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Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 07.03.1991
Aktenzeichen: C-10/90
Rechtsgebiete: EWGV 1408/71, EWGVtr, RKG, RVO


Vorschriften:

EWGV 1408/71 Art. 3 Abs. 1
EWGVtr Art. 7
EWGVtr Art. 48
EWGVtr Art. 49
EWGVtr Art. 50
EWGVtr Art. 51
RKG § 75 Abs. 1
RKG § 76a Abs. 2 S. 1
RVO § 1278 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Artikel 48 bis 51 EWG-Vertrag und die zu ihrer Durchführung ergangenen Bestimmungen, darunter Artikel 3 der Verordnung Nr. 1408/71, lassen es nicht zu, daß ein Arbeitnehmer deshalb, weil er vom Recht auf Freizuegigkeit Gebrauch gemacht hat, Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verliert, die ihm die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats sichern; denn ein solcher Verlust könnte den Arbeitnehmer davon abhalten, von diesem Recht Gebrauch zu machen, und würde somit die Freizuegigkeit beeinträchtigen. Diese Bestimmungen sind somit dahin auszulegen, daß sie es nicht zulassen, daß ein Wanderarbeitnehmer, der eine Altersrente nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats und Leistungen der Unfallversicherung vom Träger eines anderen Mitgliedstaats erhält, bei der Berechnung des Teils der Leistungen, der nach den nationalen Bestimmungen des ersten Mitgliedstaats zum Ruhen gebracht werden soll, schlechter gestellt wird als ein Arbeitnehmer, der beide Leistungen nach den Rechtsvorschriften ein und desselben Mitgliedstaats erhält, weil er vom Recht auf Freizuegigkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Eine solche Ungleichbehandlung lässt sich nicht durch praktische Schwierigkeiten rechtfertigen, denen sich die Einrichtungen der sozialen Sicherheit bei der Berechnung der zu gewährenden Leistungen gegenübersehen.


URTEIL DES GERICHTSHOFES (ZWEITE KAMMER) VOM 7. MAERZ 1991. - MARIA MASGIO GEGEN BUNDESKNAPPSCHAFT. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: BUNDESSOZIALGERICHT - DEUTSCHLAND. - SOZIALE SICHERHEIT DER WANDERARBEITNEHMER - NATIONALE ANTIKUMULIERUNGSVORSCHRIFTEN - GLEICHBEHANDLUNG - AUSLEGUNG DER ARTIKEL 7 UND 48 BIS 51 EWG-VERTRAG SOWIE DES ARTIKELS 3 DER VERORDNUNG (EWG) NR. 1408/71. - RECHTSSACHE C-10/90.

Entscheidungsgründe:

1 Das Bundessozialgericht hat mit Beschluß vom 14. November 1989, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Januar 1990, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 7 und 48 bis 51 EWG-Vertrag sowie des Artikels 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) kodifizierten Fassung zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Maria Masgio, die im Ausgangsverfahren in die Rechte ihres Ehemanns eingetreten ist, und der Bundesknappschaft über die Methode der Berechnung des Herrn Masgio geschuldeten Knappschaftsruhegelds.

3 Aus den dem Gerichtshof vom vorlegenden Gericht übermittelten Akten geht hervor, daß Frau Masgio die Witwe eines italienischen Staatsangehörigen ist, der in Belgien und in der Bundesrepublik Deutschland im Bergbau gearbeitet hatte. Ab 1972 bezog Herr Masgio von dem zuständigen belgischen Versicherungsträger eine Rente wegen Silikose. Diese Rente wurde 1983 nach Maßgabe der belgischen Rechtsvorschriften gekürzt, da Herr Masgio von diesem Zeitpunkt an eine belgische Altersrente erhielt.

4 1983 bewilligte die Bundesknappschaft Herrn Masgio Knappschaftsruhegeld. Die Stellung der Bergleute, die ein solches Ruhegeld und gleichzeitig eine Unfallrente erhalten, ist in den §§ 75 Absatz 1 und 76a des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) geregelt.

5 § 75 Absatz 1 Satz 1 RKG sieht vor:

"Trifft eine knappschaftliche Rente mit einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusammen, so ruht die Rente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung insoweit, als sie... zusammen mit der Verletztenrente... sowohl 95 vom Hundert des Jahresarbeitsverdienstes, der der Berechnung der Verletztenrente zugrunde liegt, als auch 95 vom Hundert der für ihre Berechnung maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage übersteigt."

6 § 76a RKG bestimmt:

"1) Die Vorschriften über das Zusammentreffen einer Rente mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sind auch dann anzuwenden, wenn eine Rente bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit von einem Träger geleistet wird, der seinen Sitz ausserhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hat.

2) Für die von einem Träger ausserhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes geleistete Rente ist ein Jahresarbeitsverdienst nicht festzustellen..."

7 Die Bundesknappschaft stellte das an Herrn Masgio zu zahlende Ruhegeld nach § 76a RKG in der Weise endgültig fest, daß sie für die Berechnung des Teils der Leistungen, der zum Ruhen gebracht werden sollte, auf den Bruttobetrag der belgischen Unfallrente abstellte, ohne einen dieser Leistung zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienst zu berücksichtigen.

8 Herr Masgio und - nach seinem Tode - Frau Masgio machten zur Begründung der gegen diese Methode der Berechnung der Knappschaftsrente erhobene Klage geltend, § 76a Absatz 2 Satz 1 RKG sei mit den Artikeln 48 bis 51 EWG-Vertrag und Artikel 3 der Verordnung Nr. 1408/71 unvereinbar. Bei der Anwendung der Ruhensvorschriften müssten die in einem anderen Mitgliedstaat bezogenen Unfallrenten denjenigen nach deutschem Recht gleichgestellt werden, so daß jeweils ein Jahresarbeitsverdienst zur Berechnung des ruhensfreien Grenzbetrags ermittelt werden müsse. In der Regel sei nämlich der Jahresarbeitsverdienst höher als die Rentenbemessungsgrundlage, so daß die fehlende Feststellung des Jahresarbeitsverdienstes zur Folge habe, daß ausländische Unfallrenten das Ruhen eines grösseren Teils der Knappschaftsrente bewirkten als Renten, die von einem deutschen Träger gezahlt würden. Somit würden Wanderarbeitnehmer, die eine Knappschaftsrente und eine Unfallrente von einem Träger eines anderen Mitgliedstaats bezögen, gegenüber den Arbeitnehmern diskriminiert, die beide Leistungen von einem deutschen Träger erhielten.

9 Da das Bundessozialgericht der Auffassung war, der Rechtsstreit werfe eine Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechts auf, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Führt die Anwendung und Auslegung der Artikel 7 und 48 bis 51 EWG-Vertrag sowie des Artikels 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 dazu, daß Versicherte, die gleichzeitig eine Rente nach innerstaatlichen Vorschriften und Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung eines anderen mitgliedstaatlichen Versicherungsträgers erhalten, bei der nach nationalen Vorschriften (hier: § 76a in Verbindung mit § 75 RKG) vorzunehmenden Ruhensberechnung nicht schlechter gestellt werden dürfen als Versicherte, die beide Leistungen nach innerstaatlichen Vorschriften beziehen?

10 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits, des Verfahrensablaufs sowie der beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen wird auf den Sitzungsbericht verwiesen. Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert.

11 Das vorlegende Gericht möchte mit seiner Frage im wesentlichen Aufschluß darüber erhalten, ob die Artikel 7 und 48 bis 51 EWG-Vertrag sowie Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen sind, daß sie es nicht zulassen, daß ein Wanderarbeitnehmer, der eine Altersrente nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats und Leistungen der Unfallversicherung vom Träger eines anderen Mitgliedstaats erhält, bei der Berechnung des Teils der Leistungen, der nach den nationalen Bestimmungen des ersten Mitgliedstaats zum Ruhen gebracht werden soll, schlechter gestellt wird als ein Arbeitnehmer, der beide Leistungen nach den Rechtsvorschriften ein und desselben Mitgliedstaats erhält, weil er vom Recht auf Freizuegigkeit keinen Gebrauch gemacht hat.

12 Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung (Urteil vom 30. Mai 1989 in der Rechtssache 305/87, Kommission/Griechenland, Slg. 1989, 1461, Randnrn. 12 f.) das allgemeine Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, das Artikel 7 Absatz 1 EWG-Vertrag aufstellt, autonom nur auf durch das Gemeinschaftsrecht geregelte Fallgestaltungen angewendet werden kann, für die der Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht.

13 Das in Artikel 7 EWG-Vertrag niedergelegte allgemeine Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit ist in bezug auf Arbeitnehmer durch die Artikel 48 bis 51 EWG-Vertrag sowie die aufgrund dieser Bestimmungen erlassenen Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane, insbesondere die Verordnung Nr. 1408/71, umgesetzt und konkretisiert worden.

14 Artikel 48 Absatz 2 EWG-Vertrag sieht nämlich vor, daß die Freizuegigkeit der Arbeitnehmer

"die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen [umfasst]."

15 Ausserdem bestimmt Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71:

"Die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen."

16 Diese Bestimmungen sind im Lichte ihres Zwecks auszulegen; dieser besteht, insbesondere auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit, in der Herstellung grösstmöglicher Freizuegigkeit der Wanderarbeitnehmer, die eine der Grundlagen der Gemeinschaft darstellt (so z. B. Urteil vom 12. Oktober 1978 in der Rechtssache 10/78, Belbouab, Slg. 1978, 1915, Randnr. 5; Urteil vom 25. Februar 1986 in der Rechtssache 284/84, Spruyt, Slg. 1986, 685, Randnr. 18; Urteil vom 2. Mai 1990 in der Rechtssache C-293/88, Winter-Lutzins, Slg. 1990, I-1623, Randnr. 13).

17 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits festgestellt, daß die Artikel 48 bis 51 EWG-Vertrag sowie die zu ihrer Durchführung erlassenen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, insbesondere die Verordnung Nr. 1408/71, bezwecken, zu verhindern, daß ein Arbeitnehmer, der von seinem Recht auf Freizuegigkeit Gebrauch gemacht hat und in mehr als einem Mitgliedstaat beschäftigt war, schlechter gestellt wird als ein Arbeitnehmer, der seine gesamte berufliche Laufbahn in einem einzigen Mitgliedstaat zurückgelegt hat (in diesem Sinne die Urteile vom 5. Mai 1977 in der Rechtssache 104/76, Jansen, Slg. 1977, 829, Randnr. 12, und vom 10. März 1983 in der Rechtssache 232/82, Baccini, Slg. 1983, 583, Randnr. 17).

18 So hat der Gerichtshof insbesondere entschieden (z. B. Urteil vom 21. Oktober 1975 in der Rechtssache 24/75, Petroni, Slg. 1975, 1149, Randnrn. 11 und 13; Urteil vom 9. Juli 1980 in der Rechtssache 807/79, Gravina, Slg. 1980, 2205, Randnr. 6; Urteil vom 25. Februar 1986 in der Rechtssache Spruyt, a. a. O., Randnr. 19; Urteil vom 2. Mai 1990 in der Rechtssache Winter-Lutzins, a. a. O., Randnr. 14), daß der Zweck der Artikel 48 bis 51 verfehlt würde, wenn Wanderarbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizuegigkeit Gebrauch gemacht haben, Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlören, die ihnen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats sichern. Ein solcher Verlust könnte nämlich den EG-Arbeitnehmer davon abhalten, von seinem Recht auf Freizuegigkeit Gebrauch zu machen, und würde somit die Freizuegigkeit beeinträchtigen (Urteile vom 22. Februar 1990 in der Rechtssache C-228/88, Bronzino, Randnr. 12, Slg. 1990, I-531, und in der Rechtssache C-12/89, Gatto, Randnr. 12, Slg. 1990, I-557).

19 Eine Bestimmung der im Ausgangsverfahren fraglichen Art ist, obwohl sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer Anwendung findet, geeignet, Wanderarbeitnehmer im Bereich der sozialen Sicherheit gegenüber Arbeitnehmern zu benachteiligen, die nur in einem einzigen Mitgliedstaat beschäftigt waren.

20 Nach einer Regelung der im Ausgangsverfahren streitigen Art muß nämlich im Fall des Zusammentreffens einer in einem Mitgliedstaat gezahlten Unfallrente mit einer in diesem Mitgliedstaat geschuldeten Altersrente der Träger dieses Mitgliedstaats, der den Ruhensbetrag der Altersrente zu ermitteln hat, sowohl den der Berechnung der Unfallrente zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienst als auch die Bemessungsgrundlage der Altersrente berücksichtigen und denjenigen der beiden Grenzbeträge anwenden, der die geringere Kürzung der Rente bewirkt. Dagegen darf sich der Träger eines Mitgliedstaats nach einer derartigen Regelung im Fall des Zusammentreffens einer in diesem Mitgliedstaat geschuldeten Altersrente mit einer in einem anderen Mitgliedstaat gezahlten Unfallrente bei der Bestimmung des Teils der Altersrente, der zum Ruhen gebracht werden soll, nur an deren Bemessungsgrundlage halten.

21 Daraus folgt, daß ein Arbeitnehmer, der nur in dem Mitgliedstaat beschäftigt war, in dem eine Regelung der fraglichen Art gilt, und der dort eine Unfallrente und zugleich eine Altersrente bezieht, bei der Ermittlung des zum Ruhen zu bringenden Teils der in diesem Mitgliedstaat geschuldeten Altersrente ein Wahlrecht hat, über das der Wanderarbeitnehmer nicht verfügt, der ausser der Altersrente, die ihm nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats zusteht, eine Unfallrente von einem Träger eines anderen Mitgliedstaats erhält.

22 Im Ausgangsverfahren ist festgestellt worden, daß die Berechnung anhand der Bemessungsgrundlage zum Ruhen eines grösseren Teils der Altersrente als die Berechnung führen kann, die auf den Jahresarbeitsverdienst abstellt.

23 Unter diesen Umständen kann eine Bestimmung der vom vorlegenden Gericht angesprochenen Art, die EG-Arbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizuegigkeit Gebrauch gemacht haben, schlechter stellt als Arbeitnehmer, die dieses Recht nicht wahrgenommen haben, die Freizuegigkeit der Arbeitnehmer beeinträchtigen.

24 Zu dem im Ausgangsverfahren vorgebrachten Argument, die unterschiedliche Behandlung, die sich aus der Anwendung der vor dem vorlegenden Gericht umstrittenen Regelung ergebe, sei wegen praktischer Schwierigkeiten gerechtfertigt, die darin bestuenden, daß es bei in einem anderen Mitgliedstaat bezogenen Unfallrenten dem den Ruhensbetrag von Leistungen berechnenden Träger häufig unmöglich sei, einen Jahresarbeitsverdienst festzustellen, genügt der Hinweis, daß Artikel 48 Absatz 3 EWG-Vertrag nur solche Beschränkungen der Ausübung des Rechts auf Freizuegigkeit der Arbeitnehmer zulässt, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt werden können. Ausser in diesen im EWG-Vertrag ausdrücklich geregelten Fällen lässt sich daher eine Beeinträchtigung der Freizuegigkeit der Arbeitnehmer nicht rechtfertigen.

25 Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist somit auf die Frage des vorlegenden Gerichts zu antworten, daß die Artikel 7 und 48 bis 51 EWG-Vertrag sowie Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen sind, daß sie es nicht zulassen, daß ein Wanderarbeitnehmer, der eine Altersrente nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats und Leistungen der Unfallversicherung vom Träger eines anderen Mitgliedstaats erhält, bei der Berechnung des Teils der Leistungen, der nach den nationalen Bestimmungen des ersten Mitgliedstaats zum Ruhen gebracht werden soll, schlechter gestellt wird als ein Arbeitnehmer, der beide Leistungen nach den Rechtsvorschriften ein und desselben Mitgliedstaats erhält, weil er vom Recht auf Freizuegigkeit keinen Gebrauch gemacht hat.

Kostenentscheidung:

Kosten

26 Die Auslagen der Regierung des Königreichs Belgien und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

auf die ihm vom Bundessozialgericht mit Beschluß vom 14. November 1989 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Die Artikel 7 und 48 bis 51 EWG-Vertrag sowie Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 kodifizierten Fassung sind dahin auszulegen, daß sie es nicht zulassen, daß ein Wanderarbeitnehmer, der eine Altersrente nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats und Leistungen der Unfallversicherung vom Träger eines anderen Mitgliedstaats erhält, bei der Berechnung des Teils der Leistungen, der nach den nationalen Bestimmungen des ersten Mitgliedstaats zum Ruhen gebracht werden soll, schlechter gestellt wird als ein Arbeitnehmer, der beide Leistungen nach den Rechtsvorschriften ein und desselben Mitgliedstaats erhält, weil er vom Recht auf Freizuegigkeit keinen Gebrauch gemacht hat.

Ende der Entscheidung

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