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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.1977
Aktenzeichen: 8-77
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 48
EWG-Vertrag Art. 7
EWG-Vertrag Art. 5
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. DAS RECHT DER STAATSANGEHÖRIGEN EINES MITGLIEDSTAATS , IN DAS HOHEITSGEBIET EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS EINZUREISEN UND SICH DORT ZU DEN VOM VERTRAG GENANNTEN ZWECKEN AUFZUHALTEN , IST EIN UNMITTELBAR AUS DEM VERTRAG ODER AUS DEN ZU SEINER DURCHFÜHRUNG ERGANGENEN BESTIMMUNGEN FLIESSENDES RECHT.

DIE AUSSTELLUNG DER IN ARTIKEL 4 DER RICHTLINIE NR. 68/360/EWG DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ZUR AUFHEBUNG DER REISE- UND AUFENTHALTSBESCHRÄNKUNGEN FÜR ARBEITNEHMER DER MITGLIEDSTAATEN UND IHRE FAMILIENANGEHÖRIGEN INNERHALB DER GEMEINSCHAFT VORGESEHENEN BESONDEREN AUFENTHALTSBESCHEINIGUNG WIRKT NUR DEKLARATORISCH ; SIE KANN FÜR AUSLÄNDER , DENEN ARTIKEL 48 DES VERTRAGES ODER DIESEM ENTSPRECHENDEN BESTIMMUNGEN RECHTE GEWÄHREN , EINER AUFENTHALTSERLAUBNIS , WIE SIE FÜR AUSLÄNDER IM ALLGEMEINEN VORGESEHEN IST UND FÜR DEREN ERTEILUNG DEN INNERSTAATLICHEN STELLEN EIN ERMESSENSSPIELRAUM ZUSTEHT , NICHT GLEICHGESTELLT WERDEN.

2. EIN MITGLIEDSTAAT DARF VON EINER UNTER DEM SCHUTZ DES GEMEINSCHAFTSRECHTS STEHENDEN PERSON NICHT VERLANGEN , DASS SIE EINE ALLGEMEINE AUFENTHALTSERLAUBNIS ANSTELLE DER IN ARTIKEL 4 ABSATZ 2 DER RICHTLINIE NR. 68/360 IN VERBINDUNG MIT DER ANLAGE ZU DIESER RICHTLINIE VORGESEHENEN BESCHEINIGUNG BESITZT , NOCH DARF ER BEIM FEHLEN EINER DERARTIGEN ERLAUBNIS SANKTIONEN VERHÄNGEN.

3. DIE RECHTSKRAFT EINER FRÜHEREN STRAFRECHTLICHEN VERURTEILUNG , DIE AUFGRUND VON MIT DEN ANFORDERUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS NICHT IM EINKLANG STEHENDEN INNERSTAATLICHEN BESTIMMUNGEN ERFOLGT IST , KANN BEI DER VERLETZUNG VON VORSCHRIFTEN , DIE EIN MITGLIEDSTAAT ERLASSEN HAT , UM DIE ANWENDUNG DER RICHTLINIE NR. 68/360 IN SEINEM HOHEITSGEBIET SICHERZUSTELLEN , KEINE VERSCHÄRFUNG DER ZU VERHÄNGENDEN STRAFEN RECHTFERTIGEN.

4. ES IST SACHE DER ZUSTÄNDIGEN STELLEN JEDES MITGLIEDSTAATS , GEGEBENENFALLS DAS VERHALTEN EINER UNTER DIE VORSCHRIFTEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS FALLENDEN PERSON ZU AHNDEN , DIE ES UNTERLASSEN HAT , SICH EINES DER IN ARTIKEL 3 ABSATZ 1 DER RICHTLINIE NR. 68/360 GENANNTEN AUSWEISPAPIERE ZU BESCHAFFEN , WOBEI DIE VERHÄNGTE SANKTION JEDOCH NICHT AUSSER VERHÄLTNIS ZU DER ART DES BEGANGENEN VERSTOSSES STEHEN DARF.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 14. JULI 1977. - CONCETTA SAGULO, GENNARO BRENCA UND ADDELMADJID BAKHOUCHE. - AUFENTHALTSRECHT DER GEMEINSCHAFTSANGEHOERIGEN. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM AMTSGERICHT REUTLINGEN. - RECHTSSACHE 8-77.

Entscheidungsgründe:

1 DAS AMTSGERICHT REUTLINGEN HAT DEM GERICHTSHOF MIT BESCHLUSS VOM 13. JANUAR 1977 , BEI DER KANZLEI DES GERICHTSHOFES EINGEGANGEN AM 18. JANUAR 1977 , GEMÄSS ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG VIER FRAGEN ZUR AUSLEGUNG DER ARTIKEL 7 UND 48 EWG-VERTRAG SOWIE DES ARTIKELS 4 DER RICHTLINIE NR. 68/360/EWG DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ZUR AUFHEBUNG DER REISE- UND AUFENTHALTSBESCHRÄNKUNGEN FÜR ARBEITNEHMER DER MITGLIEDSTAATEN UND IHRE FAMILIENANGEHÖRIGEN INNERHALB DER GEMEINSCHAFT ( ABL. L 257 , S. 13 ) VORGELEGT.

2 DIESE FRAGEN HABEN SICH IM RAHMEN VON STRAFVERFAHREN GEGEN ZWEI ITALIENISCHE STAATSANGEHÖRIGE UND EINEN FRANZÖSISCHEN STAATSANGEHÖRIGEN GESTELLT , DENEN VERSTÖSSE GEGEN DAS DEUTSCHE AUSLÄNDERGESETZ VOM 28. APRIL 1965 ( BUNDESGESETZBLATT 1965 , TEIL I , S. 353 ) ZUR LAST GELEGT WERDEN. AUS DER AKTE GEHT HERVOR , DASS GEGEN DIE BEIDEN ITALIENISCHEN STAATSANGEHÖRIGEN DURCH STRAFBEFEHL GELDSTRAFEN FESTGESETZT WORDEN WAREN , WEIL SIE SICH OHNE GÜLTIGEN REISEPASS ODER PERSONALAUSWEIS , FOLGLICH OHNE GÜLTIGE AUFENTHALTSERLAUBNIS , IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND AUFGEHALTEN HÄTTEN. DER FRANZÖSISCHE STAATSANGEHÖRIGE WAR , DA ER ZWAR EINEN GÜLTIGEN REISEPASS BESESSEN , SICH ABER GEWEIGERT HATTE , DIE VON DEN DEUTSCHEN BEHÖRDEN VELANGTEN FORMALITÄTEN FÜR DEN ERHALT EINER AUFENTHALTSERLAUBNIS ZU ERFÜLLEN , FÜR KURZE ZEIT IN UNTERSUCHUNGSHAFT GENOMMEN WORDEN ; IHM WIRD ZUR LAST GELEGT , SEINE VERHÄLTNISSE NICHT MIT DEN EINSCHLAEGIGEN BESTIMMUNGEN IN EINKLANG GEBRACHT ZU HABEN.

3 DIE ERSTE , ZWEITE UND VIERTE FRAGE ZIELEN IM WESENTLICHEN DARAUF , OB DIE MITGLIEDSTAATEN IHRE ALLGEMEINEN VORSCHRIFTEN ÜBER DIE EINREISE UND DEN AUFENTHALT VON AUSLÄNDERN UND GEGEBENENFALLS DIE FÜR DEN FALL DER VERLETZUNG DIESER VORSCHRIFTEN VORGESEHENEN STRAFBESTIMMUNGEN NOCH AUF PERSONEN ANWENDEN DÜRFEN , DIE UNTER DEM SCHUTZ DES GEMEINSCHAFTSRECHTS STEHEN. IM EINZELNEN WIRD DANACH GEFRAGT ,

- OB DIE IN ARTIKEL 4 DER RICHTLINIE NR. 68/360 DES RATES GENANNTE BESONDERE , DEKLARATORISCH WIRKENDE AUFENTHALTSBESCHEINIGUNG FÜR DIE AUS ARTIKEL 48 FF. EWG-VERTRAG BERECHTIGTEN AUSLÄNDER VERWALTUNGS- UND STRAFRECHTLICH DER ALLGEMEINEN AUFENTHALTSERLAUBNIS NACH DEM DEUTSCHEN AUSLÄNDERGESETZ GLEICHGESTELLT WERDEN KANN MIT DER FOLGE , DASS DIESE AUSLÄNDER BEI FEHLEN ODER UNGÜLTIGWERDEN DER AUFENTHALTSBESCHEINIGUNG NACH PAR 47 ABSATZ 1 NR. 1 ODER 2 AUSLÄNDERGESETZ WEGEN AUFENTHALTS ODER EINREISE OHNE GÜLTIGE AUFENTHALTSERLAUBNIS GEMÄSS PAR 5 AUSLÄNDERGESETZ BESTRAFT WERDEN KÖNNEN , ODER OB DIES GEGEN DEN EWG-VERTRAG VERSTÖSST ;

- OB ES GEGEN DEN EWG-VERTRAG VERSTÖSST , WENN EINEM AUSLÄNDER , DER NACH ARTIKEL 48 EWG-VERTRAG UND DER OBEN GENANNTEN RICHTLINIE DES RATES UNMITTELBAR BERECHTIGT IST , LEDIGLICH EINE AUFENTHALTSERLAUBNIS NACH PAR 5 AUSLÄNDERGESETZ MIT DEN MÖGLICHEN NACHTEILIGEN FOLGEN NACH PAR 47 AUSLÄNDERGESETZ ERTEILT WIRD ;

- OB ES GEGEN DEN EWG-VERTRAG VERSTIESSE , EINEN NACH ARTIKEL 48 EWG-VERTRAG BERECHTIGTEN AUSLÄNDER , DER BEREITS IM VORJAHR WEGEN VORSÄTZLICHEN VERGEHENS GEGEN DAS AUSLÄNDERGESETZ ZU GELDSTRAFE VERURTEILT WORDEN WAR , WEIL ER SICH OHNE AUFENTHALTSERLAUBNIS IM BUNDESGEBIET AUFGEHALTEN HATTE , WEGEN EINES GLEICHEN VERHALTENS NACH RECHTSKRAFT DIESES URTEILS NUNMEHR ZU FREIHEITSSTRAFE ZU VERURTEILEN.

4 DAS RECHT DER STAATSANGEHÖRIGEN EINES MITGLIEDSTAATS , IN DAS HOHEITSGEBIET EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS EINZUREISEN UND SICH DORT ZU DEN VOM VERTRAG GENANNTEN ZWECKEN AUFZUHALTEN , IST - WIE DAS VORLEGENDE GERICHT ZU RECHT AUSFÜHRT - EIN JE NACH SACHLAGE UNMITTELBAR AUS DEM VERTRAG ODER AUS DEN ZU SEINER DURCHFÜHRUNG ERGANGENEN BESTIMMUNGEN FLIESSENDES RECHT. JEDOCH HAT DAS GEMEINSCHAFTSRECHT DEN MITGLIEDSTAATEN INSOWEIT NICHT DIE BEFUGNIS ZUM ERLASS VON MASSNAHMEN GENOMMEN , DIE DEN NATIONALEN BEHÖRDEN DIE GENAUE KENNTNIS DER BEVÖLKERUNGSBEWEGUNGEN IN IHREM HOHEITSGEBIET ERMÖGLICHEN SOLLEN. UM DEN MITGLIEDSTAATEN DIE ERFASSUNG DIESER DATEN ZU ERMÖGLICHEN UND ZUGLEICH DIE BETROFFENEN IN DEN STAND ZU VERSETZEN , IHRE RECHTSSTELLUNG IM HINBLICK AUF DIE ANWENDUNG DER VERTRAGSBESTIMMUNGEN NACHZUWEISEN , SIND IN DEN ARTIKELN 2 UND 4 DER RICHTLINIE NR. 68/360 ZWEI FORMALITÄTEN VORGESEHEN : DIE IN BETRACHT KOMMENDEN PERSONEN MÜSSEN EINEN GÜLTIGEN PERSONALAUSWEIS ODER REISEPASS HABEN UND IHR AUFENTHALTSRECHT DURCH EINE BESCHEINIGUNG , DIE ' ' AUFENTHALTSERLAUBNIS FÜR ANGEHÖRIGE EINES MITGLIEDSTAATS DER EWG ' ' , DIE MIT DEM IN DER ANLAGE ZU DER RICHTLINIE WIEDERGEGEBENEN VERMERK VERSEHEN SEIN MUSS , NACHWEISEN KÖNNEN. NACH ARTIKEL 189 ABSATZ 3 DES VERTRAGES IST ES SACHE DER MITGLIEDSTAATEN , DIE FORM UND DIE MITTEL ZU WÄHLEN , UM DEN BESTIMMUNGEN DER RICHTLINIE IN IHREM HOHEITSGEBIET ENTWEDER DURCH DEN ERLASS BESONDERER GESETZES- ODER VERORDNUNGSBESTIMMUNGEN ODER DURCH DIE ANWENDUNG PASSENDER BESTIMMUNGEN IHRER ALLGEMEINEN AUSLÄNDERRECHTLICHEN VORSCHRIFTEN ZUR WIRKUNG ZU VERHELFEN. DABEI FÄLLT ES AUCH IN DIE ZUSTÄNDIGKEIT DER MITGLIEDSTAATEN , STRAFSANKTIONEN ZU SCHAFFEN ODER DIE IN IHREN ALLGEMEINEN VORSCHRIFTEN VORGESEHENEN SANKTIONEN ANZUWENDEN , UM DIE EINHALTUNG DER IN DER RICHTLINIE NR. 68/360 VORGESEHENEN FORMALITÄTEN IN IHREM HOHEITSGEBIET SICHERZUSTELLEN.

5 VOLLZIEHT EIN MITGLIEDSTAAT DIE RICHTLINIE AUF DER GRUNDLAGE SEINER ALLGEMEINEN RECHTSVORSCHRIFTEN ÜBER DIE RECHTSSTELLUNG DER AUSLÄNDER , SO DARF ER FREILICH KEINE BEHÖRDLICHEN ODER GERICHTLICHEN MASSNAHMEN TREFFEN , DIE SICH DAHIN AUSWIRKEN WÜRDEN , DASS DIE VOLLE AUSÜBUNG DER RECHTE BESCHRÄNKT WIRD , DIE DAS GEMEINSCHAFTSRECHT DEN ANGEHÖRIGEN ANDERER MITGLIEDSTAATEN GEWÄHRT. INSBESONDERE WÄRE ES MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT UNVEREINBAR , WENN EINE ALLGEMEINE AUFENTHALTSERLAUBNIS VERLANGT ODER ERTEILT WÜRDE , DIE EINE ANDERE TRAGWEITE HÄTTE ALS DER NACHWEIS DES AUFENTHALTSRECHTS DURCH DIE AUSSTELLUNG DER IN ARTIKEL 4 ABSATZ 2 DER RICHTLINIE NR. 68/360 VORGESEHENEN BESONDEREN ' ' AUFENTHALTSERLAUBNIS ' '.

6 DESHALB IST DIE VERHÄNGUNG VON STRAFSANKTIONEN ODER ANDEREN ZWANGSMASSNAHMEN AUSGESCHLOSSEN , SOWEIT EINE VON DEN BESTIMMUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS GESCHÜTZTE PERSON INNERSTAATLICHEN VORSCHRIFTEN NICHT NACHKOMMT , DIE FÜR EINE SOLCHE PERSON DEN BESITZ EINER ALLGEMEINEN AUFENTHALTSERLAUBNIS STATT DER IN DER RICHTLINIE NR. 68/360 VORGESEHENEN BESCHEINIGUNG VORSCHREIBEN , DENN DIE INNERSTAATLICHEN STELLEN DÜRFEN WEGEN DER NICHTBEACHTUNG EINER MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT UNVEREINBAREN VORSCHRIFT KEINE SANKTIONEN VERHÄNGEN. DAGEGEN STEHT DAS GEMEINSCHAFTSRECHT DER ANGEMESSENEN AHNDUNG EINES VERSTOSSES DES BETROFFENEN GEGEN INNERSTAATLICHE VORSCHRIFTEN , DIE IN ÜBEREINSTIMMUNG MIT DER RICHTLINIE NR. 68/360 ERLASSEN WORDEN SIND , NICHT ENTGEGEN.

7 GLEICHES GILT AUCH FÜR DIE FRAGE , OB DIE WIEDERHOLTE NICHTBEACHTUNG VON VORSCHRIFTEN , DIE EIN MITGLIEDSTAAT ZUM VOLLZUG DER RICHTLINIE NR. 68/360 ERLASSEN HAT , GEGEBENENFALLS EINE VERSCHÄRFUNG DER ZU VERHÄNGENDEN STRAFEN RECHTFERTIGEN KANN. ZWAR BESTEHEN GEGEN EINE DERARTIGE - MIT DEN ALLGEMEINEN STRAFRECHTSGRUNDSÄTZEN IM EINKLANG STEHENDE - STRAFVERSCHÄRFUNG ALS SOLCHE AUS DER SICHT DES GEMEINSCHAFTSRECHTS KEINE BEDENKEN. DIES LÄSST JEDOCH DIE PFLICHT DES GERICHTS UNBERÜHRT , ZU PRÜFEN , OB DIE VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE SOLCHE STRAFVERSCHÄRFUNG ERFÜLLT SIND , FALLS EINE FRÜHERE VERURTEILUNG AUFGRUND GESETZLICHER VORSCHRIFTEN ERFOLGT SEIN SOLLTE , DEREN ANWENDUNG NACH DEM GEMEINSCHAFTSRECHT NICHT GERECHTFERTIGT WAR. AUCH WENN NÄMLICH DIE RECHTSKRAFT NICHT GESTATTET , EINE SOLCHE FRÜHERE VERURTEILUNG UNGESCHEHEN ZU MACHEN , SO KANN MAN DOCH IHRE WIRKUNG NICHT DERGESTALT ERWEITERN , DASS SIE FÜR EINE SPÄTERE , NACH DEM GEMEINSCHAFTSRECHT GERECHTFERTIGTE VERURTEILUNG ALS STRAFSCHÄRFENDER UMSTAND ANGESEHEN WIRD.

8 DIE GESTELLTEN FRAGEN SIND ALSO WIE FOLGT ZU BEANTWORTEN : DIE AUSSTELLUNG DER IN ARTIKEL 4 DER RICHTLINIE NR. 68/360 DES RATES VORGESEHENEN BESONDEREN AUFENTHALTSBESCHEINIGUNG WIRKT NUR DEKLARATORISCH UND KANN FÜR AUSLÄNDER , DENEN ARTIKEL 48 DES VERTRAGES ODER DIESEM ENTSPRECHENDE BESTIMMUNGEN RECHTE GEWÄHREN , EINER AUFENTHALTSERLAUBNIS , WIE SIE FÜR AUSLÄNDER IM ALLGEMEINEN VORGESEHEN IST UND FÜR DEREN ERTEILUNG DEN INNERSTAATLICHEN STELLEN EIN ERMESSENSSPIELRAUM ZUSTEHT , NICHT GLEICHGESTELLT WERDEN. EIN MITGLIEDSTAAT DARF VON EINER UNTER DEM SCHUTZ DES GEMEINSCHAFTSRECHTS STEHENDEN PERSON NICHT VERLANGEN , DASS SIE EINE ALLGEMEINE AUFENTHALTSERLAUBNIS ANSTELLE DER IN ARTIKEL 4 ABSATZ 2 DER RICHTLINIE NR. 68/360 IN VERBINDUNG MIT DER ANLAGE ZU DIESER RICHTLINIE VORGESEHENEN BESCHEINIGUNG BESITZT , NOCH DARF ER BEIM FEHLEN EINER DERARTIGEN ERLAUBNIS SANKTIONEN VERHÄNGEN. DIE RECHTSKRAFT EINER FRÜHEREN STRAFRECHTLICHEN VERURTEILUNG , DIE AUFGRUND VON MIT DEN ANFORDERUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS NICHT IM EINKLANG STEHENDEN INNERSTAATLICHEN BESTIMMUNGEN ERFOLGT IST , KANN BEI DER VERLETZUNG VON VORSCHRIFTEN , DIE EIN MITGLIEDSTAAT ERLASSEN HAT , UM DIE ANWENDUNG DER RICHTLINIE NR. 68/360 IN SEINEM HOHEITSGEBIET SICHERZUSTELLEN , KEINE VERSCHÄRFUNG DER ZU VERHÄNGENDEN STRAFEN RECHTFERTIGEN.

9 DIE DRITTE FRAGE GEHT DAHIN ,

OB ES GEGEN DAS DISKRIMINIERUNGSVERBOT IN ARTIKEL 7 EWG-VERTRAG ODER SONST GEGEN INHALT UND GEIST DIESES VERTRAGES - ARTIKEL 5 EWG-VERTRAG - VERSTÖSST , DASS EIN AUSLÄNDER , DER NACH ARTIKEL 48 EWG-VERTRAG ODER EINER DER ZU SEINER DURCHFÜHRUNG ERGANGENEN BESTIMMUNGEN BERECHTIGT IST ODER ZUNÄCHST WAR , SICH IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND ZU DEN DORT GENANNTEN ZWECKEN AUFZUHALTEN BEZIEHUNGSWEISE EINZUREISEN , UND DESSEN NACH PAR 3 AUSLÄNDERGESETZ , PAR 10 AUFENTHALTSGESETZ/EWG ERFORDERLICHER NATIONALER PASS ODER PASSERSATZ UNGÜLTIG GEWORDEN IST , IM GELTUNGSBEREICH DES DEUTSCHEN AUSLÄNDERGESETZES NACH DESSEN PAR 47 ABSATZ 1 NR. 1 ODER 2 WEGEN VERGEHENS MIT FREIHEITSSTRAFE BIS ZU EINEM JAHR ODER MIT GELDSTRAFE BIS ZU 360 TAGESSÄTZEN BESTRAFT WERDEN KANN , WÄHREND EIN INLÄNDER , DESSEN NACH DEN VERGLEICHBAREN BUNDES- UND LANDESPERSONALAUSWEISGESETZEN ERFORDERLICHER PERSONALAUSWEIS UNGÜLTIG GEWORDEN IST , LEDIGLICH WEGEN EINER ORDNUNGSWIDRIGKEIT MIT EINER GELDBUSSE BELEGT WERDEN KANN ( PAR 47 DES GESETZES ÜBER ORDNUNGSWIDRIGKEITEN - IN DER REGEL ABER NICHT VERFOLGT WIRD ), WELCHE BEI FAHRLÄSSIGKEIT BIS ZU 500 DM , BEI VORSATZ BIS ZU 1 000 DM BETRAGEN KANN.

10 DIESE FRAGE BETRIFFT INSBESONDERE DEN FALL , DASS ES EINE PERSON , DIE NACH DEM GEMEINSCHAFTSRECHT ZUM AUFENTHALT IM HOHHEITSGEBIET DES JEWEILIGEN LANDES BERECHTIGT IST , UNTERLÄSST , SICH EIN GÜLTIGES AUSWEISPAPIER ZU BESCHAFFEN. DA DIESES ERFORDERNIS AUSDRÜCKLICH IN DER RICHTLINIE NR. 68/360 ENTHALTEN IST , IST IM GRUNDSATZ DIE BEFUGNIS DER MITGLIEDSTAATEN ZUR AHNDUNG VON VERSTÖSSEN GEGEN DIESE PFLICHT NICHT ZU BESTREITEN. DAS VORLEGENDE GERICHT FRAGT JEDOCH IN DIESEM ZUSAMMENHANG , OB ES MIT DEM GEMEINSCHAFTSRECHT UND INSBESONDERE DEM DISKRIMINIERUNGSVERBOT DES ARTIKELS 7 DES VERTRAGES VEREINBAR IST , EINE UNTER DAS GEMEINSCHAFTSRECHT FALLENDE PERSON DEN VERHÄLTNISMÄSSIG HOHEN STRAFEN ZU UNTERWERFEN , DIE DAS ALLGEMEINE AUSLÄNDERRECHT FÜR EINEN DERARTIGEN VERSTOSS VORSIEHT , OBWOHL EIN INLÄNDER BEI EINEM VERSTOSS GEGEN VERGLEICHBARE RECHTSVORSCHRIFTEN LEDIGLICH DEN BETRÄCHTLICH LEICHTEREN SANKTIONEN UNTERLIEGT , DIE FÜR BLOSSE ORDNUNGSWIDRIGKEITEN GELTEN.

11 IN ARTIKEL 7 ABSATZ 1 EWG-VERTRAG HEISST ES : ' ' UNBESCHADET BESONDERER BESTIMMUNGEN DIESES VERTRAGS IST IN SEINEM ANWENDUNGSBEREICH JEDE DISKRIMINIERUNG AUS GRÜNDEN DER STAATSANGEHÖRIGKEIT VERBOTEN. ' ' IM HINBLICK AUF DIE FRAGE DES VORLEGENDEN GERICHTS IST DARAUF HINZUWEISEN , DASS DER ALLGEMEINE GRUNDSATZ DES ARTIKELS 7 NUR VORBEHALTLICH DER BESONDEREN BESTIMMUNGEN DES VERTRAGES GELTEN KANN. ZU DIESEN BESONDEREN BESTIMMUNGEN ZÄHLEN AUCH DIE IN ARTIKEL 49 FÜR DIE FORTSCHREITENDE HERSTELLUNG DER FREIZUEGIGKEIT VORGESEHENEN VERORDNUNGEN UND RICHTLINIEN UND UNTER DIESEN DIE RICHTLINIE NR. 68/360. SOWEIT DIESE RICHTLINIE DEN ANGEHÖRIGEN EINES MITGLIEDSTAATS , DIE IN DAS HOHEITSGEBIET EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS EINREISEN ODER SICH DORT AUFHALTEN , BESONDERE PFLICHTEN - WIE DEN BESITZ EINES REISEPASSES ODER EINES PERSONALAUSWEISES - AUFERLEGT , KÖNNEN DIE HIERVON BETROFFENEN PERSONEN NICHT EINFACH DEN ANGEHÖRIGEN DES AUFENTHALTSSTAATS GLEICHGESTELLT WERDEN.

12 ES BESTEHEN DESHALB KEINE EINWÄNDE DAGEGEN , DASS DIESE PERSONEN ANDEREN STRAFVORSCHRIFTEN UNTERLIEGEN , ALS SIE FÜR INLÄNDER GELTEN , DIE GEGEN EINE MÖGLICHERWEISE DURCH GESETZ ODER VERORDNUNG BEGRÜNDETE PFLICHT , SICH GEWISSE AUSWEISPAPIERE ZU BESCHAFFEN , VERSTOSSEN HABEN. DIESE FOLGERUNG DRÄNGT SICH UM SO MEHR AUF , ALS MANCHE MITGLIEDSTAATEN IHREN EIGENEN ANGEHÖRIGEN KEINE DERARTIGE GESETZLICHE PFLICHT AUFERLEGEN , SO DASS IN DIESEN LÄNDERN JEDER VERGLEICHSMASSSTAB FEHLEN WÜRDE. IN ERMANGELUNG EINES BEZUGSKRITERIUMS , DAS IM VORLIEGENDEN FALLE AUF DEN IN ARTIKEL 7 DES VERTRAGES AUFGESTELLTEN GRUNDSATZ DER INLÄNDERBEHANDLUNG GESTÜTZT WERDEN KÖNNTE , IST JEDOCH FESTZUSTELLEN , DASS ES ZWAR SACHE DER MITGLIEDSTAATEN IST , IN VERNÜNFTIGEN GRENZEN VERSTÖSSE GEGEN DIE PFLICHT DER UNTER DAS GEMEINSCHAFTSRECHT FALLENDEN PERSONEN , SICH EINEN GÜLTIGEN PERSONALAUSWEIS ODER REISEPASS ZU BESCHAFFEN , ZU AHNDEN , DASS ABER DERARTIGE SANKTIONEN KEINESFALLS SO SCHWER SEIN DÜRFEN , DASS SIE ZUM HINDERNIS FÜR DIE IM VERTRAG VORGESEHENE EINREISE- ODER AUFENTHALTSFREIHEIT WÜRDEN. INSOWEIT IST NICHT AUSZUSCHLIESSEN , DASS DIE IN ALLGEMEINEN AUSLÄNDERRECHTLICHEN VORSCHRIFTEN VORGESEHENEN STRAFEN IN ANBETRACHT DER ZIELSETZUNG DERARTIGER VORSCHRIFTEN DEN ERFORDERNISSEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS NICHT GERECHT WERDEN , DAS AUF DER FREIZUEGIGKEIT DER PERSONEN UND - ABGESEHEN VON BESONDEREN AUSNAHMEN - AUF DER GENERELLEN ANWENDUNG DES GRUNDSATZES DER INLÄNDERBEHANDLUNG BERUHT. HAT EIN MITGLIEDSTAAT SEINE RECHTSVORSCHRIFTEN AN DIE ANFORDERUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS IN DIESEM BEREICH NICHT ANGEPASST , SO IST ES AUFGABE DES INNERSTAATLICHEN GERICHTS , VON SEINER RICHTERLICHEN BEURTEILUNGSFREIHEIT GEBRAUCH ZU MACHEN , UM ZU EINER AHNDUNG ZU GELANGEN , DIE DEM CHARAKTER UND DEM ZWECK DER GEMEINSCHAFTSRECHTLICHEN VORSCHRIFTEN ANGEMESSEN IST , DEREN EINHALTUNG DIE SANKTION SICHERN SOLL.

13 DIE ANTWORT AUF DIE GESTELLTE FRAGE MUSS ALSO LAUTEN , DASS ES SACHE DER ZUSTÄNDIGEN STELLEN JEDES MITGLIEDSTAATS IST , GEGEBENENFALLS DAS VERHALTEN EINER UNTER DIE VORSCHRIFTEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS FALLENDEN PERSON ZU AHNDEN , DIE ES UNTERLASSEN HAT , SICH EINES DER IN ARTIKEL 3 ABSATZ 1 DER RICHTLINIE NR. 68/360 GENANNTEN AUSWEISPAPIERE ZU BESCHAFFEN , WOBEI DIE VERHÄNGTE SANKTION JEDOCH NICHT AUSSER VERHÄLTNIS ZU DER ART DES BEGANGENEN VERSTOSSES STEHEN DARF.

Kostenentscheidung:

KOSTEN

14 DIE AUSLAGEN DER KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN , DIE VOR DEM GERICHTSHOF ERKLÄRUNGEN ABGEGEBEN HAT , SIND NICHT ERSTATTUNGSFÄHIG. FÜR DIE BETEILIGTEN DES AUSGANGSVERFAHRENS IST DAS VERFAHREN VOR DEM GERICHTSHOF EIN ZWISCHENSTREIT IN DEM VOR DEM AMTSGERICHT REUTLINGEN ANHÄNGIGEN STRAFVERFAHREN. DIE KOSTENENTSCHEIDUNG OBLIEGT DAHER DIESEM GERICHT.

AUS DIESEN GRÜNDEN

Tenor:

HAT

DER GERICHTSHOF

AUF DIE IHM VOM AMTSGERICHT REUTLINGEN MIT BESCHLUSS VOM 13. JANUAR 1977 VORGELEGTEN FRAGEN FÜR RECHT ERKANNT :

1. DIE AUSSTELLUNG DER IN ARTIKEL 4 DER RICHTLINIE NR. 68/360/EWG DES RATES VOM 15. OKTOBER 1968 ZUR AUFHEBUNG DER REISE- UND AUFENTHALTSBESCHRÄNKUNGEN FÜR ARBEITNEHMER DER MITGLIEDSTAATEN UND IHRE FAMILIENANGEHÖRIGEN INNERHALB DER GEMEINSCHAFT VORGESEHENEN BESONDEREN AUFENTHALTSBESCHEINIGUNG WIRKT NUR DEKLARATORISCH UND KANN FÜR AUSLÄNDER , DENEN ARTIKEL 48 DES VERTRAGES ODER DIESEM ENTSPRECHENDE BESTIMMUNGEN RECHTE GEWÄHREN , EINER AUFENTHALTSERLAUBNIS , WIE SIE FÜR AUSLÄNDER IM ALLGEMEINEN VORGESEHEN IST UND FÜR DEREN ERTEILUNG DEN INNERSTAATLICHEN STELLEN EIN ERMESSENSSPIELRAUM ZUSTEHT , NICHT GLEICHGESTELLT WERDEN.

2. EIN MITGLIEDSTAAT DARF VON EINER UNTER DEM SCHUTZ DES GEMEINSCHAFTSRECHTS STEHENDEN PERSON NICHT VERLANGEN , DASS SIE EINE ALLGEMEINE AUFENTHALTSERLAUBNIS ANSTELLE DER IN ARTIKEL 4 ABSATZ 2 DER RICHTLINIE NR. 68/360 IN VERBINDUNG MIT DER ANLAGE ZU DIESER RICHTLINIE VORGESEHENEN BESCHEINIGUNG BESITZT , NOCH DARF ER BEIM FEHLEN EINER DERARTIGEN ERLAUBNIS SANKTIONEN VERHÄNGEN.

3. DIE RECHTSKRAFT EINER FRÜHEREN STRAFRECHTLICHEN VERURTEILUNG , DIE AUFGRUND VON MIT DEN ANFORDERUNGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS NICHT IM EINKLANG STEHENDEN INNERSTAATLICHEN BESTIMMUNGEN ERFOLGT IST , KANN BEI DER VERLETZUNG VON VORSCHRIFTEN , DIE EIN MITGLIEDSTAAT ERLASSEN HAT , UM DIE ANWENDUNG DER RICHTLINIE NR. 68/360 IN SEINEM HOHEITSGEBIET SICHERZUSTELLEN , KEINE VERSCHÄRFUNG DER ZU VERHÄNGENDEN STRAFEN RECHTFERTIGEN.

4. ES IST SACHE DER ZUSTÄNDIGEN STELLEN JEDES MITGLIEDSTAATS , GEGEBENENFALLS DAS VERHALTEN EINER UNTER DIE VORSCHRIFTEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS FALLENDEN PERSON ZU AHNDEN , DIE ES UNTERLASSEN HAT , SICH EINES DER IN ARTIKEL 3 ABSATZ 1 DER RICHTLINIE NR. 68/360 GENANNTEN AUSWEISPAPIERE ZU BESCHAFFEN , WOBEI DIE VERHÄNGTE SANKTION JEDOCH NICHT AUSSER VERHÄLTNIS ZU DER ART DES BEGANGENEN VERSTOSSES STEHEN DARF.

Ende der Entscheidung

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