweisung legte er Berufung beim Conseil supérieur des assurances sociales ein. Dieser hat beschlossen, das Verfahren bis zur Vorabentscheidung des Gerichtshofes über die folgenden Fragen auszusetzen :

"1 ) Ist es mit dem den europäischen Beamten in Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Beamtenstatuts eingeräumten Wahlrecht vereinbar, daß Artikel 18 Absatz 3 des Gesetzes vom 16. Dezember 1963 in der Fassung des Artikels 7 des Gesetzes vom 14. März 1979 die Möglichkeiten der Übertragung von Ruhegehaltsansprüchen von Personen, die europäische Beamte werden, nachdem sie einem luxemburgischen Versorgungssystem angeschlossen waren, einschränkt?

2 ) Räumt diese supranationale Bestimmung den europäischen Beamten ein nach ihrem Belieben und ihren Interessen auszuübendes Wahlrecht zwischen den beiden Arten der Übertragung der innerhalb der nationalen Systeme erworbenen Ansprüche auch für den Fall ein, daß die von dem Beamten gewählte Alternative dem nationalen Recht, dem die nationale Sozialversicherungseinrichtung untersteht, unbekannt ist oder mit dem Finanzierungssystem der luxemburgischen Einrichtungen unvereinbar ist?"

5 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, der einschlägigen nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen sowie des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt ist im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

6 Die luxemburgischen Rechtsvorschriften sehen für den Fall, daß jemand von einem beitragsgebundenen luxemburgischen Versorgungssystem zum Versorgungssystem einer internationalen Organisation überwechselt, die Übertragung des pauschalen Rückkaufwerts der innerhalb des nationalen Systems erworbenen Ruhegehaltsansprüche vor. Im Ausgangsverfahren wurde deshalb die Frage aufgeworfen, ob die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts verpflichtet seien, auch die Übertragung des versicherungsmathematischen Gegenwerts von dem nationalen Versorgungssystem auf das Gemeinschaftssystem vorzusehen.

7 Vorab ist darauf hinzuweisen, daß das mit den beiden Vorlagefragen angesprochene Problem - ob und inwieweit die erwähnte Bestimmung den Beamten das Recht verleiht, zwischen den beiden dort vorgesehenen Arten der Übertragung zu wählen - Gegenstand des Urteils des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1987 in der Rechtssache 315/85 ( Kommission/Großherzogtum Luxemburg, Slg. 1987, 5391 ) war.

8 In jener Rechtssache warf die Kommission dem Großherzogtum Luxemburg vor, dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung verstossen zu haben, daß es den Beamten der Gemeinschaften das Recht verweigert habe, sich in allen Fällen für die Übertragung des versicherungsmathematischen Gegenwerts ihrer Ruhegehaltsansprüche zu entscheiden.

9 In seinem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, daß mit Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts nur der Übergang von einem nationalen Versicherungssystem zum Gemeinschaftssystem gewährleistet werden soll, so daß die Mitgliedstaaten nicht gehalten sind, den Beamten eine Wahlmöglichkeit zwischen der Übertragung des versicherungsmathematischen Gegenwerts und derjenigen des pauschalen Rückkaufwerts einzuräumen.

10 Der Gerichtshof hat jedoch darauf hingewiesen, daß es, sofern die innerstaatlichen Vorschriften die Technik des versicherungsmathematischen Gegenwerts bei der Übertragung von Ruhegehaltsansprüchen auf ein anderes innerstaatliches Versorgungssystem vorsehen, angebracht ist, die gleiche Möglichkeit für die Übertragung der Ansprüche der Gemeinschaftsbeamten zu eröffnen.

11 Auf die Fragen des Conseil supérieur des assurances sociales ist deshalb zu antworten, daß Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften dahin auszulegen ist, daß die Beamten, die vor ihrem Eintritt in den öffentlichen Dienst der Gemeinschaften einem beitragsgebundenen Versorgungssystem angehörten, nur dann die in dieser Bestimmung vorgesehene Übertragung des versicherungsmathematischen Gegenwerts ihrer innerhalb des nationalen Systems erworbenen Ansprüche verlangen können, wenn diese Möglichkeit nach dem für den nationalen Sozialversicherungsträger geltenden innerstaatlichen Recht besteht.

Kostenentscheidung:

Kosten

12 Die Auslagen der Regierung des Großherzogtums Luxemburg, der Regierung der Französischen Republik, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF ( Sechste Kammer )

auf die ihm von conseil supérieur des assurances sociales des Großherzogtums Luxemburg mit Beschluß vom 27. Februar 1985 vorgelegten Fragen für Recht erkannt :

Artikel 11 Absatz 2 des Anhangs VIII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften ist dahin auszulegen, daß die Beamten, die vor ihrem Eintritt in den öffentlichen Dienst der Gemeinschaften einem beitragsgebundenen Versorgungssystem angehörten, nur dann die in dieser Bestimmung vorgesehene Übertragung des versicherungsmathematischen Gegenwerts ihrer innerhalb des nationalen Systems erworbenen Ansprüche verlangen können,wenn diese Möglichkeit nach dem für den nationalen Sozialversicherungsträger geltenden innerstaatlichen Recht besteht.

Ende der Entscheidung

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