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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 21.09.2006
Aktenzeichen: C 105/04 P
Rechtsgebiete: EG, Entscheidung 2000/117/EG


Vorschriften:

EG Art. 81
Entscheidung 2000/117/EG
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Erste Kammer)

21. September 2006

"Rechtsmittel - Kartelle - Markt für elektrotechnisches Installationsmaterial in den Niederlanden - Nationale Vereinigung von Großhändlern - Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine kollektive Ausschließlichkeitsregelung und die Preisfestsetzung zum Gegenstand haben - Geldbußen"

Parteien:

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Artikel 56 der Satzung des Gerichtshofes, eingelegt am 26. Februar 2004,

Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied mit Sitz in Den Haag (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: E. Pijnacker Hordijk und M. De Grave, advocaten,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Technische Unie BV mit Sitz in Amstelveen (Niederlande), Prozessbevollmächtigte: P. Bos und C. Hubert, advocaten,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Wils als Bevollmächtigten im Beistand von H. Gilliams, advocaat, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

CEF City Electrical Factors BV mit Sitz in Rotterdam (Niederlande),

CEF Holdings Ltd mit Sitz in Kenilworth (Vereinigtes Königreich),

Prozessbevollmächtigte: J. Stuyck, C. Vinken-Geijselaers und M. Poelman, advocaten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferinnen im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, des Richters K. Schiemann (Berichterstatter), der Richterin N. Colneric sowie der Richter E. Juhász und E. Levits,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2005,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 8. Dezember 2005

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied (im Folgenden: FEG), das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 16. Dezember 2003 in den Rechtssachen T-5/00 und T-6/00 (Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission, Slg. 2003, II-5761, im Folgenden: angefochtenes Urteil) aufzuheben oder es zumindest in Bezug auf die Rechtssache T-5/00 aufzuheben, in der das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/117/EG der Kommission vom 26. Oktober 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache IV/33.884 - Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie [FEG und TU]) (ABl. 2000, L 39, S. 1, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

Sachverhalt

2 Am 18. März 1991 legten die CEF Holdings Ltd, ein im Vereinigten Königreich ansässiger Großhändler für elektrotechnisches Installationsmaterial, und ihre zwecks Ansiedelung auf dem niederländischen Markt gegründete Tochtergesellschaft CEF City Electrical Factors BV (im Folgenden gemeinsam: CEF) bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften eine Beschwerde ein, weil sie in den Niederlanden Probleme bei der Belieferung hatten.

3 Diese Beschwerde richtete sich gegen drei auf dem niederländischen Markt für elektrotechnisches Installationsmaterial tätige Unternehmensvereinigungen. Neben der FEG handelte es sich dabei um die Nederlandse Vereniging van Alleenvertegenwoordigers op Elektrotechnisch Gebied (im Folgenden: NAVEG) und die Unie van de Elektrotechnische Ondernemers (im Folgenden: UNETO).

4 In der Beschwerde warf CEF diesen drei Vereinigungen und ihren Mitgliedern vor, wechselseitige kollektive Ausschließlichkeitsabsprachen auf allen Ebenen der Vertriebskette für elektrotechnisches Installationsmaterial in den Niederlanden getroffen zu haben, so dass ein Großhändler für elektrotechnisches Installationsmaterial, der nicht Mitglied der FEG sei, praktisch keinen Zugang zum niederländischen Markt erhalten könne. Die Hersteller und ihre Agenten oder Importeure lieferten elektrotechnisches Installationsmaterial ausschließlich an FEG-Mitglieder, und Installationsbetriebe kauften ausschließlich bei diesen.

5 In den Jahren 1991 und 1992 erweiterte CEF ihre Beschwerde sodann auf Absprachen zwischen der FEG und deren Mitgliedern in Bezug auf Preise und Rabatte, auf Absprachen mit dem Ziel, CEF von der Teilnahme an bestimmten Projekten auszuschließen, sowie auf vertikale Preisabsprachen zwischen einigen Herstellern von elektrotechnischem Installationsmaterial und FEG-Großhändlern.

6 Nachdem die Kommission der FEG und deren Mitgliedern am 16. September 1991 ein Mahnschreiben sowie mehrere Auskunftsverlangen übersandt hatte und nachdem ihre Dienststellen Nachprüfungen in Bezug auf die angeblichen Absprachen der FEG-Mitglieder vorgenommen hatten, teilte die Kommission am 3. Juli 1996 ihre Beschwerdepunkte der FEG und sieben FEG-Mitgliedern, darunter der Technische Unie BV (im Folgenden: TU), mit. Am 19. November 1997 fand im Beisein aller Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte sowie von CEF eine Anhörung statt.

7 Am 26. Oktober 1999 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, in der Folgendes festgestellt wird:

- Die FEG habe eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG begangen, indem sie auf der Grundlage einer Vereinbarung mit der NAVEG sowie auf der Grundlage von aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen mit Lieferanten, die nicht in der NAVEG vertreten seien, eine kollektive Ausschließlichkeitsregelung eingegangen sei, die darauf abziele, Lieferungen an Nicht-FEG-Mitglieder zu verhindern (Artikel 1 der streitigen Entscheidung).

- Die FEG habe eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG begangen, indem sie durch bindende Beschlüsse über feste Preise und Veröffentlichungen, durch die Verbreitung von Empfehlungen in Bezug auf Brutto- und Nettopreise an ihre Mitglieder sowie dadurch, dass sie ihren Mitgliedern ein Forum für Diskussionen über Preise und Rabatte geboten habe, direkt und indirekt die Freiheit ihrer Mitglieder eingeschränkt habe, selbständig ihre Verkaufspreise festzusetzen (Artikel 2 der streitigen Entscheidung).

- TU habe eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG begangen, indem sie aktiv an den in den Artikeln 1 und 2 der streitigen Entscheidung aufgeführten Zuwiderhandlungen teilgenommen habe (Artikel 3 dieser Entscheidung).

8 Wegen der vorstehend genannten Zuwiderhandlungen wurden Geldbußen in Höhe von 4,4 Millionen Euro gegen die FEG und von 2,15 Millionen Euro gegen TU verhängt (Artikel 5 der streitigen Entscheidung).

9 Angesichts der erheblichen Verfahrensdauer (102 Monate) beschloss die Kommission jedoch von sich aus, die Geldbuße um 100 000 Euro herabzusetzen. In der streitigen Entscheidung heißt es dazu:

"(152) ... Die Kommission erkennt an, dass die Dauer des Verfahrens in der vorliegenden Sache, das im Jahr 1991 begann, beträchtlich ist. Die Gründe hierfür sind unterschiedlicher Art und sind zum Teil der Kommission und zum Teil den Parteien zuzuschreiben. Soweit der Kommission in diesem Punkt ein Vorwurf gemacht werden kann, erkennt sie ihre Verantwortlichkeit hierfür an.

(153) Aus diesem Grund senkt die Kommission den Betrag der Geldbuße [von 4,5 Millionen] auf 4,4 Mio. EUR für die FEG und [von 2,25 Millionen] auf 2,15 Mio. EUR für die TU."

Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

10 Mit Klageschrift, die am 14. Januar 2000 beim Gericht einging (T-5/00), erhob die FEG Klage mit dem Antrag, die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, hilfsweise, Artikel 5 Absatz 1 der Entscheidung für nichtig zu erklären, und höchst hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße auf 1 000 Euro herabzusetzen.

11 Mit Klageschrift, die am selben Tag beim Gericht einging (T-6/00), erhob TU eine Klage mit dem gleichen Gegenstand wie FEG.

12 Durch Beschluss des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts vom 16. Oktober 2000 wurde CEF als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.

13 Die zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen der FEG und von TU wurden im angefochtenen Urteil abgewiesen. Die FEG und TU wurden verurteilt, ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission und der Streithelferinnen im ersten Rechtszug in den Rechtssachen zu tragen, in denen sie jeweils Klage erhoben hatten.

Anträge der Verfahrensbeteiligten vor dem Gerichtshof

14 In ihrer Rechtsmittelschrift beantragt die FEG,

- das angefochtene Urteil aufzuheben oder es zumindest insoweit aufzuheben, als es die Rechtssache T-5/00 betrifft, und die streitige Entscheidung ganz oder teilweise für nichtig zu erklären oder zumindest die gegen sie verhängte Geldbuße erheblich herabzusetzen;

- hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben oder es zumindest insoweit aufzuheben, als es die Rechtssache T-5/00 betrifft, und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

- der Kommission die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

15 Die Kommission beantragt,

- das Rechtsmittel in vollem Umfang als unzulässig oder zumindest als unbegründet zurückzuweisen;

- der FEG die Kosten aufzuerlegen.

Rechtsmittelgründe

16 Die FEG stützt ihr Rechtsmittel auf sieben Gründe:

- Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer, indem das Gericht entschieden habe, dass die übermäßig lange Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht zur Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung führen könne;

- Verletzung der Unschuldsvermutung und der Begründungspflicht, da das Gericht bestimmte nach Übersendung des Mahnschreibens verfasste Schriftstücke nicht als Entlastungsbeweise anerkannt habe;

- Verletzung von Artikel 81 Absatz 1 EG sowie der Begründungspflicht, da das Gericht die von der Kommission in Bezug auf die Dauer der angeblichen kollektiven Ausschließlichkeitsregelung vorgelegten Beweise als plausibel angesehen habe;

- Verletzung von Artikel 81 Absatz 1 EG sowie der Begründungspflicht, da das Gericht das Vorbringen der FEG zu den Preisabsprachen nicht geprüft oder falsch wiedergegeben habe;

- Verletzung der Begründungspflicht in Bezug auf die Frage, ob der FEG die angebliche Erstreckung der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung auf nicht der NAVEG angehörende Lieferanten zugerechnet werden könne;

- Verletzung von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), oder des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Festsetzung der Geldbußen und der Begründungspflicht, da das Gericht das Vorbringen der FEG und von TU zur Dauer der Zuwiderhandlungen zurückgewiesen habe;

- Verletzung von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 oder des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Festsetzung der Geldbußen und der Begründungspflicht, soweit das Gericht ungeachtet der übermäßig langen Dauer des Verwaltungsverfahrens entschieden habe, dass die FEG und TU keinen Gesichtspunkt vorgetragen hätten, der eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen würde.

Zum Rechtsmittel

Erster Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

17 Die FEG trägt vor, nach einem allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts müsse die Kommission ihre Entscheidungen binnen angemessener Frist erlassen. Das Gericht habe diesen Grundsatz missachtet, als es in Randnummer 94 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das gesamte auf die Verletzung des Grundsatzes einer angemessenen Verfahrensdauer gestützte Vorbringen zurückzuweisen sei und dass die übermäßige Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen könne.

18 Nach ständiger Rechtsprechung sei zwischen der Ermittlungsphase und dem Zeitraum von der Mitteilung der Beschwerdepunkte durch die Kommission bis zum Erlass ihrer Entscheidung zu unterscheiden.

19 Zur Ermittlungsphase habe das Gericht in Randnummer 79 des angefochtenen Urteils fälschlich ausgeführt, dass die bloße Verlängerung dieses Abschnitts des Verwaltungsverfahrens als solche die Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigen könne, da in einem Verfahren im Bereich der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik gegen die Betroffenen keine förmliche Anschuldigung erhoben werde, bis sie die Mitteilung der Beschwerdepunkte erhalten hätten.

20 Außerdem habe das Gericht die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Beginn der angemessenen Frist im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten falsch ausgelegt, indem es ausgeführt habe, dass diese Frist "in dem Moment zu laufen beginnt, in dem gegen eine Person eine Anschuldigung erhoben wird" (Randnr. 79 des angefochtenen Urteils).

21 Aus der genannten Rechtsprechung folge entgegen der Entscheidung des Gerichts, dass die angemessene Frist entweder im Juni 1991 begonnen habe, als die Kommission ihr das erste Auskunftsverlangen übersandt und sie über den Inhalt der Beschwerde von CEF unterrichtet habe, oder spätestens am 16. September 1991, dem Zeitpunkt des Mahnschreibens der Kommission.

22 Überdies gehe aus Randnummer 87 des angefochtenen Urteils hervor, dass sich das Gericht die Art der durch die übermäßig lange Verfahrensdauer entstandenen Schwierigkeiten nicht bewusst gemacht habe. Bei einem so langen Verfahren sei es angesichts der erheblichen Fluktuation beim Führungspersonal und bei den Mitarbeitern unmöglich, Kontakt zu den Betroffenen aufzunehmen, um Aufklärung über bestimmte Punkte der Protokolle und anderen Schriftstücke in Bezug auf die Vorstandssitzungen der fraglichen Unternehmen zu erhalten. Es gehe nicht, wie das Gericht in Randnummer 87 zu Unrecht unterstelle, um den Verlust schriftlicher Beweise.

23 Da sich die meisten Geschehnisse in so ferner Vergangenheit abgespielt hätten, dass sich keiner der unmittelbar Betroffenen mit hinreichender Genauigkeit daran erinnere, sei es für die FEG äußerst schwierig - wenn nicht unmöglich - gewesen, sich wirksam zu verteidigen.

24 Schließlich habe das Gericht zu Unrecht völlig außer Acht gelassen, dass sie ein Interesse an einem schnellen Abschluss des Verfahrens gehabt habe, da ihr Überleben durch diesen Rechtsstreit unmittelbar bedroht worden sei. Seit Erlass der streitigen Entscheidung habe sie keinerlei Aktivitäten mehr entfalten können, und ihre Mitgliederzahl sei von 60 auf 19 zurückgegangen.

25 Die Kommission trägt vor, der erste Rechtsmittelgrund beruhe auf einem falschen Verständnis von Randnummer 79 des angefochtenen Urteils, die in Verbindung mit den Randnummern 77 und 78 zu sehen sei, an die sie sich anschließe.

26 In Randnummer 77 des angefochtenen Urteils habe das Gericht festgestellt, dass der erste Abschnitt des Verwaltungsverfahrens übermäßig lang gedauert habe. Das Gericht habe somit den ersten Abschnitt dieses Verfahrens bei seiner Beurteilung der Angemessenheit des Zeitraums zwischen den ersten Verfahrenshandlungen und dem Erlass der streitigen Entscheidung berücksichtigt.

27 Das Gericht habe die Ansicht vertreten, dass sowohl der erste als auch der zweite Abschnitt des Verwaltungsverfahrens übermäßig lang gedauert hätten, und sodann geprüft, ob durch diese Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer die Verteidigungsrechte der FEG verletzt worden seien; damit sei es der Rechtsprechung des Gerichtshofes gefolgt, nach der eine unangemessene Dauer der verschiedenen Abschnitte der Untersuchung nicht automatisch zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer führe. Die betroffenen Unternehmen müssten zudem dartun, dass durch diese unangemessene Dauer die Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden seien (Urteil vom 15. Oktober 2002 in den Rechtssachen C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C-247/99 P, C-250/99 P bis C-252/99 P und C-254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 2002, I-8375, Randnrn. 173 bis 178).

28 Im vorliegenden Fall habe die FEG keinen überzeugenden Beweis für ihre Behauptung erbracht, dass die übermäßige Dauer des Verwaltungsverfahrens die Verteidigungsrechte beeinträchtigt habe. Die Randnummern 87 bis 92 des angefochtenen Urteils zeigten, dass das Gericht bei der Prüfung der Frage, ob die von ihm festgestellte unangemessene Dauer des Verfahrens vorliegend die Verteidigungsrechte der FEG verletzt habe, seine Analyse sowohl auf den ersten als auch auf den zweiten Abschnitt dieses Verfahrens erstreckt habe. Es habe die von der FEG als Beleg für eine Verletzung der Verteidigungsrechte angeführten Umstände nacheinander zurückgewiesen und sich dabei entweder auf genaue rechtliche Erwägungen oder auf tatsächliche Feststellungen gestützt, die im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens nicht überprüft werden könnten.

29 Zu dem von der FEG gegen das Gericht erhobenen Vorwurf, es habe die ihr aufgrund der übermäßigen Dauer des Verwaltungsverfahrens entstandenen Probleme bei der Sammlung von Entlastungsbeweisen nicht berücksichtigt, sei auf Randnummer 87 des angefochtenen Urteils zu verweisen, in der darauf hingewiesen werde, dass die Unternehmen nach der allgemeinen Bedachtsamkeitspflicht dafür sorgen müssten, dass in ihren Büchern oder Archiven alle Unterlagen über ihre Tätigkeit gut aufbewahrt würden, wobei dies erst recht gelte, nachdem an ein Unternehmen ein Auskunftsverlangen oder ein Mahnschreiben gerichtet worden sei.

30 Was das Interesse der FEG an einem zügigen Ablauf des Verfahrens anbelange, so habe das Gericht in Randnummer 80 des angefochtenen Urteils ausdrücklich bestätigt, dass ein Unternehmen, wenn es eine Mitteilung der Beschwerdepunkte erhalten habe, ein besonderes Interesse daran habe, dass die Kommission diesen Verfahrensabschnitt beschleunigt durchführe, ohne dabei jedoch die Verteidigungsrechte zu verletzen. Im Licht dieses Gesichtspunkts habe das Gericht sodann geprüft, ob die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer die Verteidigung der FEG beeinträchtigt habe.

31 Der erste Rechtsmittelgrund sei somit offensichtlich unzulässig, da er sich gegen die tatsächliche Würdigung der Frage, ob die Überschreitung der angemessenen Verfahrensdauer die FEG bei der Vorbereitung ihrer Verteidigung beeinträchtigt habe, durch das Gericht richte, und er sei offensichtlich unbegründet, da er auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe.

32 Auch CEF macht in ihrer Rechtsmittelbeantwortung geltend, dass der erste Rechtsmittelgrund der FEG auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe. Das Gericht habe im Rahmen der Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer zu Recht den Zeitraum ab dem Datum des Auskunftsverlangens, dem 25. Juli 1991, geprüft.

33 In Bezug auf die angemessene Verfahrensdauer und die Verletzung der Verteidigungsrechte sei auf Randnummer 49 des Urteils vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C-185/95 P (Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I-8417) zu verweisen, aus der hervorgehe, dass die Rechtsauffassung des Gerichts zutreffe, wonach trotz der übermäßigen Dauer des ersten Abschnitts des Verwaltungsverfahrens mangels Beweises für eine Verletzung der Verteidigungsrechte kein Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer vorliege.

34 Es handele sich vorliegend jedenfalls um Tatsachenfeststellungen des Gerichts, die nicht Gegenstand einer Überprüfung durch den Gerichtshof sein könnten. Der erste Rechtsmittelgrund müsse daher als unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet zurückgewiesen werden.

Würdigung durch den Gerichtshof

35 Die Einhaltung einer angemessenen Frist bei der Abwicklung der Verwaltungsverfahren auf dem Gebiet der Wettbewerbspolitik stellt einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, dessen Wahrung der Gemeinschaftsrichter zu sichern hat (Urteil vom 18. März 1997 in der Rechtssache C-282/95 P, Guérin automobiles/Kommission, Slg. 1997, I-1503, Randnrn. 36 und 37, und Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Randnrn. 167 bis 171).

36 Es ist zu prüfen, ob das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, als es die auf einen angeblichen Verstoß der Kommission gegen diesen Grundsatz gestützten Argumente zurückwies.

37 Entgegen dem Vorbringen der FEG hat das Gericht bei der Anwendung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer zwischen den beiden Abschnitten des Verwaltungsverfahrens - dem Abschnitt der Ermittlungen vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte und dem Rest des Verwaltungsverfahrens - unterschieden (vgl. Randnr. 78 des angefochtenen Urteils).

38 Diese Vorgehensweise steht mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes voll und ganz im Einklang. So hat der Gerichtshof in den Randnummern 181 bis 183 des Urteils Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission insbesondere entschieden, dass bei der Prüfung des Verwaltungsverfahrens zwei aufeinanderfolgende Abschnitte unterschieden werden können, von denen jeder einer eigenen inneren Logik folgt. Der erste Abschnitt, der sich bis zur Mitteilung der Beschwerdepunkte erstreckt, beginnt dann, wenn die Kommission in Ausübung der ihr durch den Gemeinschaftsgesetzgeber verliehenen Befugnisse Maßnahmen trifft, die mit dem Vorwurf verbunden sind, eine Zuwiderhandlung begangen zu haben; er soll es ihr ermöglichen, zum weiteren Verlauf des Verfahrens Stellung zu nehmen. Der zweite Abschnitt erstreckt sich von der Mitteilung der Beschwerdepunkte bis zum Erlass der abschließenden Entscheidung. Er soll es der Kommission ermöglichen, sich abschließend zu der gerügten Zuwiderhandlung zu äußern.

39 Nachdem das Gericht die Unterscheidung zwischen den beiden Abschnitten des Verwaltungsverfahrens vorgenommen hatte, prüfte es bei jedem von ihnen, ob er übermäßig lang gedauert hatte.

40 Zum ersten Abschnitt hat das Gericht in Randnummer 76 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass zwischen dem Mahnschreiben an die FEG vom 16. September 1991 und den Nachprüfungen am 8. Dezember 1994 erhebliche Zeit verstrichen sei. Es hat anerkannt, dass dies übermäßig lang gewesen sei und auf einer der Kommission zuzurechnenden Untätigkeit beruht habe.

41 Zum zweiten Abschnitt des Verwaltungsverfahrens hat das Gericht in Randnummer 85 des angefochtenen Urteils ausgeführt, zwischen der Anhörung der Beteiligten und dem Erlass der streitigen Entscheidung seien etwa 23 Monate vergangen; dies sei ein Zeitraum von beträchtlicher Länge, ohne dass es möglich wäre, die Verantwortung dafür der FEG und TU anzulasten. Es hat daraus geschlossen, dass die Kommission die normalerweise für den Erlass der Entscheidung erforderliche Frist überschritten habe.

42 Da die Feststellung, dass das Verfahren übermäßig lang dauerte, ohne dass es möglich wäre, die Verantwortung für seine Dauer der FEG oder TU anzulasten, als solche nicht ausreicht, um einen Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer zu bejahen, hat das Gericht die Auswirkung der Verfahrensdauer auf die Verteidigungsrechte der FEG geprüft. Die Prämisse für eine solche Vorgehensweise ergibt sich aus Randnummer 74 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht entschieden hat, dass die Überschreitung der angemessenen Frist nur bei einer Entscheidung, durch die Zuwiderhandlungen festgestellt würden, einen Grund für die Nichtigerklärung darstellen könne, sofern erwiesen sei, dass der Verstoß gegen diesen Grundsatz die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen beeinträchtigt habe. Außerhalb dieser besonderen Fallgestaltung wirke sich die Nichtbeachtung der Verpflichtung zur Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist nicht auf die Rechtsgültigkeit des Verwaltungsverfahrens im Rahmen der Verordnung Nr. 17 aus.

43 Der Rückgriff auf dieses Kriterium zur Feststellung eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer ist völlig legitim. In Randnummer 49 des Urteils Baustahlgewebe/Kommission hat der Gerichtshof im Rahmen der Beurteilung der Dauer des Verfahrens vor dem Gericht entschieden, dass ein Anhaltspunkt dafür, dass die Verfahrensdauer Auswirkungen auf den Ausgang des Rechtsstreits gehabt hätte, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen kann. Auf der gleichen Vorgehensweise beruht die Argumentation des Gerichts, wonach die übermäßige Dauer des Verfahrens vor der Kommission zur Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung führen müsse, wenn die Verteidigungsrechte der FEG beeinträchtigt worden seien, da in diesem Fall zwangsläufig eine mögliche Auswirkung auf den Ausgang des Verfahrens gegeben sei.

44 Folglich ist die vom Gericht vorgenommene Analyse der angeblichen Verletzung der Verteidigungsrechte der FEG in diesem Kontext zu würdigen.

45 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass sich diese Analyse auf die Beurteilung der Auswirkung der übermäßigen Dauer des zweiten Abschnitts des Verwaltungsverfahrens auf die Ausübung der Verteidigungsrechte der FEG beschränkt. Insbesondere ist das Gericht in Randnummer 93 des Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass die übermäßige Dauer des auf die Anhörung folgenden Verwaltungsverfahrens die Verteidigungsrechte der FEG und von TU nicht beeinträchtigt habe.

46 In Bezug auf die Ermittlungsphase vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte hat das Gericht in Randnummer 79 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die bloße Verlängerung dieses Abschnitts des Verwaltungsverfahrens als solche die Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigen könne, da gegen die FEG und TU keine förmliche Anschuldigung erhoben worden sei, bis sie die Mitteilung der Beschwerdepunkte erhalten hätten.

47 Diese Schlussfolgerung ist insofern korrekt, als das Gericht die Ansicht vertreten hat, dass die FEG und TU erst nach Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte offiziell über die Zuwiderhandlungen informiert worden seien, die die Kommission ihnen im Anschluss an ihre eigenen Ermittlungen zur Last gelegt habe. Den Erwägungen des Gerichts liegt der Gedanke zugrunde, dass die betroffenen Unternehmen nur im zweiten Abschnitt des Verwaltungsverfahrens die Verteidigungsrechte umfassend geltend machen können, während dies im Abschnitt vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht der Fall ist, weil die Kommission noch keine Vorwürfe wegen der von ihr festgestellten angeblichen Zuwiderhandlungen erhoben hat.

48 Die Feststellung des Gerichts in Randnummer 79 des angefochtenen Urteils trägt jedoch nicht der Möglichkeit Rechnung, dass die übermäßige Dauer der Ermittlungsphase Auswirkungen auf die Ausübung der Verteidigungsrechte durch die FEG im zweiten Abschnitt des Verwaltungsverfahrens, d. h. nach Übersendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte, gehabt haben könnte.

49 Die übermäßige Dauer des ersten Abschnitts des Verwaltungsverfahrens kann Auswirkungen auf die künftigen Verteidigungsmöglichkeiten der betroffenen Unternehmen haben, insbesondere indem sie die Wirksamkeit der Verteidigungsrechte verringert, wenn diese im zweiten Verfahrensabschnitt geltend gemacht werden. Je mehr Zeit nämlich zwischen einer Untersuchungsmaßnahme - wie im vorliegenden Fall der Übersendung des Mahnschreibens - und der Mitteilung der Beschwerdepunkte vergeht, desto wahrscheinlicher wird es, wie die Generalanwältin in Nummer 129 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, dass etwaige Entlastungsbeweise in Bezug auf die in dieser Mitteilung gerügten Zuwiderhandlungen nicht mehr oder nur noch schwer gesammelt werden können; dies gilt insbesondere für Entlastungszeugen, vor allem wegen möglicher Änderungen in der Zusammensetzung der Führungsorgane der betroffenen Unternehmen und Fluktuationen bei ihren übrigen Mitarbeitern. Das Gericht hat bei seiner Analyse des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer diesen Aspekt von dessen Umsetzung nicht hinreichend berücksichtigt.

50 Da der Beachtung der Verteidigungsrechte als eines Grundsatzes, dessen fundamentaler Charakter in der Rechtsprechung des Gerichtshofes mehrfach hervorgehoben wurde (vgl. u. a. Urteil vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81, Michelin/Kommission, Slg. 1983, 3461, Randnr. 7), in Verfahren wie dem vorliegenden größte Bedeutung zukommt, muss verhindert werden, dass diese Rechte aufgrund der übermäßigen Dauer der Ermittlungsphase in nicht wieder gutzumachender Weise beeinträchtigt werden und dass die Verfahrensdauer der Erbringung von Beweisen dafür entgegensteht, dass keine Verhaltensweisen vorlagen, die die Verantwortung der betroffenen Unternehmen auslösen könnten. Aus diesem Grund darf sich die Prüfung einer etwaigen Beeinträchtigung der Ausübung der Verteidigungsrechte nicht auf den Abschnitt beschränken, in dem diese Rechte ihre volle Wirkung entfalten, nämlich den zweiten Abschnitt des Verwaltungsverfahrens. Die Beurteilung der Quelle einer etwaigen Schwächung der Wirksamkeit der Verteidigungsrechte muss sich auf das gesamte Verwaltungsverfahren erstrecken und es in voller Länge einbeziehen.

51 Das Gericht hat somit einen Rechtsfehler begangen, als es im angefochtenen Urteil die Prüfung der angeblichen Verletzung der Verteidigungsrechte durch die übermäßige Dauer des Verwaltungsverfahrens allein auf dessen zweiten Abschnitt beschränkte. Es hat zu prüfen versäumt, ob die der Kommission anzulastende übermäßige Dauer des gesamten Verwaltungsverfahrens - einschließlich des Abschnitts vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte - die künftigen Verteidigungsmöglichkeiten von TU und der FEG beeinträchtigen konnte und ob die FEG dies insbesondere in schlüssiger Weise dargetan hatte.

52 Daraus folgt, dass dem ersten Rechtsmittelgrund der FEG insoweit stattzugeben ist, als er auf einem Rechtsfehler bei der Anwendung des Grundsatzes der angemessenen Verfahrensdauer beruht. Das angefochtene Urteil ist deshalb teilweise aufzuheben, soweit darin entschieden wurde, dass die übermäßige Dauer des ersten Abschnitts des Verwaltungsverfahrens als solche die Verteidigungsrechte der FEG nicht habe beeinträchtigen können.

53 Nach Artikel 61 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes hebt der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel begründet ist, die Entscheidung des Gerichts auf. Er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

54 Da im vorliegenden Fall die Frage der angeblichen Verletzung der Verteidigungsrechte durch die übermäßige Dauer des Verwaltungsverfahrens im ersten Rechtszug erörtert wurde und die FEG somit die Möglichkeit hatte, ihre dahin gehenden Argumente vorzutragen, kann der Gerichtshof in der Sache entscheiden.

55 In ihrer Klage vor dem Gericht machte die FEG geltend, dass die Verletzung der angemessenen Verfahrensdauer zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte geführt habe. Aufgrund des Zeitablaufs habe sie immer größere Schwierigkeiten gehabt, Auskünfte in Bezug auf die Vorwürfe der Kommission zu erhalten. Die meisten Personen, die während des Zeitraums, auf den sich die Untersuchung der Kommission erstreckt habe, ihrem Vorstand angehört hätten, seien seit Jahren nicht mehr Mitglied ihrer Leitungsorgane, und ein Teil der früheren Führungskräfte sei in den Ruhestand getreten oder befinde sich im Ausland und könne nicht mehr um Erläuterungen ersucht werden.

56 Hierzu ist festzustellen, dass die Argumentation der FEG zur angeblichen Verletzung der Verteidigungsrechte abstrakt und ungenau ist. Um ihre Verletzung, auch aufgrund der übermäßigen Dauer der Ermittlungsphase, darzutun, musste die FEG nachweisen, dass ihre Möglichkeiten, die Vorwürfe der Kommission zu widerlegen, zum Zeitpunkt der Mitteilung der Beschwerdepunkte, dem 3. Juli 1996, eingeschränkt waren, weil der erste Abschnitt des Verwaltungsverfahrens übermäßig lang gedauert hatte.

57 Die FEG hat im vorliegenden Fall in ihrer Klage vor dem Gericht nicht angegeben, wer die früheren Mitarbeiter sind, deren Weggang sie daran gehindert haben soll, Aufklärung über die Geschehnisse zu erhalten, auf die sich die Vorwürfe der Kommission beziehen.

58 Die FEG gibt auch weder den Zeitpunkt des Weggangs der genannten Personen noch Art und Umfang der Auskünfte oder Erläuterungen an, die zu ihrer Verteidigung notwendig gewesen wären, und macht keine Angaben zu den Umständen, die eine Aussage der Betreffenden unmöglich gemacht und dadurch die wirksame Ausübung der Verteidigungsrechte eingeschränkt haben sollen.

59 Diese allgemeine Argumentation ist nicht geeignet, das Vorliegen einer Verletzung der Verteidigungsrechte zu belegen, das anhand der konkreten Umstände jedes Einzelfalls zu prüfen ist.

60 Aus alledem folgt, dass die Argumente der FEG zur Verletzung der Verteidigungsrechte nicht durch überzeugende Beweise untermauert werden, die zeigen, dass sich eine solche Verletzung aus der übermäßigen Dauer des Abschnitts des Verwaltungsverfahrens vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte ergeben konnte und dass aufgrund dessen zum Zeitpunkt dieser Mitteilung ihre Möglichkeiten, sich wirksam zu verteidigen, bereits beeinträchtigt waren.

61 Der von der FEG zur Stützung ihrer Klage vor dem Gericht geltend gemachte Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

62 Folglich ist die Klage der FEG vor dem Gericht abzuweisen, soweit sie auf diesem Klagegrund beruht.

Zweiter Rechtsmittelgrund: Außerachtlassung von Entlastungsbeweisen aus der Zeit nach dem Mahnschreiben

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

63 Die FEG rügt den angeblichen inneren Widerspruch in der Beurteilung des Gerichts, der darin bestehe, dass die Zeit vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte bei der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht berücksichtigt worden sei, da nach Ansicht des Gerichts erst ab der Übersendung dieser Mitteilung Vorwürfe gegen sie erhoben worden seien, während Entlastungsbeweise für den fraglichen Zeitraum automatisch zurückgewiesen worden seien; dies zeige, dass ihr Verhalten schon im ersten Abschnitt des Verwaltungsverfahrens beanstandet worden sei.

64 Insbesondere aus den Randnummern 196 und 208 des angefochtenen Urteils gehe hervor, dass das Gericht einem Entlastungsbeweis nach den ersten Auskunftsverlangen keinen Wert beigemessen habe; dabei handele es sich um Schreiben von Spaanderman Licht, einem Mitgliedsunternehmen der NAVEG, vom 22. Mai und 14. August 1991, die Zweifel an den Feststellungen der Kommission zur Existenz einer kollektiven Ausschließlichkeitsregelung weckten und geeignet seien, ihre gegen die FEG gerichteten Vorwürfe zu entkräften.

65 Dass das Gericht diesen aus der Zeit nach der Eröffnung des Verfahrens stammenden Entlastungsbeweis allein unter Hinweis auf den Zeitpunkt seiner Entstehung zurückgewiesen habe, stelle einen schweren Begründungsmangel des angefochtenen Urteils dar und verstoße gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung.

66 Die Kommission macht geltend, dieser Rechtsmittelgrund sei unzulässig, da die FEG versuche, im Rahmen des Rechtsmittels die tatsächliche Würdigung des Beweiswerts von Aktenstücken durch das Gericht erneut dem Gerichtshof zu unterbreiten.

67 Hilfsweise trägt die Kommission vor, der zweite Rechtsmittelgrund der FEG sei unbegründet. Das Gericht habe in den Randnummern 208 und 196 des angefochtenen Urteils mit hinreichender Begründung dargelegt, dass die genannten Schreiben nicht überzeugend seien.

Würdigung durch den Gerichtshof

- Vorbemerkungen

68 Es ist an die Grenzen der vom Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels ausgeübten gerichtlichen Kontrolle zu erinnern.

69 Nach den Artikeln 225 EG und 58 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes ist allein das Gericht zuständig für die Feststellung des Sachverhalts - sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind - und für dessen Würdigung. Hat das Gericht den Sachverhalt festgestellt oder gewürdigt, so ist der Gerichtshof gemäß Artikel 225 EG zur Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieses Sachverhalts und der vom Gericht aus ihm gezogenen Rechtsfolgen befugt (vgl. u. a. Urteil Baustahlgewebe/Kommission, Randnr. 23, und Urteil vom 6. April 2006 in der Rechtssache C-551/03 P, General Motors/Kommission, Slg. 2006, I-0000, Randnr. 51).

70 Der Gerichtshof ist somit nicht für die Feststellung des Sachverhalts zuständig und grundsätzlich nicht befugt, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht seine Feststellungen gestützt hat. Sind diese Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden, so ist es nämlich allein Sache des Gerichts, den Beweiswert der ihm vorgelegten Beweismittel zu beurteilen. Diese Beurteilung stellt somit, sofern die Beweismittel nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage dar, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegt (Urteile Baustahlgewebe/Kommission, Randnr. 24, und General Motors/Kommission, Randnr. 52).

71 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob die Begründung eines Urteils des Gerichts widersprüchlich oder unzulänglich ist, eine Rechtsfrage darstellt, die als solche im Rahmen eines Rechtsmittels aufgeworfen werden kann (Urteile vom 7. Mai 1998 in der Rechtssache C-401/96 P, Somaco/Kommission, Slg. 1998, I-2587, Randnr. 53, und vom 13. Dezember 2001 in der Rechtssache C-446/00 P, Cubero Vermurie/Kommission, Slg. 2001, I-10315, Randnr. 20).

72 Die Begründungspflicht verlangt nach ständiger Rechtsprechung nicht, dass das Gericht bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt. Die Begründung kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die getroffenen Maßnahmen zu erfahren, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben liefert, damit es seine Kontrolle wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. Januar 2004 in den Rechtssachen C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Aalborg Portland u. a./Kommission, Slg. 2004, I-123, Randnr. 372).

- Prüfung des zweiten Rechtsmittelgrundes

73 Da die FEG mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund darzutun versucht, dass die Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Verneinung der Beweiskraft bestimmter Schriftstücke unzulänglich oder widersprüchlich sei, ist dieser Rechtsmittelgrund zulässig.

74 Im Rahmen ihrer Klagen vor dem Gericht haben sich die FEG und TU gegen die Gesichtspunkte gewandt, die von der Kommission in der streitigen Entscheidung als Beispiele für die Umsetzung eines Gentlemen's Agreement zwischen der NAVEG und der FEG über die Belieferung der Mitglieder der FEG (im Folgenden: Gentlemen's Agreement) herangezogen wurden. Dabei haben sie sich insbesondere auf zwei Schreiben des Unternehmens Spaanderman Licht berufen.

75 In den Randnummern 196 und 208 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Beweiskraft dieser Schreiben geprüft.

76 Die Beweiskraft des Schreibens vom 14. August 1991 hat das Gericht in Randnummer 196 anhand seines Wortlauts im Kontext seiner Abfassung beurteilt. Es hat ausgeführt, erstens sei dieses Schreiben in Beantwortung einer zwei Tage zuvor von der NAVEG gestellten Frage an diese gerichtet worden. Es sei somit die NAVEG gewesen, die die Initiative ergriffen habe, Spaanderman Licht nach deren Gründen für die Nichtbelieferung von CEF zu fragen. Zweitens habe dieser Schriftwechsel nach den am 25. Juli 1991 von der Kommission an die FEG und TU gerichteten Auskunftsverlangen stattgefunden und entbehre daher der Überzeugungskraft.

77 Zu dem Schreiben von Spaanderman Licht an CEF vom 22. Mai 1991 hat das Gericht festgestellt, dass sich Spaanderman Licht auf die Angabe beschränkt habe, dass sie ihr Netz von Wiederverkäufern nicht erweitern wolle. Dieses Schreiben sei jedoch verfasst worden, als die Untersuchung der Kommission bereits lief.

78 Aus den Randnummern 196 und 208 des angefochtenen Urteils geht somit hervor, dass das Gericht die mangelnde Überzeugungskraft der genannten Schreiben und ihre Zurückweisung als Entlastungsbeweis hinreichend begründet hat.

79 Zu dem von der FEG behaupteten Widerspruch in den Gründen des angefochtenen Urteils ist anknüpfend an die Ausführungen der Generalanwältin in Nummer 27 ihrer Schlussanträge festzustellen, dass das Urteil keinen Widerspruch enthält, da kein logischer Zusammenhang zwischen der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer des Verwaltungsverfahrens und der Beurteilung der Beweiskraft der dem Gericht vorgelegten Schriftstücke besteht.

80 Im Übrigen hängt die allein vom Gericht zu beurteilende Beweiskraft der ihm von den Parteien vorgelegten Beweismittel nicht notwendigerweise von dem Abschnitt des Verwaltungsverfahrens ab, in dem sie verfasst wurden. Wie die Generalanwältin in Nummer 28 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist diese Beweiskraft unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Wie aus den Randnummern 196 und 208 des angefochtenen Urteils hervorgeht, war die Tatsache, dass die Kommission bereits mit ihrer Untersuchung begonnen hatte, aber nicht der allein maßgebende Faktor, aufgrund dessen das Gericht die Ansicht vertrat, dass insbesondere die Schreiben von Spaanderman Licht vom 22. Mai und 14. August 1991 die von der Kommission erbrachten Beweise für die Umsetzung des Gentlemen's Agreement nicht in Frage stellen könnten. Die Randnummern 196 und 208 können daher nicht dahin ausgelegt werden, dass einem Schriftstück, das verfasst wurde, als die Untersuchung der Kommission bereits lief, seiner Natur nach keine Beweiskraft zukommen kann.

81 Nach dem Vorstehenden ist der zweite zur Stützung des Rechtsmittels vorgetragene Grund als unbegründet zurückzuweisen.

Dritter Rechtsmittelgrund: Beurteilung des von der Kommission erbrachten Beweises für die Dauer der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung durch das Gericht

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

82 Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund rügt die FEG die Würdigung der Beweise, auf die die Kommission ihre Feststellungen zur wichtigsten der Rechtsmittelführerin zur Last gelegten Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG - einer kollektiven Ausschließlichkeitsregelung, die vom 11. März 1986 bis zum 25. Februar 1994 die Beziehungen zwischen der FEG und der NAVEG bestimmt haben soll - gestützt hat, durch das Gericht. Diese Beweise seien so geringfügig und indirekt, dass sie keinesfalls als zulässige und überzeugende Beweise einer fortgesetzten Zuwiderhandlung eingestuft werden könnten.

83 Die FEG verweist insbesondere auf Randnummer 141 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht entschieden hat, dass die Kommission ihre Beurteilung auf eine "Gesamtbewertung aller relevanten Beweise und Anhaltspunkte" gestützt habe. Es handele sich im vorliegenden Fall um eine inadäquate Rechtsgrundlage für die Beweisführung; vorgelegt werden müssten keine "Anhaltspunkte", sondern zulässige und überzeugende Beweise für die festgestellte Zuwiderhandlung und deren Dauer.

84 Außerdem wirft die FEG dem Gericht vor, nicht berücksichtigt zu haben, dass die Kommission bei ihren Erwägungen nicht den geringsten Beweis für die Existenz einer solchen Ausschließlichkeitsregelung in der Zeit vom 12. März 1986 bis zum 28. Februar 1989 und vom 18. November 1991 bis zum 25. Februar 1994 erbracht habe.

85 In Randnummer 411 des angefochtenen Urteils habe das Gericht entschieden, dass die Kommission in ihrem Fall "den Beweis für die Existenz einer fortgesetzten Zuwiderhandlung in der Zeit von 1986 bis 1994 erbracht" habe. Die einzige Rechtfertigung, die sich aus Randnummer 406 des Urteils ergebe, bestehe darin, dass das Gericht zu den TU zur Last gelegten Zuwiderhandlungen die Ansicht vertreten habe, dass sie "ihrer Natur nach fortgesetzten Charakter" hätten. Diese Erwägung genüge der Begründungspflicht nicht.

86 Die Kommission hält den dritten Rechtsmittelgrund für unzulässig, da der Gerichtshof ersucht werde, die bereits vom Gericht analysierten und zurückgewiesenen Klagegründe und Argumente erneut zu prüfen.

87 Hilfsweise macht die Kommission geltend, dieser Rechtsmittelgrund sei unbegründet. Zu dem von der FEG dem Gericht gemachten Vorwurf, es habe durch die Stützung auf "Anhaltspunkte" ein rechtsfehlerhaftes Kriterium angewandt, sei festzustellen, dass die Angemessenheit eines solchen Kriteriums vom Gerichtshof in Randnummer 57 des Urteils Aalborg Portland u. a./Kommission bestätigt worden sei.

88 Das Vorbringen zum angeblichen Fehlen von Beweisen für die Existenz einer kollektiven Ausschließlichkeitsregelung während bestimmter Zeiträume beruhe auf einer Fehlinterpretation des angefochtenen Urteils; das Gericht habe erklärt, dass die Zuwiderhandlung als "fortgesetzte Zuwiderhandlung" einzustufen sei (vgl. Randnrn. 90, 406 und 411 des angefochtenen Urteils).

89 Entgegen dem Vorbringen der FEG habe sich die Kommission bei der Feststellung der Dauer der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung nicht ausschließlich darauf gestützt, dass es sich um eine "fortgesetzte" Zuwiderhandlung gehandelt habe. In den Randnummern 192 und 408 des angefochtenen Urteils habe das Gericht die konkreten Indizien beschrieben, anhand deren die Kommission die Dauer der Zuwiderhandlung ermittelt habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

90 Im Rahmen ihres dritten Rechtsmittelgrundes wendet sich die FEG im Wesentlichen gegen die rechtlichen Kriterien, die das Gericht bei der Würdigung der von der Kommission zur Stützung ihrer Feststellungen hinsichtlich der Dauer einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG vorgelegten Beweise herangezogen hat. Außerdem ist die FEG der Ansicht, dass das angefochtene Urteil in Bezug auf das Vorliegen einer "fortgesetzten" Zuwiderhandlung nicht hinreichend begründet sei. Im Hinblick darauf betrifft der dritte Rechtsmittelgrund Rechtsfragen, die dem Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterbreitet werden können, und ist somit als zulässig anzusehen.

91 Da die FEG und TU das Vorliegen eines Gentlemen's Agreement bestritten, hat das Gericht in Randnummer 141 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, dass zu beurteilen sei, ob die Kommission in der streitigen Entscheidung den Anforderungen an die ihr obliegende Beweislast genügt habe, als sie zu dem Ergebnis gekommen sei, dass es Beweise für das Vorliegen dieses Gentlemen's Agreement ab dem 11. März 1986 gebe. Diese Beurteilung beruhe auf einer Gesamtbewertung aller relevanten Beweise und Anhaltspunkte.

92 Nach einer Prüfung der Vorgeschichte und der Umsetzung des Gentlemen's Agreement hat das Gericht in Randnummer 210 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass es der FEG und TU nach einer Gesamtwürdigung nicht gelungen sei, die Überzeugungskraft, Objektivität und Übereinstimmung der von der Kommission in der streitigen Entscheidung herangezogenen Indizien in Frage zu stellen.

93 Im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels wendet sich die FEG gegen die Angemessenheit der Bezugnahme auf "Indizien" als Beweise für das Vorliegen einer kollektiven Ausschließlichkeitsregelung.

94 Diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass in den meisten Fällen das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden muss, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 57).

95 Wie die Generalanwältin in Nummer 38 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, können solche Indizien und Koinzidenzen nicht nur Aufschluss über das bloße Bestehen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen oder Vereinbarungen geben, sondern auch über die Dauer fortgesetzter wettbewerbswidriger Verhaltensweisen oder über den Anwendungszeitraum einer unter Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln getroffenen Vereinbarung.

96 Angesichts dieser Rechtsprechung hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es seine Beurteilung des Vorliegens einer kollektiven Ausschließlichkeitsregelung sowie von deren Dauer auf eine "Gesamtbewertung aller relevanten Beweise und Anhaltspunkte" stützte. Die Frage, welche Beweiskraft das Gericht jedem einzelnen dieser von der Kommission vorgelegten Beweise und Anhaltspunkte beigemessen hat, betrifft jedoch die Tatsachenwürdigung und ist als solche der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels entzogen.

97 Im Rahmen ihres dritten Rechtsmittelgrundes wirft die FEG dem Gericht ferner vor, außer Acht gelassen zu haben, dass es keine Beweise für das Vorliegen einer kollektiven Ausschließlichkeitsregelung während bestimmter Zeiträume gebe.

98 Hierzu ist festzustellen, dass das Gericht in Randnummer 411 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Kommission den Beweis für die Existenz einer fortgesetzten Zuwiderhandlung in der Zeit von 1986 bis 1994 erbracht habe. Auch wenn ein solcher Beweis für bestimmte Zeiträume nicht erbracht wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuwiderhandlung während eines größeren Gesamtzeitraums fortbestand, sofern eine solche Feststellung auf objektiven und übereinstimmenden Indizien beruht. Im Rahmen einer Zuwiderhandlung, die sich über mehrere Jahre erstreckt, bleibt die Tatsache, dass sich das Kartell während verschiedener Zeitabschnitte manifestiert, die durch mehr oder weniger lange Zwischenräume voneinander getrennt sein können, ohne Einfluss auf den Bestand dieses Kartells, sofern mit den verschiedenen Maßnahmen, die Teil dieser Zuwiderhandlung sind, im Rahmen einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung das gleiche Ziel verfolgt wird.

99 Die FEG rügt aber auch die Feststellung des Gerichts, dass eine "fortgesetzte Zuwiderhandlung" vorliege. Sie führt aus, die einzige Rechtfertigung für diese Feststellung sei nach Randnummer 406 des angefochtenen Urteils die Tatsache, dass die TU zur Last gelegten Zuwiderhandlungen nach Ansicht des Gerichts "ihrer Natur nach fortgesetzten Charakter" hätten. Diese Erwägung genüge der Begründungspflicht nicht, da die bloße Bezugnahme auf die "Natur" der Zuwiderhandlungen keine ausreichende sachliche Begründung darstellen könne.

100 Dieses Argument lässt offensichtlich Randnummer 411 des angefochtenen Urteils außer Acht, in der das Gericht festgestellt hat, dass die Kommission den Beweis für die Existenz einer fortgesetzten Zuwiderhandlung in der Zeit von 1986 bis 1994 erbracht habe. Das Gericht hat dabei auf seine Ausführungen in den vorhergehenden Randnummern seines Urteils, insbesondere auf Randnummer 408, verwiesen, in der es die Grundlagen für die Ermittlung der Dauer dieser Zuwiderhandlung eingehend erläutert hat. In dieser Randnummer heißt es:

"Hinsichtlich der in Artikel 1 der [streitigen] Entscheidung genannten Zuwiderhandlung war die Kommission nicht in der Lage, den genauen Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem die kollektive Ausschließlichkeitsregelung getroffen wurde. Sie konnte allerdings den Beweis erbringen, dass es diese Regelung ab dem Treffen am 11. März 1986 gab, bei dem die Vorstände der FEG und der NAVEG das Gentlemen's Agreement ansprachen. Die Kommission hat auch mehrere Indizien aus der Zeit nach diesem Treffen herangezogen, auf deren Grundlage sie die Ansicht vertreten hat, dass die Mitglieder der NAVEG das Gentlemen's Agreement weiter angewandt hätten (vgl. Begründungserwägungen 47 bis 49 der [streitigen] Entscheidung). Sie hat ferner mehrere Indizien angeführt, die belegen, dass die Mitglieder der NAVEG in Durchführung des Gentlemen's Agreement die Empfehlungen ihres Vorstands befolgten (Begründungserwägungen 50 bis 52 der [streitigen] Entscheidung). Das Letzte dieser Indizien ist das Protokoll einer internen Versammlung der Firma Hemmink am 25. Februar 1994, bei der dieses Mitglied der NAVEG angab, die Belieferung eines nicht der FEG angehörenden Großhändlers abgelehnt zu haben. ..."

101 Nach dem Vorstehenden ist der dritte Rechtsmittelgrund der FEG, mit dem sie einen Rechtsfehler und eine unzureichende Begründung in Bezug auf die Beurteilung der von der Kommission in der streitigen Entscheidung ermittelten Dauer der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung durch das Gericht rügt, zurückzuweisen.

Vierter Rechtsmittelgrund: Würdigung des Vorbringens der FEG zu den abgestimmten Verhaltensweisen bei den Preisen durch das Gericht

102 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht die FEG geltend, dass das Gericht in Bezug auf mehrere Aspekte der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung den Kern der von ihr vorgebrachten Argumente nicht geprüft oder sie offensichtlich unzutreffend wiedergegeben und dadurch seine Begründungspflicht verletzt habe. Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus fünf Teilen.

Erster Teil des vierten Rechtsmittelgrundes: Einstufung der abgestimmten Verhaltensweisen bei den Preisen als eine einzige fortgesetzte Zuwiderhandlung

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

103 Die FEG sieht die Feststellung des Gerichts in den Randnummern 403 bis 412 des angefochtenen Urteils, dass die verschiedenen Preisabsprachen eine einzige fortgesetzte Zuwiderhandlung darstellten, als unverständlich und mit der Begründungspflicht unvereinbar an.

104 Sie trägt vor, nach ständiger Rechtsprechung setze die Feststellung des Vorliegens einer einzigen Zuwiderhandlung den Nachweis voraus, dass sich die verschiedenen gerügten Handlungen wegen ihres "identischen Zweckes" in einen "Gesamtplan" einfügten (vgl. in diesem Sinne Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 258).

105 Im vorliegenden Fall handele es sich um ganz heterogene Beschlüsse und Praktiken mit ganz verschiedenen Zielsetzungen; die Kommission dürfe sich nicht damit begnügen, daraus die Existenz eines Gesamtplans abzuleiten, sondern müsse dartun, dass zwischen diesen Praktiken ein inhaltlicher Zusammenhang bestehe. Das Gericht hätte prüfen müssen, ob die Kommission das Vorliegen eines solchen Zusammenhangs dargetan habe.

106 Einen solchen "Gesamtplan" habe es nicht gegeben, und die Schlussfolgerungen, zu denen das Gericht gelangt sei, seien dermaßen lückenhaft, dass sie mit der Begründungspflicht unvereinbar seien.

107 Hierzu macht die Kommission geltend, die FEG versuche mit diesem Vorbringen, eine Überprüfung der vom Gericht vorgenommenen tatsächlichen Würdigung der Beweise für das Vorliegen eines "Gesamtplans" durch den Gerichtshof zu erreichen. Dieser Teil des vierten Rechtsmittelgrundes sei daher unzulässig.

108 Hilfsweise trägt die Kommission vor, der erste Teil des vierten Rechtsmittelgrundes sei unbegründet. In Randnummer 342 des angefochtenen Urteils habe das Gericht eindeutig und unter Angabe von Gründen die Ansicht vertreten, dass die beiden festgestellten Zuwiderhandlungen - die kollektive Ausschließlichkeitsregelung und die Preisabsprachen - Teil eines "Gesamtplans" gewesen seien, weil mit ihnen derselbe wettbewerbswidrige Zweck verfolgt worden sei. Was für diese beiden Zuwiderhandlungen gelte, müsse zwangsläufig auch für deren Hauptbestandteile gelten.

- Würdigung durch den Gerichtshof

109 Der erste Teil des von der FEG geltend gemachten vierten Rechtsmittelgrundes richtet sich gegen die rechtlichen Kriterien, auf die sich das Gericht bei der Einstufung der verschiedenen Verhaltensweisen bei der Preisfestsetzung als eine einzige fortgesetzte Zuwiderhandlung gestützt hat, und gegen die Begründung des angefochtenen Urteils zu diesem Punkt. Er ist daher zulässig.

110 Ein Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 EG kann sich nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Bestimmung darstellen könnten. Fügen sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zweckes der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes in einen "Gesamtplan" ein, so ist die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (vgl. Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 258).

111 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass der Einstufung der abgestimmten Verhaltensweisen bei der Preisfestsetzung als eine einzige fortgesetzte Zuwiderhandlung durch das Gericht genau diese Erwägungen zugrunde liegen.

112 So hat das Gericht in Randnummer 342 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass mit der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung und den Praktiken in Bezug auf die Preisfestsetzung der gleiche wettbewerbswidrige Zweck verfolgt worden sei, der darin bestanden habe, die Preise über dem Wettbewerbsniveau zu halten, zum einen durch Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, die auf dem Großhandelsmarkt für elektrotechnisches Installationsmaterial in den Niederlanden tätig werden und dabei mit den Mitgliedern der FEG in Wettbewerb treten wollten, ohne dieser Unternehmensvereinigung anzugehören, und zum anderen durch teilweise Koordinierung der Preispolitik.

113 Wie die Generalanwältin in Nummer 47 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, folgt aus dieser Feststellung auch, dass sich jede der Zuwiderhandlungen für sich genommen, d. h. die kollektive Ausschließlichkeitsvereinbarung ebenso wie die abgestimmten Verhaltensweisen bei der Preisfestsetzung, an jener einheitlichen Zweckbestimmung ausrichtete.

114 Die Randnummern 403 bis 412 des angefochtenen Urteils lassen daher im Licht der Feststellung des Gerichts in Randnummer 342 weder einen Rechtsfehler noch eine unzureichende Begründung dieses Urteils erkennen.

115 Folglich ist der erste Teil des vierten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

Zweiter Teil des vierten Rechtsmittelgrundes: Standardrabatte für den Verkauf von elektrotechnischem Installationsmaterial an Schulen

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

116 Mit diesem Teil des vierten Rechtsmittelgrundes rügt die FEG die vom Gericht in Randnummer 412 des angefochtenen Urteils vorgenommene Einstufung der beim Verkauf von elektrotechnischem Installationsmaterial an Schulen gewährten Standardrabatte als Beweis für die "Fortsetzung der Beratung über die Preise nach 1991".

117 Es habe sich dabei um einen Einzelfall gehandelt, in dem auf Ersuchen der UNETO deren Mitgliedern eine konkrete Empfehlung gegeben worden sei, bei der es nur um Lieferungen von ganz geringem Umfang an Großhändler gegangen sei, für die ein besonderer Grund und eine besondere soziale Rechtfertigung bestanden hätten. Es habe sich um spezielle sehr hohe Rabatte für den Kauf von Unterrichtsmaterial durch öffentliche Bildungseinrichtungen gehandelt, deren Schüler die Zielgruppe der Installationsunternehmen bildeten. Mit solchen Rabatten sei daher eine besondere Form der Unterstützung mit sozialer Zielsetzung gewährt worden.

118 Das Gericht habe diese Argumente außer Acht gelassen, als es in Randnummer 324 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass der angebliche soziale Zweck dieser Absprache im Rahmen von Artikel 81 Absatz 1 EG nicht berücksichtigt werden könne. Damit habe das Gericht diese Bestimmung verletzt, da es nicht geprüft habe, ob die Sonderrabattregelung alle Voraussetzungen für ihre Anwendung, insbesondere die der Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel, erfüllt habe.

119 Im Übrigen sei die vom Gericht insoweit herangezogene Begründung unzulänglich.

120 Die Kommission macht geltend, mit diesem Teil des vierten Rechtsmittelgrundes versuche die FEG, die tatsächliche Würdigung des wettbewerbswidrigen Zweckes der Vereinbarung über die Rabatte für Schulen durch das Gericht in Frage zu stellen; er sei deshalb unzulässig.

121 Hilfsweise trägt die Kommission vor, dieser Teil des Rechtsmittelgrundes sei unbegründet. In Randnummer 324 des angefochtenen Urteils habe das Gericht die oben genannten, in Randnummer 311 seines Urteils wiedergegebenen Argumente der FEG zutreffend analysiert. Dass die Vereinbarung über die Rabatte nach Angaben der FEG einen "Einzelfall" dargestellt habe, sei unerheblich. Ein Verhalten mit offensichtlich wettbewerbswidrigem Zweck, das den größten Teil des Elektrotechnik-Großhandels in den Niederlanden betreffe, sei dem Verbot in Artikel 81 Absatz 1 EG nicht deshalb entzogen, weil es sich um einen "Einzelfall" gehandelt haben solle.

- Würdigung durch den Gerichtshof

122 Dieser Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ist zulässig, da er zum einen die rechtlichen Kriterien, die der Einstufung der beim Verkauf von elektrotechnischem Installationsmaterial an Schulen gewährten Standardrabatte als Beweis für die Fortsetzung der abgestimmten Verhaltensweisen bei den Preisen nach 1991 zugrunde liegen, und zum anderen die angeblich unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils zu dieser Frage betrifft.

123 In Randnummer 317 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass TU und die FEG nicht bestritten hätten, dass es Gespräche über die Rabatte, Preise, Handelsspannen und Umsätze der Mitglieder der FEG gegeben habe, aber im Wesentlichen geltend machten, diese Gespräche verstießen nicht gegen Artikel 81 Absatz 1 EG, da ihnen keine Umsetzungsmaßnahmen oder spürbaren Auswirkungen gefolgt seien, so dass sie den Markt nicht beeinflusst hätten.

124 Das Gericht hat diese Argumente zurückgewiesen. In Randnummer 324 des angefochtenen Urteils hat es sich wie folgt geäußert:

"In Bezug auf die Standardrabatte für den Verkauf von elektrotechnischem Installationsmaterial an Schulen (Begründungserwägung 83 der [streitigen] Entscheidung) steht fest, dass sich die FEG, TU und die übrigen Mitglieder dieser Vereinigung auf einen einheitlichen Rabatt von 35 % verständigten. Eine solche Willensübereinstimmung bezweckt offensichtlich, die freie Gestaltung der Handelspolitik durch die Mitglieder der FEG einzuschränken. Der angebliche soziale Zweck dieser Absprache kann im Rahmen von Artikel 81 Absatz 1 EG nicht berücksichtigt werden."

125 Diese Randnummer des angefochtenen Urteils lässt keinen Rechtsfehler des Gerichts erkennen, denn bei der Anwendung von Artikel 81 Absatz 1 EG brauchen die konkreten Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 261).

126 Da das Gericht den wettbewerbswidrigen Zweck der Absprache über die Standardrabatte für Schulen festgestellt hat, kann weder der Ausnahmecharakter noch der soziale Zweck dieser Rabatte dazu führen, dass Artikel 81 Absatz 1 EG auf die sie betreffende Vereinbarung keine Anwendung findet.

127 Nach dem Vorstehenden ist das Argument der FEG, das angefochtene Urteil sei in diesem Punkt unzureichend begründet, zurückzuweisen.

128 Der zweite Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ist folglich zurückzuweisen.

Dritter Teil des vierten Rechtsmittelgrundes: Verhaltensweisen des Produktausschusses "Draht und Kabel" und andere angebliche Fälle des Informationsaustauschs

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

129 Dieser Teil des vierten Rechtsmittelgrundes richtet sich gegen die Randnummern 317 bis 323 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht die aus den Verhaltensweisen des Produktausschusses "Draht und Kabel" resultierende Zuwiderhandlung geprüft hat.

130 Die FEG trägt vor, aus dieser Prüfung ergebe sich, dass das Gericht nicht festgestellt habe, dass es im Rahmen dieses Ausschusses tatsächlich zu wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen gekommen sei; gleichwohl habe es in Randnummer 323 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, dass die Kommission berechtigt gewesen sei, diese Verhaltensweisen als "Indizien für Praktiken heranzuziehen, deren Zweck die Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG war".

131 Diese Erwägung beruhe auf einem unzutreffenden Kriterium. Die Kommission dürfe sich nicht damit begnügen, Indizien zu ermitteln, sondern müsse tatsächlich nachweisen, dass diese einschränkenden Praktiken stattgefunden hätten. Die FEG habe unter Angabe von Gründen eingehend dargelegt, dass keine konkrete Praxis, die den von der Kommission genannten wettbewerbsbeschränkenden Zwecken entspreche, angewandt worden sei, so dass die Voraussetzungen für die Feststellung des Vorliegens abgestimmter Verhaltensweisen im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG nicht erfüllt seien.

132 Die Kommission führt hierzu aus, dieser Teil des vierten Rechtsmittelgrundes lasse die Randnummern 321 und 323 des angefochtenen Urteils außer Acht, in denen das Gericht das fragliche Informationsaustauschsystem als zusätzliches Indiz für eine Gesamtheit von Praktiken zur Einschränkung des Preiswettbewerbs angesehen habe. Nach ständiger Rechtsprechung seien Beschlüsse und Vereinbarungen, die auf eine Einschränkung des Wettbewerbs abzielten, nach Artikel 81 Absatz 1 EG untersagt, ohne dass ihre konkreten Auswirkungen berücksichtigt werden müssten (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 261).

133 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes gelte das in der genannten Bestimmung des EG-Vertrags aufgestellte Verbot für abgestimmte Verhaltensweisen, ohne dass eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung oder ein wettbewerbsbeschränkendes Verhalten dargetan werden müssten; das bloße Verhalten auf dem Markt genüge (Urteil vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-49/92 P, Kommission/Anic Partecipazioni, Slg. 1999, I-4125, Randnrn. 122 bis 124).

- Würdigung durch den Gerichtshof

134 Wie die vorhergehenden Teile des vierten Rechtsmittelgrundes betrifft auch dessen dritter Teil die vom Gericht vorgenommene Würdigung der Argumente der FEG, wonach die von der Kommission aufgedeckten abgestimmten Verhaltensweisen bei den Preisen und Rabatten für Schulen nicht gegen Artikel 81 Absatz 1 EG verstießen, da sie sich mangels Umsetzung oder spürbarer Folgewirkungen nicht auf den Markt ausgewirkt hätten. Aus diesem Blickwinkel betrifft dieser Teil des vierten Rechtsmittelgrundes eine Rechtsfrage und ist daher für zulässig zu erklären.

135 Nach ständiger Rechtsprechung muss das Vorliegen einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise oder Vereinbarung aus einer Reihe von Koinzidenzen und Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 57).

136 Außerdem brauchen bei der Anwendung von Artikel 81 Absatz 1 EG die konkreten Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, Randnr. 261).

137 Desgleichen fällt eine abgestimmte Verhaltensweise auch dann unter Artikel 81 Absatz 1 EG, wenn keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen auf den Markt vorhanden sind.

138 Zunächst ergibt sich schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass abgestimmte Verhaltensweisen ebenso wie Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen unabhängig von ihrer Wirkung verboten sind, wenn sie einen wettbewerbswidrigen Zweck haben.

139 Ferner setzt der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise zwar ein Marktverhalten der beteiligten Unternehmen voraus, verlangt aber nicht notwendigerweise, dass dieses Verhalten sich konkret als Einschränkung, Verhinderung oder Verfälschung des Wettbewerbs auswirkt (Urteil vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C-199/92 P, Hüls/Kommission, Slg. 1999, I-4287, Randnr. 165).

140 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass sich das Gericht bei seiner Beurteilung der abgestimmten Verhaltensweisen im Preisbereich und der Rabatte für Schulen, die von der Kommission in der streitigen Entscheidung festgestellt wurden, auf genau diese Grundsätze gestützt hat.

141 Im Rahmen dieser Beurteilung hat das Gericht in Randnummer 321 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen sei, dass der Zweck des fraglichen Informationsaustauschsystems die Marktbeeinflussung gewesen sei. Die Kommission sei daher zu der Annahme berechtigt gewesen, dass es sich um ein zusätzliches Indiz für die Existenz von Praktiken zur Einschränkung des Preiswettbewerbs zwischen den Mitgliedern der FEG gehandelt habe.

142 Sodann hat das Gericht in Randnummer 322 des angefochtenen Urteils in Bezug auf den Produktausschuss "Draht und Kabel" festgestellt, dass dessen Ziel der streitigen Entscheidung zufolge im "Streben nach Ruhe auf dem Markt und [in der] Erhaltung des Preisniveaus" bestanden habe. Dabei handele es sich offensichtlich um ein nach Artikel 81 Absatz 1 EG verbotenes Ziel, da es dazu gedient habe, an die Stelle der individuellen Entscheidungen der Unternehmen das Ergebnis ihrer Preisabsprache zu setzen.

143 Da nach den Feststellungen des Gerichts mit den abgestimmten Verhaltensweisen beim Austausch von Preisinformationen ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wurde, brauchte es ihre konkreten Auswirkungen auf den Markt nicht zu prüfen.

144 Der dritte Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

Vierter Teil des vierten Rechtsmittelgrundes: bindende Beschlüsse über feste Preise und über Veröffentlichungen

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

145 Die FEG führt aus, da der bindende Beschluss über feste Preise schon kurz nach seinem Erlass im Jahr 1984 hinfällig geworden sei, sei das Gericht nicht zu dem Schluss berechtigt gewesen, dass die mit diesem Beschluss zusammenhängende Zuwiderhandlung bis zu seiner förmlichen Aufhebung, d. h. bis zum 23. November 1993, angedauert habe.

146 Außerdem sei nicht in stichhaltiger Weise dargetan worden, dass die bindenden Beschlüsse über feste Preise und über Veröffentlichungen umgesetzt worden seien. Eine abgestimmte Verhaltensweise im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG könne nur vorliegen, wenn eine solche Verhaltensweise tatsächlich auf dem Markt stattgefunden habe. Das Gericht habe aber nicht deren Existenz dargetan, sondern sich damit begnügt, in Randnummer 291 des angefochtenen Urteils zu erklären, dass nicht geprüft zu werden brauche, ob die beiden Beschlüsse tatsächlich umgesetzt worden seien, da sie eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt hätten.

147 Im Übrigen unterschieden sich die bindenden Beschlüsse ihrem Wesen nach so stark von den übrigen Zuwiderhandlungen, die sie im Preisbereich begangen haben solle, dass das Gericht mit ihrer Einstufung als eine einzige Zuwiderhandlung die Begründungspflicht verletzt habe. Die Kommission hätte die beiden bindenden Beschlüsse als eigenständige Beschlüsse an dem Verbot in Artikel 81 Absatz 1 EG messen müssen, und das Gericht hätte diese Prüfung im Hinblick auf die Auswirkungen der Beschlüsse auf den innergemeinschaftlichen Handel vornehmen müssen.

148 Hierzu macht die Kommission geltend, mit diesem Teil des vierten Rechtsmittelgrundes solle eine tatsächliche Feststellung des Gerichts in Frage gestellt werden; er müsse deshalb für unzulässig erklärt werden.

149 Hilfsweise trägt sie vor, dieser Teil sei unbegründet. Selbst wenn, wie die FEG behaupte, der bindende Beschluss über feste Preise keine praktische Wirkung entfaltet habe, stehe dies nicht der Feststellung des Gerichts entgegen, dass es sich bei ihm um ein verbotenes Verhalten handele, das bis zu seiner Rücknahme am 23. November 1993 angedauert habe.

150 In Randnummer 295 des angefochtenen Urteils habe das Gericht zutreffend entschieden, dass der bindende Beschluss über feste Preise ein bindender Beschluss einer Unternehmensvereinigung im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG sei, der eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecke. Solche Beschlüsse seien nach dieser Bestimmung verboten, ohne dass ihre konkreten Wirkungen geprüft zu werden brauchten.

151 Im Übrigen sei die Kritik der FEG an der Feststellung des Gerichts, dass die beiden fraglichen bindenden Beschlüsse eine einzige Zuwiderhandlung darstellten, unbegründet. Das Gericht habe sich bei seiner Beurteilung auf ein zutreffendes rechtliches Kriterium gestützt, und zwar auf das Ziel der Beschlüsse, den Wettbewerb zu beschränken.

- Würdigung durch den Gerichtshof

152 Der vierte Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ist als unzulässig zurückzuweisen, soweit er sich gegen die Tatsachenwürdigung des Gerichts richtet, wonach der bindende Beschluss über die Preise bis zu seiner förmlichen Aufhebung fortbestanden habe. Zu einer solchen Überprüfung der vom Gericht festgestellten Tatsachen und Beweise ist der Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels nicht befugt.

153 Dagegen ist die Begründetheit dieses Teils des vierten Rechtsmittelgrundes zu prüfen, soweit er sich gegen die Begründung des angefochtenen Urteils für die Einstufung der beiden fraglichen bindenden Beschlüsse als eine "einzige Zuwiderhandlung" und den angeblichen Rechtsfehler richtet, den das Gericht dadurch begangen haben soll, dass es nicht geprüft habe, ob diese Beschlüsse tatsächlich umgesetzt worden seien.

154 In Randnummer 289 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass die Kommission in Artikel 2 der streitigen Entscheidung auf zwei "bindende Beschlüsse" der FEG verweise, von denen der eine feste Preise und der andere Veröffentlichungen betroffen habe. Diese Beschlüsse seien nach der Satzung der FEG für deren Mitglieder bindend gewesen, und ihre Nichtbeachtung habe zur Aussetzung der Mitgliedschaft oder zum Ausschluss aus der Vereinigung führen können (Begründungserwägung 72 der streitigen Entscheidung).

155 Aus Randnummer 290 des angefochtenen Urteils geht hervor, dass die FEG und TU vor dem Gericht geltend machten, diese Beschlüsse hätten bis zu ihrer Rücknahme am 23. November 1993 nur auf dem Papier existiert. Jede wettbewerbsbeschränkende Wirkung sei daher ausgeschlossen.

156 In Randnummer 291 seines Urteils hat das Gericht erklärt, es sei zu prüfen, ob mit den fraglichen bindenden Beschlüssen ein wettbewerbsbeschränkender Zweck verfolgt worden sei. Dann wäre im Rahmen der Anwendung von Artikel 81 Absatz 1 EG jede Analyse der Wirkungen dieser Beschlüsse überflüssig.

157 Zu eben diesem Schluss ist das Gericht in den Randnummern 292 bis 300 des angefochtenen Urteils gekommen.

158 So hat es zum bindenden Beschluss über feste Preise in Randnummer 295 festgestellt, dass mit diesem Beschluss einer Unternehmensvereinigung die freie Preisfestsetzung durch ihre Mitglieder eingeschränkt und ein wettbewerbsbeschränkender Zweck im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG verfolgt worden sei.

159 In Bezug auf den bindenden Beschluss über Veröffentlichungen ist das Gericht in Randnummer 300 zu dem Ergebnis gekommen, dass er das individuelle Verhalten der Mitglieder der FEG in Bezug auf ihre Handelspolitik bei Veröffentlichungen beschränken sollte, um sie vor den Folgen eines von ihnen im Wesentlichen als ruinös angesehenen Wettbewerbs zu schützen. Mit einem derartigen Beschluss einer Unternehmensvereinigung werde offensichtlich ein wettbewerbsbeschränkender Zweck im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG verfolgt.

160 Da das Gericht den wettbewerbsbeschränkenden Zweck der beiden bindenden Beschlüsse festgestellt hat, kann entgegen dem Vorbringen der FEG nicht verlangt werden, dass es auch ihre konkreten Auswirkungen auf den Markt dartut. Wie in Randnummer 136 des vorliegenden Urteils ausgeführt, brauchen bei der Anwendung von Artikel 81 Absatz 1 EG die konkreten Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden, wenn sich ergibt, dass diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezweckt.

161 Zu dem Argument, dass die Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Einstufung der bindenden Beschlüsse über feste Preise und über Veröffentlichungen als eine "einzige Zuwiderhandlung" unzulänglich sei, ist auf die in Randnummer 110 des vorliegenden Urteils wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Verletzung von Artikel 81 Absatz 1 EG hinzuweisen.

162 Aus Randnummer 338 des angefochtenen Urteils geht, wenn auch nur implizit, hervor, dass das Gericht das Vorliegen eines "Gesamtplans" festgestellt hat. Es hat nämlich ausgeführt, dass die Mitglieder der FEG und diese Vereinigung, die auf dem relevanten Markt über eine wirtschaftliche Vormachtstellung verfügten, durch eine Reihe von Praktiken, Vereinbarungen und Beschlüssen einvernehmlich versucht hätten, den Preiswettbewerb zwischen ihnen mittels Beratungen über Preise und Rabatte sowie mittels bindender Beschlüsse der FEG über Preise und Veröffentlichungen einzuschränken.

163 Die von der FEG angeführten Unterschiede zwischen den bindenden Beschlüssen haben keine Auswirkung auf deren Einstufung als "einzige Zuwiderhandlung", da sie zu einer Reihe von Verhaltensweisen mit demselben Zweck, nämlich der Beschränkung des Preiswettbewerbs, gehören.

164 Nach alledem ist der vierte Teil des vierten Rechtsmittelgrundes teils unzulässig und teils unbegründet.

Fünfter Teil des vierten Rechtsmittelgrundes: Übersendung von Preisempfehlungen durch die FEG an deren Mitglieder

- Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

165 Mit dem fünften und letzten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes wirft die FEG dem Gericht vor, den geringen Umfang und speziellen Charakter der Preisempfehlungen außer Acht gelassen zu haben, die sie ihren Mitgliedern in Bezug auf Kunststoffrohre gegeben habe, und sich unter Verletzung seiner Begründungspflicht damit begnügt zu haben, den von der Kommission festgestellten wettbewerbswidrigen Zweck dieser Empfehlungen zu bestätigen.

166 Ferner rügt die FEG Randnummer 333 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht ihre Einwände gegen die Feststellungen der Kommission zur Verwendung ähnlicher Bruttopreislisten durch eine Reihe wichtiger Mitglieder der FEG mit der Begründung zurückgewiesen habe, dass die Kommission diese Verhaltensweisen nicht als gesonderte Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht, sondern als Auswirkungen der festgestellten Verhaltensweisen eingestuft habe. Der Grund, aus dem das Gericht ihre Einwände zurückgewiesen habe, sei unvereinbar mit der Tatsache, dass es anschließend eingehende Ausführungen zur Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt für elektrotechnisches Installationsmaterial in den Niederlanden mache und dann in Randnummer 339 zu dem Ergebnis komme, dass die Kommission "in rechtlich hinreichender Weise dargetan [hat], dass diese Praktiken gegen Artikel 81 EG verstießen".

167 Es sei unverständlich, weshalb das Gericht in Randnummer 337 des angefochtenen Urteils den Standpunkt vertreten habe, dass die FEG und TU keine hinreichenden stichhaltigen Beweise zur Entkräftung der Behauptung der Kommission geliefert hätten, dass die Großhandelspreise in den Niederlanden über den Preisen in den anderen Mitgliedstaaten gelegen hätten. Es sei Sache der Kommission, das Vorliegen höherer Preise zu beweisen; dies habe sie nicht getan. Das Gericht hätte sich nicht mit der Erwägung in Randnummer 337 begnügen dürfen, sondern von der Kommission verlangen müssen, dass sie ihre "Indizien" und "Mutmaßungen" durch konkrete Beweise für die Existenz kohärenter abgestimmter Verhaltensweisen der FEG zur Wettbewerbsbeschränkung untermauere.

168 Im Ergebnis sei die Begründung des angefochtenen Urteils in Bezug auf die angeblichen Zuwiderhandlungen der FEG im Preisbereich dermaßen lückenhaft, dass zumindest der ihnen gewidmete Teil des Urteils aufgehoben werden müsse. Außerdem habe das Gericht mehrfach gegen Artikel 81 Absatz 1 EG verstoßen, indem es eine Vereinbarung als abgestimmte Verhaltensweise eingestuft habe, ohne geprüft zu haben, ob die Vereinbarung tatsächlich zu einer solchen Verhaltensweise geführt habe.

169 Die Kommission hält diesen Teil des vierten Rechtsmittelgrundes für unzulässig, da mit ihm versucht werde, die tatsächliche Würdigung der verfügbaren Beweismittel durch das Gericht in Frage zu stellen.

170 Hilfsweise verweist sie auf die Randnummern 327 und 328 des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht das Argument der FEG und von TU, dass das ihnen zur Last gelegte Verhalten keinen wettbewerbsbeschränkenden Zweck gehabt habe, unter Angabe von Gründen zurückgewiesen habe.

171 Im Übrigen sei entgegen dem Vorbringen der FEG kein Widerspruch zwischen Randnummer 333 und den Randnummern 334 bis 339 des angefochtenen Urteils erkennbar.

172 Zunächst habe das Gericht in Randnummer 333 festgestellt, dass die FEG die streitige Entscheidung falsch verstanden habe, weil darin die festgestellten Übereinstimmungen zwischen den Katalogen der wichtigsten Großhändler zur Veranschaulichung des geringen Maßes an Wettbewerb auf dem Markt angeführt würden, und in Randnummer 334, dass der wettbewerbsbeschränkende Charakter der Preisabsprachen in rechtlich hinreichender Weise dargetan worden sei, so dass die Prüfung ihrer Auswirkungen auf den Markt überflüssig sei.

173 Anschließend habe sich das Gericht in den Randnummern 335 bis 338 mit dem Versuch von TU befasst, die frappierenden Übereinstimmungen zwischen den Katalogen zu erklären. Sodann habe es in den Randnummern 338 und 339 das Gesamtergebnis für diesen den Rügen in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Sachverhalts gewidmeten Teil des Urteils angegeben und entschieden, dass "die Mitglieder der FEG und diese Vereinigung, die auf dem relevanten Markt über eine wirtschaftliche Vormachtstellung verfügen, durch eine Reihe von Praktiken, Vereinbarungen und Beschlüssen einvernehmlich versucht [haben], den Preiswettbewerb zwischen ihnen mittels Beratungen über Preise und Rabatte sowie mittels bindender Beschlüsse der FEG über Preise und Veröffentlichungen einzuschränken", und dass die Kommission "daher in rechtlich hinreichender Weise dargetan [hat], dass diese Praktiken gegen Artikel 81 EG verstießen".

174 Schließlich versuche die FEG mit ihrer Kritik an Randnummer 337 des angefochtenen Urteils in Wirklichkeit, eine Tatsachenfeststellung des Gerichts in Frage zu stellen. Diese Randnummer sei jedenfalls als Fortführung von Randnummer 334 des Urteils zu sehen, in der das Gericht festgestellt habe, dass die Praktiken im Preisbereich wettbewerbsbeschränkenden Charakter hätten, so dass die Prüfung ihrer Auswirkungen auf den Markt überflüssig sei.

175 Dieser Teil des vierten Rechtsmittelgrundes sei folglich unzulässig oder zumindest, wie der gesamte Rechtsmittelgrund, unbegründet.

- Würdigung durch den Gerichtshof

176 Der fünfte Teil des vierten Rechtsmittelgrundes ist zulässig, da er sich in erster Linie gegen die rechtliche Einordnung der Preisempfehlungen, die die FEG ihren Mitgliedern gab, als Indiz für das Vorliegen von Wettbewerbsbeschränkungen sowie gegen die insoweit angeblich mangelhafte Begründung des angefochtenen Urteils richtet.

177 In Randnummer 326 des angefochtenen Urteils hat das Gericht folgende Feststellungen getroffen:

"In Bezug auf die Übersendung von Preisempfehlungen durch die FEG an deren Mitglieder steht fest, dass TU der FEG bei der Umwandlung der von den Herstellern bestimmter Kunststoffprodukte verwendeten empfohlenen Nettopreise in empfohlene Bruttopreise half. Ferner steht fest, dass die FEG ihren Mitgliedern regelmäßig Übersichten über die jüngsten Preise dieser Produkte zusandte. Die [FEG und TU] haben nicht bestritten, dass die FEG ihren Mitgliedern bei Preisänderungen der Hersteller von PVC-Rohren aktualisierte Preislisten zusandte und zugleich angab, welche Senkungs- oder Erhöhungssätze sie ihren Mitgliedern empfahl (Begründungserwägung 85 der [streitigen] Entscheidung). Schließlich haben die [FEG und TU] weder die Richtigkeit noch die von der Kommission in Begründungserwägung 87 der [streitigen] Entscheidung vorgenommene Auslegung des Protokolls der regionalen Versammlung der FEG vom 2. März 1989 angefochten. Aus diesem Schriftstück geht hervor, dass die FEG ihren Mitgliedern nach einer Erhöhung der Preise für Kunststoffrohre riet, sich an die empfohlenen Preise zu halten."

178 In Randnummer 328 seines Urteils hat das Gericht das Vorbringen der FEG und von TU zurückgewiesen, dass mit der Umwandlung der Preise kein wettbewerbsbeschränkender Zweck verfolgt worden sei. Es hat festgestellt, dass TU und die FEG über die Mitglieder dieser Vereinigung Einfluss auf die freie Preisgestaltung hätten ausüben können, indem sie Informationen über die Preise und Rabatte von bestimmtem elektrotechnischem Installationsmaterial aus Kunststoff ausgetauscht und verbreitet hätten. Die Kommission sei daher berechtigt gewesen, diese Gesichtspunkte als Indizien für die Existenz von Wettbewerbsbeschränkungen heranzuziehen.

179 Hierzu genügt die Feststellung, dass das Gericht nur die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes angewandt hat, nach der die Berücksichtigung der konkreten Auswirkungen einer Vereinbarung überflüssig ist, wenn sich ergibt, dass diese eine Einschränkung, Verhinderung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt.

180 Im Übrigen ist das Argument der FEG zurückzuweisen, dass zwischen den Feststellungen des Gerichts in den Randnummern 333 und 339 des angefochtenen Urteils ein Widerspruch bestehe, da es auf einem falschen Verständnis dieser Randnummern beruht. Aus Randnummer 339 des Urteils ergibt sich in Verbindung mit dessen Randnummer 338, dass sie das allgemeine Ergebnis dieses Teils des Urteils enthält, wonach die abgestimmten Verhaltensweisen bei der Preisfestsetzung als Verstoß gegen Artikel 81 Absatz 1 EG eingestuft werden. Diese Feststellung bezieht sich somit nicht auf die Übereinstimmungen bei den Preisen und Rabatten, die - wie aus dem Wortlaut von Randnummer 333 klar hervorgeht - als Beispiel zur Verdeutlichung der Auswirkungen der fraglichen Praktiken auf den Markt und nicht als gesonderte, nicht im verfügenden Teil der streitigen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung angeführt wurden.

181 Zur Kritik der FEG an Randnummer 337 des angefochtenen Urteils ist festzustellen, dass das Gericht keine unzulässige Umkehr der Beweislast vorgenommen hat. Da die Kommission in Begründungserwägung 119 der streitigen Entscheidung ausgeführt und belegt hatte, dass der fehlende Preiswettbewerb zwischen den FEG-Mitgliedern auch aus dem Preisniveau auf dem niederländischen Großhandelsmarkt hervorging und dass es diverse Hinweise darauf gab, dass das Preisniveau für elektrotechnisches Installationsmaterial in den Niederlanden höher lag als in den übrigen Mitgliedstaaten, war es Sache der FEG, Beweise vorzulegen, um diese Feststellungen zu entkräften.

182 Da das angefochtene Urteil insoweit hinreichend begründet ist, ist der fünfte Teil des vierten Rechtsmittelgrundes unbegründet, so dass der gesamte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist.

Fünfter Rechtsmittelgrund: Berechtigung, der FEG die Ausdehnung der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung zuzurechnen

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

183 Die FEG wirft dem Gericht vor, das Gemeinschaftsrecht falsch ausgelegt zu haben, als es in den Randnummern 231, 236 und 393 des angefochtenen Urteils ohne hinreichende Anhaltspunkte für ihre unmittelbare Verwicklung entschieden habe, dass die Kommission berechtigt gewesen sei, sich auf Handlungen einzelner Mitglieder der FEG zu stützen, um ihr die festgestellte Zuwiderhandlung zuzurechnen. Das Gericht habe außer Acht gelassen, dass sie bei der Umsetzung der beanstandeten Praktiken keine eigene, von ihren Mitgliedern getrennte Rolle gespielt habe.

184 Um von der gemeinsamen Teilnahme einer Unternehmensvereinigung und bestimmter Mitglieder dieser Vereinigung an einer einzigen Zuwiderhandlung ausgehen zu können, müsse die Kommission dartun, dass sich das Handeln dieser Vereinigung von dem ihrer Mitglieder unterschieden habe.

185 Insoweit sei auf Randnummer 227 des angefochtenen Urteils in Verbindung mit dessen Randnummer 226 zu verweisen; dort habe das Gericht anerkannt, dass die Kommission keine Indizien für die unmittelbare Verwicklung der FEG in die Vorgänge im Zusammenhang mit der Ausdehnung der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung angeführt habe, abgesehen von einem internen Vermerk eines ihrer Mitglieder vom 12. September 1990. Ein solcher interner Vermerk, der ohne ihr Wissen erstellt worden sei, könne nicht als Beleg dafür dienen, dass sie bei diesen Vorgängen eine eigene, von ihren Mitgliedern getrennte Rolle gespielt habe.

186 In Bezug auf den vom Gericht in den Randnummern 230 und 392 des angefochtenen Urteils als konzertierte Maßnahme von 26 Mitgliedern der FEG eingestuften Vorgang habe die Kommission nicht dargetan, dass die FEG ausdrücklich oder stillschweigend ihr Einverständnis mit dem Inhalt dieser Maßnahme erklärt habe. Die bloße Tatsache, dass die mitwirkenden Unternehmen Mitglieder der FEG gewesen seien, genüge nicht, um ihr die Verantwortung für den Vorgang anzulasten. Das Gericht habe auch nicht geprüft, ob sich die FEG an Umsetzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der konzertierten Handlung ihrer Mitglieder beteiligt habe.

187 Die FEG wendet sich auch gegen die Feststellung des Gerichts in Randnummer 392 des angefochtenen Urteils, dass ihre 26 an der konzertierten Maßnahme beteiligten Mitglieder im allgemeinen Interesse ihrer übrigen Mitglieder gehandelt hätten; eine solche Feststellung sei unverständlich, da sie nicht ausreiche, um ihr diese Maßnahme zurechnen zu können.

188 Das Gericht habe ferner die Rechtsprechung falsch angewandt, indem es in Randnummer 391 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass ihr die abgestimmten Verhaltensweisen allein deshalb zugerechnet werden könnten, weil eine begrenzte Zahl von Vertretern der 26 Mitglieder der FEG bei ihr zeitweise Leitungsfunktionen wahrgenommen hätten. Dieser Umstand könne kein Indiz für eine eigene, von ihren Mitgliedern getrennte Rolle der FEG bei diesen Verhaltensweisen darstellen.

189 Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, da mit ihm die Tatsachenwürdigung durch das Gericht in Frage gestellt werden solle.

190 Hilfsweise macht sie geltend, dass dieser Rechtsmittelgrund auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe und dass die Annahme nicht zutreffe, dass das Gericht der FEG die fraglichen abgestimmten Verhaltensweisen nur aufgrund von Handlungen ihrer Mitglieder zugerechnet habe.

191 Das Gericht habe in Randnummer 236 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sowohl die FEG als auch TU eine persönliche und eigene Rolle bei der Zuwiderhandlung gespielt hätten. Um von der gemeinsamen Teilnahme einer Vereinigung und ihrer Mitglieder an einer Zuwiderhandlung ausgehen zu können, genüge es, dass die Kommission nachweise, dass die Vereinigung ein von ihren Mitgliedern gesondertes Verhalten gezeigt habe. Genau in dieser Weise sei das Gericht vorgegangen.

192 Außerdem lasse die FEG außer Acht, dass nach Ansicht des Gerichts das fragliche unzulässige Verhalten Teil einer einzigen Zuwiderhandlung gewesen sei (vgl. Randnrn. 391 und 406 des angefochtenen Urteils). Es genüge daher, darzutun, dass die FEG zur Erreichung der Ziele der von ihr selbst geschaffenen kollektiven Ausschließlichkeitsregelung beigetragen habe und von den Versuchen der übrigen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen, diese Regelung auf nicht der NAVEG angehörende Unternehmen auszudehnen, gewusst habe oder hätte wissen müssen. In den Randnummern 391 bis 393 seines Urteils habe das Gericht festgestellt, dass die Kommission insoweit das geeignete Kriterium angewandt habe.

193 Dieser Rechtsmittelgrund sei daher als unzulässig, zumindest aber als unbegründet zurückzuweisen.

Würdigung durch den Gerichtshof

194 Soweit die FEG im Rahmen ihres fünften Rechtsmittelgrundes die rechtlichen Kriterien, auf deren Grundlage das Gericht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Ausdehnung der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung der FEG angelastet werden könne, sowie die hierfür im angefochtenen Urteil gegebene Begründung beanstandet, ist der fünfte Rechtsmittelgrund zulässig.

195 Wie sich aus Randnummer 213 des angefochtenen Urteils ergibt, hat die Kommission in der streitigen Entscheidung die Ansicht vertreten, dass die FEG und TU bestrebt gewesen seien, die Wirkung des Gentlemen's Agreement auf Lieferanten auszudehnen, die nicht durch Agenten oder Importeure in der NAVEG vertreten gewesen seien. Sie habe sich auf verschiedene Beispiele dafür gestützt, dass Lieferanten wie die Unternehmen Draka Polva, Holec, ABB und Kloeckner Moeller unter Druck gesetzt worden seien (vgl. Begründungserwägungen 53 bis 66 und 104 bis 106 der angefochtenen Entscheidung). Sie habe ferner hervorgehoben, dass die FEG versucht habe, die kollektive Ausschließlichkeitsregelung auf die Firma Philips, einen Hersteller von Konsumelektronik, auszudehnen.

196 In Randnummer 236 des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass keines der von ihm geprüften Argumente das Vorliegen des Sachverhalts in Frage stellen könne, der in der streitigen Entscheidung als Beweis für die Existenz des von der FEG und von TU auf bestimmte nicht der NAVEG angehörende Lieferanten ausgeübten Drucks angeführt werde. Unter diesen Umständen habe die Kommission zu Recht auf der Grundlage objektiver und übereinstimmender Indizien festgestellt, dass die FEG bestrebt gewesen sei, die Wirkung des Gentlemen's Agreement auf nicht der NAVEG angehörende Lieferanten zu erstrecken, und dass TU sich an mehreren Maßnahmen zur Umsetzung dieses Zieles beteiligt habe.

197 Im vorliegenden Fall steht fest, dass das Gericht die gesonderte von der FEG bei der Erweiterung des Gentlemen's Agreement gespielte Rolle geprüft hat. Nach einer Prüfung des Wortlauts des Protokolls der Vorstandssitzung der FEG vom 29. Januar 1991 und des internen Vermerks von TU vom 12. September 1990 hat es in Randnummer 226 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass diese ein Indiz für die Existenz einer Vereinbarung zwischen den Mitgliedern der FEG und für deren unmittelbare Verwicklung in die Ausarbeitung der beabsichtigten Reaktion auf den Eintritt von CEF in den niederländischen Markt darstellten.

198 Die Bezugnahme auf das Kriterium der unmittelbaren Verwicklung der FEG in die Bemühungen ihrer Mitglieder um eine Erstreckung der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung auf dritte Lieferanten ist im Übrigen in Randnummer 231 des angefochtenen Urteils zu finden. In den Randnummern 227 bis 230 seines Urteils hat das Gericht eine Reihe übereinstimmender Indizien geprüft, aus denen seines Erachtens hervorging, dass die Mitglieder der FEG einzeln oder gemeinsam versucht hätten, von nicht der NAVEG angehörenden Lieferanten Zusagen zugunsten aller Mitglieder der FEG zu erlangen, so dass diese Lieferanten zu der Annahme berechtigt gewesen seien, dass diese Handlungen unter der Ägide der FEG oder mit ihrer Zustimmung vorgenommen worden seien.

199 Aufgrund dieser Gesichtspunkte ist das Gericht in Randnummer 231 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gekommen, dass sich aus den gemeinsamen Handlungen bestimmter Mitglieder der FEG - unter denen sich mehrere Vorstandsmitglieder befunden hätten - ergebe, dass sie nicht in eigener Sache, sondern für alle Mitglieder dieser Vereinigung tätig geworden seien, ohne jedoch unmittelbar in deren Namen zu handeln. Folglich sei die Kommission berechtigt gewesen, aus diesen Handlungen zu schließen, dass die FEG ihre Absicht zum Ausdruck gebracht habe, die kollektive Ausschließlichkeitsregelung auf nicht der NAVEG angehörende Lieferanten zu erstrecken.

200 Wie die Generalanwältin in Nummer 85 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, hat das Gericht das Verhalten der FEG und ihrer Mitgliedsunternehmen, insbesondere von TU, somit keineswegs gleichgesetzt, sondern die Beteiligung dieser Vereinigung an den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen einer gesonderten Würdigung unterzogen.

201 Unter diesen Umständen war das Gericht berechtigt, sich die Feststellungen der Kommission zur Beteiligung der FEG an der Ausdehnung der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung zu eigen zu machen. Insoweit ist auch kein Begründungsmangel erkennbar. Der fünfte Rechtsmittelgrund der FEG ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Sechster Rechtsmittelgrund: Ermittlung der Dauer der Zuwiderhandlungen, die der FEG von der Kommission angelastet werden

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

202 Die FEG rügt, dass das Gericht im angefochtenen Urteil die von ihr vorgebrachten Argumente gegen die Ermittlung der Dauer der Zuwiderhandlung durch die Kommission zurückgewiesen habe. Das Gericht habe dadurch Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 sowie die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts im Bereich der Begründung gerichtlicher Entscheidungen und der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Höhe der Geldbußen verletzt.

203 Das Gericht habe bei seiner rechtlichen Analyse zu Unrecht nicht zwischen den verschiedenen in Rede stehenden Zuwiderhandlungen unterschieden, obwohl diese heterogener Natur seien.

204 Die Behauptung des Gerichts in Randnummer 406 des angefochtenen Urteils, dass die dort genannten Zuwiderhandlungen "fortgesetzten" Charakter hätten, sei nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe bei der Ermittlung ihrer Dauer zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass es im vorliegenden Fall keinen "Gesamtplan" gegeben habe.

205 Die Kommission führt aus, der sechste Rechtsmittelgrund betreffe eine Tatsachenwürdigung des Gerichts und sei daher unzulässig.

206 Hilfsweise vertritt sie die Ansicht, dass dieser Rechtsmittelgrund auf einem falschen Verständnis des angefochtenen Urteils beruhe. In dessen Randnummer 342 habe das Gericht ausdrücklich festgestellt, dass mit den beiden der FEG zur Last gelegten Zuwiderhandlungen - der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung und den abgestimmten Verhaltensweisen bei der Preisfestsetzung - ein gemeinsamer Zweck verfolgt worden sei und dass sie miteinander in Zusammenhang gestanden hätten.

207 Die Kommission beantragt daher, den sechsten Rechtsmittelgrund als unzulässig, zumindest aber als unbegründet zurückzuweisen.

Würdigung durch den Gerichtshof

208 Der Wortlaut des sechsten Rechtsmittelgrundes zeigt, dass die FEG in dessen Rahmen nur die Argumente wiederholt, die sie bereits im Rahmen ihres dritten Rechtsmittelgrundes geltend gemacht hat, der die Würdigung der von der Kommission vorgelegten Beweise für die Dauer der kollektiven Ausschließlichkeitsregelung durch das Gericht betrifft, sowie im Rahmen des ersten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes, der die Einstufung der abgestimmten Verhaltensweisen bei den Preisen als eine einzige fortgesetzte Zuwiderhandlung betrifft. Folglich genügt es, auf die Feststellungen des Gerichtshofes zum dritten Rechtsmittelgrund und zum ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes zu verweisen, die in den Randnummern 101 und 115 des vorliegenden Urteils zurückgewiesen worden sind.

Siebter Rechtsmittelgrund: Antrag auf Herabsetzung der Geldbuße

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

209 Dieser Rechtsmittelgrund der FEG richtet sich gegen die Randnummern 436 bis 438 des angefochtenen Urteils, nach denen die übermäßig lange Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht zu einer spürbaren Herabsetzung der gegen die FEG verhängten Geldbuße führen kann.

210 Die FEG ist der Ansicht, das Gericht habe dadurch, dass es in Randnummer 438 entschieden habe, dass sie und TU keinen Gesichtspunkt vorgetragen hätten, der eine zusätzliche Herabsetzung ihrer Geldbuße rechtfertigen würde, Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 oder zumindest die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts im Bereich der Begründung gerichtlicher Entscheidungen und der Verhältnismäßigkeit in Bezug auf die Festlegung der Höhe der Geldbußen verletzt.

211 Das Gericht habe in den Randnummern 85 und 436 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission für die übermäßig lange Verfahrensdauer verantwortlich sei, darin aber keine Rechtfertigung für eine zusätzliche Herabsetzung der Geldbuße gesehen.

212 Hierzu macht die Kommission geltend, dieser Rechtsmittelgrund sei offensichtlich unzulässig, da es nicht Sache des Gerichtshofes sei, die Beurteilung des Gerichts, das über den Betrag der gegen Unternehmen wegen Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht festgesetzten Geldbußen entscheide, durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen (vgl. Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Randnr. 614). Außerdem wende sich die FEG mit diesem Rechtsmittelgrund gegen die tatsächliche Feststellung des Gerichts, wonach der Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer ihre Verteidigungsmöglichkeiten nicht beeinträchtigt habe.

213 Im Übrigen habe das Gericht geprüft, ob die besonderen Umstände der Rechtssache eine Herabsetzung der Geldbuße der FEG rechtfertigten, und insoweit entschieden, dass eine solche Herabsetzung nicht gerechtfertigt sei (Randnrn. 436 bis 438 des angefochtenen Urteils).

214 Der siebte Rechtsmittelgrund sei daher offensichtlich unzulässig, zumindest aber unbegründet.

215 Auch CEF macht in ihrer Stellungnahme zu der Mitteilung, die ihr vom Rechtsmittel in ihrer Eigenschaft als Streithelferin im ersten Rechtszug gemacht wurde, geltend, dass der siebte Rechtsmittelgrund unzulässig sei, da er im vorliegenden Fall Tatsachenfeststellungen des Gerichts betreffe, die im Rahmen dieses Rechtsmittels nicht Gegenstand einer Überprüfung sein könnten.

216 Hilfsweise ist CEF der Ansicht, dass der siebte Rechtsmittelgrund unbegründet sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

217 Es ist darauf hinzuweisen, dass allein das Gericht zuständig ist, die Art und Weise, wie die Kommission im Einzelfall die Schwere der rechtswidrigen Verhaltensweisen beurteilt hat, zu überprüfen. Im Rechtsmittelverfahren richtet sich die Kontrolle durch den Gerichtshof zum einen darauf, inwieweit das Gericht rechtlich korrekt alle Faktoren berücksichtigt hat, die für die Beurteilung der Schwere eines bestimmten Verhaltens anhand der Artikel 81 EG und 15 der Verordnung Nr. 17 von Bedeutung sind, und zum anderen darauf, zu prüfen, ob das Gericht auf alle von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Argumente für eine Aufhebung oder Herabsetzung der Geldbuße rechtlich hinreichend eingegangen ist (vgl. u. a. Urteil Baustahlgewebe/Kommission, Randnr. 128).

218 Wie aus den in Randnummer 9 des vorliegenden Urteils zitierten Begründungserwägungen 152 und 153 der streitigen Entscheidung hervorgeht, hat die Kommission der ihr anzulastenden übermäßig langen Dauer des Verwaltungsverfahrens bereits durch Herabsetzung der Geldbußen Rechnung getragen.

219 In Randnummer 438 des angefochtenen Urteils hat das Gericht Folgendes festgestellt: "Die Kommission hat aus eigener Initiative die Geldbuße herabgesetzt. Über die Möglichkeit zu einer solchen Herabsetzung verfügt sie im Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse. Die Klägerinnen haben keinen Gesichtspunkt vorgetragen, der es rechtfertigen würde, dass das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung eine zusätzliche Herabsetzung der Geldbuße in Betracht zieht. Folglich ist dem dahin gehenden Antrag der Klägerinnen nicht stattzugeben."

220 Da diese Feststellung keinen Rechtsfehler enthält, ist der siebte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

221 Nach Artikel 122 Absatz 1 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet, über die Kosten. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die FEG mit ihrem Vorbringen - mit Ausnahme des Vorbringens zum Verstoß gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer, das der Gerichtshof jedoch zurückgewiesen hat - unterlegen ist, sind ihr die Kosten des vorliegenden Verfahrens aufzuerlegen. Die in Zusammenhang mit dem ersten Rechtszug, der zum angefochtenen Urteil geführt hat, entstandenen Kosten sind ungeachtet der teilweisen Aufhebung dieses Urteils gemäß den in Punkt 2 seines Tenors festgelegten Modalitäten von der FEG zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 16. Dezember 2003 in den Rechtssachen T-5/00 und T-6/00 (Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission) wird nur insoweit aufgehoben, als das Gericht es unterlassen hat, im Rahmen der Prüfung des Klagegrundes eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer darüber zu befinden, ob die der Kommission der Europäischen Gemeinschaften anzulastende übermäßig lange Dauer des gesamten Verwaltungsverfahrens einschließlich des Abschnitts vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte geeignet war, die künftigen Verteidigungsmöglichkeiten der Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied zu beeinträchtigen.

2. Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.

3. Die Klage der Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied vor dem Gericht erster Instanz wird abgewiesen, soweit sie sich teilweise auf den Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer stützt.

4. Die Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied trägt die Kosten des vorliegenden Verfahrens. Die in Zusammenhang mit dem ersten Rechtszug, der zum Urteil vom 16. Dezember 2003 in den Rechtssachen T-5/00 und T-6/00 (Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied und Technische Unie/Kommission) geführt hat, entstandenen Kosten sind gemäß den in Punkt 2 des Tenors des genannten Urteils festgelegten Modalitäten von der Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied zu tragen.

Ende der Entscheidung

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