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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 04.03.2004
Aktenzeichen: C-130/02
Rechtsgebiete: Kombinierte Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in der Fassung der Verordnung (EG) Nr.2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87, Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 306/2001 der Kommission vom 12. Februar 2001 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur, Anhang der Verordnung (EG) Nr. 306/2001 der Kommission vom 12. Februar 2001 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur, Nr. 3 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 306/2001 der Kommission vom 12. Februar 2001 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur, Erläuterungen zu Position 2101 des Harmonisierten Systems zur Bezeichnung und Codierung der Waren


Vorschriften:

Kombinierte Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in der Fassung der Verordnung (EG) Nr.2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87
Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 306/2001 der Kommission vom 12. Februar 2001 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur Kapitel 21
Anhang der Verordnung (EG) Nr. 306/2001 der Kommission vom 12. Februar 2001 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur
Nr. 3 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 306/2001 der Kommission vom 12. Februar 2001 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur Nr. 2
Erläuterungen zu Position 2101 des Harmonisierten Systems zur Bezeichnung und Codierung der Waren Abschn. IV Kapitel 21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 4. März 2004. - Krings GmbH gegen Oberfinanzdirektion Nürnberg. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Finanzgericht München - Deutschland. - Gemeinsamer Zolltarif - Kombinierte Nomenklatur - Tarifposition - Zubereitung auf der Grundlage von Teeauszügen. - Rechtssache C-130/02.

Parteien:

In der Rechtssache C-130/02

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Finanzgericht München (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Krings GmbH

gegen

Oberfinanzdirektion Nürnberg

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 279, S. 1) und über die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 306/2001 der Kommission vom 12. Februar 2001 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 44, S. 25)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. Rosas (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter A. La Pergola und S. von Bahr,

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: R. Grass,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Krings GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt G. Kroemer,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. C. Schieferer als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt M. Núñez Müller,

aufgrund des Berichts des Berichterstatters,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

1. Mit Beschluss vom 27. Februar 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 9. April 2002, hat das Finanzgericht München gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs (nachfolgend: KN) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 279, S. 1) und nach der Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 306/2001 der Kommission vom 12. Februar 2001 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABl. L 44, S. 25) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen der Gesellschaft nach deutschem Recht Krings GmbH (nachfolgend: Klägerin) und der Oberfinanzdirektion Nürnberg (Deutschland) über die zolltarifliche Einreihung zweier Mischungen zur Herstellung von Getränken auf der Grundlage von Tee.

Rechtlicher Rahmen

3. Kapitel 9 KN über Kaffee, Tee, Mate und Gewürze enthält u. a. die Position 0902 (Tee, auch aromatisiert), die die Unterposition 0902 40 00 umfasst, die wie folgt lautet: anderer schwarzer Tee (fermentiert) und anderer teilweise fermentierter Tee. Die von dieser Unterposition erfassten Erzeugnisse sind zollfrei.

4. Kapitel 21 KN über verschiedene Lebensmittelzubereitungen enthält u. a. folgende Positionen:

>lt>0

5. Gemäß Artikel 9 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256, S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2559/2000, erließ die Kommission die Verordnung Nr. 306/2001.

6. Artikel 1 der Verordnung Nr. 306/2001 lautet:

Die in Spalte 1 der Tabelle im Anhang beschriebenen Waren gehören in der Kombinierten Nomenklatur zu den in Spalte 2 der Tabelle genannten entsprechenden KN-Codes.

7. Diese Verordnung enthält einen Anhang, in dessen Nummern 2 und 3 es wie folgt heißt:

>lt>1

8. Die Nummern 1 bis 3 in Abschnitt IV, Kapitel 21, Verschiedene Lebensmittelzubereitungen, der Erläuterungen zu Position 2101 des Harmonisierten Systems zur Bezeichnung und Codierung der Waren (nachfolgend: Harmonisiertes System) lauten wie folgt:

Zu dieser Position gehören:

1) Auszüge, Essenzen und Konzentrate aus Kaffee. Sie können aus Kaffee (auch entkoffeiniert) oder aus einer Mischung von Kaffee und Kaffeemitteln in beliebigem Verhältnis hergestellt sein. Sie können fluessig oder pulverisiert vorliegen und sind im Allgemeinen hoch konzentriert. Zu dieser Gruppe gehört der Instantkaffee, der aus einem getrockneten oder gefriergetrockneten KaffeeAuszug besteht.

2) Auszüge, Essenzen und Konzentrate aus Tee oder Mate. Diese Erzeugnisse entsprechen den im vorstehenden Absatz beschriebenen sinngemäß.

3) Zubereitungen auf der Grundlage der vorstehend unter 1) und 2) behandelten Auszüge, Essenzen und Konzentrate. Es handelt sich um Zubereitungen auf der Grundlage von Auszügen, Essenzen oder Konzentraten aus Kaffee, Tee oder Mate (und nicht um Mischungen von Kaffee, Tee oder Mate mit anderen Stoffen), denen im Verlauf der Herstellung Stärke oder andere Kohlenhydrate zugesetzt sein können.

9. Zur Unterposition 2101 12 des Harmonisierten Systems über Zubereitungen auf der Grundlage von Auszügen, Essenzen und Konzentraten oder auf der Grundlage von Kaffee hat der Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens einen Einreihungsavis erlassen, der wie folgt lautet:

1. Zubereitung auf der Grundlage von Kaffeeauszügen, bestehend aus 98,5 % löslichem Kaffee (erhalten durch einen Kaffeeaufguss mit anschließendem Trocknen) und 1,5 % Steviosid (ein kalorienfreies Süßmittel).

10. Die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN in deren Teil I Titel I Buchstabe A bestimmen insbesondere:

Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:

1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

2....

b) Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehende Waren werden nach den Grundsätzen der Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht.

3. Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a) Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b) Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c) Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.

Der Ausgangsrechtsstreit und die Vorlagefragen

11. Am 9. August 2000 beantragte die Klägerin bei der in der deutschen Zollverwaltung für die Anwendung von Kapitel 9 KN zuständigen Oberfinanzdirektion Hamburg (Deutschland) die Erteilung von zwei verbindlichen Zolltarifauskünften über zwei Mischungen zur Herstellung von Teegetränken. Sie begehrte die Einreihung dieser Waren in die Unterposition 0902 40 00 KN. Die Oberfinanzdirektion Hamburg gab diesen Antrag an die für Waren des Kapitels 21 KN zuständige Oberfinanzdirektion Nürnberg ab.

12. Nach den Angaben der Klägerin gegenüber den Zollbehörden bestehen die fraglichen Waren jeweils aus einer Mischung von 64 % Kristallzucker, 1,9 % Teeauszug und Wasser, wobei einer der beiden Mischungen 0,8 % Zitronensäure hinzugesetzt ist.

13. Die Untersuchung durch die Zolltechnische Prüfungs und Lehranstalt München (Deutschland) ergab, dass es sich bei den Mischungen um sirupöse, dunkelbraune, süße Flüssigkeiten handelt, wobei die Zitronensäure enthaltende Mischung auch säuerlich ist. Außerdem schmecken sie schwach nach Tee und haben einen Koffeingehalt (HPLC) von 59mg/100 bzw. 43mg/100. Aus dem Koffeingehalt errechnete die beauftragte Anstalt einen Teeauszug dieser Mischungen von 1 bis 2,4 GHT bzw. 0,7 bis 1,7 GHT. In Anbetracht des geringen Anteils an Schwarzteeauszug empfahl sie die Einreihung dieser Waren in die Unterposition 2106 90 98 KN (betreffend anderweit weder genannte noch inbegriffene Lebensmittelzubereitungen).

14. Am 4. Oktober 2000 erteilte die Oberfinanzdirektion Nürnberg zwei verbindliche Zolltarifauskünfte mit den Nummern DE M/1895/001 und DE M/1896/001, mit denen sie die fraglichen Waren in die Unterposition 2106 90 98 KN einreihte.

15. Mit Entscheidung vom 30. Juli 2001 wies die Oberfinanzdirektion Nürnberg die Einsprüche der Klägerin gegen diese verbindlichen Zolltarifauskünfte zurück. Die Klägerin erhob daraufhin Klage beim vorlegenden Gericht, mit der sie geltend macht, die streitigen Waren seien in die Position 2101 KN einzureihen. Nach Ansicht der Klägerin ist die Position 2106 eine Auffangposition, die nur in Betracht komme, wenn keine andere Position der KN zutreffe. Die Position 2101 sei im Ausgangsfall anwendbar, weil sie ihrem Wortlaut nach u. a. Auszüge, Essenzen und Konzentrate aus Tee und Zubereitungen auf der Grundlage dieser Waren erfasse. Die Klägerin beantragte daher, die Entscheidung vom 30. Juli 2001 und die am 4. Oktober 2000 erteilten verbindlichen Zolltarifauskünfte aufzuheben und die Oberfinanzdirektion Nürnberg zu verpflichten, die Waren in die Unterposition 2101 20 92 einzureihen.

16. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts kommt eine Einreihung der fraglichen Waren in die Position 0902 KN nicht in Betracht, weil sie nicht, wie in dieser Position angegeben, Tee, sondern nur Teeauszug enthielten. Außerdem gehörten Auszüge, Essenzen und Konzentrate aus Tee ausdrücklich zur Position 2101 KN, und die Unterposition 2101 20 KN beziehe sich auf Auszüge, Essenzen und Konzentrate aus Tee... und Zubereitungen auf der Grundlage dieser [Waren]. Die Bezeichnung auf der Grundlage bedeute, dass der Anteil der Teekonzentrate den ganz wesentlichen Bestandteil der Zubereitung ausmache und nicht nur überwiege oder charakterbestimmend sei. Diese Auslegung werde durch die Erläuterungen zum Harmonisierten System betreffend die Unterposition 2101 12 und durch die Gliederung der Unterpositionen der KN bestätigt, in denen andere Bestandteile nur eine mengenmäßig untergeordnete Bedeutung besäßen. In einem Einreihungsavis bestehe eine Zubereitung auf der Grundlage von Kaffeeauszügen zu 98,5 % aus löslichem Kaffee und zu 1,5 % aus Süßmittel. Im Ausgangsfall enthielten die streitigen Waren aber nur sehr geringe Mengen an Tee - 1,9 % nach den Angaben der Klägerin -, die jedenfalls nicht die Grundlage der zu beurteilenden Mischungen bildeten.

17. Außerdem verweist das vorlegende Gericht auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes (siehe u. a. Urteil vom 20. Juni 1996 in der Rechtssache C121/95, VOBIS Microcomputer, Slg. 1996, I3047, Randnr. 13), nach der das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen sei, wie sie im Wortlaut der Position des Gemeinsamen Zolltarifs und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt seien. Im Ausgangsfall seien die Herstellerangaben, wonach die fraglichen Waren einen Minimalzusatz von 1,9 % Teeauszug enthielten, nicht überprüfbar. Nach Aussage einer vom vorlegenden Gericht angehörten sachverständigen Zeugin lasse sich der Gehalt an Teeauszug in derartigen Zubereitungen nur sehr vage und ungenau bestimmen. Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass die Formulierung auf der Grundlage von Konzentraten aus Tee in Position 2101 KN jedoch zum Ausdruck bringe, dass die Ware einen tatsächlichen Mengenanteil an Teekonzentrat enthalten müsse. Es genüge nicht, dass der Teeauszug oder gar nur der Teegeschmack charakterbestimmend für die Zubereitung sei.

18. Dazu führt das vorlegende Gericht aus, dass ein solcher Teegeschmack bei einer Verkostung der fraglichen Waren durch die Mitglieder dieses Gerichts nicht eindeutig feststellbar gewesen sei.

19. Entgegen der vom österreichischen Bundesministerium für Finanzen in einem von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 28. Februar 2002 geäußerten Auffassung komme es nicht darauf an, ob die streitigen Waren die vom innerstaatlichen Lebensmittelrecht festgelegten Kriterien einer Zubereitung zur Herstellung von Teegetränken erfuellten. Es sei unwahrscheinlich, dass der in Rede stehende konzentrierte Zuckersirup nach Verdünnung bis zur Trinkfähigkeit noch den insoweit erforderlichen Teegehalt aufweise. Jedenfalls falle nicht jede Zubereitung, die ein Teekonzentrat enthalte, allein aufgrund dieser Beigabe unter die Unterposition 2101 20 92 KN.

20. Das vorlegende Gericht sieht sich jedoch an einer Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits in diesem Sinne gehindert, weil die Kommission in der Verordnung Nr. 306/2001 ähnliche Waren in die Unterposition 2101 20 92 eingereiht und die betreffenden Zubereitungen auf der Grundlage von Zucker mit Zusatz von Teeauszug als Zubereitungen auf der Grundlage eines Teeauszugs mit Zusatz von Zucker angesehen habe. Das vorlegende Gericht hält es deshalb für erforderlich, dem Gerichtshof zuvor die Frage nach der Gültigkeit dieser Verordnung vorzulegen.

21. Es hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die KN dahin auszulegen, dass Mischungen aus

a) 64 % Kristallzucker, 1,9 % Teeauszug und Wasser und

b) 64 % Kristallzucker, 1,9 % Teeauszug, 0,8 % Zitronensäure und Wasser

keine Zubereitungen auf der Grundlage von Teeauszügen sind?

2. Ist die Verordnung Nr. 306/2001 in Bezug auf die in den Nummern 2 und 3 der Tabelle in ihrem Anhang beschriebenen Waren gültig?

Zu den Vorlagefragen

22. Im Ausgangsrechtsstreit geht es um die zolltarifliche Einreihung zweier Mischungen zur Herstellung von Getränken auf der Grundlage von Tee; wie das vorlegende Gericht in seinem Vorlagebeschluss ausgeführt hat, sind ähnliche Erzeugnisse durch die von der Kommission gemäß Artikel 9 der Verordnung Nr. 2658/87 erlassene Verordnung Nr. 306/2001 in die Unterposition 2101 20 92 KN (Zubereitungen auf der Grundlage von Auszügen, Essenzen und Konzentraten aus Tee oder Mate) eingereiht worden. Im vorliegenden Fall ist das vorlegende Gericht der Ansicht, dass die betreffenden Erzeugnisse in Anbetracht ihres geringen Anteils an Teeauszug nicht in die Unterposition 2101 20 92 KN eingereiht werden könnten, und stellt in diesem Zusammenhang die Frage nach der Gültigkeit der Verordnung Nr. 306/2001.

23. Die beiden dem Gerichtshof vorgelegten Fragen betreffen die Auslegung der Unterposition 2101 20 92 KN. Die Vorlagefragen sind dahin zu verstehen, dass das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen möchte, ob die Verordnung Nr. 306/2001 gültig ist, soweit sie bestimmte Waren, deren Anteil an Teeauszug 2,5 GHT bzw. 2,2 GHT nicht überschreitet, in die Unterposition 2101 20 92 KN einreiht, und ob diese Verordnung auf zwei Mischungen zur Herstellung von Getränken auf der Grundlage von Tee entsprechend anwendbar ist, die beide aus 64 % Kristallzucker, 1,9 % Teeauszug und Wasser bestehen, wobei einer der beiden Mischungen 0,8 % Zitronensäure hinzugesetzt ist.

24. Was die zweite Frage des vorlegenden Gerichts anbelangt, machen die Klägerin und die Kommission geltend, dass die Verordnung Nr. 306/2001 im Einklang mit der KN stehe und dass die im Ausgangsverfahren fraglichen Erzeugnisse, die den von dieser Verordnung erfassten Erzeugnissen entsprächen, aber einen noch geringeren Anteil an Teeauszug, nämlich 1,9 GHT, aufwiesen, ebenfalls zur Unterposition 2101 20 92 KN gehörten.

25. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission eine Tarifierungsverordnung wie hier die Verordnung Nr. 306/2001 nach Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex erlässt, wenn die Einreihung eines bestimmten Erzeugnisses in die KN Schwierigkeiten bereiten oder zu unterschiedlichen Meinungen führen kann (siehe Urteil vom 17. Mai 2001 in der Rechtssache C119/99, Hewlett Packard, Slg. 2001, I3981, Randnr. 18).

26. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes hat der Rat der Kommission, die mit den Zollsachverständigen der Mitgliedstaaten zusammenarbeitet, ein weites Ermessen bei der näheren Bestimmung des Inhalts der Tarifpositionen, die für die Einreihung einer bestimmten Ware in Frage kommen, eingeräumt. Dennoch hat die Kommission aufgrund ihrer Befugnis zum Erlass von Maßnahmen gemäß Artikel 9 der Verordnung Nr. 2658/87 nicht das Recht, den Inhalt oder die Tragweite der Tarifpositionen zu ändern (siehe in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 1995 in der Rechtssache C267/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1995, I4845, Randnrn. 19 und 20, und vom 28. März 2000 in der Rechtssache C309/98, Holz Geenen, Slg. 2000, I1975, Randnr. 13).

27. Es ist daher zu prüfen, ob die Unterposition 2101 20 92 KN dahin auszulegen ist, dass sie Erzeugnisse erfasst, die wie die in den Nummern 2 und 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 306/2001 beschriebenen Erzeugnisse einen geringen Anteil an Teeauszug haben.

28. Nach ständiger Rechtsprechung sind im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit grundsätzlich die objektiven Merkmale und Eigenschaften einer Ware, wie sie im Wortlaut der Position der KN festgelegt sind, das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung der Ware. Die bezüglich der KN von der Kommission und die bezüglich des Harmonisierten Systems vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens ausgearbeiteten Erläuterungen sind ein wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (siehe Urteile VOBIS Microcomputer, Randnr. 13, vom 28. April 1999 in der Rechtssache C405/97, Mövenpick Deutschland, Slg. 1999, I2397, Randnr. 18, und Holz Geenen, Randnr. 14).

29. Die Position 2101 KN betrifft ihrem Wortlaut nach u. a. Zubereitungen auf der Grundlage von Auszügen, Essenzen und Konzentraten aus Tee. Wie die Klägerin und die Kommission zutreffend ausgeführt haben, schreiben weder der Wortlaut von Position 2101, und zwar sowohl in der KN als auch im Harmonisierten System, noch die Gliederung ihrer Unterpositionen für die davon erfassten Zubereitungen einen Mindestteegehalt vor. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts gibt es keinen objektiven Anhaltspunkt dafür, dass der Tee die Hauptzutat solcher Zubereitungen sein muss. Es genügt, dass der Auszug oder das Konzentrat aus Tee als wesentlicher Bestandteil bei der Herstellung dieser Lebensmittelzubereitungen verwendet wird und ihnen ihren eigenständigen Charakter verleiht.

30. Darüber hinaus kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Verwendungszweck des Erzeugnisses ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er dem Erzeugnis innewohnt; ob Letzteres zutrifft, muss sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften des Erzeugnisses beurteilen lassen (siehe Urteile vom 1. Juni 1995 in der Rechtssache C459/93, Thyssen Haniel Logistic, Slg. 1995, I1381, Randnr. 13, und Holz Geenen, Randnr. 15).

31. Hier handelt es sich um Erzeugnisse, die nach einfachem Verdünnen eines Auszugs oder Konzentrats aus Tee mit Wasser zum Verzehr als Getränke auf der Grundlage von Tee bestimmt sind. Der Klägerin und der Kommission zufolge ist die Zusammensetzung dieser Erzeugnisse auf ihren Verzehr abgestimmt und entspricht den Normen, die von den Herstellern von Getränken auf der Grundlage von Tee befolgt würden. Unter diesen Umständen spricht auch die Zweckbestimmung der fraglichen Erzeugnisse für ihre Einreihung in die Unterposition 2101 20 92 KN.

32. Folglich ist dem vorlegenden Gericht zu antworten, dass die Prüfung der zweiten Frage nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 306/2001, soweit sie die in den Nummern 2 und 3 der Tabelle in ihrem Anhang beschriebenen Erzeugnisse in die Unterposition 2101 20 92 KN in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif einreiht, beeinträchtigen könnte.

33. Was die erste Frage anbelangt, die dahin geht, ob auch die im Ausgangsverfahren fraglichen Erzeugnisse in die Unterposition 2101 20 92 KN einzureihen sind, ist darauf hinzuweisen, dass eine Tarifierungsverordnung Normcharakter hat, da sie nicht für einen bestimmten Wirtschaftsteilnehmer gilt, sondern für die Gesamtheit der Erzeugnisse, die mit dem vom Ausschuss für den Zollkodex geprüften Erzeugnis identisch sind. Um im Rahmen der Auslegung einer Tarifierungsverordnung deren Anwendungsbereich zu bestimmen, ist u. a. die Begründung der Verordnung zu berücksichtigen (Urteil Hewlett Packard, Randnrn. 19 und 20).

34. Zwar gilt die Verordnung Nr. 306/2001 für die im Ausgangsverfahren fraglichen Erzeugnisse nicht unmittelbar. Es handelt sich nämlich nicht um Erzeugnisse, die mit den in der Verordnung genannten Erzeugnissen identisch sind, da sie u. a. einen geringfügig niedrigeren Anteil an Teeauszug in Höhe von 1,9 GHT haben.

35. Gleichwohl fördert, wie die Kommission zutreffend ausführt, die entsprechende Anwendung einer Tarifierungsverordnung wie der Verordnung Nr. 306/2001 auf Erzeugnisse, die denjenigen entsprechen, die von dieser Verordnung erfasst werden, eine kohärente Auslegung der KN und die Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer.

36. Nach der Begründung zu den in den Nummern 2 und 3 der Tabelle im Anhang der Verordnung Nr. 306/2001 beschriebenen Erzeugnissen sind Letztere als Zubereitungen auf der Grundlage eines Teeauszugs mit Zusatz von Zucker anzusehen, obwohl eines von ihnen zu 90,1 % aus Zucker und zu 2,5 % aus Teeauszug und das andere zu 58,1 % aus Zucker und zu 2,2 % aus Teeauszug besteht. Diese Begründung lässt sich auf die im Ausgangsverfahren fraglichen Erzeugnisse übertragen, die zu 64 % aus Kristallzucker und zu 1,9 % aus Teeauszug bestehen.

37. Dass die Mitglieder des vorlegenden Gerichts bei einer Verkostung dieser Erzeugnisse kaum einen Teegeschmack festzustellen vermochten, steht der Einordnung der Erzeugnisse in die Unterposition 2101 20 92 KN nicht entgegen. In den verbindlichen Zolltarifauskünften zu diesen Erzeugnissen ist von einem schwachen Teegeschmack die Rede. Außerdem ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Position 2101 noch aus den Erläuterungen dazu, dass für die Einreihung eines Erzeugnisses in diese Tarifposition ein ausgeprägter Tee, Kaffee oder Mategeschmack erforderlich ist.

38. Somit ist auf die erste Frage zu antworten, dass die von der Kommission in der Verordnung Nr. 306/2001 vorgenommene Einreihung der in den Nummern 2 und 3 der Tabelle im Anhang dieser Verordnung beschriebenen Waren entsprechend auf zwei Mischungen zur Herstellung von Getränken auf der Grundlage von Tee anwendbar ist, die beide aus 64 % Kristallzucker, 1,9 % Teeauszug und Wasser bestehen, wobei einer der beiden Mischungen 0,8 % Zitronensäure hinzugesetzt ist.

Kostenentscheidung:

Kosten

39. Die Auslagen der Kommission, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben hat, sind nicht erstattungsfähig. Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

hat

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

auf die ihm vom Finanzgericht München mit Beschluss vom 27. Februar 2002 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

1) Die Prüfung der zweiten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 306/2001 der Kommission vom 12. Februar 2001 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur beeinträchtigen könnte, soweit sie die in den Nummern 2 und 3 der Tabelle in ihrem Anhang beschriebenen Erzeugnisse in die Unterposition 2101 20 92 der Kombinierten Nomenklatur des Gemeinsamen Zolltarifs in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2031/2001 der Kommission vom 6. August 2001 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif einreiht.

2) Die von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in der Verordnung Nr. 306/2001 vorgenommene Einreihung der in den Nummern 2 und 3 der Tabelle im Anhang dieser Verordnung beschriebenen Waren ist entsprechend auf zwei Mischungen zur Herstellung von Getränken auf der Grundlage von Tee anwendbar, die beide aus 64 % Kristallzucker, 1,9 % Teeauszug und Wasser bestehen, wobei einer der beiden Mischungen 0,8 % Zitronensäure hinzugesetzt ist.

Ende der Entscheidung

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