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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 18.11.2004
Aktenzeichen: C-10/02
Rechtsgebiete: Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 484 vom 22. Juli 1996 (Italien)
Vorschriften:
Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise Art. 36 Abs. 1 Unterabs. 1 | |
Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise Art. 36 Abs. 2 | |
Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 484 vom 22. Juli 1996 (Italien) |
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 18. November 2004. - Anna Fascicolo und andere gegen Regione Puglia und andere (C-10/02) und Grazia Berardi und andere gegen Azienda Unità Sanitaria Locale BA/4 und andere (C-11/02). - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunale amministrativo regionale per la Puglia - Italien. - Freizügigkeit der Ärzte - Richtlinien 86/457/EWG und 93/16/EWG - Anerkennung von Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen - Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Ausübung der Tätigkeit des Arztes für Allgemeinmedizin im Rahmen ihres Sozialversicherungssystems vom Besitz eines spezifischen Befähigungsnachweises abhängig zu machen - Erworbene Rechte - Gleichwertigkeit der vor dem 1. Januar 1995 erlangten Zulassung mit dem Nachweis über die spezifische Ausbildung - Aufstellung des Verzeichnisses von Ärzten für Allgemeinmedizin zur Besetzung freier Stellen in einer Region in der Rangfolge der Zeugnisse. - Verbundene Rechtssachen C-10/02 und C-11/02.
Parteien:
In den verbundenen Rechtssachen C-10/02 und C-11/02
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per la Puglia (Italien) mit Entscheidungen vom
10. Oktober 2001
, beim Gerichtshof eingegangen am
15. Januar 2002
, in den Verfahren
Anna Fascicolo u. a.,
Enzo De Benedictis u. a.
gegen
Grazia Berardi u. a.,
Lucia Vaira u. a.
gegen
Regione Puglia,
Maria Paciolla,
Assessorato alla Sanità e Servizi Sociali della Regione Puglia,
Coordinatore del Settore Sanità,
Azienda Unità Sanitaria Locale BR/1,
Felicia Galietti u. a. ,
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/4,
Madia Evangelina Magrì,
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/1,
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/3 (C-10/02)
und
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/4,
Angelo Michele Cea,
Scipione De Mola,
Francesco d'Argento,
Azienda Unità Sanitaria Locale FG/2,
Antonella Battista u. a.,
Nicola Brunetti u. a.,
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/3,
Azienda Unità Sanitaria Locale FG/3,
Erasmo Fiorentino (C-11/02)
Anna Fascicolo u. a.,
Enzo De Benedictis u. a.
gegen
Grazia Berardi u. a.,
Lucia Vaira u. a.
gegen
Regione Puglia,
Maria Paciolla,
Assessorato alla Sanità e Servizi Sociali della Regione Puglia,
Coordinatore del Settore Sanità,
Azienda Unità Sanitaria Locale BR/1,
Felicia Galietti u. a. ,
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/4,
Madia Evangelina Magrì,
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/1,
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/3 (C-10/02)
und
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/4,
Angelo Michele Cea,
Scipione De Mola,
Francesco d'Argento,
Azienda Unità Sanitaria Locale FG/2,
Antonella Battista u. a.,
Nicola Brunetti u. a.,
Azienda Unità Sanitaria Locale BA/3,
Azienda Unità Sanitaria Locale FG/3,
Erasmo Fiorentino (C-11/02)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter K. Lenaerts, S. von Bahr und K. Schiemann (Berichterstatter),
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Múgica Arzamendi, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom
25. März 2004,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Frau Fascicolo u. a., vertreten durch G. Monacis, avvocato,
- von Herrn De Benedictis u. a., vertreten durch A. Loiodice, I. Lagrotta und N. Grasso, avvocati,
- von Frau Berardi u. a., vertreten durch M. Langiulli, avvocato,
- von Frau Vaira u. a., vertreten durch L. D'Ambrosio und L. Ferrara, avvocati,
- der Regione Puglia, vertreten durch A. Sisto, avvocato,
- der Azienda Unità Sanitaria Locale BA/1, vertreten durch D. Caruso, avvocato,
- der Azienda Unità Sanitaria Locale BA/3, vertreten durch G. D'Innella, V. A. Pappalepore und M. de Stasio, avvocati,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Aresu und M. Patakia als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom
1. April 2004,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe:
1. Die beiden Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise (ABl. L 165, S. 1), zuletzt geändert durch die Richtlinie 1999/46/EG der Kommission vom 21. Mai 1999 (ABl. L 139, S. 25) (im Folgenden: Richtlinie 93/16); die genannte Bestimmung ersetzt Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 86/457/EWG des Rates vom 15. September 1986 über eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin (ABl. L 267, S. 26).
2. Diese beiden Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Gruppen von Rechtsstreitigkeiten, und zwar erstens zwischen Frau Berardi u. a. sowie Frau Vaira u. a. und der Azienda Unità Sanitaria Locale BA/4 u. a. (C11/02) und zweitens zwischen Frau Fascicolo u. a. sowie Herrn De Benedictis u. a. und der Regione Puglia u. a. (C10/02), wegen Entscheidungen über die Besetzung von Arztstellen in der Allgemeinmedizin in unterversorgten Gebieten im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems, die verschiedene Behörden dieser Region für 1998 bzw. 1999 erlassen hatten.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften
3. Die Richtlinie 93/16 kodifiziert verschiedene Richtlinien über die Qualifikation von Ärzten, darunter die Richtlinie 86/457.
4. Nach Artikel 2 der Richtlinie 93/16 erkennt jeder Mitgliedstaat die in Artikel 3 dieser Richtlinie aufgeführten Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, die die anderen Mitgliedstaaten den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten nach Artikel 23 der Richtlinie ausstellen, an und verleiht ihnen in seinem Hoheitsgebiet die gleiche Wirkung in Bezug auf die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeiten des Arztes wie den von ihm ausgestellten Diplomen, Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweisen.
5. Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 93/16 sieht als allgemeine Regel vor, dass jeder Mitgliedstaat bei Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten als ausreichenden Nachweis die Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise des Arztes anerkennt, die von den anderen Mitgliedstaaten ausgestellt worden sind, sofern sie, auch wenn sie nicht allen Mindestanforderungen der Ausbildung nach Artikel 23 dieser Richtlinie genügen, eine Ausbildung abschließen, die vor den im genannten Artikel 9 Absatz 1 angeführten Zeitpunkten begonnen wurde, und sofern ihnen eine Bescheinigung darüber beigefügt ist, dass sich der betreffende Staatsangehörige während der letzten fünf Jahre vor Ausstellung der Bescheinigung mindestens drei Jahre lang ununterbrochen tatsächlich und rechtmäßig den betreffenden Tätigkeiten gewidmet hat.
6. Nach Artikel 30 der Richtlinie 93/16 hat jeder Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der vollständige Studiengang angeboten wird, der gemäß Artikel 23 dieser Richtlinie Voraussetzung für die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeiten des Arztes ist, eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin, die mindestens den Voraussetzungen nach den Artikeln 31 und 32 der Richtlinie entsprechen muss, dergestalt einzuführen, dass die ersten Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise über diese spezifische Ausbildung spätestens am 1. Januar 1990 erteilt werden.
7. Artikel 36 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie 93/16, der Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 86/457 ersetzt und diesem inhaltlich entspricht, sieht vor:
Ab 1. Januar 1995 macht jeder Mitgliedstaat vorbehaltlich der Vorschriften über erworbene Rechte die Ausübung des ärztlichen Berufs als praktischer Arzt im Rahmen seines Sozialversicherungssystems vom Besitz eines Diploms, Prüfungszeugnisses oder sonstigen Befähigungsnachweises im Sinne von Artikel 30 abhängig.
8. Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16, der Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 86/457 ersetzt und diesem inhaltlich im Wesentlichen entspricht, lautet:
Jeder Mitgliedstaat bestimmt die erworbenen Rechte. Er muss jedoch das Recht, den ärztlichen Beruf als praktischer Arzt im Rahmen eines Sozialversicherungssystems auszuüben, ohne ein Diplom, ein Prüfungszeugnis oder einen sonstigen Befähigungsnachweis im Sinne von Artikel 30 zu besitzen, im Falle solcher Ärzte als erworbenes Recht betrachten, die dieses Recht bis zum 31. Dezember 1994 gemäß den Artikeln 1 bis 20 erworben haben und sich bis zu diesem Zeitpunkt unter Inanspruchnahme von Artikel 2 oder Artikel 9 Absatz 1 im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats niedergelassen haben.
Nationale Vorschriften
9. Die Richtlinie 86/457 wurde durch das Decreto legge Nr. 256 vom 8. August 1991 (GURI Nr. 191 vom 16. August 1991, im Folgenden: Decreto legge Nr. 256/91) in das innerstaatliche italienische Recht umgesetzt. Artikel 2 dieses Decreto legge sieht als allgemeine Regel vor, dass ab dem 1. Januar 1995 das Prüfungszeugnis über eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin den für die Ausübung der entsprechenden Tätigkeit im Rahmen des nationalen Gesundheitsdienstes notwendigen Befähigungsnachweis darstellt.
10. Nach Artikel 6 des Decreto legge Nr. 256/91 steht jedoch das Recht, als Arzt für Allgemeinmedizin tätig zu sein, auch den Ärzten zu, die im Rahmen des nationalen Gesundheitsdienstes bis zum 31. Dezember 1994 das Recht erworben hatten, den Beruf des Arztes für Allgemeinmedizin auszuüben, denen also die Zulassung aufgrund der Gleichwertigkeit mit diesem Nachweis zuerkannt worden war (im Folgenden: gleichwertiger Nachweis).
11. Im italienischen Hoheitsgebiet wird die Ausübung des ärztlichen Berufes als Vertragsarzt für Allgemeinmedizin im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems gemäß Artikel 8 Absatz 1 des Decreto legge Nr. 502 vom 30. Dezember 1992 (GURI Nr. 305 vom 30. Dezember 1992) in der Fassung des Decreto legge Nr. 517 vom 7. Dezember 1993 (GURI Nr. 293 vom 15. Dezember 1993) durch nationale Kollektivvereinbarungen geregelt, die alle drei Jahre überprüft werden.
12. Die im maßgeblichen Zeitpunkt geltende nationale Kollektivvereinbarung (im Folgenden: Kollektivvereinbarung) wurde durch das Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 484 vom 22. Juli 1996 (GURI Nr. 220 vom 19. September 1996, S. 1) in Kraft gesetzt. Nach dieser Kollektivvereinbarung
- beginnt das Verfahren zur Besetzung freier Stellen in einer Region mit der Veröffentlichung einer einzigen Rangliste auf regionaler Ebene, in der die Ärzte entsprechend einem System von Punkten, die gemäß Artikel 3 der Kollektivvereinbarung ermittelt werden, eingestuft sind (Artikel 2 der Kollektivvereinbarung);
- werden zwecks Aufstellung der Ranglisten und Einstufung der Ärzte für den Nachweis über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin als akademisches Zeugnis zwölf Punkte zuerkannt. Zudem werden der betreffenden Person für Arbeitszeugnisse pro Monat der Tätigkeit als Vertragsarzt für die Grundversorgung 0,20 Punkte angerechnet. Durch bestimmte Sondertätigkeiten, die als Arzt für Allgemeinmedizin wahrgenommen werden, können zusätzliche Punkte erworben werden (Artikel 3 Absatz 1 der Kollektivvereinbarung).
13. Zur Zuweisung von Stellen in Gebieten, in denen im Bereich der Grundversorgung und des ärztlichen Notdienstes ein Mangel besteht, sieht die Kollektivvereinbarung außerdem vor,
- dass die örtlichen Gesundheitseinrichtungen (Aziende Sanitarie Locali) einen variablen Prozentsatz von 20 % bis 40 % der Stellen den Ärzten vorbehalten, die den Nachweis über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin im Sinne von Artikel 2 des Decreto legge Nr. 256/91 besitzen, und einen variablen Prozentsatz von 80 % bis 60 % den Ärzten, die den gleichwertigen Nachweis besitzen (Artikel 3 Absatz 6 der Kollektivvereinbarung). Im Fall nicht rechtzeitiger Erneuerung der Kollektivvereinbarung gilt im Folgejahr für beide Kategorien von Ärzten eine Quote von je 50 % der zu besetzenden Stellen (Schlussbestimmung Nr. 5 der Kollektivvereinbarung);
- dass das Verzeichnis für die im Bereich der örtlichen Einrichtung zu besetzenden Stellen in der Weise aufgestellt wird, dass zu den Punkten, die jeder Bewerber in der regionalen Rangliste im Sinne von Artikel 2 des Decreto legge Nr. 256/91 erhalten hat, die Punkte für seinen Wohnsitz in der Region und die Punkte für seinen Wohnsitz in dem unterversorgten Gebiet addiert werden (Artikel 20 Absatz 6 der Kollektivvereinbarung).
14. Mit Beschluss Nr. 1245 des Regionalrates vom 29. April 1998 (BURP Nr. 46 vom 15. Mai 1998) legte die Regione Puglia fest, dass für das Jahr 1998 40 % der Stellen für die unterversorgten Gebiete und der nicht besetzten Stellen den Ärzten mit dem Nachweis über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin und 60 % der Stellen den Ärzten mit dem gleichwertigen Nachweis zugewiesen werden. Für das Jahr 1999 wurden die Quoten der Stellen für die Ärzte der beiden Kategorien so abgeändert, dass auf sie jeweils 50 % der zugewiesenen Stellen entfielen.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
15. Die Ausgangsverfahren beruhen auf dem Umstand, dass bestimmte Ärzte, die zwar den Nachweis über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin im Sinne von Artikel 2 des Decreto legge Nr. 256/91 besitzen, aber überdies am 31. Dezember 1994 berechtigt waren, im Rahmen des nationalen Sozialversicherungssystems den Arztberuf auszuüben, sich sowohl um die Stellen, die Ärzten mit diesem Nachweis vorbehalten waren, als auch um die Stellen für Ärzte mit dem gleichwertigen Nachweis bewarben. Zudem beanspruchten diese Ärzte die den Inhabern dieses Nachweises zuerkannten zwölf Punkte auch, soweit sie sich im Rahmen der den Inhabern des gleichwertigen Nachweises vorbehaltenen Quote bewarben.
16. Die Regione Puglia befand zunächst, dass die Ärzte, die sowohl den Nachweis über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin besäßen als auch am 31. Dezember 1994 berechtigt gewesen seien, im Rahmen des nationalen Sozialversicherungssystems den Beruf des Arztes auszuüben, sich zwar um die Stellen in beiden Quoten hätten bewerben können, dass sie aber, wenn sie sich für die Quote der den Ärzten mit dem gleichwertigen Nachweis vorbehaltenen Stellen entschieden hätten, nicht die zwölf Punkte für den genannten Ausbildungsnachweis hätten beanspruchen können. Sie wies daher ihre örtlichen Gesundheitseinrichtungen an, hinsichtlich der das Jahr 1998 betreffenden Verfahren die den betreffenden Ärzten zuvor zuerkannten zwölf Punkte abzuziehen.
17. Diese Einrichtungen verweigerten daher entsprechend den Anweisungen der Regione Puglia den aufgrund der beiden genannten Nachweise doppelt qualifizierten Bewerbern im Rahmen der Quote für Ärzte mit dem gleichwertigen Nachweis die zwölf Punkte, die Inhabern des Ausbildungsnachweises zustehen.
18. Frau Berardi u. a. und Frau Vaira u. a erhoben gegen die Entscheidungen bestimmter dieser Einrichtungen, darunter die Azienda Unità Sanitaria Locale BA/4, beim Tribunale amministrativo regionale per la Puglia Klage und machten geltend, diese Entscheidungen seien rechtswidrig, da sie gegen die Artikel 2, 3 und 20 der Kollektivvereinbarung, die falsch angewandt worden seien, verstießen.
19. Das vorlegende Gericht, das über die Rechtmäßigkeit des Standpunktes der Regione Puglia zu befinden hatte, gelangte zunächst zu dem Ergebnis, dass die durch beide Nachweise qualifizierten Ärzte berechtigt seien, sich um alle vorbehaltenen Stellen zu bewerben, dass sie aber, sofern sie sich um den Inhabern des gleichwertigen Ausbildungsnachweises vorbehaltene Stellen bewürben, nicht die diesen zustehenden zwölf Punkte erhalten könnten.
20. Inzwischen erkannte der italienische Consiglio di Stato durch Entscheidung Nr. 1407 vom 15. März 2000 (im Folgenden: Entscheidung des Consiglio di Stato) auf Rechtsmittel gegen ein Urteil eines anderen Tribunale amministrativo regionale zum einen, dass die Ärzte, denen Stellen in unterversorgten Gebieten zugewiesen werden sollten, aus einer einzigen regionalen Rangliste auszuwählen seien, und zwar trotz der Vorschrift, dass für die Zuweisung dieser Stellen den Ärzten mit dem Nachweis über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin und den Ärzten mit dem gleichwertigen Nachweis zwei verschiedene Quoten vorzubehalten seien, und zum anderen, dass die Ärzte der ersten Kategorie, die außerdem am 31. Dezember 1994 berechtigt gewesen seien, im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems als Arzt für Allgemeinmedizin tätig zu sein, sich um die Stellen in beiden Quoten bewerben könnten und ihnen in diesem Fall die vollen zwölf Punkte nach Artikel 3 Absatz 1 der Kollektivvereinbarung zuzuerkennen seien, da die geltenden Vorschriften insoweit nicht zwischen den Nachweisen differenzierten.
21. Auf diese Entscheidung hin beschloss die Regione Puglia, ihre vorher vertretene Auffassung zu ändern und in den Verfahren betreffend das Jahr 1999 die Berücksichtigung der den Inhabern des Nachweises über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin zuerkannten zwölf Punkte nicht mehr abzulehnen. Die Gesundheitseinrichtungen dieser Region übernahmen daher diese neue Methode der Zuweisung der Arztstellen in den unterversorgten Gebieten. An dem Verfahren für das Jahr 1998 wurde jedoch nichts geändert.
22. Gegen diesen neuen Standpunkt der Regione Puglia und die entsprechenden Maßnahmen ihrer örtlichen Gesundheitseinrichtungen erhoben Frau Fascicolo u. a. sowie Herr De Benedictis u. a., Ärzte, die nur den gleichwertigen Nachweis besitzen, ebenfalls Klage beim vorlegenden Gericht. Sie machen im Wesentlichen geltend, die Teilnahme der Ärzte, die vor dem 1. Januar 1995 zugelassen gewesen seien und den Nachweis über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin besäßen, an beiden Quoten der vorbehaltenen Stellen, wobei sie auch noch die Punktezahl für diesen Nachweis erhielten, mache im Ergebnis jede Möglichkeit zunichte, den durch die Richtlinien 86/457 und 93/16 eingeführten Grundsatz der Gleichwertigkeit anzuwenden.
23. Das vorlegende Gericht teilt in Bezug auf die beiden bei ihm anhängigen Gruppen von Rechtsstreitigkeiten die Auffassung des Consiglio di Stato, dass die Ärzte, die den Nachweis über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin besäßen, sich um alle vorbehaltenen Stellen, die in den unterversorgten Gebieten zu besetzen seien, bewerben könnten. Es sieht sich jedoch außerstande, dessen Auffassung über die Zuerkennung der zwölf Punkte an diese Ärzte zu folgen, sofern sie sich in der Quote der den Ärzten mit dem gleichwertigen Nachweis vorbehaltenen Stellen bewürben. Hierzu meint das vorlegende Gericht, in der Entscheidung des Consiglio di Stato werde nicht beachtet, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber in den Richtlinien 86/457 und 93/16 das erworbene Recht der Ärzte ohne Diplom, Prüfungszeugnis oder sonstigen Nachweis der Befähigung in der Allgemeinmedizin, denen dieses Recht am 31. Dezember 1994 zugestanden habe, zur Ausübung der Tätigkeit des Arztes für Allgemeinmedizin als schützenswert angesehen habe; er habe damit die Möglichkeit ausgeschlossen, einer dieser beiden Kategorien von Ärzten einen Vorrang einzuräumen.
24. Das Tribunale amministrativo regionale hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende drei Fragen, die in den beiden Vorlagebeschlüssen jeweils gleich lauten, zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist die bis zum 31. Dezember 1994 erlangte Zulassung nach Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 86/457/EWG und Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16/EWG für die Zwecke der Ausübung der Tätigkeit des praktischen Arztes als mit dem Nachweis über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin gleichwertig anzusehen?
2. Dürfen die Mitgliedstaaten aufgrund der vorgenannten Gemeinschaftsvorschriften seit dem 1. Januar 1995 bei Vorliegen des Nachweises über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin Ärzten, die auch Inhaber einer bis zum 31. Dezember 1994 erlangten Zulassung zur Berufsausübung sind, eine Vorzugsbehandlung in der Form gewähren, dass die ihnen vorbehaltene Stellenzahl größer ist als diejenige, die jeweils den Besitzern des einen oder des anderen Nachweises vorbehalten ist?
3. Falls die vorhergehende Frage bejaht wird:
Gibt die vorgenannte Regelung den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung des Grundsatzes der erworbenen Rechte die Möglichkeit, den genannten Ärzten eine noch weiter gehende Sonderbehandlung dadurch einzuräumen, dass ihnen in jedem Fall eine zusätzliche Punktzahl für den Erwerb des Nachweises über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin gewährt wird?
25. Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 12. Februar 2002 sind die Rechtssachen C10/02 und C11/02 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
26. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die vor dem 1. Januar 1995 erlangte Zulassung zur Ausübung der Tätigkeit des Arztes für Allgemeinmedizin im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems nach Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 für die Ausübung dieser Tätigkeit als dem Erwerb des Nachweises über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin gleichwertig anzusehen ist.
27. Unstreitig ist der Besitz eines der beiden in der vorstehenden Randnummer genannten Nachweise eine Mindestvoraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit des Arztes für Allgemeinmedizin. Wie sich jedoch aus den Vorlageentscheidungen ergibt, geht es bei dieser Frage im Wesentlichen um die Feststellung, ob die im vorliegenden Fall anwendbare nationale Regelung über die Besetzung der Arztstellen im nationalen Gesundheitssystem mit dem genannten Artikel 36 Absatz 2 vereinbar ist angesichts der Tatsache, dass die Bewerber, die den Nachweis über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin besitzen, und diejenigen, die nur den gleichwertigen Nachweis besitzen, nicht notwendig die gleichen Erfolgsaussichten haben.
28. Zunächst ist festzustellen, dass die Artikel 30 bis 41 der Richtlinie 93/16 auf die Harmonisierung der Mindestvoraussetzungen für die Erteilung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin abzielen, um die Freizügigkeit für Ärzte zu fördern (vgl. 20. bis 22. Begründungserwägung dieser Richtlinie). Entsprechend diesem Ziel verlangt Artikel 36 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie, dass vorbehaltlich der Vorschriften über erworbene Rechte die Ausübung des ärztlichen Berufes als praktischer Arzt im Rahmen des nationalen Sozialversicherungssystems vom Besitz eines solchen Diploms, Prüfungszeugnisses oder sonstigen Befähigungsnachweises über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin abhängig gemacht wird.
29. In diesem Zusammenhang ist in Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 vorgesehen, dass [j]eder Mitgliedstaat... die erworbenen Rechte [bestimmt]. Er muss jedoch das Recht, den ärztlichen Beruf als praktischer Arzt im Rahmen eines Sozialversicherungssystems auszuüben..., im Falle solcher Ärzte als erworbenes Recht betrachten, die dieses Recht bis zum 31. Dezember 1994 gemäß den Artikeln 1 bis 20 erworben haben und sich bis zu diesem Zeitpunkt unter Inanspruchnahme von Artikel 2 oder Artikel 9 Absatz 1 im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats niedergelassen haben.
30. Diese Bestimmung erkennt jedem Mitgliedstaat die Befugnis zu, die erworbenen Rechte nach seinem Ermessen zu bestimmen; diese Befugnis ist nur an die eine Bedingung geknüpft, dass jeder Mitgliedstaat das erworbene Recht der Ärzte anerkennt, die zwar nicht Inhaber des Zeugnisses eines Arztes für Allgemeinmedizin sind, bei denen aber vor dem 1. Januar 1995 in diesem Mitgliedstaat die Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise anerkannt worden sind, die ihnen in einem anderen Mitgliedstaat erteilt wurden, und die dort, ebenfalls vor diesem Zeitpunkt, das Recht erlangt haben, die Tätigkeit eines Arztes für Allgemeinmedizin im Rahmen des nationalen Sozialversicherungssystems auszuüben (Urteil vom 16. Oktober 1997 in den verbundenen Rechtssachen C69/96 bis C79/96, Garofalo u. a., Slg. 1997, I5603, Randnrn. 29 und 30).
31. Zur Beantwortung der ersten Frage ist erstens hervorzuheben, dass Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 nach seinem Wortlaut von den Mitgliedstaaten nicht verlangt, dass sie den erworbenen Rechten und der Erlangung des Nachweises über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin den gleichen Wert beimessen. Die in dieser Bestimmung genannte Mindestvoraussetzung betrifft die Kategorie der Ärzte, deren erworbene Rechte anzuerkennen sind, ohne im Einzelnen festzulegen, in welchem Umfang die Mitgliedstaaten diese Rechte zu schützen haben.
32. Zweitens sollen durch diese Voraussetzung Situationen verhindert werden, in denen Ärzten, die die durch die Gemeinschaftsrichtlinien gewährleistete Niederlassungsfreiheit in Anspruch genommen und vor dem 1. Januar 1995 ein Recht erworben haben, ihre Tätigkeit als Arzt für Allgemeinmedizin im Rahmen des Sozialversicherungssystems des Aufnahmemitgliedstaats auszuüben, dieses Recht deshalb genommen wird, weil sie nicht die in der Richtlinie 93/16 vorgesehenen neuen Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise besitzen (vgl. Urteil Garofalo u. a., Randnr. 31).
33. Es genügt also, festzustellen, dass zwar die genannte Voraussetzung bei Vorliegen eines grenzüberschreitenden Bezugs einen weiterreichenden Schutz erworbener Rechte erforderlich machen kann, dass aber in den vorliegenden Rechtssachen, wie dies in der Sitzung bestätigt wurde, die bei dem nationalen Gericht anhängigen Verfahren nur rein inländische Sachverhalte betreffen.
34. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die bloße Tatsache, dass aufgrund der Merkmale der nationalen Regelung für die Besetzung der Arztstellen in unterversorgten Gebieten die Ärzte, die den Nachweis über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin besitzen, und diejenigen, die nur den gleichwertigen Nachweis besitzen, bei der Zuweisung dieser Stellen nicht die gleichen Erfolgsaussichten hatten, keinen Verstoß gegen Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 darstellt.
35. Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 nicht verpflichtet sind, hinsichtlich des Zugangs zu Arztstellen in der Allgemeinmedizin die vor dem 1. Januar 1995 erlangte Zulassung zur Ausübung der Tätigkeit des Arztes für Allgemeinmedizin im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems als dem Erwerb des Nachweises über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin gleichwertig anzusehen.
Zur zweiten und zur dritten Frage
36. Mit der zweiten und der dritten Frage, die gemeinsam zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 die Mitgliedstaaten daran hindert, den Ärzten, die sowohl den Nachweis über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin besitzen als auch am 31. Dezember 1994 zur Ausübung der Tätigkeit des Arztes für Allgemeinmedizin im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems zugelassen waren,
- mehr Stellen vorzubehalten als den Ärzten, die den genannten Nachweis besitzen, oder den zugelassenen Ärzten, indem ihnen gestattet wird, sich gleichzeitig in diesen beiden Kategorien von vorbehaltenen Stellen zu bewerben;
- ihnen als weitere Vorzugsbehandlung die zusätzlichen Punkte für den vorgenannten Nachweis zuzuerkennen, wenn sie sich im Rahmen der Stellenquote bewerben, die den am 31. Dezember 1994 zugelassenen Ärzten vorbehalten sind.
37. Nach Auffassung von Frau Berardi u. a. und Frau Vaira u. a. stellt das System der vorbehaltenen Stellen die Verpflichtung nach Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 nicht in Frage, Ärzten, die aus anderen Mitgliedstaaten stammen, im Aufnahmemitgliedstaat niedergelassen sind und vor dem 1. Januar 1995 als Ärzte für Allgemeinmedizin zugelassen waren, das Recht auf Ausübung der Tätigkeit des Arztes für Allgemeinmedizin zuzuerkennen.
38. Es sei statthaft, doppelt qualifizierten Bewerbern eine größere Stellenquote anzubieten. Der Gesamtaufwand für die Erlangung des Nachweises rechtfertige es, diesen Nachweis höher zu bewerten als die entsprechende Dauer der Ausübung des Arztberufs. Würden die für diese Leistung vorgesehenen zwölf zusätzlichen Punkte nicht zuerkannt, so würden außerdem die Inhaber des Nachweises gegenüber denjenigen benachteiligt, die, anstatt die erforderliche zweijährige Ausbildung zu absolvieren, den ärztlichen Beruf ausgeübt und so die für die Erfahrung zusätzlich gewährten Punkte gesammelt hätten.
39. Im gleichen Sinne trägt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften vor, angesichts des Ermessens, das den Mitgliedstaaten bei der Bestimmung der erworbenen Rechte zustehe, fielen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/16 weder die Modalitäten der Teilnahme derjenigen Ärzte, die lediglich über eine vor dem 1. Januar 1995 erlangte Berufszulassung verfügten, an den öffentlichen Ausschreibungen für den Zugang zum Sozialversicherungssystem eines Mitgliedstaats noch die etwa zu ihren Gunsten vorbehaltenen Quoten, noch die bei dem Auswahlverfahren vergebenen Punkte.
40. Dagegen machen Herr De Benedictis u. a. geltend, es stehe den Mitgliedstaaten seit dem 1. Januar 1995 nicht zu, den Ärzten, die den Nachweis über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin besäßen und außerdem bis zum 31. Dezember 1994 die Zulassung zur Berufsausübung als Arzt für Allgemeinmedizin erlangt hätten, eine Vorzugsbehandlung in Form einer höheren Quote, als sie den Inhabern der einen oder der anderen Berechtigung zustehe, zu gewähren.
41. Wie oben in Randnummer 30 festgestellt, ist die Befugnis eines Mitgliedstaats nach Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16, die erworbenen Rechte nach seinem Ermessen zu bestimmen, nur an eine Bedingung geknüpft, die lediglich die Ärzte betrifft, die von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht haben und dadurch im Rahmen des Sozialversicherungssystems des Aufnahmemitgliedstaats das Recht erworben haben, als Arzt für Allgemeinmedizin tätig zu sein. Entsprechend dem Ziel des Gemeinschaftsgesetzgebers (siehe oben, Randnr. 28) kann diese Voraussetzung sich also nicht auf Sachverhalte ohne grenzüberschreitenden Anknüpfungspunkt beziehen
42. Daher ist der Aufnahmemitgliedstaat bei rein inländischen Sachverhalten, wie sie in den Ausgangsverfahren vorliegen, in der Festlegung des Umfangs der erworbenen Rechte frei.
43. Insoweit würde es - sofern der Mitgliedstaat die Einführung der beiden Stellenquoten, eine für Inhaber des Nachweises über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin und eine für Inhaber des gleichwertigen Nachweises, mit dem Bestreben begründet, die erworbenen Rechte der letztgenannten Kategorie von Ärzten zu schützen - zwar zu einer Schmälerung des Schutzes dieser Kategorie führen, wenn es einer Kategorie von Ärzten gestattet wäre, sich um die Stellen in beiden Quoten zu bewerben. Doch würde eine derartige Regelung nicht als solche gegen Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 verstoßen, der bei rein inländischen Sachverhalten den Mitgliedstaaten freie Hand bei der Bestimmung der erworbenen Rechte lässt.
44. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 vor, wenn Ärzten, sofern sie sich um die Stellen bewerben, die denjenigen vorbehalten sind, die am 31. Dezember 1994 berechtigt waren, die Tätigkeit des Arztes für Allgemeinmedizin auszuüben, zusätzliche Punkte für die Erlangung des Nachweises über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin zuerkannt werden.
45. Nach alledem ist auf die zweite und die dritte Frage zu antworten, dass Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, den Ärzten, die sowohl den Nachweis über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin besitzen als auch am 31. Dezember 1994 zur Ausübung des Berufes des Arztes für Allgemeinmedizin im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems zugelassen waren,
- mehr Stellen vorzubehalten als den Ärzten, die den genannten Nachweis besitzen, oder den zugelassenen Ärzten, indem ihnen gestattet wird, sich gleichzeitig in diesen beiden Kategorien von vorbehaltenen Stellen zu bewerben;
- ihnen als weitere Vorzugsbehandlung die zusätzlichen Punkte für den vorgenannten Nachweis zuzuerkennen, wenn sie sich im Rahmen der Stellenquote bewerben, die den am 31. Dezember 1994 zugelassenen Ärzten vorbehalten sind.
Kostenentscheidung:
Kosten
46. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Tenor:
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
1. Die Mitgliedstaaten sind nach Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16/EWG des Rates vom 5. April 1993 zur Erleichterung der Freizügigkeit für Ärzte und zur gegenseitigen Anerkennung ihrer Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise nicht verpflichtet, hinsichtlich des Zugangs zu Arztstellen in der Allgemeinmedizin die vor dem 1. Januar 1995 erlangte Zulassung zur Ausübung der Tätigkeit des Arztes für Allgemeinmedizin im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems als dem Erwerb des Nachweises über die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin gleichwertig anzusehen.
2. Artikel 36 Absatz 2 der Richtlinie 93/16 hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, den Ärzten, die sowohl den Nachweis über die Ausbildung in der Allgemeinmedizin besitzen als auch am 31. Dezember 1994 zur Ausübung des Berufes des Arztes für Allgemeinmedizin im Rahmen des nationalen Gesundheitssystems zugelassen waren,
- mehr Stellen vorzubehalten als den Ärzten, die den genannten Nachweis besitzen, oder den zugelassenen Ärzten, indem ihnen gestattet wird, sich gleichzeitig in diesen beiden Kategorien von vorbehaltenen Stellen zu bewerben;
- ihnen als weitere Vorzugsbehandlung die zusätzlichen Punkte für den vorgenannten Nachweis zuzuerkennen, wenn sie sich im Rahmen der Stellenquote bewerben, die den am 31. Dezember 1994 zugelassenen Ärzten vorbehalten sind.
Ende der Entscheidung
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