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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 14.07.1988
Aktenzeichen: 90/86
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 30
EWG-Vertrag Art. 36
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Ausdehnung eines Verbots des Verkaufs von Teigwaren, die aus Weichweizen oder einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt sind, auf eingeführte Erzeugnisse durch nationale Rechtsvorschriften über Teigwaren ist mit den Artikeln 30 und 36 EWG-Vertrag unvereinbar.

Ein derartiges Hemmnis kann nämlich nicht durch das Erfordernis des Verbraucherschutzes gerechtfertigt werden, da diesem Erfordernis mit weniger einschneidenden Mitteln entsprochen werden kann, wie der Verpflichtung zur Angabe der genauen Zusammensetzung der in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse oder der Einführung einer besonderen Bezeichnung, die ausschließlich aus Hartweizen hergestellten Teigwaren vorbehalten ist. Die gleichen Überlegungen gelten für die Notwendigkeit, die Lauterkeit des Handelsverkehrs zu gewährleisten.

Ein solches Hemmnis kann auch nicht mit Gründen des Schutzes der menschlichen Gesundheit gerechtfertigt werden, da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, daß aus Weichweizen hergestellte Teigwaren chemische Zusatzstoffe oder Farbstoffe enthalten. Ein solches allgemeines Verbot des Inverkehrbringens verstösst auf jeden Fall gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit.

2. Sobald die Gemeinschaft eine gemeinsame Marktorganisation für einen bestimmten Sektor errichtet hat, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sich aller einseitigen Maßnahmen zu enthalten, selbst wenn diese geeignet sind, der Unterstützung der gemeinsamen Politik der Gemeinschaft zu dienen. Wenn sich daher für ein von einer gemeinsamen Marktorganisation erfasstes Erzeugnis Absatzprobleme ergeben - was sich nicht behaupten lässt, wenn die statistischen Angaben zeigen, daß der Qualitätswettbewerb sich zugunsten des betreffenden Erzeugnisses auswirkt -, so ist es Sache der Gemeinschaft und nicht die eines Mitgliedstaates, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik eine Lösung für diese Probleme zu finden.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 14. JULI 1988. - STRAFVERFAHREN GEGEN GIORGIO ZONI. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM PRETORE DI MILANO. - FREIER WARENVERKEHR - TEIGWAREN - VERPFLICHTUNG, NUR HARTWEIZEN ZU VERWENDEN. - RECHTSSACHE 90/86.

Entscheidungsgründe:

1 Die Pretura Mailand hat mit Beschluß vom 19. März 1986, beim Gerichtshof eingegangen am 26. März 1986, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt, um beurteilen zu können, ob nationale Rechtsvorschriften, die den Verkauf von Teigwaren verbieten, die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt sind, mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind.

2 Diese Frage stellt sich in einem Verfahren der Staatsanwaltschaft gegen einen italienischen Großhändler, Herrn Zoni, der aus der Bundesrepublik Deutschland Teigwaren eingeführt hat, die aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt waren. Gegen Herrn Zoni ist bei der Pretura Mailand ein Strafverfahren wegen Verstosses gegen Artikel 29 des Gesetzes Nr. 580 vom 4. Juli 1967 ( GURI Nr. 189 vom 29. 7. 1967 ) über die Herstellung von und den Handel mit Teigwaren ( im folgenden : Teigwarengesetz ) anhängig.

3 Nach Artikel 29 des Teigwarengesetzes darf für die industrielle Herstellung von Trockenteigwaren, die vor dem Verzehr eine bestimmte Zeit lang aufbewahrt werden können, ausschließlich Hartweizen verwendet werden. Dagegen lassen die Artikel 33 und 50 Absatz 1 dieses Gesetzes die Verwendung von Weichweizen sowohl für die kleingewerbliche Herstellung von frischen Teigwaren, die zum sofortigen Verzehr bestimmt sind, als auch für die Herstellung von Teigwaren für die Ausfuhr zu.

4 Artikel 36 Absatz 1 des Teigwarengesetzes verbietet es, in Italien Teigwaren zu verkaufen, die andere als die durch dieses Gesetz festgelegten Merkmale aufweisen, d. h. insbesondere Trockenteigwaren, die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt sind. Nach Artikel 50 Absatz 2 des Gesetzes gilt dieses Verkaufsverbot auch für eingeführte Teigwaren.

5 Wie die italienische Regierung vorgetragen hat, haben zwei Überlegungen den Gesetzgeber veranlasst, die Hersteller von Teigwaren zur ausschließlichen Verwendung von Hartweizen zu verpflichten. Der Gesetzgeber habe zum einen die Qualität der Teigwaren gewährleisten wollen; denn nur aus Hartweizen hergestellte Teigwaren seien viel kochfester. Er habe zum anderen die Entwicklung des Anbaus von Hartweizen fördern wollen, da die Hartweizenerzeuger in der Gemeinschaft kaum eine andere Absatzmöglichkeit als den Teigwarenmarkt hätten und für sie in den Gebieten des Mezzogiorno, in denen sie ansässig seien, keine wirkliche Möglichkeit bestehe, sich auf den Anbau anderer Pflanzen umzustellen.

6 Herr Zoni hat zu seiner Verteidigung geltend gemacht, die Anwendung von Artikel 29 des Teigwarengesetzes auf eingeführte Teigwaren sei mit Artikel 30 EWG-Vertrag unvereinbar. Unter diesen Umständen hat das innerstaatliche Gericht mit Beschluß vom 19. März 1986 dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt :

"Sind die Artikel 30 und 36 EWG-Vertrag dahin auszulegen, daß das Recht eines Mitgliedstaates für die Herstellung von Trockenteigwaren, die zur Vermarktung im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaates bestimmt sind, die ausschließliche Verwendung von Hartweizengrieß vorschreiben darf, wenn festgestellt und bewiesen wird, daß diese Verpflichtung

1 ) nur zum Schutz der höheren Qualität der ausschließlich aus Hartweizengrieß hergestellten Teigwaren eingeführt worden ist;

2 ) keine Diskriminierung der aus anderen Mitgliedstaaten stammenden Erzeugnisse mit den gleichen Merkmalen oder der die gleichen Erzeugnisse herstellenden Unternehmen der Mitgliedstaaten mit sich bringt, da auch die inländischen Unternehmen diesen Beschränkungen unterworfen sind;

3 ) nicht eingeführt worden ist, um zugunsten der inländischen Erzeugnisse und zu Lasten der Gemeinschaftserzeugnisse mit den gleichen Merkmalen protektionistische Ziele zu verfolgen?"

7 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens, des Verfahrensablaufs und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

8 Die Frage des vorlegenden Gerichts geht im wesentlichen dahin, ob die Ausdehnung eines Verbots des Verkaufs von Teigwaren, die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt sind, wie sie im Teigwarengesetz enthalten ist, mit den Artikeln 30 und 36 EWG-Vertrag vereinbar ist.

a ) Zum Vorliegen eines Hemmnisses für den freien Warenverkehr

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ( siehe vor allem das Urteil vom 11. Juli 1974 in der Rechtssache 8/74, Procureur du Roi/Dassonville, Slg. 1974, 837 ) erstreckt sich das in Artikel 30 EWG-Vertrag niedergelegte Verbot von Maßnahmen mit gleicher Wirkung wie eine mengenmässige Beschränkung auf "jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern ".

10 Ausserdem müssen nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ( siehe vor allem das Urteil vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78, Rewe-Zentral-AG, Slg. 1979, 649 ) in Ermangelung gemeinschaftlicher Regelungen Hemmnisse für den freien Warenverkehr, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen über die Zusammensetzung der Erzeugnisse ergeben, hingenommen werden, sofern diese unterschiedslos für einheimische und eingeführte Erzeugnisse geltenden nationalen Regelungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen, wie dem Verbraucherschutz und der Lauterkeit des Handelsverkehrs, gerecht zu werden. Der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, daß diese Regelungen in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen müssen und daß ein Mitgliedstaat, wenn er über weniger einschneidende Mittel verfügt, mit denen sich derselbe Zweck erreichen lässt, auf diese Mittel zurückgreifen muß.

11 Es ist festzustellen, daß ein Verbot, aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellte Teigwaren zu verkaufen, ein Hemmnis für die Einfuhr von Teigwaren darstellt, die erlaubterweise in anderen Mitgliedstaaten aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt worden sind. Es bleibt also zu prüfen, ob dieses Hemmnis aus Gründen des Schutzes der menschlichen Gesundheit im Sinne von Artikel 36 EWG-Vertrag oder durch zwingende Erfordernisse, wie die oben genannten, gerechtfertigt sein kann.

b ) Zur Möglichkeit, das in Frage stehende Hemmnis aus Gründen des Schutzes der menschlichen Gesundheit zu rechtfertigen

12 Die italienische Regierung hat den Gerichtshof auf das Problem des Einsatzes von chemischen Zusatzstoffen und von Farbstoffen hingewiesen, die häufig verwendet würden, um Teigwaren, die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt seien, die organoleptischen Merkmale, insbesondere die Bernsteinfarbe, zu verleihen, die den ausschließlich aus Hartweizen hergestellten Teigwaren von Natur aus eigen seien. Eine hohe Aufnahme dieser chemischen Zusatzstoffe und Farbstoffe könne schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben.

13 Auf eine Frage des Gerichtshofes hat die italienische Regierung jedoch eingeräumt, daß sie nicht über Belege dafür verfüge, daß aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellte Teigwaren notwendigerweise chemische Zusatzstoffe oder Farbstoffe enthielten.

14 Ein allgemeines Verbot des Inverkehrbringens von eingeführten Teigwaren, die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt sind, verstösst daher auf jeden Fall gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit und ist nicht aus Gründen des Schutzes der menschlichen Gesundheit im Sinne von Artikel 36 EWG-Vertrag gerechtfertigt.

c ) Zur Möglichkeit, das in Frage stehende Hemmnis durch bestimmte zwingende Erfordernisse zu rechtfertigen

15 Es ist vorgetragen worden, daß ein Verbot, aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellte Teigwaren zu verkaufen, erforderlich sei, um die Verbraucher zu schützen, um die Lauterkeit des Handelsverkehrs zu gewährleisten und um die volle Wirksamkeit der gemeinsamen Marktorganisation für Getreide sicherzustellen.

16 Das erste Argument, wonach das Teigwarengesetz dem Schutz der Verbraucher diene, weil es zum Ziel habe, die höhere Qualität der Teigwaren, eines italienischen Erzeugnisses mit langer Tradition, zu gewährleisten, ist nicht haltbar. Zwar ist es legitim, den Verbrauchern, die ausschließlich aus Hartweizen hergestellten Teigwaren besondere Qualitäten zuschreiben, die Möglichkeit zu geben, ihre Wahl nach diesem Gesichtspunkt zu treffen. Wie der Gerichtshof aber bereits festgestellt hat ( Urteile vom 9. Dezember 1981 in der Rechtssache 193/80, Kommission/Italien, Slg. 1981, 3019, und vom 12. März 1987 in der Rechtssache 178/84, Kommission/Bundesrepublik Deutschland, Slg. 1987, 1227 ), kann eine solche Möglichkeit mit Mitteln sichergestellt werden, die die Einfuhr von in anderen Mitgliedstaaten rechtmässig hergestellten und in den Verkehr gebrachten Erzeugnissen nicht behindern, und zwar insbesondere durch "die Verpflichtung zu einer angemessenen Etikettierung hinsichtlich der Art des verkauften Erzeugnisses ".

17 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß der italienische Gesetzgeber nicht nur die Angabe der Zutaten nach der Richtlinie des Rates über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln ( ABl. L 33 vom 8. 2. 1979, S. 1 ) vorschreiben kann, sondern auch nichts ihn daran hindert, die Bezeichnung "Teigwaren aus Hartweizengrieß" den Teigwaren vorzubehalten, die ausschließlich aus Hartweizen hergestellt sind.

18 Im Hinblick darauf, daß Teigwaren auch in Restaurationsbetrieben serviert werden können, ist hinzuzufügen, daß sich ein System zur Information des Verbrauchers über die Art der ihm angebotenen Teigwaren vorsehen lässt.

19 Es ist eingewandt worden, daß eine angemessene Etikettierung hinsichtlich der Art des verkauften Erzeugnisses nicht genüge, um die italienischen Verbraucher ausreichend darauf hinzuweisen, welche Art von Teigwaren sie kauften, da der Begriff "Teigwaren" (" pasta ") in ihrer Vorstellung auf ein Erzeugnis verweise, das ausschließlich aus Hartweizen hergestellt worden sei.

20 Dieser Einwand ist zurückzuweisen. Zum einen wird der Begriff "Teigwaren" (" pasta "), wie sich aus den Artikeln 33 und 50 des Teigwarengesetzes ergibt, vom italienischen Gesetzgeber selbst zur Bezeichnung von Erzeugnissen verwendet, die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt werden, nämlich frischen und zur Ausfuhr bestimmten Teigwaren. Zum anderen legt Artikel 29 fest, was unter "Teigwaren aus Hartweizengrieß" zu verstehen ist. Der italienische Gesetzgeber selbst greift also auf das Wort "Hartweizengrieß" zurück, um eine Art von Teigwaren zu bezeichnen, was beweist, daß das Wort "Teigwaren" als solches Gattungscharakter hat und keineswegs bedeutet, daß bei der Herstellung dieser Teigwaren nur Hartweizen verwendet worden ist.

21 Zweitens ist vorgetragen worden, was die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellten Teigwaren angehe, lasse sich mit einem Verzeichnis der Zutaten die Lauterkeit des Handelsverkehrs nicht gewährleisten. Die derzeit verfügbaren Analyseverfahren erlaubten es nicht, die Richtigkeit dieser Angaben zu prüfen, so daß die Teigwarenhersteller einen höheren Hartweizenanteil angeben könnten, als er tatsächlich in den Teigwaren enthalten sei. In Anbetracht des Preisunterschieds zwischen Hartweizen und Weichweizen könnten die Hersteller die Verbraucher auf diese Weise einen höheren Preis zahlen lassen, als er durch den tatsächlichen Hartweizenanteil gerechtfertigt sei. Unter diesen Umständen sei nur ein Verbot des Verkaufs von aus Weichweizen hergestellten Teigwaren geeignet, eine solche Täuschung zu verhindern.

22 Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen. Hierzu genügt die Feststellung, daß die italienische Regierung auf jeden Fall über ein weniger einschneidendes Mittel verfügt, um die Lauterkeit des Handelsverkehrs zu gewährleisten. Sie kann nämlich dadurch, daß sie die Bezeichnung "Teigwaren aus Hartweizengrieß" den Teigwaren vorbehält, die ausschließlich aus Hartweizen hergestellt sind, die italienischen Verbraucher in die Lage versetzen, ihre Vorliebe für das Erzeugnis, an das sie gewöhnt sind, zum Ausdruck zu bringen, und ihnen die Sicherheit geben, daß der Preisunterschied auch durch einen Qualitätsunterschied gerechtfertigt ist.

23 Drittens ist vorgetragen worden, das Teigwarengesetz ergänze dadurch, daß es den Landwirten einen Absatzmarkt sichere, die Gemeinsame Agrarpolitik im Getreidesektor, die zum einen den Landwirten, die Hartweizen anbauten, durch die Festsetzung eines deutlich höheren Interventionspreises für Hartweizen als für Weichweizen ein Einkommen garantieren und ihnen zum anderen durch die Gewährung von unmittelbaren Erzeugungsbeihilfen einen Anreiz geben solle, Hartweizen anzubauen. Die Aufhebung des Teigwarengesetzes würde die italienischen Erzeuger dazu veranlassen, für die für den italienischen Markt bestimmten Teigwaren Weichweizen zu verwenden. Die Absatzmöglichkeiten für Hartweizen würden dadurch nach und nach wegfallen, was zu Überschüssen führen würde, die zusätzliche Interventionskäufe zu Lasten des Gemeinschaftshaushalts nach sich ziehen würden.

24 Die italienische Regierung hat ausserdem geltend gemacht, ohne Absatzgarantie werde der Anbau von Hartweizen in den Gegenden des Mezzogiorno, in denen er betrieben werde, wegfallen. Dies werde zur Aufgabe der Felder führen, da es kaum Möglichkeiten für eine Umstellung gebe, und eine mit schweren sozialen und Umweltschäden verbundene Abwanderungsbewegung entstehen lassen.

25 Es ist zunächst festzustellen, daß es in der vorliegenden Rechtssache um die Erstreckung des Teigwarengesetzes auf eingeführte Erzeugnisse geht und daß das Gemeinschaftsrecht nicht verlangt, daß der Gesetzgeber das Gesetz insoweit aufhebt, als es die im italienischen Hoheitsgebiet niedergelassenen Teigwarenhersteller betrifft.

26 Sodann ist darauf hinzuweisen, daß, wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 23. Februar 1988 in der Rechtssache 216/84 ( Kommission/Französische Republik, Slg. 1988, 793 ) ergibt, die Mitgliedstaaten, sobald die Gemeinschaft eine gemeinsame Marktorganisation für einen bestimmten Sektor errichtet hat, verpflichtet sind, sich aller einseitigen Maßnahmen zu enthalten, selbst wenn diese geeignet sind, der Unterstützung der gemeinsamen Politik der Gemeinschaft zu dienen. Es ist Sache der Gemeinschaft und nicht eines Mitgliedstaates, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik eine Lösung für das genannte Problem zu finden.

27 Es ist schließlich festzustellen, daß die Entwicklung der Lage auf den Ausfuhrmärkten zeigt, daß der Qualitätswettbewerb sich zugunsten des Hartweizens auswirkt. Aus den dem Gerichtshof vorgelegten statistischen Angaben ergibt sich nämlich, daß der Marktanteil der ausschließlich aus Hartweizen hergestellten Teigwaren in anderen Mitgliedstaaten, in denen sie schon jetzt im Wettbewerb mit Teigwaren stehen, die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt sind, ständig wächst. Dies zeigt, daß die von der italienischen Regierung zum Ausdruck gebrachten Befürchtungen in bezug auf das Verschwinden des Hartweizenanbaus nicht begründet sind.

28 Auf die Frage des vorlegenden Gerichts ist somit zu antworten, daß die Ausdehnung eines Verbots des Verkaufs von Teigwaren, die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt sind, auf eingeführte Erzeugnisse, wie sie im italienischen Teigwarengesetz enthalten ist, mit den Artikeln 30 und 36 EWG-Vertrag unvereinbar ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

29 Die Auslagen der italienischen, der französischen und der niederländischen Regierung sowie der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem nationalen Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

auf die ihm von der Pretura Mailand mit Urteil vom 19. März 1986 vorgelegte Frage für Recht erkannt :

Die Ausdehnung eines Verbots des Verkaufs von Teigwaren, die aus Weichweizen oder aus einer Mischung aus Weichweizen und Hartweizen hergestellt sind, auf eingeführte Erzeugnisse, wie sie im italienischen Teigwarengesetz enthalten ist, ist mit den Artikeln 30 und 36 EWG-Vertrag unvereinbar.

Ende der Entscheidung

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