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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 12.06.1990
Aktenzeichen: 8/88
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 3007/84, VO (EWG) Nr. 729/70, EWG-Vertrag


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 3007/84 Art. 2
VO (EWG) Nr. 729/70 Art. 8
EWG-Vertrag Art. 5
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Es ist Sache aller mitgliedstaatlichen Behörden, seien es solche der staatlichen Zentralgewalt, eines Gliedstaats oder sonstiger Gebietskörperschaften, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten. Dagegen ist es nicht Aufgabe der Kommission, sich zur Verteilung der Zuständigkeiten aufgrund der organisationsrechtlichen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten und - im Falle eines Staats mit föderativem Aufbau - zu den jeweiligen Pflichten der Behörden des Zentralstaats und der Gliedstaaten zu äussern. Sie kann nur nachprüfen, ob das gemäß den Bedingungen der nationalen Rechtsordnung errichtete System von Überwachungs - und Kontrollmaßnahmen so wirksam ist, daß es eine richtige Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften erlaubt.

2. Aus den Artikeln 8 und 9 der Verordnung Nr. 729/70 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik sowie aus Artikel 5 der Verordnung Nr. 3007/84 mit Durchführungsbestimmungen für die Prämie zugunsten der Erzeuger von Schaffleisch und aus Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1244/82 zur Durchführung der Prämienregelung für die Erhaltung des Mutterkuhbestands, betrachtet im Lichte der durch Artikel 5 EWG-Vertrag aufgestellten Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit mit der Kommission, ergibt sich für die Frage der ordnungsgemässen Verwendung der Gemeinschaftsmittel, daß die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, ein System von Verwaltungskontrollen und Kontrollen an Ort und Stelle zu schaffen, das die ordnungsgemässe Erfuellung der materiellen und formellen Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Prämien sicherstellt.

Wenn die Kommission feststellt, daß in einem Mitgliedstaat ein solches Kontrollsystem fehlt oder das eingeführte System derartige Mängel aufweist, daß Zweifel an der Erfuellung der für die Gewährung der fraglichen Prämien geltenden Voraussetzungen bestehen, so ist sie berechtigt, bestimmte von diesem Staat getätigte Ausgaben nicht anzuerkennen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 12. JUNI 1990. - BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - LANDWIRTSCHAFT - EAGFL - NICHTANERKENNUNG VON AUSGABEN. - RECHTSSACHE 8/88.

Entscheidungsgründe:

1 Die Bundesrepublik Deutschland hat mit Klageschrift, die am 12. Januar 1988 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 1 EWG-Vertrag die Aufhebung der Entscheidung 87/541/EWG der Kommission vom 21. Oktober 1987 zur Änderung der Entscheidungen 87/468/EWG und 87/469/EWG über den Rechnungsabschluß der Mitgliedstaaten für die vom Europäischen Ausrichtungs - und Garantiefonds für die Landwirtschaft ( EAGFL ), Abteilung Garantie, in den Haushaltsjahren 1984 und 1985 finanzierten Ausgaben ( ABl. L 324, S. 32 ) insoweit beantragt, als diese Entscheidung bestimmte Beträge, die die Bundesrepublik Deutschland als nach der Gemeinschaftsregelung vorgesehene Prämien zugunsten der Erzeuger von Schaffleisch und für die Erhaltung des Mutterkuhbestands für die genannten Haushaltsjahre gezahlt hatte, von der Gemeinschaftsfinanzierung ausgeschlossen hat.

2 Der Rechnungsabschluß in den Entscheidungen 87/468 und 87/469 erstreckte sich nicht auf bestimmte, die Bundesrepublik Deutschland betreffende Ausgaben, hinsichtlich deren ergänzende Prüfungen für erforderlich gehalten wurden; die angefochtene Maßnahme bezieht sich auf diese Ausgaben.

3 Die Prämien zugunsten der Schaffleischerzeuger wurden durch die angefochtene Entscheidung, die nach Durchführung dieser ergänzenden Prüfungen ergangen ist, nur für das Land Nordrhein-Westfalen, und zwar in Höhe von 1 681 980,64 DM für 1984 und 1 596 934,47 DM für 1985, nicht anerkannt; die Prämien für die Erhaltung des Mutterkuhbestands wurden nur für die Länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern, und zwar in Höhe von 222 376,22 DM für 1984 und 182 636,48 DM für 1985, nicht anerkannt.

4 Die Prämie zugunsten der Schaffleischerzeuger ist in Artikel 5 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1837/80 des Rates vom 27. Juni 1980 über die gemeinsame Marktorganisation für Schaf - und Ziegenfleisch ( ABl. L 183, S. 1 ) vorgesehen.

5 Nach der Verordnung ( EWG ) Nr. 872/84 des Rates vom 31. März 1984 zur Festlegung der Grundregeln für die Gewährung der Prämie zugunsten der Schaffleischerzeuger und zur Aufhebung der Verordnung ( EWG ) Nr. 2643/80 ( ABl. L 90, S. 40 ) hat seit dem 1. April 1984 Anspruch auf diese Prämie der Antragsteller, der mindestens 10 Mutterschafe hält, während für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 1984 die Mindestzahl von Mutterschafen von den Mitgliedstaaten festgesetzt wurde.

6 Gemäß Artikel 2 der Verordnung ( EWG ) Nr. 3007/84 der Kommission vom 26. Oktober 1984 mit Durchführungsbestimmungen für diese Prämie ( ABl. L 283, S. 28 ) muß der Antragsteller seit Ende Oktober 1984 die Anzahl der Mutterschafe, für die er die Prämie beantragt, während mindestens 100 Tagen ab dem 30. April eines jeden Jahres in seinem Betrieb halten. Für das Jahr 1984 bestand diese Verpflichtung nicht.

7 Die Prämie für die Erhaltung des Mutterkuhbestands wurde durch die Verordnung ( EWG ) Nr. 1357/80 des Rates vom 5. Juni 1980 ( ABl. L 140, S. 1 ) eingeführt.

8 Nach dieser Verordnung in der Fassung der Verordnung ( EWG ) Nr. 1417/81 des Rates vom 19. Mai 1981 ( ABl. L 142, S. 4 ) müssen die Mutterkühe, für die diese Prämie beantragt wird, einer der in der Verordnung genannten Fleischrassen angehören. Der Antragsteller muß ferner der zuständigen Behörde glaubhaft nachweisen, "daß er weder Milch noch Milcherzeugnisse abliefert, die aus dem am Tag der Antragstellung von ihm geführten Betrieb stammen", und er muß sich verpflichten, während zwölf Monaten nach dem Tag der Antragstellung keine Milch oder Milcherzeugnisse anzuliefern und in seinem Betrieb wenigstens für sechs Monate nach diesem Tag mindestens die Zahl von Mutterkühen zu behalten, für die die Prämie gewährt worden ist.

9 Gemäß den Vorschriften der Verordnung Nr. 1357/80 in Verbindung mit der Richtlinie 72/159/EWG des Rates vom 17. April 1972 über die Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe ( ABl. L 96, S. 1 ) muß der Antragsteller ferner ein hauptberuflich tätiger landwirtschaftlicher Betriebsinhaber sein, das heisst, der Anteil des landwirtschaftlichen Einkommens an seinem Gesamteinkommen muß mindestens 50 % betragen.

10 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs, des rechtlichen Rahmens und des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

11 Zur Begründung der angefochtenen Maßnahme, mit der die Kommission die fraglichen Prämienbeträge von der Gemeinschaftsfinanzierung ausgeschlossen hat, werden Unregelmässigkeiten der deutschen Behörden angeführt. Diese sollen allgemein darin bestehen, daß ein angemessenes System von Verwaltungskontrollen und Kontrollen an Ort und Stelle sowie Nachweise fehlten, daß bestimmte Verwaltungskontrollen durchgeführt und Kontrollen an Ort und Stelle in befriedigender Weise vorgenommen worden seien.

12 Die fraglichen Kontrollregelungen sind in der Bundesrepublik Deutschland nicht durch Entscheidung des Bundes einheitlich für das gesamte Hoheitsgebiet festgelegt, sondern unterliegen der Verantwortung der einzelnen Länder. Die Kommission wirft den Bundesbehörden vor, den Ländern keine detaillierten Instruktionen zur Art und zur Häufigkeit der Kontrollen gegeben zu haben, die geeignet wären, die Einhaltung der nach der Gemeinschaftsregelung geltenden Bedingungen für die Gewährung der streitigen Prämien zu gewährleisten. Den Ländern wirft sie vor, keine geeigneten Kontrollmaßnahmen festgelegt und angewandt zu haben.

13 Hierzu ist festzustellen, daß es Sache aller mitgliedstaatlichen Behörden ist, seien es solche der staatlichen Zentralgewalt, eines Gliedstaats oder sonstiger Gebietskörperschaften, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten. Dagegen ist es nicht Aufgabe der Kommission, sich zur Verteilung der Zuständigkeiten aufgrund der organisationsrechtlichen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten und zu den jeweiligen Pflichten der Bundes - und der Landesbehörden zu äussern. Sie kann nur nachprüfen, ob das gemäß den Bedingungen der nationalen Rechtsordnung errichtete System von Überwachungs - und Kontrollmaßnahmen so wirksam ist, daß es eine richtige Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften erlaubt.

14 Folglich braucht nicht geprüft zu werden, ob die Bundesregierung, wie von ihr vorgetragen, den Bundesländern ausreichende Instruktionen gegeben hatte. Die Klagegründe müssen vielmehr im Hinblick auf die Vorwürfe der Kommission geprüft werden, mit denen diese das Fehlen von Vorschriften über die Modalitäten der Kontrolle der Einhaltung der durch die Gemeinschaftsregelung aufgestellten Voraussetzungen, das Fehlen wichtiger Verwaltungskontrollen sowie einer konkreten Überwachung der nachgeordneten ausführenden Stellen, das Fehlen oder die Unzulänglichkeit von konkreten Anweisungen an die mit der Kontrolle an Ort und Stelle betrauten Beamten, das Fehlen jedweder Vorgaben für die Häufigkeit dieser Kontrollen und das Fehlen jedweder Art von schriftlichem Bericht über die an Ort und Stelle durchgeführten Kontrollen und deren Ergebnisse rügt. Bei den betreffenden Pflichten handelt es sich nach Ansicht der Kommission um Mindestanforderungen gemäß den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften.

15 Die Klägerin macht im wesentlichen geltend, diese von der Kommission aufgestellten Forderungen stellten für die Mitgliedstaaten zusätzliche Verpflichtungen dar, die in den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften keine Grundlage fänden; sie seien daher auch kein taugliches Kriterium, um zu beurteilen, wie die fraglichen Prämienregelungen in den drei betroffenen Bundesländern angewandt worden seien.

16 Hierzu ist festzustellen, daß die dargestellte Gemeinschaftsregelung für diesen Bereich zwar die Mitgliedstaaten nicht ausdrücklich verpflichtet, solche Überwachungsmaßnahmen und Kontrollmodalitäten einzuführen, wie sie die Kommission vertritt, daß sich eine derartige Verpflichtung aber gleichwohl implizit daraus ergibt, daß die Mitgliedstaaten aufgrund dieser Regelung verpflichtet sind, die streitigen Prämienregelungen anzuwenden und ein Kontroll - und Überwachungssystem einzurichten.

17 Im einzelnen erlegt Artikel 8 der Verordnung ( EWG ) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik ( ABl. L 94, S. 13 ) den Mitgliedstaaten die allgemeine Verpflichtung auf, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich zu vergewissern, daß die durch den EAGFL finanzierten Maßnahmen tatsächlich und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind, um Unregelmässigigkeiten zu verhindern und zu verfolgen und um die infolge von Unregelmässigkeiten oder Versäumnissen abgeflossenen Beträge wieder einzuziehen; gemäß Artikel 9 dieser Verordnung müssen die Mitgliedstaaten ferner der Kommission alle für das Funktionieren des EAGFL erforderlichen Auskünfte zur Verfügung stellen und alle Maßnahmen treffen, die geeignet sind, die Kontrollen zu erleichtern, deren Durchführung die Kommission als zweckmässig erachtet.

18 Neben diesen allgemeinen Bestimmungen sieht, was die Prämien zugunsten der Schaffleischerzeuger angeht, Artikel 5 der Verordnung Nr. 3007/84 vor, daß vor Ablauf der erwähnten Frist von 100 Tagen "die von den Mitgliedstaaten bezeichneten zuständigen Stellen eine Verwaltungskontrolle und an Ort und Stelle ergänzend entweder systematisch oder stichprobenweise Untersuchungen in bezug auf die im Prämienantrag angegebene Zahl der in Betracht kommenden Schafe durch((führen ))".

19 Was die Prämien für die Erhaltung des Mutterkuhbestands angeht, verpflichtet Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung ( EWG ) Nr. 1244/82 der Kommission vom 19. Mai 1982 zur Durchführung der Prämienregelung für die Erhaltung des Mutterkuhbestands ( ABl. L 143, S. 20 ) die von jedem Mitgliedstaat zu bestimmenden zuständigen Behörden, Verwaltungskontrollen durchzuführen, die durch stichprobenweise oder systematische Berichtigungen an Ort und Stelle ergänzt werden.

20 Aus diesen Vorschriften, betrachtet im Lichte der durch Artikel 5 EWG-Vertrag aufgestellten Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit mit der Kommission, ergibt sich für die Frage der ordnungsgemässen Verwendung der Gemeinschaftsmittel, daß die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, ein System von Verwaltungskontrollen und Kontrollen an Ort und Stelle zu schaffen, das die ordnungsgemässe Erfuellung der materiellen und formellen Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Prämien sicherstellt.

21 Fehlt ein solches Kontrollsystem oder weist das von einem Mitgliedstaat eingeführte System derartige Mängel auf, daß Zweifel an der Erfuellung der für die Gewährung der fraglichen Prämien geltenden Voraussetzungen bestehen, so ist die Kommission berechtigt, bestimmte von dem betreffenden Mitgliedstaat getätigte Ausgaben nicht anzuerkennen.

22 Folglich ist der von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund, die von der Kommission gegenüber den Mitgliedstaaten aufgestellten Anforderungen stellten Verpflichtungen dar, die in der Gemeinschaftsregelung nicht vorgesehen seien, nicht begründet.

23 Jedoch ist klarzustellen, daß die Kommission in jedem Einzelfall ihre Entscheidung, mit der das Fehlen oder die Mängel der von dem betroffenen Mitgliedstaat durchgeführten Kontrollen festgestellt wird, rechtfertigen muß.

24 Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen ist das Klagevorbringen gegen diejenigen Teile der angefochtenen Maßnahme zu prüfen, in denen es um die Anwendung der fraglichen Prämienregelungen in den drei betroffenen Bundesländern geht.

25 Hinsichtlich der durch die angefochtene Maßnahme nicht anerkannten Beträge für die Prämie zugunsten der Schaffleischerzeuger im Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen behauptet die Kommission, bei der von ihren Bediensteten durchgeführten Prüfung seien die zuständigen Dienststellen des Landes nicht in der Lage gewesen, Angaben über das etwaige Bestehen eines Systems von Verwaltungskontrollen oder über die Modalitäten der an Ort und Stelle durchzuführenden Kontrollen zu machen.

26 Diese Stellen hätten insbesondere keine Angaben über die Art und Weise der Behandlung der Prämienanträge, die Dichte der Kontrollen an Ort und Stelle, die Nichterstellung eines schriftlichen Berichts im Anschluß an die gegebenenfalls durchgeführten Kontrollen und das System der Kommunikation zwischen den Aufsichtsbehörden und den mit der Durchführung betrauten örtlichen Bediensteten machen können.

27 Die Klägerin beschränkt sich, ohne diesen Feststellungen durch die Vorlage von Beweismitteln entgegenzutreten, auf die Behauptung, in Wirklichkeit hätten Verwaltungskontrollen ebenso stattgefunden wie Kontrollen an Ort und Stelle, und die Nichterstellung von schriftlichen Berichten zeige, daß die mit der Kontrolle betrauten Bediensteten keine Unregelmässigkeiten festgestellt hätten, da schriftliche Berichte nur erstellt würden, wenn dies erforderlich sei, d. h. im Falle von Unregelmässigkeiten.

28 Hierzu ist festzustellen, daß die Klägerin nicht den Nachweis erbracht hat, daß die Feststellungen der Kommission unzutreffend sind. Diese Feststellungen begründen ernsthafte Zweifel, ob ein angemessenes und wirksames System von Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle der Voraussetzungen für die Gewährung der Prämien in dem betreffenden Land eingeführt worden ist.

29 Aufgrund dieser Erwägungen ist das Klagevorbringen betreffend die Nichtanerkennung der als Prämie zugunsten der Schaffleischerzeuger in Nordrhein-Westfalen für die Haushaltsjahre 1984 und 1985 gezahlten Beträge für die Zwecke einer Gemeinschaftsfinanzierung zurückzuweisen.

30 Was die Prämie für die Erhaltung des Mutterkuhbestands angeht, ergibt sich aus der angefochtenen Maßnahme, den Akten sowie dem Verfahren vor dem Gerichtshof, daß es bei den die drei genannten Bundesländer betreffenden Vorwürfen insbesondere um die folgenden vier Punkte geht, die nach Auffassung der Kommission jeder für sich ganz konkret eine Nichterfuellung der für die Gewährung der Prämie aufgestellten Voraussetzungen darstellen :

31 Erstens gebe es in den drei Bundesländern keine Regeln für die Ermittlung der Anzahl der in einem Betrieb gehaltenen Mutterkühe an Ort und Stelle, die die effektive Einhaltung der Verpflichtung ermöglichten, für sechs Monate mindestens die Zahl von Mutterkühen zu halten, für die die Prämie gewährt worden sei.

32 Zweitens hätte die Erstellung eines schriftlichen Berichts über die Ergebnisse der an Ort und Stelle durchgeführten Kontrollen vorgeschrieben werden müssen; an einer solchen Vorschrift fehle es in den drei Bundesländern ebenfalls.

33 Drittens hätten in diesen drei Bundesländern Regeln dafür aufgestellt werden müssen, wie die Einhaltung der vom Prämienantragsteller eingegangenen Verpflichtung, während zwölf Monaten ab dem Tag der Antragstellung weder Milch noch Milcherzeugnisse abzuliefern, zu kontrollieren sei.

34 Schließlich hätten auch Regeln für die Kontrolle der Voraussetzung aufgestellt werden müssen, wonach derjenige, der die Prämie beantrage, ein hauptberuflich tätiger landwirtschaftlicher Betriebsinhaber sein, das heisst, der Anteil des landwirtschaftlichen Einkommens an seinem Gesamteinkommen mindestens 50 % betragen müsse.

35 Die Klägerin bestreitet, zur Einführung von Regeln, wie sie die Kommission nenne, verpflichtet zu sein.

36 Aufgrund der vorangegangenen allgemeinen Erwägungen ist hierzu festzustellen, daß die Gemeinschaftsregelung den Mitgliedstaaten zwar nicht den Erlaß detaillierter und strikter Vorschriften auf diesem Gebiet vorschreibt, jedoch die Verpflichtung enthält, ein zusammenhängendes System von Maßnahmen einzuführen, das konkrete Richtlinien für die mit den Kontrollen an Ort und Stelle betrauten Bediensteten enthält.

37 Ein solches System von Maßnahmen muß Regeln für die Ermittlung der Zahl der in einem landwirtschaftlichen Betrieb gehaltenen Mutterkühe, über die Dichte der durchzuführenden Kontrollen sowie für die Kriterien enthalten, die für die Auswahl der zu prüfenden Betriebe gelten. Es muß ferner die Erstellung eines schriftlichen Berichts über die Ergebnisse der an Ort und Stelle durchgeführten Kontrollen vorschreiben. Das Fehlen einer derartigen Organisation ließe die in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1244/82 vorgesehene Kontrolle leerlaufen, und die im Anschluß daran von der Kommission durchzuführende Kontrolle wäre praktisch unmöglich.

38 Der Klagegrund, die Kommission habe die genannten Verpflichtungen nicht als Anforderungen betrachten dürfen, die sich aus der einschlägigen Gemeinschaftsregelung ergeben, greift somit nicht durch.

39 Die Klägerin macht weiter geltend, in Wirklichkeit seien die Kontrollen regelmässig durchgeführt worden und sie seien ausreichend gewesen.

40 Wie sich insoweit aus den Akten ergibt, gab es in den Ländern Nordrhein-Westfalen und Bayern keine Vorschriften im eigentlichen Sinne für die Ermittlung der Zahl der in einem landwirtschaftlichen Betrieb gehaltenen Mutterkühe, über das Erfordernis der Erstellung eines schriftlichen Berichts im Anschluß an die durchgeführten Kontrollen und über die Modalitäten der Kontrolle darüber, ob die Voraussetzungen betreffend die Nichtablieferung von Milch und das Überwiegen des landwirtschaftlichen Einkommens des Prämienantragstellers erfuellt waren.

41 Als Beleg für ihre Schlußfolgerung, daß es in den betreffenden Ländern kein eigentliches Kontrollsystem gab, nennt die Kommission eine Reihe von Einzelfällen, in denen die Prämien zu Unrecht gewährt worden seien. Nach Auffassung der Klägerin können diese Einzelfälle, selbst wenn man sie als wahr unterstellt, nicht die von der Kommission beschlossene pauschale Ablehnung der Zahlung durch den EAGFL, sondern allenfalls die Nichtanerkennung der den betreffenden Einzelfällen entsprechenden Ausgaben rechtfertigen.

42 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Diese Einzelfälle einer ungerechtfertigten Gewährung der Prämien stellen nämlich nur ein zusätzliches Element für die Begründung des Vorwurfs der Kommission dar, in den beiden genannten Bundesländern fehle es in Wahrheit an einem wirksamen System zur Überwachung und Kontrolle der Erfuellung der Voraussetzungen für die Gewährung der Prämien.

43 Das Klagevorbringen betreffend diese beiden Bundesländer ist daher zurückzuweisen.

44 Was demgegenüber das Land Baden-Württemberg angeht, ist zwar die Rüge der Kommission, es sei unterlassen worden, die Erstellung eines schriftlichen Berichts im Anschluß an die an Ort und Stelle durchgeführten Kontrollen vorzuschreiben, begründet, die Nichteinhaltung der übrigen genannten Verpflichtungen ist jedoch nicht nachgewiesen worden. Wie sich nämlich aus den Akten ergibt, war in diesem Bundesland ein bestimmtes Kontrollsystem errichtet worden, das eine, wenn auch nicht weitgehende, Überprüfung der Voraussetzungen betreffend die Nichtablieferung von Milch und das Überwiegen des landwirtschaftlichen Einkommens vorsah. Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, daß die Kommission im Zusammenhang mit diesem Bundesland keine Einzelfälle aufgeführt hat, in denen die Prämie offensichtlich zu Unrecht gewährt worden wäre.

45 Folglich ist der Teil der Entscheidung der Kommission, durch den die Übernahme der im Land Baden-Württemberg getätigten Ausgaben für Prämien zur Erhaltung des Mutterkuhbestands zu Lasten des EAGFL abgelehnt wird, rechtswidrig und daher aufzuheben.

46 Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung der Kommission nur insoweit aufzuheben, als sie die im Land Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 1984 und 1985 getätigten Ausgaben für die Prämie zur Erhaltung des Mutterkuhbestands nicht zu Lasten des EAGFL berücksichtigt hat, und die Klage im übrigen abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

47 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung hat die unterliegende Partei die Kosten zu tragen. Gemäß Artikel 69 § 3 Absatz 1 kann der Gerichtshof die Kosten jedoch ganz oder teilweise gegeneinander aufheben, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Entscheidung 87/541/EWG der Kommission vom 21. Oktober 1987 zur Änderung der Entscheidungen 87/468/EWG und 87/469/EWG über den Rechnungsabschluß der Mitgliedstaaten für die vom Europäischen Ausrichtungs - und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, in den Haushaltsjahren 1984 und 1985 finanzierten Ausgaben wird insoweit aufgehoben, als sie die im Land Baden-Württemberg für die betreffenden Haushaltsjahre getätigten Ausgaben für die Prämie zur Erhaltung des Mutterkuhbestands nicht zu Lasten des EAGFL berücksichtigt hat.

2 ) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3 ) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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