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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 17.05.2001
Aktenzeichen: C-119/99
Rechtsgebiete: VO (EG) Nr. 2184/97


Vorschriften:

VO (EG) Nr. 2184/97
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Nummer 3 des Anhangs der Verordnung Nr. 2184/97 über die Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur, die unter die Unterposition 8517 21 00 multifunktionale Geräte einreiht, deren Haupttätigkeit tatsächlich das Fernkopieren ist, schreibt keineswegs als Grundsatz vor, dass alle Geräte, die die Funktionen eines Druckers, eines Kopierers, eines Fernkopierers und eines Scanners in sich vereinigen, als Fernkopierer einzureihen sind.

( vgl. Randnr. 25 )


Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 17. Mai 2001. - Hewlett Packard BV gegen Directeur général des douanes et droits indirects. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal d'instance du VIIe arrondissement de Paris - Frankreich. - Gemeinsamer Zolltarif - Kombinierte Nomenklatur - Einreihung eines multifunktionalen Gerätes, das die Funktionen eines Druckers, eines Kopierers und eines Fernkopierers in sich vereinigt und mit einem Scanner ausgerüstet ist - Haupttätigkeit - Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 2184/97. - Rechtssache C-119/99.

Parteien:

In der Rechtssache C-119/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) vom Tribunal d'instance du VIIe arrondissement de Paris (Frankreich) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Hewlett Packard BV

gegen

Directeur général des douanes et droits indirects

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Gültigkeit der Nummer 3 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 2184/97 der Kommission vom 3. November 1997 über die Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 299, S. 6),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten V. Skouris sowie des Richters R. Schintgen und der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin),

Generalanwalt: J. Mischo

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Hewlett Packard BV, vertreten durch F. Goguel, avocat,

- der französischen Regierung, vertreten durch K. Rispal-Bellanger und C. Vasak als Bevollmächtigte,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Tricot als Bevollmächtigten,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Hewlett Packard BV und der Kommission in der Sitzung vom 6. Dezember 2000,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Januar 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Das Tribunal d'instance du VIIe arrondissement de Paris hat mit Urteil vom 30. März 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 12. April 1999, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Gültigkeit der Nummer 3 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 2184/97 der Kommission vom 3. November 1997 über die Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 299, S. 6) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Hewlett Packard BV, einer Gesellschaft niederländischen Rechts (im Folgenden: Hewlett Packard), und dem Directeur général des douanes et droits indirects wegen der zollrechtlichen Einreihung von multifunktionalen Geräten, die die Funktionen eines Druckers, eines Kopierers, eines Fernkopierers und eines Scanners in sich vereinigen.

Rechtlicher Rahmen

3 Die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt L 256, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2086/97 der Kommission vom 4. November 1997 (ABl. L 312, S. 1) (im Folgenden: Kombinierte Nomenklatur oder KN) umfasst u. a. folgende Positionen:

8471 Automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten; magnetische oder optische Schriftleser, Maschinen zum Aufzeichnen von Daten auf Datenträger in Form eines Codes und Maschinen zum Verarbeiten dieser Daten, anderweit weder genannt noch inbegriffen:

...

8471 60 - Ein- oder Ausgabeeinheiten, auch wenn sie in einem gemeinsamen Gehäuse Speichereinheiten enthalten:

8471 60 10 - - für zivile Luftfahrzeuge

- - andere:

8471 60 40 - - - Drucker

8471 60 50 - - - Tastaturen

8471 60 90 - - - andere"

und

8517 Elektrische Geräte für die drahtgebundene Fernsprech- oder Telegraphentechnik, einschließlich Fernsprechapparate für die drahtgebundene Fernsprechtechnik mit schnurlosem Hörer und Telekommunikationsgeräte für Trägerfrequenzsysteme oder für digitale drahtgebundene Systeme; Videophone:

...

...

- Fernkopiergeräte und Fernschreiber:

8517 21 00 - - Fernkopiergeräte

8517 22 00 - - Fernschreiber."

4 Die Verordnung Nr. 2184/97 sieht in ihrem Artikel 1 vor:

Die in Spalte 1 der Tabelle im Anhang beschriebenen Waren gehören in der Kombinierten Nomenklatur zu den in Spalte 2 der Tabelle genannten entsprechenden KN-Codes."

5 Die Verordnung enthält einen Anhang, dessen Nummer 3 wie folgt lautet:

>lt>0

6 Die in der Begründung der Nummer 3 des Anhangs der Verordnung Nr. 2184/97 genannten Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur, die in Teil I Titel I Abschnitt A der Kombinierten Nomenklatur aufgeführt sind, bestimmen Folgendes:

1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

...

6. Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln."

7 Nach Anmerkung 3 zu Abschnitt XVI des zweiten Teils der Kombinierten Nomenklatur, zu dem die Positionen 8471 und 8517 gehören, sind kombinierte Maschinen (Zusammensetzungen aus zwei oder mehr Maschinen, die zusammen arbeiten sollen und ein Ganzes bilden) und Maschinen, die nach ihrer Bauart zwei oder mehrere verschiedene, sich abwechselnde oder ergänzende Tätigkeiten ausführen können,... wenn nichts anderes bestimmt ist, nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit einzureihen".

Der Ausgangsrechtsstreit

8 Hewlett Packard, die zu dem gleichnamigen Konzern gehört, ist innerhalb dieses Konzerns für die Einfuhr der Kombinationsgeräte HP Office Jet" nach Europa zuständig. Diese Geräte sind dank der Digitaltechnik multifunktional und vereinigen in sich einen Drucker, einen Kopierer, einen Fernkopierer und einen Scanner.

9 Laut dem Vorlagebeschluss wurden diese Geräte 1995 in einer verbindlichen Zolltarifauskunft der italienischen Zollbehörden in die damals geltende Unterposition 8471 92 20 00 eingereiht. 1996 wurden sie in einer verbindlichen Zolltarifauskunft der Zollbehörden des Vereinigten Königreichs in die Unterposition 8471 60 40 eingereiht, die an die Stelle der vorgenannten Unterposition getreten war. Ebenso wie die Zollbehörden des Vereinigten Königreichs reihten die französischen Zollbehörden die fraglichen Geräte in einer verbindlichen Zolltarifauskunft in die Unterposition 8471 60 40 Drucker" ein.

10 Wegen einer möglichen Entsprechung mit den in Nummer 3 des Anhangs der Verordnung Nr. 2184/97 genannten Geräten holte Hewlett Packard von den französischen Zollbehörden eine neue Zolltarifauskunft bezüglich der neuen Geräte HP Office Jet der Serien 300, 500 und 600 ein, die inzwischen auf den Markt gekommen waren. Nach Ansicht von Hewlett Packard waren diese Geräte ebenfalls in die Gruppe Drucker" einzureihen.

11 Die französischen Zollbehörden reihten die Geräte jedoch in ihrer - vom 2. April 1998 an gültigen - Zolltarifauskunft wegen der Verordnung Nr. 2184/97 in die Unterposition 8517 21 00 Fernkopiergeräte" ein.

12 Nach den Akten unterlagen die Drucker seinerzeit einem Einfuhrzoll von 1,5 % und die Fernkopiergeräte einem Einfuhrzoll von 3,8 %.

13 Hewlett Packard focht diese Tarifauskunft vor dem Tribunal d'instance du VIIe arrondissement de Paris mit dem Antrag an, festzustellen, dass die multifunktionalen Drucker HP Office Jet der Serien 300, 500 und 600 zu den Unterpositionen 8471 60 40 oder 8471 60 90 gehören und die Verordnung Nr. 2184/97 auf die tarifliche Einreihung dieser Geräte nicht anwendbar, hilfsweise, nicht gültig ist.

Die Vorlagefrage

14 Das vorlegende Gericht ist anders als Hewlett Packard der Ansicht, dass die Verordnung Nr. 2184/97 auf die Geräte HP Office Jet anwendbar sei, so dass die Geräte gemäß dieser Verordnung tatsächlich in die Unterposition 8517 21 00 einzureihen gewesen seien. Fraglich sei allerdings, ob die Verordnung gültig sei.

15 Das Gericht hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Nach dem Gemeinsamen Zolltarif gehören Fernkopierer und Drucker nicht in die gleiche Tarifposition. Wenn eine einzige Maschine verschiedene Tätigkeiten ausführen kann, bestimmt sich die Tarifposition nach der das Ganze kennzeichnenden Haupttätigkeit.

Hat die Kommission unter diesen Voraussetzungen unter Nummer 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2184/97 festlegen dürfen, dass alle multifunktionalen Fernkopierer, die im Wesentlichen aus einem Modem, einem Scanner und einem Drucker bestehen und entweder unabhängig oder in Verbindung mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine arbeiten, unter die Tarifposition 8517 21 00 (Fernkopierer) fallen, dadurch die Möglichkeit ausschließen dürfen, im Einzelfall die tatsächlich überwiegende Tätigkeit des Geräts zu bestimmen, und damit grundsätzlich den subsidiären Charakter des Druckers für jedes Gerät festschreiben dürfen, das in die beschriebene Kategorie fällt?

Zur Auslegung der Nummer 3 des Anhangs der Verordnung Nr. 2184/97

16 Das vorlegende Gericht fragt nach der Gültigkeit der Verordnung Nr. 2184/97 aufgrund seiner Auslegung der Nummer 3 des Anhangs dieser Verordnung. Es versteht diese Bestimmung dahin, dass alle multifunktionalen Fernkopierer, die im Wesentlichen aus einem Modem, einem Scanner und einem Drucker bestehen und entweder unabhängig oder in Verbindung mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine arbeiten, aufgrund dieser Bestimmung unter die Unterposition 8517 21 00 eingeordnet werden müssten.

17 Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort geben zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung (z. B. Urteil vom 28. November 2000 in der Rechtssache C-88/99, Roquette Frères, Slg. 2000, I-10465, Randnr. 18) zunächst zu prüfen, ob diese Prämisse richtig ist und ob die Verordnung Nr. 2184/97 in dem Sinne auszulegen ist, wie es das vorlegende Gericht getan hat.

18 Die Kommission erlässt eine Tarifierungsverordnung wie die Verordnung Nr. 2184/97 nach Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex, wenn die Einreihung eines bestimmten Erzeugnisses in die Kombinierte Nomenklatur Schwierigkeiten bereiten oder zu unterschiedlichen Meinungen führen kann.

19 Wie der Generalanwalt in Nummer 21 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist eine Tarifierungsverordnung von allgemeiner Tragweite, da sie nicht für einen bestimmten Wirtschaftsteilnehmer gilt, sondern für die Gesamtheit der Erzeugnisse, die mit dem identisch sind, das vom Ausschuss für den Zollkodex geprüft worden ist.

20 Um im Rahmen der Auslegung einer Tarifierungsverordnung deren Anwendungsbereich zu bestimmen, ist u. a. die Begründung der Verordnung zu berücksichtigen, wie es der Gerichtshof in seinem Urteil vom 9. Oktober 1997 in der Rechtssache C-67/95 (Rank Xerox, Slg. 1997, I-5401, Randnr. 26) getan hat.

21 Nummer 3 des Anhangs der Verordnung Nr. 2184/97 enthält in der dritten Spalte dieses Anhangs nach dem Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen der Kombinierten Nomenklatur die Begründung, dass die Telekommunikation (Fernkopieren)... die das Ganze kennzeichnende Haupttätigkeit des Geräts [ist]".

22 Daraus folgt, dass die betreffende Verordnung nur anwendbar ist, wenn die Telekommunikation (Fernkopieren) tatsächlich die das Ganze kennzeichnende Haupttätigkeit des einzureihenden Gerätes ist.

23 Ob dies für die im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden Geräte zutrifft und ob diese deshalb unter die Unterposition 8517 21 00 einzureihen sind, überschreitet den Rahmen der Vorlagefrage, deren Umfang das vorlegende Gericht in seiner Entscheidung festlegt.

24 Daher sind diese Feststellungen, wie der Generalanwalt in Nummern 35 ff. seiner Schlussanträge ausgeführt hat, im vorliegenden Fall vom nationalen Gericht zu treffen.

Zur Ungültigkeit der Verordnung Nr. 2184/97

25 Angesichts der Auslegung der Verordnung Nr. 2184/97 in Randnummer 22 dieses Urteils ist festzustellen, dass diese Verordnung in vollem Umfang rechtsgültig ist, da sie unter die Unterposition 8517 21 00 multifunktionale Geräte einreiht, deren Haupttätigkeit tatsächlich das Fernkopieren ist, und keineswegs als Grundsatz vorschreibt, dass alle Geräte, die die Funktionen eines Druckers, eines Kopierers, eines Fernkopierers und eines Scanners in sich vereinigen, als Fernkopierer einzureihen sind.

26 Infolgedessen ist festzustellen, dass die Prüfung der Vorlagefrage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Nummer 3 des Anhangs der Verordnung Nr. 2184/97 beeinträchtigen könnte.

Kostenentscheidung:

Kosten

27 Die Auslagen der französischen Regierung und der Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

auf die ihm vom Tribunal d'instance du VIIe arrondissement de Paris mit Urteil vom 30. März 1999 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Die Prüfung der vorgelegten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Nummer 3 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 2184/97 der Kommission vom 3. November 1997 über die Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur beeinträchtigen könnte.

Ende der Entscheidung

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