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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.07.2000
Aktenzeichen: C-117/99
Rechtsgebiete: Verordnung (EWG) Nr. 1035/72


Vorschriften:

Verordnung (EWG) Nr. 1035/72
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Artikel 15b Absatz 8 der Verordnung Nr. 1035/72 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse in der Fassung der Verordnung Nr. 3284/83 ist dahin auszulegen, daß ein Mitgliedstaat bei Anwendung von Absatz 1 dieser Vorschrift, d. h., wenn er bestimmte Produktions- und Vermarktungsvorschriften einer Erzeugerorganisation für die in dem betreffenden Bezirk niedergelassenen und dieser Organisation nicht angeschlossenen Erzeuger für verbindlich erklärt hat, in Bezug auf ein und dasselbe Erzeugnis bestimmte nicht angeschlossene Erzeuger von der Beitragspflicht ausnehmen darf, sofern ihre Erzeugung nicht für den Markt für frische Produkte, sondern für die industrielle Verarbeitung bestimmt ist.

Da es sich um objektiv unterschiedliche Fallgestaltungen - auf den Markt für frische Produkte gelieferte Erzeugnisse und für die Verarbeitung bestimmte Erzeugnisse - handelt, verletzt ihre unterschiedliche Behandlung nicht das allgemeine Diskriminierungsverbot.

(vgl. Randnrn. 27-28 und Tenor)


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 13. Juli 2000. - Union nationale interprofessionnelle des légumes transformés (Unilet) und Gilles Le Bars gegen Association Comité économique régional agricole fruits et légumes de Bretagne (Cerafel). - Ersuchen um Vorabentscheidung: Cour de cassation - Frankreich. - Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Obst und Gemüse - Erzeugerorganisationen - Erhebung von Beiträgen von den nicht angeschlossenen Erzeugern frischer Erzeugnisse - Befreiung der nicht angeschlossenen Erzeuger von für die Verarbeitung bestimmten Erzeugnissen - Rechtmäßigkeit der Befreiung. - Rechtssache C-117/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-117/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) von der französischen Cour de cassation in dem bei dieser anhängigen Rechtsstreit

Union nationale interprofessionnelle des légumes transformés (Unilet),

Gilles Le Bars

gegen

Association Comité économique régional agricole fruits et légumes de Bretagne (Cerafel)

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Artikels 15b Absatz 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (ABl. L 118, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3284/83 des Rates vom 14. November 1983 (ABl. L 325, S. 1)

erläßt

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten D. A. O. Edward sowie der Richter L. Sevón, P. Jann (Berichterstatter), H. Ragnemalm und M. Wathelet,

Generalanwalt: S. Alber

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Union nationale interprofessionelle des légumes transformés (Unilet) und von Gilles Le Bars, vertreten durch Rechtsanwalt N. Coutrelis, Paris,

- der Association Comité économique régional agricole fruits et légumes de Bretagne (Cerafel), vertreten durch Rechtsanwalt E. Copper-Royer, zugelassen beim Conseil d'État und bei der Cour de cassation, und Rechtsanwalt J.-P. Cuiec, Brest,

- der französischen Regierung, vertreten durch K. Rispal-Bellanger, Abteilungsleiterin in der Direktion für Rechtsfragen des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, und C. Vasak, stellvertretender Sekretär für auswärtige Angelegenheiten in derselben Direktion, als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Oliver, Rechtsberater, als Bevollmächtigten,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Union nationale interprofessionelle des légumes transformés (Unilet), von Gilles Le Bars, der französischen Regierung und der Kommission in der Sitzung vom 13. Januar 2000,

nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. Februar 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Die Cour de cassation hat mit Urteil vom 6. April 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 9. April 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung des Artikels 15b Absatz 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse (ABl. L 118, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3284/83 des Rates vom 14. November 1983 (ABl. L 325, S. 1) (im folgenden: Verordnung Nr. 1035/72) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Union nationale interprofessionnelle des légumes transformés (im folgenden: Unilet) und Gilles Le Bars (Beklagter) einerseits und der Association Comité économique régional agricole fruits et légumes de Bretagne (im folgenden: Cerafel) andererseits über Beiträge, die diese vom Beklagten für 1994 wegen der Erzeugung von Blumenkohl für die verarbeitende Industrie geltend macht.

Gemeinschaftsrecht

3 Im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für Obst und Gemüse können nach Artikel 2 der Verordnung Nr. 1035/72 für Erzeugnisse, die in frischem Zustand an den Verbraucher abgegeben werden sollen, "Qualitätsnormen" festgesetzt werden. Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a dieser Verordnung sieht jedoch vor, daß die "Erzeugnisse, die an die Be- oder Verarbeitungsbetriebe versandt werden," diese Qualitätsnormen nicht einzuhalten brauchen.

4 Artikel 13 der Verordnung Nr. 1035/72 definiert den Begriff der Erzeugerorganisationen. Nach Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b sehen diese Organisationen für die den Organisationen beigetretenen Erzeuger die Verpflichtung vor,

"- die gesamte Produktion des Erzeugnisses oder der Erzeugnisse, die ihren Beitritt begründet haben, über die Erzeugerorganisation abzusetzen, wobei die Erzeugerorganisation jedoch die Erzeuger ermächtigen kann, bei bestimmten Mengen von dieser Verpflichtung abzuweichen,

- bei der Erzeugung und Vermarktung die Vorschriften anzuwenden, die die Erzeugerorganisation im Hinblick auf die qualitative Verbesserung der Erzeugnisse und die Anpassung der Angebotsmenge an die Markterfordernisse festgelegt hat,

- die von der Organisation angeforderten Auskünfte über Ernten und Bestände zu erteilen".

5 Artikel 15b Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 bestimmt:

"Wird

- eine Erzeugerorganisation oder

- eine Vereinigung von Erzeugerorganisationen mit einheitlichen Vorschriften,

die in einem bestimmten Wirtschaftsbezirk tätig ist, bei einem Erzeugnis als repräsentativ für die Erzeugung und die Erzeuger dieses Bezirks angesehen, so kann der betreffende Mitgliedstaat auf Antrag dieser Organisation oder Vereinigung und - während der ersten drei Anwendungsjahre - der Erzeuger dieses Bezirks für die in dem Bezirk niedergelassenen und keiner der vorgenannten Organisationen angeschlossenen Erzeuger folgende Vorschriften verbindlich machen:

a) die in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b) dritter Gedankenstrich genannten Vorschriften zur Information über die Produktion,

b) die in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b) zweiter Gedankenstrich genannten Produktionsvorschriften,

c) die in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b) zweiter Gedankenstrich genannten Vermarktungsvorschriften,

d) bezüglich der Erzeugnisse des Anhangs II die von der Organisation oder Vereinigung festgelegten Vorschriften über die Rücknahme aus dem Markt...,

sofern diese Vorschriften seit mindestens einem Jahr in Kraft sind."

6 Artikel 15b Absatz 8 der Verordnung Nr. 1035/72 lautet:

"Bei Anwendung von Absatz 1 kann der betreffende Mitgliedstaat beschließen, daß die nicht angeschlossenen Erzeuger der Organisation oder gegebenenfalls der Vereinigung zur Gänze oder teilweise die Beträge schulden, die von den angeschlossenen Erzeugern entrichtet wurden, sofern sie zur Deckung nachstehender Kosten dienen:

- der Verwaltungskosten, die sich aus der Anwendung der in Absatz 1 genannten Regelung ergeben;

- der Kosten, die sich aus den von der Organisation oder der Vereinigung betriebenen und der gesamten Erzeugung des Wirtschaftsbezirks zugute kommenden Forschungsaufgaben, Marktstudien und Maßnahmen zur Verkaufswerbung ergeben."

Französisches Recht

7 Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse wurden u. a. durch den interministeriellen Erlaß vom 18. Juni 1992 über die Allgemeinverbindlicherklärung der Vorschriften der Cerafel in französisches Recht umgesetzt (JORF vom 28. Juni 1992, S. 8469).

8 Artikel 1 dieses Erlasses erstreckt die Vorschriften der Cerafel zur Information über die Produktion, die Produktions- und Vermarktungsvorschriften sowie die Verpflichtung, die Interventionsregelung und die Rücknahmepreise zu beachten, auf alle in bestimmten Departements niedergelassenen Blumenkohlerzeuger.

9 Nach Artikel 3 dieses Erlasses darf die Cerafel von den der Erzeugerorganisation nicht angeschlossenen Erzeugern Beiträge erheben, deren Höhe später durch Erlaß festgesetzt wird. Diese Beiträge sind zum einen für den Verwaltungsfonds bestimmt, den Cerafel zur Gewährleistung ihres Verwaltungsablaufs eingerichtet hat, zum anderen für den Werbe-, Studien- und Forschungsfonds, den Cerafel erforderlichenfalls für die der gesamten Erzeugung des Gebiets zugute kommenden allgemeinen Maßnahmen einrichtet.

10 Durch Ministerialerlaß vom 5. Juli 1993, in dem die Voraussetzungen für die Beitragserhebung zugunsten der Cerafel aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung der Vorschriften für Winter- und Frühjahrsblumenkohl festgelegt werden (JORF vom 16. Juli 1993, S. 10028), wird die Cerafel ermächtigt, bestimmte Beiträge für Blumenkohl für Winter und Frühjahr 1993 "mit Ausnahme des Blumenkohls, der spezifisch für die industrielle Verarbeitung bestimmt ist", zu erheben.

11 Der Ministerialerlaß vom 24. Juni 1994, in dem die Voraussetzungen für die Beitragserhebung zugunsten der Cerafel aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung der Vorschriften für Blumenkohl festgelegt werden (JORF vom 19. Juli 1994, S. 10403), sieht eine entsprechende Ermächtigung für das Wirtschaftsjahr 1994/95 "für Blumenkohl, der auf den Markt für Frischgemüse geliefert wird", vor.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

12 Der Beklagte, der Blumenkohl für die industrielle Verarbeitung erzeugt, wurde vor dem Tribunal d'instance Saint-Brieuc (Frankreich) von der Cerafel auf Zahlung der auf seine Blumenkohlerzeugung entfallenden Beiträge für 1994 verklagt. Unilet trat dem Rechtsstreit als Streithelferin zur Unterstützung des Beklagten bei.

13 Das Gericht verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 11. September 1996 u. a. mit der Begründung zur Zahlung der streitigen Beiträge, die beiden Erlasse vom 5. Juli 1993 und 24. Juni 1994 seien mit der Verordnung Nr. 1035/72 nicht vereinbar, da sie die Erzeuger von für die industrielle Verarbeitung bestimmtem Blumenkohl von der Beitragspflicht ausnähmen.

14 Der Beklagte und Unilet legten dagegen Kassationsbeschwerde ein. Sie machten geltend, Artikel 15b Absatz 8 der Verordnung Nr. 1035/72 räume den Mitgliedstaaten nur eine Befugnis ein, die nicht angeschlossenen Erzeuger der Beitragspflicht zu unterwerfen.

15 Da die Cour de cassation Zweifel an der Auslegung des Artikels 15b Absatz 8 der Verordnung Nr. 1035/72 hat, hat sie beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Artikel 15b Absatz 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates der Europäischen Gemeinschaften über eine gemeinsame Marktordnung für Obst und Gemüse dahin auszulegen, daß ein Mitgliedstaat bei Anwendung von Absatz 1 dieser Vorschrift, d. h., wenn er bestimmte Produktions- und Vermarktungsvorschriften einer Erzeugerorganisation für die in dem betreffenden Bezirk niedergelassenen und dieser Organisation nicht angeschlossenen Erzeuger für verbindlich erklärt hat, in bezug auf ein und dasselbe Erzeugnis bestimmte nicht angeschlossene Erzeuger von der Beitragspflicht ausnehmen darf, sofern ihre Erzeugung nicht für den Markt für frische Produkte, sondern für die industrielle Verarbeitung bestimmt ist?

Rechtliche Würdigung

16 Die Cerafel macht geltend, der Gerichtshof habe im Urteil vom 22. September 1988 in der Rechtssache 212/87 (Unilec, Slg. 1988, 5075, Randnr. 13) entschieden, die Verordnung Nr. 1035/72 müsse, sollten die mit ihr verfolgten Ziele erreicht werden, ihre Wirkungen nach der Obst- und Gemüseernte ohne Rücksicht auf die Bestimmung dieser Erzeugnisse entfalten können. Daraus leite sich der Grundsatz ab, daß frische und verarbeitete Erzeugnisse gleich zu behandeln seien. Ein Mitgliedstaat könne somit keine Bestimmungen erlassen, nach denen die Erzeuger von für die industrielle Verarbeitung bestimmten Produkten nicht von der Beitragspflicht erfaßt würden.

17 Unilet, die französische Regierung und die Kommission machen geltend, es sei den Mitgliedstaaten überlassen, darüber zu entscheiden, ob die Vorschriften der Erzeugerorganisationen auch für die nicht angeschlossenen Erzeuger für verbindlich erklärt werden sollten. Zwar gelte die Verordnung Nr. 1035/72 für alle Erzeuger von Obst und Gemüse ohne Rücksicht auf die Bestimmung der Ernte (Urteil Unilec, Randnr. 13), doch habe sich der Gerichtshof nicht zu der Frage geäußert, ob die Beitragssätze zu Lasten der Erzeuger einheitlich festzusetzen seien oder von der jeweiligen Bestimmung dieser Erzeugnisse abhängen könnten.

18 Daher verfüge jeder Mitgliedstaat über einen Entscheidungsspielraum, der nur durch das allgemeine Diskriminierungsverbot beschränkt sei. Der spezifisch für die Verarbeitung bestimmte Blumenkohl erfuelle von der Aussaat an bestimmte Voraussetzungen, die ihn von dem Erzeugnis für den Markt für frische Produkte unterschieden. Diese Unterschiede rechtfertigten es, die Erzeuger von für die Verarbeitung bestimmten Produkten von der Beitragspflicht zu befreien.

19 Artikel 15b der Verordnung Nr. 1035/72 erteilt den Mitgliedstaaten eine Ermächtigung in Form einer Befugnis. Nach Absatz 1 kann der betreffende Mitgliedstaat bestimmte Vorschriften einer Erzeugerorganisation oder einer Vereinigung von Erzeugerorganisationen für die nicht angeschlossenen Erzeuger verbindlich machen. Nach Absatz 8 kann der Mitgliedstaat bei Anwendung von Absatz 1 beschließen, daß die nicht angeschlossenen Erzeuger der Organisation oder der Vereinigung zur Gänze oder teilweise die Beiträge schulden, die von den angeschlossenen Erzeugern entrichtet werden.

20 Die Mitgliedstaaten verfügen somit unter den Voraussetzungen des Artikels 15b der Verordnung Nr. 1035/72 über einen Entscheidungsspielraum, den sie innerhalb der Grenzen des Gemeinschaftsrechts ausüben können.

21 Im Licht dieser Überlegungen ist zu untersuchen, ob ein Mitgliedstaat bei Anwendung des Artikels 15b Absatz 1 der Verordnung Nr. 1035/72 befugt ist, die Erzeuger von für die Verarbeitung bestimmten Produkten von der Beitragspflicht, die für die Erzeuger für den Markt mit frischen Produkten bestehe, zu befreien.

22 Dabei trifft die Auslegung des Urteils Unilec durch die Cerafel nicht zu. In diesem Urteil hat der Gerichtshof zwar entschieden, daß die für den Verkauf an einen Verarbeiter bestimmten Erzeugnisse unter dieselbe Regelung fallen wie frische Erzeugnisse. Auch wenn nach diesem Urteil für die Allgemeinverbindlicherklärung von Vorschriften über die für die Verarbeitung bestimmten Erzeugnisse dieselben Voraussetzungen gelten wie für frische Produkte, folgt daraus nicht, daß die Mitgliedstaaten ihren Spielraum in der Weise ausschöpfen müssen, daß alle diese Erzeugnisse ohne Rücksicht auf ihre Bestimmung vollkommen gleich behandelt werden.

23 Sodann ist zu prüfen, ob ein System wie dasjenige, das durch die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung eingeführt wurde, mit dem grundsätzlichen Verbot jeder Ungleichbehandlung zwischen den Erzeugern der Gemeinschaft gemäß Artikel 40 Absatz 3 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 34 Absatz 2 EG) vereinbar ist. Nach ständiger Rechtsprechung besagt das Diskriminierungsverbot, daß vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden dürfen, sofern eine Differenzierung nicht objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-354/95, National Farmers' Union u. a., Slg. 1997, I-4559, Randnr. 61).

24 Nach Artikel 15b Absatz 8 der Verordnung Nr. 1035/72 betrifft die Befugnis eines Mitgliedstaats, zu entscheiden, daß die nicht angeschlossenen Erzeuger einer Erzeugerorganisation oder einer Vereinigung von Erzeugerorganisationen zur Gänze oder teilweise die Beiträge schulden, die von den angeschlossenen Erzeugern entrichtet werden, nur die Beiträge, die zur Deckung bestimmter Kosten dienen, nämlich der Verwaltungskosten, die sich aus der Allgemeinverbindlicherklärung der Vorschriften dieser Organisation oder Vereinigung ergeben, sowie der Kosten, die sich aus den von der Organisation oder der Vereinigung betriebenen Forschungsaufgaben, Marktstudien und Maßnahmen zur Verkaufswerbung ergeben.

25 Unilet, die französische Regierung und die Kommission machen - ohne daß die Cerafel dem widerspräche - geltend, die Qualitäts- und Quantitätsnormen, die Anbaumethoden, die Erntekalender und die Pflegearten für Erzeugnisse, die für die Verarbeitung bestimmt seien und für die nach Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung Nr. 1035/72 nicht die Qualitätsnormen für die auf den Markt für frische Produkte gelieferten Erzeugnisse gälten, würden zwischen Erzeugern und Verarbeitern vor Beginn des Wirtschaftsjahres vertraglich festgelegt.

26 Die Vorschriften zur Information über die Produktion, die Produktions- und Vermarktungsvorschriften sowie die Vorschriften über die Rücknahme aus dem Markt finden daher auf für die Verarbeitung bestimmte Erzeugnisse nur teilweise bzw. überhaupt keine Anwendung. Desgleichen kommen die von der Erzeugerorganisation oder der Vereinigung von Erzeugerorganisationen möglicherweise betriebenen Forschungsaufgaben, Marktstudien und Maßnahmen zur Verkaufswerbung diesen Erzeugnissen nur teilweise bzw. überhaupt nicht zugute.

27 Da es sich somit um objektiv unterschiedliche Fallgestaltungen handelt, verletzt ihre unterschiedliche Behandlung nicht das allgemeine Diskriminierungsverbot.

28 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, daß Artikel 15b Absatz 8 der Verordnung Nr. 1035/72 dahin auszulegen ist, daß ein Mitgliedstaat bei Anwendung von Absatz 1 dieser Vorschrift, d. h., wenn er bestimmte Produktions- und Vermarktungsvorschriften einer Erzeugerorganisation für die in dem betreffenden Bezirk niedergelassenen und dieser Organisation nicht angeschlossenen Erzeuger für verbindlich erklärt hat, in Bezug auf ein und dasselbe Erzeugnis bestimmte nicht angeschlossene Erzeuger von der Beitragspflicht ausnehmen darf, sofern ihre Erzeugung nicht für den Markt für frische Produkte, sondern für die industrielle Verarbeitung bestimmt ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

29 Die Auslagen der französischen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

auf die ihm von der Cour de cassation mit Urteil vom 6. April 1999 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Artikel 15b Absatz 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 3284/83 des Rates vom 14. November 1983 ist dahin auszulegen, daß ein Mitgliedstaat bei Anwendung von Absatz 1 dieser Vorschrift, d. h., wenn er bestimmte Produktions- und Vermarktungsvorschriften einer Erzeugerorganisation für die in dem betreffenden Bezirk niedergelassenen und dieser Organisation nicht angeschlossenen Erzeuger für verbindlich erklärt hat, in Bezug auf ein und dasselbe Erzeugnis bestimmte nicht angeschlossene Erzeuger von der Beitragspflicht ausnehmen darf, sofern ihre Erzeugung nicht für den Markt für frische Produkte, sondern für die industrielle Verarbeitung bestimmt ist.

Ende der Entscheidung

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