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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: C-109/03
Rechtsgebiete: Richtlinie 98/10/EG


Vorschriften:

Richtlinie 98/10/EG Art. 6 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 25. November 2004. - KPN Telecom BV gegen Onafhankelijke Post en Telecommunicatie Autoriteit (OPTA). - Ersuchen um Vorabentscheidung: College van Beroep voor het bedrijfsleven - Niederlande. - Telekommunikation - Richtlinie 98/10/EG - Offener Netzzugang für Sprachtelefondienst - Zurverfügungstellen von Informationen über die Teilnehmer - Festlegung der Preise. - Rechtssache C-109/03.

Parteien:

In der Rechtssache C-109/03

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG,

eingereicht vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Niederlande) mit Entscheidung vom

8. Januar 2003

, beim Gerichtshof eingegangen am

10. März 2003

, in dem Verfahren

KPN Telecom BV

gegen

Onafhankelijke Post en Telecommunicatie Autoriteit (OPTA),

Beteiligte:

Denda Multimedia BV,

Denda Directory Services BV,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter A. Rosas, K. Lenaerts, S. von Bahr und K. Schiemann,

Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom

19. Mai 2004,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

- der KPN Telecom BV, vertreten durch B. L. P. van Reeken und E. Pijnacker Hordijk, advocaten,

- der Onafhankelijke Post en Telecommunicatie Autoriteit (OPTA), vertreten durch A. B. van Rijn und B. J. Drijber, advocaten,

- der Denda Multimedia BV, vertreten durch T. F. W. Overdijk, advocaat,

- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Shotter und W. Wils als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

14. Juli 2004,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld (ABl. L 101, S. 24, im Folgenden: Richtlinie).

2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der KPN Telecom BV (im Folgenden: KPN) und der Onafhankelijke Post en Telecommunicatie Autoriteit (Unabhängige Post und Telekommunikationsbehörde, im Folgenden: OPTA) wegen des Zurverfügungstellens bestimmter Informationen über die Teilnehmer der KPN an private Unternehmen zur Herstellung von Telefonverzeichnissen durch diese.

Rechtlicher Rahmen

3. Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt:

Diese Richtlinie betrifft die Harmonisierung der Bedingungen für einen offenen und effizienten Zugang zu festen öffentlichen Telefonnetzen und festen öffentlichen Telefondiensten und ihre Nutzung in einem Umfeld offener und wettbewerbsorientierter Märkte im Einklang mit den Grundsätzen des offenen Netzzugangs (ONP).

Die Richtlinie soll die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger fester öffentlicher Telefondienste innerhalb der Gemeinschaft sicherstellen und bestimmte Dienste definieren, zu denen alle Nutzer, einschließlich der Verbraucher, im Rahmen des Universaldienstes zu einem gemessen an den landesspezifischen Bedingungen erschwinglichen Preis Zugang haben sollten.

4. In Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe f der Richtlinie ist der Begriff Universaldienst definiert als ein definiertes Mindestangebot an Diensten von bestimmter Qualität, das allen Nutzern, unabhängig von ihrem Standort und gemessen an den landesspezifischen Bedingungen, zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung steht.

5. Artikel 6 der Richtlinie sieht vor:

(1) Die Bestimmungen dieses Artikels gelten vorbehaltlich der Anforderungen einschlägiger Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre, z. B. der Richtlinie 95/46/EG und der Richtlinie 97/66/EG.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass

a) die Teilnehmer das Recht haben, sich in allgemein zugängliche Verzeichnisse eintragen zu lassen, ihren Eintrag zu prüfen und gegebenenfalls berichtigen oder wieder streichen zu lassen;

b) Verzeichnisse aller Teilnehmer, die einen Eintrag nicht abgelehnt haben, mit Nummern von ortsfesten Anschlüssen, Mobiltelefonanschlüssen und personenbezogenen Nummern den Nutzern in einer von der nationalen Regulierungsbehörde gebilligten Form gedruckt und/oder elektronisch zur Verfügung gestellt und regelmäßig aktualisiert werden;

c) mindestens ein Telefonauskunftsdienst, der sämtliche aufgeführten Teilnehmernummern abdeckt, allen Nutzern, einschließlich der Nutzer von öffentlichen Telefonen, zur Verfügung steht.

(3) Um die Bereitstellung der in Absatz 2 Buchstaben b) und c) genannten Dienste zu gewährleisten, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Organisationen, die Telefonnummern an Teilnehmer vergeben, jedem vertretbaren Antrag stattgeben, die entsprechenden Informationen in einer vereinbarten Form zu gerechten, kostenorientierten und nichtdiskriminierenden Bedingungen zur Verfügung zu stellen.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Organisationen, die die in Absatz 2 Buchstaben b) und c) genannten Dienste bereitstellen, bei der Verarbeitung und Präsentation der ihnen zur Verfügung gestellten Informationen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung beachten.

6. In den Niederlanden sind die von der Richtlinie erfassten Bereiche durch das Wet op de telecommunicatievoorzieningen (Gesetz über die Telekommunikationseinrichtungen) vom 26. Oktober 1988 (Staatsblad 1988, S. 520, im Folgenden: WTV) und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Besluit ONP huurlijnen en telefonie (Verordnung ONP Mietleitungen und Fernsprechwesen) vom 10. November 1998 (Staatsblad 1998, S. 639, im Folgenden: BOHT), insbesondere dessen Artikel 7.1 und 7.5 geregelt.

7. Artikel 43 BOHT sieht vor:

Wer eine Nummer... vergibt, stellt auf Antrag in einer vereinbarten Form zu gerechten, kostenorientierten und nichtdiskriminierenden Bedingungen diese Nummern mit den zugehörigen Informationen... für Teilnehmerverzeichnisse und Telefonauskunftsdienste zur Verfügung.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

8. KPN ist die Universaldienstanbieterin von Sprachtelefondiensten in den Niederlanden. Die in den Niederlanden ansässige Denda International vof, nunmehr Denda Multimedia BV (im Folgenden: Denda) und die in Deutschland ansässige Topware CDService AG (im Folgenden: Topware) waren zur Zeit des Sachverhalts, über den das vorlegende Gericht zu entscheiden hat, Unternehmen, die u. a. gedruckte Telefonverzeichnisse und elektronische Telefonverzeichnisse, die zunächst auf CD-ROM erstellt wurden und anschließend ins Internet gestellt werden sollten, herstellten.

9. Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass Denda und Topware die PTT Telecom BV, die Rechtsvorgängerin der KPN bis 1998, ersucht hatten, ihnen zur Herstellung ihrer Verzeichnisse Daten über die Teilnehmer ihres Sprachtelefondienstes zu übermitteln. Neben den strikten Basisdaten wie Name, Anschrift, Wohnort und Telefonnummer sowie gegebenenfalls der Postleitzahl des Teilnehmers und der Angabe, dass die Nummer lediglich als Faxnummer verwendet wird, waren die beiden Unternehmen insbesondere an der Übermittlung zusätzlicher Daten, mit Ausnahme der Werbeanzeigen, interessiert, die im weißen Teil des von der Rechtsvorgängerin der KPN gedruckten Verzeichnisses enthalten waren. Es handelte sich dabei z. B. um die zusätzliche Angabe eines Berufes, eines anderen Namens, einer Eintragung in einer anderen Gemeinde oder zusätzlicher Mobiltelefonnummern der Teilnehmer.

10. Die Rechtsvorgängerin der KPN weigerte sich, Denda und Topware diese zusätzlichen Informationen zur Verfügung zu stellen. Sie weigerte sich ferner, ihnen die Basisdaten zu einem niedrigeren Preis als 0,85 NLG pro Angabe zu übermitteln, was nach Ansicht der genannten Unternehmen stark übertrieben war. Diese Unternehmen reichten daher bei der OPTA Beschwerde ein, um feststellen zu lassen, dass die Rechtsvorgängerin der KPN gegen die Vorschriften des WTV und des BOHT verstoßen habe.

11. Mit Entscheidung vom 29. September 1999 befand die OPTA, dass KPN nicht verpflichtet sei, Denda und Topware die von diesen gewünschten zusätzlichen Daten zu übermitteln, und dass der von KPN für die Herausgabe der Basisdaten verlangte Preis unter 0,005 NLG pro Angabe liegen müsse.

12. Sowohl KPN als auch Denda und Topware legten gegen diese Entscheidung der OPTA Einspruch ein. Mit zwei Entscheidungen vom 4. Dezember 2000 berichtigte die OPTA ihren ursprünglichen Standpunkt und stellte fest, dass KPN auch die zusätzlichen Daten über eine oder mehrere Mobiltelefonnummern, den Beruf des Teilnehmers und eventuelle Eintragungen desselben in anderen Gemeinden zur Verfügung stellen müsse.

13. KPN und Denda erhoben jeweils bei der Arrondissementsrechtbank Rotterdam (Niederlande) Klage gegen diese Entscheidungen; diese Klagen wurden jedoch als unbegründet abgewiesen. Das College van Beroep voor het bedrijfsleven, bei dem Berufung eingelegt wurde, hat Zweifel hinsichtlich der Auslegung der in Rede stehenden Vorschriften des WTV und des BOHT im Licht der Richtlinie.

14. Das College van Beroep voor het bedrijfsleven ist der Auffassung, dass für die Entscheidung des ihm vorliegenden Rechtsstreits die Auslegung von Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie erforderlich sei; es hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist der Begriff entsprechende Informationen in Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 98/10/EG dahin auszulegen, dass hierunter nur die von den betreffenden Organisationen vergebenen Telefonnummern mit Namen, Anschrift, Wohnort und Postleitzahl desjenigen, an den die Nummer vergeben wird, sowie gegebenenfalls der Angabe, ob die Nummer (ausschließlich) als Faxnummer verwendet wird, zu verstehen sind, oder fallen hierunter auch andere den Organisationen zur Verfügung stehende Daten wie die zusätzliche Eintragung eines Berufes, eines anderen Namens, in einer anderen Gemeinde oder von Mobilfunknummern?

2. Ist die Wendung jedem vertretbaren Antrag stattgeben... zu gerechten, kostenorientierten und nichtdiskriminierenden Bedingungen in der in Frage 1 genannten Bestimmung dahin auszulegen, dass

a) Telefonnummern mit Namen, Anschrift, Wohnort und Postleitzahl desjenigen, an den die Nummer vergeben wird, gegen Vergütung nur der Grenzkosten, die das tatsächliche Zurverfügungstellen dieser Daten erfordert, zur Verfügung zu stellen sind und

b) andere als die unter a genannten Daten gegen eine Vergütung zur Verfügung zu stellen sind, die zur Deckung der Kosten dient, die der Bereitsteller dieser Daten - wie er dartut - aufgewandt hat, um die Daten zu erheben oder bereitzustellen?

Zur ersten Frage

15. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, welche Daten von dem Begriff entsprechende Informationen in Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie erfasst sind.

16. Einleitend ist festzustellen, dass Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie keine Definition des Begriffes entsprechende Informationen über die Teilnehmer liefert, die die Telefonnummern vergebenden Organisationen Dritten zur Verfügung zu stellen haben. Dieser Begriff ist daher nach dem Zusammenhang, in dem er steht, und nach dem Zweck der Richtlinie auszulegen.

17. Wie sich aus Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie ergibt, soll diese die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger fester öffentlicher Telefondienste innerhalb der Gemeinschaft sicherstellen und bestimmte Dienste definieren, zu denen alle Nutzer, einschließlich der Verbraucher, im Rahmen des Universaldienstes zu einem erschwinglichen Preis und, wie aus der Überschrift der Richtlinie hervorgeht, in einem wettbewerbsorientierten Umfeld Zugang haben sollen.

18. Die Richtlinie soll somit für ein Gleichgewicht zwischen den spezifischen Interessen des Universaldienstanbieters, den Interessen der im Wettbewerbsbereich tätigen Unternehmen und denen der Nutzer, einschließlich der Verbraucher, sorgen.

19. Was zunächst den Universaldienst betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass dieser in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe f der Richtlinie definiert ist als ein definiertes Mindestangebot an Diensten von bestimmter Qualität, das allen Nutzern, unabhängig von ihrem Standort und gemessen an den landesspezifischen Bedingungen, zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung steht.

20. Wie die Kommission zu Recht geltend macht, ergibt sich aus der Formulierung [u]m die Bereitstellung der in Absatz 2 Buchstaben b) und c) genannten Dienste zu gewährleisten am Anfang von Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie, dass die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass alle Organisationen, die Telefonnummern an Teilnehmer vergeben, jedem vertretbaren Antrag stattgeben, die entsprechenden Informationen zur Verfügung zu stellen, im Rahmen der Bereitstellung des Universaldienstes besteht.

21. Daher ist zu prüfen, welche Daten für die Bereitstellung eines solchen Dienstes nötig sind.

22. In Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie heißt es dazu lediglich, dass in die Verzeichnisse, die den Nutzern zur Verfügung zu stellen sind, alle Teilnehmer, die einen Eintrag nicht abgelehnt haben, mit Nummern von ortsfesten Anschlüssen, Mobiltelefonanschlüssen und personenbezogenen Nummern aufzunehmen sind. Daraus ergibt sich, wie KPN zu Recht geltend gemacht hat, dass andere als die in dieser Vorschrift genannten Daten für die Erstellung eines Telefonverzeichnisses im Rahmen des Universaldienstes nicht erforderlich sind.

23. Es stellt sich jedoch die Frage, ob eine derartige Begrenzung der Daten im Rahmen des Zurverfügungstellens von Informationen an Wettbewerber des Universaldienstanbieters den Anforderungen der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes genügt, in deren Kontext die Richtlinie steht. Die OPTA und Denda haben insoweit erhebliche Bedenken und machen geltend, dass nur eine weite Auslegung des Begriffes der zur Verfügung zu stellenden Daten ein angemessenes Wettbewerbsniveau gewährleisten könne.

24. Nach Ansicht der KPN ist es jedoch nicht Ziel der Richtlinie, Dritte von den Leistungen des Universaldienstanbieters, wie der aufwendigen Beschaffung der zusätzlichen Daten, profitieren zu lassen, da diese Leistungen nicht zu dessen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Erbringung dieses Dienstes im engen Sinne gehörten. Jede andere Auslegung der Richtlinie würde zu einer Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den Verzeichnisse bereitstellenden Unternehmen führen, da eines von ihnen verpflichtet wäre, seine Wettbewerber zu unterstützen, ohne dass diese Verpflichtung auf Gegenseitigkeit beruhen würde.

25. Was diesen Punkt betrifft, steht fest, dass die Richtlinie zahlreiche Hinweise auf ihren Zweck enthält, der darin besteht, die Öffnung eines wettbewerbsorientierten Telekommunikationsmarktes zu fördern. Zu den Verzeichnissen heißt es in der siebten Begründungserwägung der Richtlinie, dass [d]ie Bereitstellung von Teilnehmerverzeichnisdiensten... eine wettbewerbsorientierte Tätigkeit [ist]. Auch Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie, der vorsieht, dass Konkurrenzunternehmen bestimmte Informationen über die Teilnehmer zur Verfügung zu stellen sind, bestätigt diesen Zweck.

26. Dass es in dem betreffenden Mitgliedstaat andere Verzeichnisse erstellende Unternehmen als den Universaldienstanbieter gibt, wie z. B. Denda und Topware, zeigt, dass sich tatsächlich ein wettbewerbsorientierter Markt für Verzeichnisse entwickelt hat.

27. Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass sich die Weigerung, die im Ausgangsverfahren streitigen Daten zu liefern, auf die Bedingungen auswirken kann, unter denen sich ein solcher wettbewerbsorientierter Markt für Unternehmen, die Verzeichnisse anbieten, entwickeln kann. Zu diesen Bedingungen sieht Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie vor, dass sie gerecht, kostenorientiert und nichtdiskriminierend sein müssen. Wenn der Universaldienstanbieter den in dieser Vorschrift aufgestellten Anforderungen genügt, muss er also nicht darüber hinaus die zusätzlichen Daten liefern, die seine Wettbewerber erhalten möchten.

28. Die Weigerung, Dritten andere Daten als die in Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie aufgezählten zur Verfügung zu stellen, ist folglich mit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes vereinbar, die eines der Ziele der Richtlinie darstellt.

29. Was schließlich die spezifischen Interessen der Nutzer, einschließlich der Verbraucher, angeht, so sind es vor allem diese Personen, denen nach Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie die wettbewerbsorientierten Bedingungen auf dem betreffenden Markt zugute kommen sollen. In der siebten Begründungserwägung der Richtlinie heißt es nämlich, dass Nutzer und Verbraucher umfassende Verzeichnisse und Auskunftsdienste [wünschen], die alle aufgeführten Teilnehmer und deren Nummern (einschließlich der Nummern von festen und mobilen Anschlüssen sowie personenbezogener Nummern) beinhalten; diese Formulierung findet sich in Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie wieder.

30. Diesem Informationsbedürfnis der Nutzer entspricht jedoch, wie sich aus Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie ergibt, nicht nur das Recht, sich in ein Verzeichnis eintragen, sondern auch das Recht, bestimmte darin eingetragene Daten ganz oder teilweise wieder streichen zu lassen. Wie die Kommission zu Recht geltend gemacht hat, verweist Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie ausdrücklich auf bestimmte Gemeinschaftsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre.

31. Der Gerichtshof hat im Übrigen, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, in dem es aber gleichwohl um die Anwendung von Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie ging, entschieden, dass aus dieser Vorschrift der Grundsatz folgt, dass jeder Anbieter das Verzeichnis seiner eigenen Teilnehmer, die nicht in das allgemeine Verzeichnis aufgenommen werden möchten, verwaltet und die Namen dieser Teilnehmer nicht dem Verleger des Telefonbuchs mitteilt (Urteil vom 6. Dezember 2001 in der Rechtssache C146/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I9767, Randnr. 68).

32. Es steht somit fest, dass der Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre ein wesentlicher Faktor ist, der bei der Bestimmung der Daten, die ein Anbieter einem mit ihm im Wettbewerb stehenden Dritten zur Verfügung stellen muss, zu berücksichtigen ist. Ein weiter Ansatz, nach dem unterschiedslos alle Daten, über die ein Anbieter verfügt, zur Verfügung gestellt werden müssten, allerdings mit Ausnahme der Daten betreffend Teilnehmer, die in keiner Form in einer veröffentlichten Liste enthalten sein wollen, ist weder mit dem Schutz dieser Daten noch mit dem der Privatsphäre der betroffenen Personen vereinbar.

33. Folglich spricht auch die Berücksichtigung der spezifischen Interessen der Nutzer der fraglichen Dienste, einschließlich der Verbraucher, nicht für eine weite Auslegung des Begriffes entsprechende Informationen.

34. Aus allen diesen Überlegungen zu den verschiedenen in Rede stehenden Interessen ergibt sich, dass die Worte entsprechende Informationen in Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie eng auszulegen sind. Die Organisationen, die Telefonnummern vergeben, müssen Dritten somit nur die Daten übermitteln, die die Teilnehmer betreffen, die einen Eintrag in eine veröffentlichte Liste nicht abgelehnt haben, und die ausreichen, um den Nutzern eines Verzeichnisses die Identifizierung der Teilnehmer zu ermöglichen, die sie suchen. Diese Daten umfassen grundsätzlich den Namen und die Anschrift der Teilnehmer, einschließlich der Postleitzahl, sowie die Telefonnummer oder die Telefonnummern, die die betreffende Organisation an sie vergeben hat.

35. Wie die Kommission geltend macht und der Generalanwalt in Nummer 28 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist es daher möglich, dass auf nationaler Ebene Unterschiede bei der Nachfrage der Nutzer von Sprachtelefondiensten bestehen. Da die Richtlinie mit der Verwendung der Worte entsprechende Informationen keine vollständige Harmonisierung aller Kriterien anstrebt, die zur Identifizierung der Teilnehmer notwendig erscheinen können, bleiben die Mitgliedstaaten dafür zuständig, zu bestimmen, ob Dritten in einem bestimmten nationalen Kontext bestimmte zusätzliche Daten zur Verfügung zu stellen sind.

36. Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass mit den Worten entsprechende Informationen nur die Daten gemeint sind, die die Teilnehmer betreffen, die einen Eintrag in eine veröffentlichte Liste nicht abgelehnt haben, und die ausreichen, um den Nutzern eines Verzeichnisses die Identifizierung der Teilnehmer zu ermöglichen, die sie suchen. Diese Daten umfassen grundsätzlich den Namen und die Anschrift der Teilnehmer, einschließlich der Postleitzahl, sowie die Telefonnummer oder die Telefonnummern, die die betreffende Organisation an sie vergeben hat. Es steht den Mitgliedstaaten jedoch frei, vorzusehen, dass den Nutzern weitere Daten zur Verfügung gestellt werden, wenn diese in Anbetracht besonderer nationaler Gegebenheiten für die Identifizierung der Teilnehmer notwendig erscheinen.

Zur zweiten Frage

37. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, welche mit der Erhebung, der Aktualisierung und dem Zurverfügungstellen der entsprechenden Informationen über die Teilnehmer verbundenen Kosten in den Preis für das Zurverfügungstellen der Daten im Sinne des Artikels 6 Absatz 3 der Richtlinie einbezogen werden können.

38. In dieser Hinsicht genügt die Feststellung, dass, wie die OPTA und Denda zu Recht geltend machen, der Erhalt der Basisdaten über die Teilnehmer, d. h. deren Name, Anschrift und Telefonnummer, untrennbar mit dem Telefondienst verbunden ist und keinen besonderen Aufwand seitens des Universaldienstanbieters erfordert.

39. Wie der Generalanwalt in Nummer 49 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, sind nämlich die mit dem Erhalt oder der Zuordnung dieser Daten verbundenen Kosten, anders als die Kosten, die berechnet werden, um diese Daten Dritten zur Verfügung zu stellen, jedenfalls vom Anbieter eines Sprachtelefondienstes zu tragen und bereits in den Kosten und Einnahmen eines solchen Dienstes enthalten. Die mit dem Erhalt oder der Zuordnung der Daten verbundenen Kosten an die Personen weiterzugeben, die Zugang zu diesen Daten erbitten, würde zu einem ungerechtfertigten Mehrfachausgleich dieser Kosten führen.

40. Daher können, wenn diese Daten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, die auf dem Markt für die Bereitstellung von Verzeichnissen miteinander konkurrieren, nur die zusätzlichen mit diesem Zurverfügungstellen verbundenen Kosten, nicht aber die mit dem Erhalt dieser Daten verbundenen Kosten vom Universaldienstanbieter in Rechnung gestellt werden.

41. Etwas anderes würde jedoch gelten, wenn es um zusätzliche Daten ginge, für deren Erhalt der Universaldienstanbieter selbst zusätzliche Kosten aufwenden musste. Wenn dieser in einem solchen Fall beschließt, diese Daten Dritten zur Verfügung zu stellen, ohne durch die Richtlinie dazu verpflichtet zu sein, ist es ihm durch keine ihrer Vorschriften verwehrt, den Dritten diese zusätzlichen Kosten in Rechnung zu stellen, sofern deren nichtdiskriminierende Behandlung gewährleistet ist.

42. Auf die zweite Frage ist somit zu antworten, dass Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie, soweit er vorsieht, dass die entsprechenden Informationen Dritten zu gerechten, kostenorientierten und nichtdiskriminierenden Bedingungen zur Verfügung gestellt werden, dahin auszulegen ist, dass

- der Universaldienstanbieter für Daten wie den Namen und die Anschrift der Personen sowie die Telefonnummer, die an sie vergeben wurde, nur die Kosten für das tatsächliche Zurverfügungstellen dieser Daten an Dritte in Rechnung stellen kann;

- ein solcher Anbieter berechtigt ist, für zusätzliche Daten, die er Dritten nicht zur Verfügung stellen muss, die zusätzlichen Kosten, die er selbst für den Erhalt dieser Daten aufwenden musste, nicht aber die Kosten für dieses Zurverfügungstellen, in Rechnung zu stellen, sofern eine nichtdiskriminierende Behandlung der Dritten gewährleistet ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

43. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1. Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP) beim Sprachtelefondienst und den Universaldienst im Telekommunikationsbereich in einem wettbewerbsorientierten Umfeld ist dahin auszulegen, dass mit den Worten entsprechende Informationen nur die Daten gemeint sind, die die Teilnehmer betreffen, die einen Eintrag in eine veröffentlichte Liste nicht abgelehnt haben, und die ausreichen, um den Nutzern eines Verzeichnisses die Identifizierung der Teilnehmer zu ermöglichen, die sie suchen. Diese Daten umfassen grundsätzlich den Namen und die Anschrift der Teilnehmer, einschließlich der Postleitzahl, sowie die Telefonnummer oder die Telefonnummern, die die betreffende Organisation an sie vergeben hat. Es steht den Mitgliedstaaten jedoch frei, vorzusehen, dass den Nutzern weitere Daten zur Verfügung gestellt werden, wenn diese in Anbetracht besonderer nationaler Gegebenheiten für die Identifizierung der Teilnehmer notwendig erscheinen.

2. Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 98/10 ist, soweit er vorsieht, dass die entsprechenden Informationen Dritten zu gerechten, kostenorientierten und nichtdiskriminierenden Bedingungen zur Verfügung gestellt werden, dahin auszulegen, dass

- der Universaldienstanbieter für Daten wie den Namen und die Anschrift der Personen sowie die Telefonnummer, die an sie vergeben wurde, nur die Kosten für das tatsächliche Zurverfügungstellen dieser Daten an Dritte in Rechnung stellen kann;

- ein solcher Anbieter berechtigt ist, für zusätzliche Daten, die er Dritten nicht zur Verfügung stellen muss, die zusätzlichen Kosten, die er selbst für den Erhalt dieser Daten aufwenden musste, nicht aber die Kosten für dieses Zurverfügungstellen, in Rechnung zu stellen, sofern eine nichtdiskriminierende Behandlung der Dritten gewährleistet ist.

Ende der Entscheidung

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