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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.03.2008
Aktenzeichen: C-125/06 P
Rechtsgebiete: Richtlinie 89/552/EWG, EG


Vorschriften:

Richtlinie 89/552/EWG
EG Art. 230 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

13. März 2008

"Rechtsmittel - Richtlinie 89/552/EWG - Fernsehen - Nichtigkeitsklage - Art. 230 Abs. 4 EG - Begriff der Entscheidung, die eine natürliche oder juristische Person 'unmittelbar und individuell' betrifft"

Parteien:

In der Rechtssache C-125/06 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 28. Februar 2006,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Banks und M. Huttunen als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Infront WM AG, ehemals FWC Medien AG, dann KirchMedia WM AG, mit Sitz in Zug (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: M. Garcia, Solicitor,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Französische Republik,

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland,

Europäisches Parlament,

Rat der Europäischen Union,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters G. Arestis, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász und J. Malenovský (Berichterstatter),

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Oktober 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Dezember 2005, Infront WM/Kommission (T-33/01, Slg. 2005, II-5897, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Entscheidung der Kommission, die in ihrem Schreiben an das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland vom 28. Juli 2000 enthalten ist (im Folgenden: streitige Handlung), für nichtig erklärt hat.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

2 Die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23) in der durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl. L 202, S. 60) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/552) soll den freien Empfang und die freie Weiterverbreitung von Fernsehsendungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft durch Mindestvorschriften gewährleisten, für deren Einhaltung durch die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter die Mitgliedstaaten Sorge zu tragen haben.

3 Der 18. und der 19. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 lauten wie folgt:

"(18) Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten in der Lage sind, Maßnahmen zu ergreifen, um das Recht auf Informationen zu schützen und der Öffentlichkeit breiten Zugang zur Fernsehberichterstattung über nationale oder nichtnationale Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung zu verschaffen, wie die Olympischen Spiele, die Fußballweltmeisterschaft und die Fußballeuropameisterschaft. Zu diesem Zweck steht es den Mitgliedstaaten weiterhin frei, mit dem Gemeinschaftsrecht zu vereinbarende Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Ausübung ausschließlicher Senderechte für solche Ereignisse durch die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter geregelt werden soll.

(19) Es müssen innerhalb eines Gemeinschaftsrahmens Vorkehrungen getroffen werden, damit etwaige rechtliche Unsicherheit und Marktstörungen vermieden werden und der freie Verkehr für Fernsehdienste mit der Notwendigkeit, einer möglichen Umgehung der zum Schutz eines rechtmäßigen allgemeinen Interesses erlassenen Maßnahmen zu begegnen, in Einklang gebracht wird."

4 "Fernsehveranstalter" ist nach Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/552 die natürliche oder juristische Person, die die redaktionelle Verantwortung für die Zusammensetzung von Fernsehprogrammen trägt und die diese Fernsehprogramme sendet oder von Dritten senden lässt.

5 Der mit der Richtlinie 97/36 eingefügte Art. 3a der Richtlinie 89/552 bestimmt:

"(1) Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht Maßnahmen ergreifen, mit denen sichergestellt werden soll, dass Fernsehveranstalter, die seiner Rechtshoheit unterliegen, nicht Ereignisse, denen der betreffende Mitgliedstaat eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beimisst, auf Ausschließlichkeitsbasis in der Weise übertragen, dass einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit in dem Mitgliedstaat die Möglichkeit vorenthalten wird, das Ereignis im Wege direkter oder zeitversetzter Berichterstattung in einer frei zugänglichen Fernsehsendung zu verfolgen. Falls ein Mitgliedstaat entsprechende Maßnahmen ergreift, so erstellt er dabei eine Liste der nationalen und nichtnationalen Ereignisse, denen er eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beimisst. Er trägt dafür auf eindeutige und transparente Weise rechtzeitig und wirksam Sorge. Dabei legt der betreffende Mitgliedstaat auch fest, ob diese Ereignisse im Wege direkter Gesamt- oder Teilberichterstattung oder, sofern im öffentlichen Interesse aus objektiven Gründen erforderlich oder angemessen, im Wege zeitversetzter Gesamt- oder Teilberichterstattung verfügbar sein sollen.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unverzüglich alle Maßnahmen mit, die sie gemäß Absatz 1 getroffen haben oder in Zukunft treffen werden. Die Kommission prüft binnen drei Monaten nach der Mitteilung, ob die Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, und teilt sie den anderen Mitgliedstaaten mit. Sie holt die Stellungnahme des gemäß Artikel 23a eingesetzten Ausschusses ein. Sie veröffentlicht die getroffenen Maßnahmen unverzüglich im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften; mindestens einmal jährlich veröffentlicht sie eine konsolidierte Liste der von den Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen des innerstaatlichen Rechts durch geeignete Maßnahmen sicher, dass die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter die von ihnen nach der Veröffentlichung dieser Richtlinie erworbenen ausschließlichen Rechte nicht in der Weise ausüben, dass einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit in einem anderen Mitgliedstaat die Möglichkeit vorenthalten wird, die von diesem anderen Mitgliedstaat gemäß den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Ereignisse als direkte Gesamt- oder Teilberichterstattung oder, sofern im öffentlichen Interesse aus objektiven Gründen erforderlich oder angemessen, als zeitversetzte Gesamt- oder Teilberichterstattung in einer frei zugänglichen Fernsehsendung zu verfolgen, wie dies von dem anderen Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 festgelegt worden ist."

Nationales Recht

6 In den Sections 98 und 101 in Part IV des Broadcasting Act (Rundfunkgesetz) 1996 in der durch die Television Broadcasting Regulations (Fernsehverordnung) 2000 geänderten Fassung (im Folgenden: Rundfunkgesetz) heißt es:

"98. Kategorien von Diensten

(1) Für die Zwecke von Part IV werden Fernsehdienste und im EWR [Europäischer Wirtschaftsraum] erbrachte Satellitendienste in zwei Kategorien eingeteilt:

(a) die Fernsehdienste und EWR-Satellitendienste, die derzeit die vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllen, und

(b) alle übrigen Fernsehdienste und EWR-Satellitendienste.

(2) Die für einen Dienst 'vorgeschriebenen Voraussetzungen' im Sinne dieser Section sind:

(a) dass der Empfang des erbrachten Dienstes kostenfrei ist und

(b) dass der Dienst von mindestens 95 % der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs empfangen wird.

...

101. Beschränkungen bei der Fernsehübertragung aufgelisteter Ereignisse

(1) Ein Fernsehprogrammanbieter, der einen Dienst, der unter eine der in Section 98 (1) genannten Kategorien fällt (im Folgenden: erster Dienst), zum Empfang im Vereinigten Königreich oder in einem Teil des Vereinigten Königreichs erbringt, darf ohne vorherige Genehmigung durch die [Unabhängige Fernsehkommission (im Folgenden: UFK)] im Rahmen dieses Dienstes ein aufgelistetes Ereignis weder ganz noch in Ausschnitten direkt übertragen, sofern nicht

(a) ein anderer, der einen unter die andere in Section 98 (1) genannte Kategorie fallenden Dienst (im Folgenden: zweiter Dienst) erbringt, das Recht zur direkten Übertragung des ganzen Ereignisses oder des betreffenden Ausschnitts im Rahmen des zweiten Dienstes erworben hat und

(b) das Gebiet, für das der zweite Dienst erbracht wird, das gesamte oder im Wesentlichen gesamte Gebiet umfasst, für das der erste Dienst erbracht wird.

..."

7 Diese Vorschriften wurden der Kommission gemäß Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552 mitgeteilt und im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 2000, C 328, S. 2) veröffentlicht.

8 Die bei der Genehmigung im Sinne von Section 101 (1) des Rundfunkgesetzes zu berücksichtigenden Kriterien sind im Kodex der Unabhängigen Fernsehkommission für Sport- und andere aufgelistete Ereignisse (Independent Television Commission Code on Sports and other Listed Events) in der jeweils gültigen Fassung aufgeführt.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

9 Der dem Rechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt lässt sich nach der Darstellung in den Randnrn. 7 bis 22 des angefochtenen Urteils wie folgt zusammenfassen.

10 Die Infront WM AG (im Folgenden: Infront), vormals FWC Medien AG und später KirchMedia WM AG, ist auf dem Gebiet des Erwerbs, der Verwaltung und der Verwertung von Fernsehübertragungsrechten an Sportereignissen tätig. Gewöhnlich kauft sie diese Rechte vom Ausrichter des jeweiligen Sportereignisses, um sie dann an Fernsehveranstalter weiterzuverkaufen.

11 Am 10. September 1996 schloss ihre Muttergesellschaft einen Vertrag mit der Fédération internationale de football association (Internationaler Fußballverband, im Folgenden: FIFA) über den Erwerb der Exklusivfernsehübertragungsrechte für die Endrundenspiele der FIFA-Weltmeisterschaften 2002 und 2006. Dabei ging es u. a. um die Exklusivrechte zur Fernsehübertragung dieser Ereignisse in den kontinentaleuropäischen Staaten. Diese Rechte wurden später an Infront übertragen.

12 Mit Schreiben vom 25. September 1998 und vom 5. Mai 2000 teilte das Vereinigte Königreich der Kommission gemäß Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552 die nach Art. 3a Abs. 1 dieser Richtlinie ergriffenen Maßnahmen mit.

13 Am 28. Juli 2000 richtete der Generaldirektor der Generaldirektion "Bildung und Kultur" der Kommission die streitige Handlung an das Vereinigte Königreich; darin heißt es:

"Mit Schreiben vom 5. Mai 2000, bei der ... Kommission eingegangen am 11. Mai 2000, sind der Kommission von der Ständigen Vertretung des Vereinigten Königreichs bei der Europäischen Union verschiedene nationale Maßnahmen mitgeteilt worden, die die Fernsehübertragung von Ereignissen von nationalem Interesse im Vereinigten Königreich betreffen. ...

Ich beehre mich, Ihnen mitzuteilen, dass die ... Kommission nach Prüfung der Vereinbarkeit der ergriffenen Maßnahmen mit der Richtlinie [89/552] und in Anbetracht der vorliegenden Informationen über die audiovisuelle Medienlandschaft im Vereinigten Königreich nicht beabsichtigt, gegen die von Ihren Behörden mitgeteilten Maßnahmen Einwände zu erheben.

Wie in Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie [89/552] vorgesehen, wird die Kommission die mitgeteilten Maßnahmen im [Amtsblatt] veröffentlichen."

14 Am 18. November 2000 veröffentlichte die Kommission diese Maßnahmen im Amtsblatt. Zu ihnen gehören die Sections 98 und 101 in Part IV des Rundfunkgesetzes und die Liste der vom Vereinigten Königreich benannten Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung (im Folgenden: benannte Ereignisse), darunter die Endrunde der FIFA-Weltmeisterschaft.

15 Im Laufe des Verfahrens zur Prüfung dieser Maßnahmen durch die Kommission sandte Infront zwei Schreiben an diese, in denen sie geltend machte, dass die Liste der benannten Ereignisse nicht genehmigungsfähig sei, weil sie sowohl mit Art. 3a der Richtlinie 89/552 als auch mit anderen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts unvereinbar sei.

16 Mit Schreiben vom 7. Dezember 2000 bat Infront sodann die Kommission um Bestätigung des Abschlusses des in Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552 vorgesehenen Prüfungsverfahrens hinsichtlich der Liste der benannten Ereignisse und um Unterrichtung über den Verfahrensausgang einschließlich etwaiger Maßnahmen der Kommission in diesem Zusammenhang. Die Kommission antwortete Infront, dass das Verfahren abgeschlossen und die Liste der benannten Ereignisse für mit der Richtlinie vereinbar erachtet worden sei.

17 Daraufhin reichte Infront beim Gericht eine Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Handlung ein.

18 Die Kommission erhob dagegen eine Einrede der Unzulässigkeit. Sie machte geltend, sie habe bei der Anwendung von Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552 keine anfechtbare Handlung erlassen und Infront sei von der streitigen Handlung weder unmittelbar noch individuell betroffen.

Das angefochtene Urteil

19 Das Gericht hat im angefochtenen Urteil die Einrede der Unzulässigkeit zurückgewiesen und die Klage für zulässig erklärt.

20 Es ist erstens der Ansicht gewesen, dass die streitige Handlung das Verfahren nach Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552, wonach die Kommission die Vereinbarkeit der nationalen Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 dieser Vorschrift mit dem Gemeinschaftsrecht prüfen müsse, abgeschlossen habe. Die Veröffentlichung dieser von der Kommission gebilligten Maßnahmen im Amtsblatt ermögliche es den übrigen Mitgliedstaaten, von den Maßnahmen Kenntnis zu nehmen, und damit, im Rahmen des Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung der Maßnahmen gemäß Art. 3a Abs. 3 der Richtlinie ihren Verpflichtungen aus dieser Bestimmung nachzukommen.

21 Damit erzeuge die streitige Handlung Rechtswirkungen gegenüber den Mitgliedstaaten, denn sie sehe die Veröffentlichung der betreffenden nationalen Maßnahmen im Amtsblatt vor, die den in Art. 3a Abs. 3 der Richtlinie 89/552 vorgesehenen Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung auslöse. Daher sei sie eine Entscheidung im Sinne von Art. 249 EG, obschon Art. 3a dieser Richtlinie nicht ausdrücklich vom Erlass einer "Entscheidung" durch die Kommission spreche.

22 Das Gericht hat zweitens geprüft, ob Infront von dieser Handlung unmittelbar betroffen ist. Es hat daran erinnert, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Einzelner von einer Maßnahme der Gemeinschaft nur dann im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar betroffen sei, wenn sich diese unmittelbar auf seine Rechtsstellung auswirke und ihre Durchführung rein automatisch erfolge und sich allein aus der Gemeinschaftsregelung ergebe, ohne dass dabei weitere dazwischengeschaltete Vorschriften angewandt werden müssten (vgl. Urteil vom 5. Mai 1998, Dreyfus/Kommission, C-386/96 P, Slg. 1998, I-2309, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23 Es hat zunächst festgestellt, dass den Maßnahmen des Vereinigten Königreichs für den Fall, dass Infront ihre Fernsehübertragungsrechte an einen im Vereinigten Königreich ansässigen Fernsehveranstalter zur dortigen Ausstrahlung vergebe, rechtliche Eigenständigkeit im Verhältnis zu der streitigen Handlung zukomme. Da die mitgeteilten Maßnahmen für im Vereinigten Königreich ansässige Fernsehveranstalter kraft des dort geltenden Rundfunkgesetzes und nicht aufgrund der streitigen Handlung gälten, sei Infront nicht unmittelbar betroffen.

24 Dagegen könne allein die streitige Handlung, mit der die Vereinbarkeit der vom Vereinigten Königreich mitgeteilten Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht erklärt und deren Veröffentlichung im Amtsblatt vorgesehen worden sei, Auslöser für die Anwendung des mit Art. 3a Abs. 3 der Richtlinie 89/552 eingeführten Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung sein. In diesem Fall verleihe die streitige Handlung den betreffenden Maßnahmen folglich nur im Hinblick auf ihre Anerkennung durch die anderen Mitgliedstaaten Gültigkeit.

25 Ferner hat das Gericht festgestellt, dass die streitige Handlung, da die gegenseitige Anerkennung der nach Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 getroffenen nationalen Maßnahmen von ihrer Billigung durch die Kommission und ihrer anschließenden Veröffentlichung im Amtsblatt abhänge, den Mitgliedstaaten vom Zeitpunkt dieser Veröffentlichung an keinerlei Ermessensspielraum bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen belasse. Denn obgleich jeder Mitgliedstaat in seinen Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Art. 3a Abs. 3 der Richtlinie 89/552 festlege, in welcher Art und Weise seine nationalen Behörden ihre Kontrolle im Rahmen des mit dieser Bestimmung eingeführten Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung ausübten, müssten die nationalen Behörden doch gewährleisten, dass sich die ihrer Zuständigkeit unterliegenden Fernsehveranstalter an die Bedingungen für die Übertragung der benannten Ereignisse hielten, die in den von der Kommission gebilligten und im Amtsblatt veröffentlichten nationalen Maßnahmen festgelegt seien.

26 Das Gericht ist deshalb zu dem Ergebnis gekommen, dass Infront von der streitigen Handlung insoweit unmittelbar betroffen sei, als diese der Auslöser für die Anwendung des Mechanismus der Anerkennung der vom Vereinigten Königreich nach Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 ergriffenen Maßnahmen durch die anderen Mitgliedstaaten sei.

27 Drittens hat das Gericht festgestellt, dass Infront von der streitigen Handlung auch individuell betroffen sei. Sie sei davon aufgrund ihrer persönlichen Eigenschaft als Exklusivinhaberin der Fernsehübertragungsrechte für eines der benannten Ereignisse betroffen. Obwohl nämlich die von der Kommission gebilligten und im Amtsblatt veröffentlichten nationalen Maßnahmen nicht ausdrücklich auf Infront als Maklerin der betreffenden Fernsehübertragungsrechte abstellten, beschränkten sie sie doch in der freien Verfügung über ihre Rechte, indem sie deren Exklusivvergabe an einen in einem anderen Mitgliedstaat als dem Vereinigten Königreich ansässigen Fernsehveranstalter, der das betreffende Ereignis dort übertragen wolle, Bedingungen unterwürfen.

28 Selbst wenn außerdem die streitige Handlung nicht die Rechtsgültigkeit der mit der FIFA geschlossenen Verträge berühre, so sei doch von Bedeutung, dass Infront die fraglichen Fernsehübertragungsrechte vor Inkrafttreten des Art. 3a der Richtlinie 89/552 und erst recht vor dem Ergehen der streitigen Handlung exklusiv erworben habe.

29 In der Sache hat das Gericht die streitige Handlung mit der Begründung für nichtig erklärt, dass sie als Entscheidung im Sinne des Art. 249 EG mit dem Rechtsmangel der Unzuständigkeit behaftet sei. Das Kollegium der Kommissionsmitglieder sei nämlich nicht befasst worden, und der Generaldirektor, der die Handlung unterzeichnet habe, sei von diesem Kollegium nicht eigens dazu ermächtigt worden.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

30 Mit ihrer Rechtsmittelschrift beantragt die Kommission,

- das angefochtene Urteil aufzuheben,

- endgültig zu entscheiden und festzustellen, dass die beim Gericht eingereichte Klage unzulässig war, und

- Infront die Kosten der Kommission aus beiden Rechtszügen aufzuerlegen.

31 Infront beantragt,

- das Rechtsmittel zurückzuweisen oder

- die Rechtssache an das Gericht mit der Maßgabe zurückzuverweisen, den Rechtsstreit im Einklang mit der Rechtsfindung des Gerichtshofs zu entscheiden, und

- der Kommission ihre eigenen Kosten sowie die Kosten von Infront im Zusammenhang mit den Verfahren vor dem Gerichtshof und dem Gericht aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

32 Nach Art. 230 Abs. 4 EG kann jede natürliche oder juristische Person gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.

33 Die Kommission stützt ihr Rechtsmittel auf zwei Rechtsmittelgründe, mit denen sie die fehlerhafte Würdigung der beiden letztgenannten Voraussetzungen geltend macht.

Vorbemerkungen

34 Vor der Prüfung dieser Rechtsmittelgründe sind die Wirkungen und die Tragweite des Art. 3a der Richtlinie 89/552 und der streitigen Handlung darzulegen.

35 Nach Art. 3a Abs. 1 dieser Richtlinie kann jeder Mitgliedstaat im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht Maßnahmen ergreifen, mit denen sichergestellt werden soll, dass Fernsehveranstalter, die seiner Rechtshoheit unterliegen, nicht die Ereignisse, denen er eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beimisst, auf Ausschließlichkeitsbasis in einer Weise übertragen, dass einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit die Möglichkeit vorenthalten wird, sie im Wege direkter oder zeitversetzter Berichterstattung in einer frei zugänglichen Fernsehsendung zu verfolgen. Er erstellt zu diesem Zweck eine Liste solcher Ereignisse.

36 Nach Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552 muss die Kommission prüfen, ob diese Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, und sie im Amtsblatt veröffentlichen. Art. 3a Abs. 3 errichtet einen Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung, nach dem die anderen Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass sich die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter den von einem anderen Mitgliedstaat nach Art. 3a Abs. 1 ergriffenen und von der Kommission gebilligten und im Amtsblatt veröffentlichten Maßnahmen nicht entziehen.

37 So ist auch dem 19. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/36 zu entnehmen, dass Art. 3a der Richtlinie 89/552 einer möglichen Umgehung der zum Schutz eines rechtmäßigen allgemeinen Interesses erlassenen nationalen Maßnahmen begegnen soll.

38 In Anwendung dieser Regelung hat die Kommission das Vereinigte Königreich mit der streitigen Handlung von ihrer Billigung der ihr von diesem Mitgliedstaat mitgeteilten Maßnahmen und deren anstehender Veröffentlichung im Amtsblatt unterrichtet. Wie das Gericht festgestellt hat, schloss diese Handlung damit die Prüfung ab, zu der die Kommission nach Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie 89/552 verpflichtet war. Die Veröffentlichung der betreffenden Maßnahmen im Amtsblatt ermöglichte es den anderen Mitgliedstaaten, von den Maßnahmen Kenntnis zu nehmen und ihren Verpflichtungen aus Art. 3a Abs. 3 der Richtlinie 89/552 nachzukommen.

39 Die streitige Handlung hat somit den in dieser Bestimmung vorgesehenen Mechanismus der gegenseitigen Anerkennung ausgelöst und damit auch die Verpflichtung der anderen Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass sich die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter den vom Vereinigten Königreich nach Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 ergriffenen Maßnahmen nicht entziehen.

40 Die von der Kommission geltend gemachten Rechtsmittelgründe sind in diesem Licht zu untersuchen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund: fehlerhafte Würdigung der Voraussetzung des unmittelbaren Betroffenseins

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

41 Die Kommission macht geltend, das Gericht habe die in Randnr. 22 dieses Urteils aufgeführte Rechtsprechung, die die in Art. 230 Abs. 4 EG genannte Voraussetzung des unmittelbaren Betroffenseins näher darlege, falsch angewandt.

42 Zunächst einmal wirke sich die streitige Handlung nicht auf die Rechtsstellung von Infront aus. Sie verpflichte die anderen Mitgliedstaaten als das Vereinigte Königreich dazu, dafür zu sorgen, dass die unter ihre Rechtshoheit fallenden Fernsehveranstalter nicht einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit im Vereinigten Königreich die Möglichkeit vorenthielten, bestimmte benannte Ereignisse auf einem "frei zugänglichen" Fernsehkanal zu verfolgen. Rechtspflichten würden zu diesem Zweck somit nur den Fernsehveranstaltern auferlegt.

43 In dem angenommenen Fall, dass eine in einem anderen Mitgliedstaat als dem Vereinigten Königreich ansässige Bezahlfernsehgesellschaft etwa ein Angebot für die fraglichen Exklusivfernsehübertragungsrechte abgeben wolle, könnte diese durch die ihr auferlegten rechtlichen Beschränkungen davon abgehalten werden. Infront hätte folglich weniger potenzielle Bieter und fände sich wahrscheinlich in einer ungünstigeren Geschäftssituation wieder als erwartet, allerdings nicht, weil sich ihre Rechtsstellung geändert habe, sondern allein deshalb, weil sie nicht den Käufer finden könne, den sie sich habe erhoffen können. Sie trage also die mittelbaren wirtschaftlichen Folgen der streitigen Handlung, während ihre Rechtsstellung unverändert bleibe.

44 Sodann seien selbst diese wirtschaftlichen Folgen völlig ungewiss, weil es keinen in einem anderen Mitgliedstaat als dem Vereinigten Königreich ansässigen Fernsehveranstalter gebe, der bereit wäre, den von Infront verlangten beträchtlichen Betrag für das Recht zu bezahlen, die benannten Ereignisse, für die Infront die Exklusivfernsehübertragungsrechte innehabe, im Vereinigten Königreich zu übertragen. Das Gericht hätte von Infront den Beweis für die Plausibilität einer solchen Konstellation und die Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Schadens durch die streitige Handlung verlangen müssen. Indem es die Beweislast nicht gebührend verteilt habe, sei ihm erneut ein Rechtsfehler unterlaufen.

45 Schließlich sei das Gericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Mitgliedstaaten über keinerlei Ermessensspielraum bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus Art. 3a Abs. 3 der Richtlinie 89/552 verfügten. Zwar würden die konkreten Ereignisse, denen eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beigemessen werde, und die Art und Weise ihrer Fernsehübertragung von dem sie mitteilenden Mitgliedstaat und damit auch durch die Entscheidung der Kommission nach Art. 3a Abs. 2 der Richtlinie bestimmt. In welchem Umfang ein solches Ereignis in der Praxis im Einklang mit den Interessen dieses Mitgliedstaats übertragen werde, hänge jedoch erheblich von den Rechtsvorschriften und der Entscheidungsstruktur ab, die bei der Anwendung von Art. 3a Abs. 3 in dem jeweiligen Mitgliedstaat eine Rolle spielten. In dieser Bestimmung selbst heiße es, dass die den Mitgliedstaaten übertragene Aufgabe "im Rahmen des innerstaatlichen Rechts durch geeignete Maßnahmen" erfüllt werden müsse. Die in den einzelnen Mitgliedstaaten erreichten Ergebnisse könnten aber je nach der im Einzelfall verfolgten Herangehensweise sehr unterschiedlich sein. Unter diesen Umständen sei mit der Durchführung der streitigen Handlung durch die anderen Mitgliedstaaten als das Vereinigte Königreich eine Ermessensausübung in beträchtlichem Umfang verbunden.

46 Nach Ansicht von Infront ist das Gericht zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die streitige Handlung sie unmittelbar betreffe.

Würdigung durch den Gerichtshof

47 Nach ständiger Rechtsprechung ist die in Art. 230 Abs. 4 EG genannte Voraussetzung, dass eine natürliche oder juristische Person von der Entscheidung unmittelbar betroffen sein muss, nur dann erfüllt, wenn sich die beanstandete Maßnahme der Gemeinschaft auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt und ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihre Durchführung vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Gemeinschaftsregelung ergibt, ohne dass weitere Durchführungsvorschriften angewandt werden (vgl. insbesondere Urteile Dreyfus/Kommission, Randnr. 43, vom 29. Juni 2004, Front national/Parlament, C-486/01 P, Slg. 2004, I-6289, Randnr. 34, und vom 2. Mai 2006, Regione Siciliana/Kommission, C-417/04 P, Slg. 2006, I-3881, Randnr. 28).

48 Erstens ist zu prüfen, ob sich die streitige Handlung unmittelbar auf die Rechtsstellung von Infront auswirkt.

49 Aus den Sections 98 und 101 des Rundfunkgesetzes geht hervor, dass ein Fernsehveranstalter, der ein benanntes Ereignis exklusiv und direkt übertragen möchte, der Genehmigung der UFK bedarf, wenn der Dienst im gesamten Vereinigten Königreich oder einem Teil davon empfangbar sein soll. Nach dem Kodex der Unabhängigen Fernsehkommission für Sport- und andere aufgelistete Ereignisse in der geänderten Fassung hängt diese Genehmigung im Wesentlichen davon ab, dass der Verkauf der Fernsehübertragungsrechte öffentlich ausgeschrieben war und die Fernsehveranstalter diese Rechte tatsächlich zu angemessenen und der Billigkeit entsprechenden Bedingungen erwerben konnten.

50 Wie in den Randnrn. 35 bis 39 des vorliegenden Urteils ausgeführt, müssen die anderen Mitgliedstaaten als das Vereinigte Königreich aufgrund der streitigen Handlung sicherstellen, dass sich die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Fernsehveranstalter nicht den vom Vereinigten Königreich nach Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 ergriffenen Maßnahmen entziehen, und somit gewährleisten, dass diese die benannten Ereignisse nicht ungeachtet der Anforderungen übertragen, die sich aus diesen Maßnahmen ergeben. Daraus folgt, dass die anderen Mitgliedstaaten als das Vereinigte Königreich dafür Sorge tragen müssen, dass die genannten Fernsehveranstalter die betreffenden Ereignisse für die Öffentlichkeit im Vereinigten Königreich nicht exklusiv und direkt übertragen, wenn sie die Fernsehübertragungsrechte für diese Ereignisse im Rahmen eines Verkaufsverfahrens erworben haben, das die in der vorstehenden Randnummer genannten Kriterien nicht erfüllt.

51 Die vom Vereinigten Königreich ergriffenen und mit der streitigen Handlung gebilligten Maßnahmen erlegen somit den genannten Fernsehveranstaltern eine Reihe von Beschränkungen auf, wenn sie sich dafür interessieren, benannte Ereignisse, für die Infront die Exklusivrechte erworben hat, zu übertragen.

52 Da diese Beschränkungen mit den Bedingungen zusammenhängen, unter denen die Fernsehveranstalter die Fernsehübertragungsrechte für benannte Ereignisse von Infront erwerben, bewirken die vom Vereinigten Königreich ergriffenen Maßnahmen und die streitige Handlung, dass die Rechte, deren Inhaberin Infront ist, neuen Beschränkungen unterworfen werden, die noch nicht existierten, als Infront die betreffenden Übertragungsrechte erwarb, und die deren Ausübung erschweren. Damit wirkt sich die streitige Handlung unmittelbar auf die Rechtsstellung von Infront aus.

53 Die Kommission macht jedoch geltend, dass das tatsächliche Vorliegen solcher Auswirkungen auf die Rechtsstellung von Infront nicht erwiesen sei, da es keine in einem anderen Mitgliedstaat als dem Vereinigten Königreich ansässigen Fernsehveranstalter gegeben habe, die, wenn die streitige Handlung nicht ergangen wäre, am Erwerb der Fernsehübertragungsrechte von Infront interessiert gewesen wären und die durch diese Handlung am Erwerb der Rechte gehindert oder davon abgehalten worden wären. Außerdem habe das Gericht insoweit die Beweislast umgekehrt.

54 Dazu ist festzustellen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber Art. 3a Abs. 3 gerade deshalb in die Richtlinie 89/552 eingefügt hat, weil es Situationen geben kann, in denen Fernsehveranstalter, die der Rechtshoheit eines Mitgliedstaats unterliegen, Exklusivfernsehübertragungsrechte für ein Ereignis erwerben, dem von einem anderen Mitgliedstaat erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beigemessen wird, und dieses Ereignis im letztgenannten Mitgliedstaat in einer Weise übertragen, die einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit in diesem Mitgliedstaat die Möglichkeit vorenthält, das Ereignis zu verfolgen.

55 Das Gericht hat sich dazu in den Randnrn. 148 und 149 des angefochtenen Urteils geäußert. Es hat zum einen auf mehrere Fälle grenzüberschreitender Übertragungen von Ereignissen, denen eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beigemessen wurde, hingewiesen, in denen die Fernsehveranstalter in der genannten Weise vorgegangen seien. Zum anderen hat es die Auffassung vertreten, dass die Kommission ihr Vorbringen, dass die Besonderheiten des Fernsehmarkts im Vereinigten Königreich im vorliegenden Fall eine solche Situation ausgeschlossen hätten, nicht substantiiert habe. In Anbetracht dessen ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass die Rechte für die Fernsehübertragung der Endrunde der FIFA-Weltmeisterschaft in diesem Mitgliedstaat nicht zwangsläufig von dort ansässigen Fernsehveranstaltern erworben worden wären.

56 Damit hat das Gericht nicht die Beweislast im Verhältnis zwischen den Parteien umgekehrt. Es hat eine nicht überprüfbare Würdigung der Tatsachen vorgenommen, mit denen dargetan werden sollte, dass es tatsächlich vorkommt, dass benannte Ereignisse grenzüberschreitend übertragen werden. Insoweit steht es dem Gericht aber frei, zu berücksichtigen, dass es eine Partei unterlässt, ihre Behauptungen zu belegen (vgl. Urteil vom 18. Juli 2006, Rossi/HABM, C-214/05 P, Slg. 2006, I-7057, Randnr. 23).

57 Hinzu kommt, dass das Rechtsmittel nach ständiger Rechtsprechung auf Rechtsfragen beschränkt ist und daher allein das Gericht für die Feststellung und Würdigung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig ist. Somit ist die Würdigung dieser Tatsachen und Beweise, vorbehaltlich ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. Urteil vom 19. September 2002, DKV/HABM, C-104/00 P, Slg. 2002, I-7561, Randnr. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58 Eine Verfälschung der Tatsachen wird vor dem Gerichtshof nicht geltend gemacht. Unter diesen Umständen kommt es ihm nicht zu, zu prüfen, ob das Gericht zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass nicht erwiesen sei, dass die betreffenden Fernsehübertragungsrechte zwangsläufig von im Vereinigten Königreich ansässigen Fernsehveranstaltern erworben worden wären.

59 Zweitens ist zu prüfen, ob die streitige Handlung den mit ihrer Durchführung beauftragten nationalen Behörden einen Ermessensspielraum belässt oder ob ihre Durchführung rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Gemeinschaftsregelung ergibt, ohne dass weitere Durchführungsvorschriften angewandt werden.

60 Den nationalen Behörden ist zwar bei der Umsetzung von Art. 3a Abs. 3 der Richtlinie 89/552 und bei der Durchführung der streitigen Handlung nicht jeder Handlungsspielraum genommen. Sie können geeignete Kontrollmechanismen vorsehen, um ihren entsprechenden Verpflichtungen nachzukommen.

61 Allerdings müssen sie dabei dafür sorgen, dass sich die betroffenen Fernsehveranstalter den Maßnahmen, die ein anderer Mitgliedstaat nach Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 getroffen hat, nicht entziehen und dass sie von ihren Exklusivrechten in einer Weise Gebrauch machen, die dem Zielpublikum nicht die Möglichkeit nimmt, die Ereignisse, denen eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beigemessen wird, nach Maßgabe der von diesem anderen Mitgliedstaat getroffenen Vorkehrungen zu verfolgen.

62 Daher müssen die nationalen Behörden, wie das Gericht in Randnr. 146 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, gewährleisten, dass sich die ihrer Zuständigkeit unterliegenden Fernsehveranstalter an die Bedingungen für die Fernsehübertragung dieser Ereignisse halten, wie sie ein anderer Mitgliedstaat in seinen von der Kommission gebilligten und im Amtsblatt veröffentlichten Maßnahmen festgelegt hat. Es sind diese Maßnahmen und damit im vorliegenden Fall die streitige Handlung, die das zu erreichende Ergebnis vorgeben. Hinsichtlich dieses Ergebnisses verfügen die nationalen Behörden somit über keinerlei Ermessensspielraum.

63 Die Eingriffe in die jeweilige Rechtsstellung der Fernsehveranstalter und von Infront gehen aber auf das Erfordernis zurück, dieses Ergebnis zu erreichen.

64 Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund: fehlerhafte Würdigung der Voraussetzung des individuellen Betroffenseins

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

65 Die Kommission macht geltend, das Gericht habe zu Unrecht entschieden, dass Infront von der streitigen Handlung im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG und der Rechtsprechung des Gerichtshofs individuell betroffen sei.

66 Der vom Gericht verfolgte Ansatz führe dazu, dass alle Inhaber von Fernsehübertragungsrechten, die von den vom Vereinigten Königreich nach Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 89/552 getroffenen Maßnahmen berührt würden, trotz ihrer Vielzahl als von diesen Maßnahmen individuell betroffen gälten. Genau wie alle Inhaber solcher Rechte sei Infront von der streitigen Handlung nur in ihrer objektiven Eigenschaft als Maklerin von Sportübertragungsrechten betroffen, die solche Rechte für eines der benannten Ereignisse gekauft habe.

67 Im Übrigen hätten die Inhaber von Fernsehübertragungsrechten wie Infront nur die wirtschaftlichen Folgen der mit der streitigen Handlung gebilligten nationalen Maßnahmen zu tragen. Ein Unternehmen könne aber von einer Handlung mit Regelungscharakter nicht allein deshalb individuell betroffen sein, weil sich diese auf seine wirtschaftliche Tätigkeit auswirke, zumal solche Folgen zum normalen Geschäftsrisiko gehörten.

68 Die streitige Handlung berühre Infront deshalb nicht wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände.

69 Infront ist der Ansicht, das Gericht habe die Gesichtspunkte, durch die sie sich von anderen unterscheide, zutreffend herausgestellt, nämlich dass sie Inhaberin von Exklusivfernsehübertragungsrechten für ein Ereignis auf der Liste der benannten Ereignisse sei, dass diese Rechte vor Erstellung der Liste und deren Billigung durch die Kommission erworben worden seien und dass diese Billigung die Nutzung der betreffenden Rechte durch Infront ernsthaft beeinträchtige, weil sie keine Exklusivlizenz für sie vergeben könne.

Würdigung durch den Gerichtshof

70 Nach ständiger Rechtsprechung kann eine andere Person als der Adressat einer Entscheidung nur dann geltend machen, individuell betroffen zu sein, wenn diese Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten einer derartigen Entscheidung (vgl. u. a. Urteile vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg. 1963, 213, 238, und vom 13. Dezember 2005, Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, C-78/03 P, Slg. 2005, I-10737, Randnr. 33).

71 Ferner hat der Gerichtshof entschieden, dass, wenn eine Entscheidung eine Gruppe von Personen berührt, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung anhand von den Mitgliedern der Gruppe eigenen Merkmalen feststanden oder feststellbar waren, diese Personen von der Entscheidung insoweit individuell betroffen sein können, als sie zu einem beschränkten Kreis von Wirtschaftsteilnehmern gehören (vgl. Urteile vom 17. Januar 1985, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, 11/82, Slg. 1985, 207, Randnr. 31, und vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission, C-182/03 und C-217/03, Slg. 2006, I-5479, Randnr. 60).

72 Wie der Generalanwalt in den Nrn. 99 und 100 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann es sich u. a. dann so verhalten, wenn die Entscheidung in Rechte eingreift, die der Einzelne vor ihrem Erlass erworben hat (vgl. insbesondere Urteil vom 1. Juli 1965, Töpfer und Getreide-Import-Gesellschaft/Kommission, 106/63 und 107/63, Slg. 1965, 548, 556).

73 Infront war Inhaberin von Exklusivfernsehübertragungsrechten für die Endrunden der FIFA-Weltmeisterschaften 2002 und 2006, die zu den Ereignissen auf der der Kommission mitgeteilten und mit der streitigen Handlung gebilligten Liste der benannten Ereignisse gehören.

74 Außerdem steht fest, dass Infront diese Exklusivrechte vor Ergehen der streitigen Handlung erworben hatte und es zu diesem Zeitpunkt nur sechs Gesellschaften gab, die erhebliche Beträge in den Erwerb von Fernsehübertragungsrechten für auf dieser Liste benannte Ereignisse investiert hatten.

75 Somit war Infront im Zeitpunkt der Vornahme der streitigen Handlung ohne Weiteres identifizierbar.

76 Schließlich ergibt sich aus den Randnrn. 51 und 52 des vorliegenden Urteils, dass die streitige Handlung die Mitglieder der Gruppe der sechs vorstehend genannten Gesellschaften, zu denen Infront gehört, wegen einer persönlichen Eigenschaft berührt hat, nämlich als Inhaber der Exklusivfernsehübertragungsrechte für benannte Ereignisse.

77 Unter diesen Umständen ist das Gericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass Infront von der streitigen Handlung individuell betroffen sei.

78 Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als nicht stichhaltig anzusehen und damit das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

79 Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag von Infront die Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.



Ende der Entscheidung

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