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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 12.07.1973
Aktenzeichen: 70-72
Rechtsgebiete: EWG, SOG Steueränderungsgesetz 1969


Vorschriften:

EWG Art. 93 Abs. 2
SOG Steueränderungsgesetz 1969 Art. 9
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. DA DER VERTRAG DARAUF ABZIELT, DASS VERSTÖSSE UND DEREN FOLGEN IN VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT TATSÄCHLICH BESEITIGT WERDEN, KÖNNEN DIE GEMEINSCHAFTSBEHÖRDEN, DEREN AUFGABE ES IST, DIE EINHALTUNG DES VERTRAGES ZU SICHERN, DAS AUSMASS BESTIMMEN, IN DEM DIE DEM BETROFFENEN MITGLIEDSTAAT OBLIEGENDE VERPFLICHTUNG IN EINER GEMÄSS ARTIKEL 169 ODER ARTIKEL 93 ABSATZ 2 ERLASSENEN MIT GRÜNDEN VERSEHENEN STELLUNGNAHME ODER ENTSCHEIDUNG ODER IN EINER BEIM GERICHTSHOF ERHOBENEN KLAGE GEGEBENENFALLS ZU KONKRETISIEREN IST. EINE KLAGE DER KOMMISSION MIT DEM ANTRAG FESTZUSTELLEN, DASS EIN MITGLIEDSTAAT DURCH SEINE UNTERLASSUNG, BESTIMMTE MASSNAHMEN ZU ERGREIFEN, GEGEN IHM AUS DEM VERTRAG OBLIEGENDE VERPFLICHTUNGEN VERSTOSSEN HAT, IST DESHALB ZULÄSSIG.

2. DIE IN ARTIKEL 93 ABSATZ 2 SATZ 1 VORGESEHENE MITTEILUNG DIENT LEDIGLICH DEM ZWECK, VON DEN BETEILIGTEN ALLE AUSKÜNFTE ZU ERHALTEN, DIE DAZU BEITRAGEN KÖNNEN, DER KOMMISSION KLARHEIT ÜBER IHR WEITERES VORGEHEN ZU VERSCHAFFEN, UND WIRKT SICH DESHALB NICHT AUF ETWAIGE ANSPRÜCHE EINZELNER PERSONEN AUFGRUND VON GESETZLICHEN BESTIMMUNGEN AUS, DIE EINE REGELUNG STAATLICHER ODER AUS STAATLICHEN MITTELN GEWÄHRTER BEIHILFEN EINFÜHREN ODER VERLÄNGERN.

3. IM UNTERSCHIED ZUR REGELUNG DES ARTIKELS 93 ABSATZ 3, DIE DIE BEFUGNIS DER KOMMISSION EINSCHLIESST, IM BEDARFSFALLE UNVERZUEGLICH EINSTWEILIGE MASSNAHMEN ANZUORDNEN, KÖNNEN NACH ABSATZ 2 DIESES ARTIKELS GETROFFENE ENTSCHEIDUNGEN VOLLE RECHTSWIRKUNGEN NUR UNTER DER VORAUSSETZUNG ENTFALTEN, DASS DIE KOMMISSION DEM BETROFFENEN MITGLIEDSTAAT ANGIBT, IN WELCHEM UMFANG SIE DIE BEIHILFE ALS UNVEREINBAR MIT DEM VERTRAG ANSIEHT UND DIESE DESHALB AUFZUHEBEN ODER UMZUGESTALTEN IST.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 12. JULI 1973. - KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN GEGEN BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND. - RECHTSSACHE 70-72.

Entscheidungsgründe:

1 MIT IHRER AM 2. OKTOBER 1972 IN DER KANZLEI EINGEGANGENEN, AUF ARTIKEL 93 ABSATZ 2 DES EWG-VERTRAGS GESTÜTZTEN KLAGE BEGEHRT DIE KLAEGERIN SINNGEMÄSS, DER GERICHTSHOF MÖGE FESTSTELLEN,

1. DASS DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND DER ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION VOM 17. FEBRUAR 1971 BETREFFEND DIE GEWÄHRUNG VON BEIHILFEN NACH PARAGRAPH 32 DES GESETZES ZUR ANPASSUNG UND GESUNDUNG DES DEUTSCHEN STEINKOHLENBERGBAUS UND DER DEUTSCHEN STEINKOHLENBERGBAUGEBIETE VOM 15. MAI 1968 ( SOG. " KOHLEGESETZ ", BUNDESGESETZBLATT I, S. 365 ) IN DER FASSUNG VON ARTIKEL 9 DES GESETZES VOM 18. AUGUST 1969 ÜBER DIE GEWÄHRUNG VON INVESTITIONSZULAGEN UND ZUR ÄNDERUNG STEUERRECHTLICHER UND PRÄMIENRECHTLICHER VORSCHRIFTEN ( SOG. " STEUERÄNDERUNGSGESETZ 1969 ", BUNDESGESETZBLATT I, S. 1211 ) NICHT NACHGEKOMMEN IST,

2. DASS DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND VERPFLICHTET IST, BESTIMMTE, UNTER MISSACHTUNG DER GENANNTEN ENTSCHEIDUNG GEWÄHRTE PRÄMIEN VON DEN EMPFÄNGERN ZURÜCKZUFORDERN.

ZUM STREITGEGENSTAND

2 ARTIKEL 32 DES KOHLEGESETZES VOM 15. MAI 1968 ERÖFFNETE DIE MÖGLICHKEIT, WÄHREND EINES BEGRENZTEN ZEITRAUMS BEIHILFEN IN FORM VON STEUERABZUEGEN FÜR SOLCHE INVESTITIONEN ZU GEWÄHREN, DIE GEEIGNET ERSCHIENEN, DIE WIRTSCHAFTSSTRUKTUR DER VON DER STEINKOHLENBERGBAUKRISE BETROFFENEN GEBIETE DEUTSCHLANDS ZU VERBESSERN. DIE KOMMISSION, DIE AM 15. JUNI 1967 ÜBER DEN ENTWURF DIESES GESETZES ORDNUNGSGEMÄSS UNTERRICHTET WORDEN WAR, TEILTE AM DARAUFFOLGENDEN 30. NOVEMBER MIT, SIE HABE KEINERLEI EINWÄNDE ZU ERHEBEN.

3 ENTSPRECHEND DEM ÄNDERUNGSVORSCHLAG EINES BUNDESTAGSAUSSCHUSSES, DER VOM BUNDESTAG AM 18. JUNI 1969 GEBILLIGT WORDEN WAR UND DEM DER BUNDESRAT AM 10. JULI 1969 ZUGESTIMMT HATTE, WURDE DURCH ARTIKEL 9 DES STEUERÄNDERUNGSGESETZES VOM 18. AUGUST 1969 DIE GELTUNGSDAUER VON PARAGRAPH 32 DES GESETZES VOM 15. MAI 1968 UM ZWEI JAHRE VERLÄNGERT. DIE DEUTSCHE BUNDESREGIERUNG UNTERRICHTETE DIE KOMMISSION HIERVON AM 16. JULI 1969. DIE BUNDESREGIERUNG IST SOMIT ZWAR DER DEN MITGLIEDSTAATEN NACH ARTIKEL 93 ABSATZ 3 SATZ 1 OBLIEGENDEN INFORMATIONSPFLICHT NUR VERSPÄTET NACHGEKOMMEN; DIE KOMMISSION HAT JEDOCH KEINEN GEBRAUCH VON DEN IHR IN ABSATZ 3 SATZ 2 UND 3 EINGERÄUMTEN BEFUGNISSEN GEMACHT, SONDERN SICH IN EINER MITTEILUNG VOM 1. AUGUST 1969 DARAUF BESCHRÄNKT, DIE VERSPÄTUNG ZU BEANSTANDEN UND AUSFÜHRLICHERE AUSKÜNFTE ANZUFORDERN. UNTER DIESEN UMSTÄNDEN KONNTE DAS VOM PARLAMENT BESCHLOSSENE GESETZ NACH SEINER AM 18. AUGUST 1969 ERFOLGTEN AUSFERTIGUNG IN KRAFT TRETEN. IN EINER VERBALNOTE VOM 1. OKTOBER 1969 GAB DIE DEUTSCHE REGIERUNG DER KOMMISSION EINIGE KURZE ERKLÄRUNGEN ZU DEN BEGLEITUMSTÄNDEN, UNTER DENEN DAS ÄNDERUNGSGESETZ ZUSTANDE GEKOMMEN WAR.

4 ERST MIT SCHREIBEN VOM 30. JULI 1970 SETZTE DIE KOMMISSION DER DEUTSCHEN REGIERUNG EINE FRIST ZUR ÄUSSERUNG NACH ARTIKEL 93 ABSATZ 2 DES VERTRAGES. FERNER FORDERTE SIE DIE REGIERUNG AUF, DAFÜR SORGE ZU TRAGEN, DASS WEITERE ENTSCHEIDUNGEN ÜBER DIE GEWÄHRUNG VON BEIHILFEN IN NORDRHEIN-WESTFALEN AB 1. DEZEMBER 1970 NICHT MEHR GETROFFEN WÜRDEN.

5 IN EINER IM AMTSBLATT VOM 14. AUGUST 1970 VERÖFFENTLICHTEN MITTEILUNG FORDERTE DIE KOMMISSION ALLE BETEILIGTEN MIT AUSNAHME DER MITGLIEDSTAATEN AUF, SICH INNERHALB EINER BESTIMMTEN FRIST ZUR VERLÄNGERUNG DES ZEITRAUMS FÜR DIE GEWÄHRUNG DER OBENGENANNTEN INVESTITIONSPRÄMIEN ZU ÄUSSERN. NACH AUFFASSUNG DER KOMMISSION WURDE DIESE AUFFORDERUNG DEN ADRESSATEN GEGENÜBER AM 20. AUGUST 1970 WIRKSAM.

6 AM 17. FEBRUAR 1971 ERLIESS DIE KOMMISSION DIE ENTSCHEIDUNG, DEREN NICHTBEACHTUNG DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND VORGEWORFEN WIRD. DIESE ENTSCHEIDUNG WURDE MIT IHRER AM 24. FEBRUAR 1971 ERFOLGTEN ZUSTELLUNG AN DIE DEUTSCHE REGIERUNG WIRKSAM. ARTIKEL 1 DER ENTSCHEIDUNG BESTIMMT, DASS " DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND... UNVERZUEGLICH ALLE ERFORDERLICHEN MASSNAHMEN ( TRIFFT ), UM DIE UNTERSCHIEDSLOSE GEWÄHRUNG VON INVESTITIONSPRÄMIEN NACH PARAGRAPH 32 ABSATZ 1 DES GESETZES ZUR ANPASSUNG UND GESUNDUNG DES DEUTSCHEN STEINKOHLENBERGBAUS UND DER DEUTSCHEN STEINKOHLENBERGBAUGEBIETE ( KOHLEGESETZ ) IN DER FASSUNG VON ARTIKEL 9 DES STEUERÄNDERUNGSGESETZES VOM 18. AUGUST 1969 IN DEN STEINKOHLENBERGBAUGEBIETEN DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN EINZUSTELLEN ".

7 IN DER FOLGEZEIT NAHM DIE KOMMISSION VERHANDLUNGEN MIT DER DEUTSCHEN REGIERUNG IN DER ABSICHT AUF, KRITERIEN FÜR EINE " ÖRTLICHE DIFFERENZIERUNG " DER BEIHILFEGEWÄHRUNG FESTZULEGEN, DIE ES DER BEKLAGTEN ERMÖGLICHEN SOLLTEN, DEN SICH AUS DER ENTSCHEIDUNG VOM 17. FEBRUAR 1971 ERGEBENDEN PFLICHTEN ZU GENÜGEN. WÄHREND IN DIESEN VERHANDLUNGEN DAS PROBLEM DES TERRITORIALEN ANWENDUNGSBEREICHS DER ENTSCHEIDUNG ÜBEREINSTIMMEND GELÖST WURDE, BLIEBEN MEINUNGSVERSCHIEDENHEITEN ÜBER DEN ZEITLICHEN UMFANG DER ANWENDUNG DURCH DIE DEUTSCHEN BEHÖRDEN BESTEHEN. DIESE VERFUHREN NÄMLICH BEI DER AUSFÜHRUNG DER ENTSCHEIDUNG VOM 17. FEBRUAR 1971 NACH EINER ÜBERGANGSREGELUNG, IN DER DIE KOMMISSION EINEN VERSTOSS GEGEN DIE AUS DER ENTSCHEIDUNG FLIESSENDEN VERPFLICHTUNGEN ERBLICKT.

ZUR ZULÄSSIGKEIT

8 DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND BESTREITET DIE ZULÄSSIGKEIT DER AUF ARTIKEL 93 ABSATZ 2 SATZ 1 GESTÜTZTEN KLAGE MIT DER BEGRÜNDUNG, IN DER ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION VOM 17. FEBRUAR 1971 WERDE, ENTGEGEN EINEM AUSDRÜCKLICHEN ERFORDERNIS DES VERTRAGES, KEINE FRIST GESETZT, SONDERN VERLANGT, DASS DIE MISSBILLIGTE BEIHILFEREGELUNG " UNVERZUEGLICH " AUFGEGEBEN WERDE. DIE FRISTSETZUNG SEI AUFGRUND DER ZWINGENDEN VORSCHRIFT DES ARTIKELS 93 ABSATZ 2 VORAUSSETZUNG FÜR DIE KLAGEERHEBUNG GEMÄSS DER VON DIESER VORSCHRIFT GETROFFENEN BESONDEREN REGELUNG.

9 DIESE EINREDE BETRIFFT JEDOCH IN WAHRHEIT NICHT DIE ZULÄSSIGKEIT DER KLAGE, SONDERN DIE GÜLTIGKEIT DER ENTSCHEIDUNG VOM 17. FEBRUAR 1971. SIE IST DESHALB ZURÜCKZUWEISEN.

10 FERNER MACHT DIE BEKLAGTE DIE UNZULÄSSIGKEIT INSBESONDERE DES ZWEITEN KLAGEANTRAGES GELTEND, WONACH IHRE VERPFLICHTUNG FESTGESTELLT WERDEN SOLL, NACH DEM ERLASS DER ENTSCHEIDUNG VOM 17. FEBRUAR 1971 GEWÄHRTE PRÄMIEN MIT GEWISSEN ZEITLICHEN EINSCHRÄNKUNGEN VON DEN EMPFÄNGERN ZURÜCKZUFORDERN. DIE BEKLAGTE MEINT, AUS ARTIKEL 171 DES VERTRAGES ERGEBE SICH, DASS SICH DER GERICHTSHOF IM RAHMEN EINER KLAGE GEGEN EINEN MITGLIEDSTAAT DARAUF ZU BESCHRÄNKEN HABE, EINE PFLICHTVERLETZUNG FESTZUSTELLEN, OHNE DEN STAAT ZUR DURCHFÜHRUNG BESTIMMTER MASSNAHMEN VERURTEILEN ZU KÖNNEN. ES OBLIEGE ALLEIN DEM BETROFFENEN MITGLIEDSTAAT, ÜBER DIE MASSNAHMEN ZU BEFINDEN, DIE SICH IM HINBLICK AUF DIE BESEITIGUNG DES VERSTOSSES AUS DEM URTEIL DES GERICHTSHOFES ERGÄBEN.

11 ARTIKEL 93 ABSATZ 2 SATZ 2 BESTIMMT : " KOMMT DER BETREFFENDE STAAT DIESER ENTSCHEIDUNG INNERHALB DER FESTGESETZTEN FRIST NICHT NACH, SO KANN DIE KOMMISSION... DEN GERICHTSHOF UNMITTELBAR ANRUFEN ".

12 MIT DEM ZWEITEN KLAGEANTRAG BEGEHRT DIE KOMMISSION DIE FESTSTELLUNG, DIE BEKLAGTE SEI DADURCH, DASS SIE ES UNTERLASSEN HABE, VON BESTIMMTEN EMPFÄNGERN DIE ZU UNRECHT ERHALTENEN BEIHILFEN ZURÜCKZUFORDERN, EINER IHR AUS DER ENTSCHEIDUNG VOM 17. FEBRUAR 1971 ERWACHSENEN VERPFLICHTUNG NICHT NACHGEKOMMEN.

13 EIN DERARTIGER ANTRAG IST ZULÄSSIG, DENN DIE KOMMISSION IST, WENN SIE DIE UNVEREINBARKEIT EINER BEIHILFE MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT FESTSTELLT, BEFUGT ZU ENTSCHEIDEN, DASS DER BETREFFENDE STAAT SIE AUFZUHEBEN ODER UMZUGESTALTEN HAT. DIESE AUFHEBUNG ODER UMGESTALTUNG KANN, DAMIT SIE EINEN PRAKTISCHEN NUTZEN HAT, DIE VERPFLICHTUNG UMFASSEN, DIE UNTER VERLETZUNG DES VERTRAGES GEWÄHRTEN BEIHILFEN ZURÜCKZUFORDERN, SO DASS DIE KOMMISSION DEN GERICHTSHOF ANRUFEN KANN, WENN DIE RÜCKFORDERUNG UNTERBLEIBT. EIN ANTRAG DER KOMMISSION IM VERFAHREN NACH DEN ARTIKELN 169 BIS 171 AUF FESTSTELLUNG, DASS DER BETROFFENE MITGLIEDSTAAT DURCH DAS VERSÄUMNIS, BESTIMMTE MASSNAHMEN ZU ERGREIFEN, GEGEN VERPFLICHTUNGEN AUS DEM VERTRAG VERSTOSSEN HAT, WÄRE IM ÜBRIGEN EBENFALLS ZULÄSSIG. DA DER VERTRAG DARAUF ABZIELT, DASS VERSTÖSSE UND DEREN FOLGEN IN VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT TATSÄCHLICH BESEITIGT WERDEN, KÖNNEN DIE GEMEINSCHAFTSBEHÖRDEN, DEREN AUFGABE ES IST, DIE EINHALTUNG DES VERTRAGES ZU SICHERN, DAS AUSMASS BESTIMMEN, IN DEM DIE DEM BETROFFENEN MITGLIEDSTAAT OBLIEGENDE VERPFLICHTUNG IN EINER GEMÄSS ARTIKEL 169 ODER ARTIKEL 93 ABSATZ 2 ERLASSENEN MIT GRÜNDEN VERSEHENEN STELLUNGNAHME ODER ENTSCHEIDUNG ODER IN EINER BEIM GERICHTSHOF ERHOBENEN KLAGE GEGEBENENFALLS ZU KONKRETISIEREN IST. AUCH DIESE EINREDE IST DAHER ZURÜCKZUWEISEN.

ZUR BEGRÜNDETHEIT

14 DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND WIRD ALS VERSTOSS VORGEWORFEN, IN DEN GEBIETEN DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN, IN DENEN DIE IM GESETZ VOM 15. MAI 1968 VORGESEHENE BEIHILFEREGELUNG BEREITS HÄTTE AUSGELAUFEN SEIN MÜSSEN, AUFGRUND DES STEUERÄNDERUNGSGESETZES VOM 18. AUGUST 1969 WEITERHIN INVESTITIONSPRÄMIEN GEWÄHRT ZU HABEN.

15 DIE KOMMISSION HAT WÄHREND DES VERFAHRENS MEHRERE DENKBARE ZEITPUNKTE GENANNT, ZU DENEN DAS VERBOT, DERARTIGE PRÄMIEN ZU GEWÄHREN, WIRKSAM GEWORDEN SEIN KÖNNTE.

16 IN DER AM 30. JULI 1970 AN DIE DEUTSCHE REGIERUNG GERICHTETEN AUFFORDERUNG ZUR STELLUNGNAHME HAT DIE KOMMISSION VERLANGT, DIESE REGIERUNG SOLLE " DAFÜR SORGE... TRAGEN, DASS NEUE ENTSCHEIDUNGEN ÜBER DIE GEWÄHRUNG VON BEIHILFEN GEMÄSS PARAGRAPH 32 KOHLEGESETZ IN NORDRHEIN-WESTFALEN AB 1. DEZEMBER 1970 NICHT MEHR GETROFFEN WERDEN ". DIE KOMMISSION HAT JEDOCH ANSCHEINEND AUF DER EINHALTUNG DIESES TERMINS NICHT BESTANDEN.

17 RECHTSFOLGEN LEITET SIE VIELMEHR ERST AUS DER IM AMTSBLATT AM 14. AUGUST 1970 VERÖFFENTLICHTEN MITTEILUNG AB, UND ZWAR IN DEM SINNE, DASS BETROFFENE VON DEM ZEITPUNKT AN, ZU DEM SIE VON DIESER MITTEILUNG KENNTNIS ERLANGEN KONNTEN, KEIN RECHTLICH SCHÜTZENSWERTES INTERESSE AN DER AUFRECHTERHALTUNG DER GESETZLICHEN BESTIMMUNGEN MEHR HÄTTEN GELTEND MACHEN KÖNNEN, WELCHE DIE STREITIGEN VERGÜNSTIGUNGEN GEWÄHRTEN ODER DEN ZEITRAUM FÜR IHRE GEWÄHRUNG VERLÄNGERTEN. UM DIESE ZEITLICHEN WIRKUNGEN DER ENTSCHEIDUNG VOM 17. FEBRUAR 1971 BESTIMMEN ZU KÖNNEN, IST ZUNÄCHST DIESE FRAGE ZU PRÜFEN.

18 DIE AM 14. AUGUST 1970 IM AMTSBLATT VERÖFFENTLICHTE MITTEILUNG GIBT IN ERSTER LINIE AUSKUNFT DARÜBER, DASS DIE KOMMISSION DAS VERFAHREN NACH ARTIKEL 93 ABSATZ 2 SATZ 1 DES EWG-VERTRAGS GEGEN DIE BESTEHENDE BEIHILFEREGELUNG EINGELEITET HAT, " DA EINE UNDIFFERENZIERTE GEWÄHRUNG DER FRAGLICHEN INVESTITIONSPRÄMIE IN ALLEN KOHLENBERGBAUGEBIETEN DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN... NICHT MEHR LÄNGER ALS MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT VEREINBAR ANGESEHEN WERDEN KANN ". DES WEITEREN WERDEN IN DER MITTEILUNG ALLE BETEILIGTEN AUFGEFORDERT, SICH DER KOMMISSION GEGENÜBER ZUR VERLÄNGERUNG DES ZEITRAUMS FÜR DIE GEWÄHRUNG DER STREITIGEN INVESTITIONSPRÄMIEN ZU ÄUSSERN.

19 DIESE MITTEILUNG DIENT NACH ARTIKEL 93 ABSATZ 2 SATZ 1 LEDIGLICH DEM ZWECK, VON DEN BETEILIGTEN ALLE AUSKÜNFTE ZU ERHALTEN, DIE DAZU BEITRAGEN KÖNNEN, DER KOMMISSION KLARHEIT ÜBER IHR WEITERES VORGEHEN ZU VERSCHAFFEN. ANGESICHTS DIESER ZWECKBESTIMMUNG UND DARÜBER HINAUS DER ÄUSSERST KNAPPEN WENDUNGEN, MIT DENEN DIE BEANSTANDETE BEIHILFEREGELUNG BESCHRIEBEN UND GEKENNZEICHNET WURDE, LASSEN SICH AUS DIESER MITTEILUNG NICHT IN DEM VON DER KOMMISSION VERTRETENEN SINNE RECHTSWIRKUNGEN AUF ETWAIGE ANSPRÜCHE EINZELNER PERSONEN ABLEITEN. DER FRAGLICHE ZEITPUNKT HAT FOLGLICH BEI DER FESTSTELLUNG DER WIRKUNGEN DER ENTSCHEIDUNG VOM 17. FEBRUAR 1971 AUSSER BETRACHT ZU BLEIBEN, SO DASS ES FÜR DIE BEURTEILUNG DES DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND VORGEWORFENEN VERSTOSSES ALLEIN AUF DIE ELEMENTE DIESER ENTSCHEIDUNG ANKOMMT.

20 STELLT DIE KOMMISSION FEST, DASS EINE VON EINEM STAAT GEWÄHRTE BEIHILFE MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT UNVEREINBAR IST, SO ENTSCHEIDET SIE NACH ARTIKEL 93 ABSATZ 2, DASS DER BETREFFENDE STAAT SIE " AUFZUHEBEN ODER UMZUGESTALTEN HAT ". IM UNTERSCHIED ZUR REGELUNG DES ARTIKELS 93 ABSATZ 3, DIE DIE BEFUGNIS DER KOMMISSION EINSCHLIESST, IM BEDARFSFALLE UNVERZUEGLICH EINSTWEILIGE MASSNAHMEN ANZUORDNEN, KÖNNEN NACH ABSATZ 2 DIESES ARTIKELS GETROFFENE ENTSCHEIDUNGEN VOLLE RECHTSWIRKUNGEN NUR UNTER DER VORAUSSETZUNG ENTFALTEN, DASS DIE KOMMISSION DEM BETROFFENEN MITGLIEDSTAAT ANGIBT, IN WELCHEM UMFANG SIE DIE BEIHILFE ALS UNVEREINBAR MIT DEM VERTRAG ANSIEHT UND DIESE DESHALB AUFZUGEBEN ODER UMZUGESTALTEN IST.

21 IN DIESER HINSICHT ERGIBT SICH AUS DEM TENOR DER ENTSCHEIDUNG VOM 17. FEBRUAR 1971, DASS DIE KOMMISSION DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND AUFGEFORDERT HAT, ALLE ERFORDERLICHEN MASSNAHMEN ZU TREFFEN, UM DIE " UNTERSCHIEDSLOSE " GEWÄHRUNG VON INVESTITIONSPRÄMIEN IN DEN STEINKOHLENBERGBAUGEBIETEN DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN EINZUSTELLEN, OHNE DASS DAFÜR FRISTEN GESETZT ODER IRGENDWELCHE KRITERIEN GENANNT WURDEN, DIE DER BEKLAGTEN ALS ANHALTSPUNKTE BEI DER AUFHEBUNG ODER UMGESTALTUNG DER BEANSTANDETEN BEIHILFEN HÄTTEN DIENEN KÖNNEN. DER PRÄAMBEL UND DER VORGESCHICHTE DER ENTSCHEIDUNG IST ALLENFALLS ZU ENTNEHMEN, DASS DIE REGIONALE STRUKTUR IN DEM SINNE DAS DIFFERENZIERUNGSKRITERIUM BILDEN SOLLTE, DASS DIE VERLÄNGERUNG DER GELTUNGSDAUER DER BEIHILFEREGELUNG LEDIGLICH EINIGEN VON DER STEINKOHLENBERGBAUKRISE BESONDERS BETROFFENEN GEBIETEN ZUGUTE KAM.

22 DER RÄUMLICHE ANWENDUNGSBEREICH DER ENTSCHEIDUNG VOM 17. FEBRUAR 1971 WURDE ERST NACH DEREN ERLASS IM ZUSAMMENWIRKEN VON KOMMISSION UND VERTRETERN DER DEUTSCHEN REGIERUNG MIT DER ERFORDERLICHEN GENAUIGKEIT FESTGELEGT. ERST IN EINER MITTEILUNG VOM 16. DEZEMBER 1971 HAT DIE KOMMISSION DIE KRITERIEN FÜR EINE ÖRTLICHE DIFFERENZIERUNG DER BEIHILFEGEWÄHRUNG NÄHER UMSCHRIEBEN, INDEM SIE GEWISSE ZU DIESEM ZWECK GEEIGNETE WIRTSCHAFTLICHE MASSSTÄBE ANFÜHRTE UND DIE KREISFREIEN STÄDTE UND LANDKREISE BEZEICHNETE, IN DENEN DIE WEITERE GEWÄHRUNG VON INVESTITIONSPRÄMIEN ALS VEREINBAR MIT DEM VERTRAG ANGESEHEN WERDEN KÖNNTE. EINE ENDGÜLTIGE LISTE DER KREISFREIEN STÄDTE UND LANDKREISE - UND ZWAR EINE UMFANGREICHERE ALS DIE IN DER MITTEILUNG VOM 16. DEZEMBER 1971 IN AUSSICHT GENOMMENE - ENTHÄLT ERST DER KLAGEANTRAG.

23 NACH ALLEDEM BLIEB MANGELS HINREICHENDER KONKRETISIERUNG EINES DER WESENTLICHEN ELEMENTE DER NACH ARTIKEL 93 ABSATZ 2 ERLASSENEN ENTSCHEIDUNG DER INHALT DER DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND AUFERLEGTEN VERPFLICHTUNG BIS ZU DEM AUGENBLICK UNBESTIMMT, IN DEM DIE KOMMISSION AUFGRUND DER GEMEINSAM MIT VERTRETERN DER DEUTSCHEN REGIERUNG DURCHGEFÜHRTEN ARBEITEN IN DER LAGE WAR, MIT DEM ERFORDERLICHEN MASS AN GENAUIGKEIT DEN RÄUMLICHEN ANWENDUNGSBEREICH DER BEIHILFEREGELUNG DES GESETZES ZUR VERLÄNGERUNG DER GELTUNGSDAUER DES GESETZES VOM 15. MAI 1968 UND DEMENTSPRECHEND AUCH DIE KREISFREIEN STÄDTE UND LANDKREISE ZU BEZEICHNEN, IN DENEN DIESE VERLÄNGERUNG NICHT ANGEWANDT WERDEN DURFTE. IN ANBETRACHT DER UNGEWISSHEIT ÜBER EINEN DER WESENTLICHEN ASPEKTE DES VON DER KOMMISSION AUSGESPROCHENEN VERBOTS KANN ES DEN DEUTSCHEN BEHÖRDEN NICHT ZUM VORWURF GEMACHT WERDEN, DASS SIE DEN BERECHTIGTEN INTERESSEN DER INVESTOREN AUCH IN SOLCHEN ZONEN RECHNUNG TRUGEN, DIE SPÄTER VON DER FÖRDERUNG DURCH BEIHILFEN AUSGESCHLOSSEN WURDEN.

24 DIE KLAGE IST NACH ALLDEM ABZUWEISEN.

Kostenentscheidung:

25 NACH ARTIKEL 69 PARAGRAPH 2 DER VERFAHRENSORDNUNG IST DIE UNTERLIEGENDE PARTEI ZUR TRAGUNG DER KOSTEN ZU VERURTEILEN. DIE KLAEGERIN IST MIT IHREM VORBRINGEN UNTERLEGEN.

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

UNTER ABWEISUNG ALLER WEITERGEHENDEN ODER GEGENTEILIGEN ANTRAEGE FÜR RECHT ERKANNT UND ENTSCHIEDEN :

1. DIE KLAGE WIRD ABGEWIESEN.

2. DIE KLAEGERIN TRAEGT DIE KOSTEN DES VERFAHRENS.

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