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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Beschluss verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: C-130/06 P(I)
Rechtsgebiete: Satzung des Gerichtshofes


Vorschriften:

Satzung des Gerichtshofes Art. 57 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFES

6. April 2006

"Rechtsmittel - Streithilfe - Voraussetzungen - Interesse am Ausgang des Rechtsstreits"

Parteien:

In der Rechtssache C-130/06 P(I)

betreffend ein Rechtsmittel nach Artikel 57 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes, eingelegt am 3. März 2006,

An Post mit Sitz in Dublin (Irland), Prozessbevollmächtigter: R. Heron, Solicitor,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Deutsche Post AG mit Sitz in Bonn (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt J. Sedemund,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Whelan, H. Gading und M. Schneider als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFES

nach Anhörung der Generalanwältin C. Stix-Hackl

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt An Post (im Folgenden: Rechtsmittelführerin) die Aufhebung des Beschlusses des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Januar 2006 in der Rechtssache T-493/04 (Deutsche Post/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss), mit dem ihr Streithilfeantrag zurückgewiesen wurde.

2 Die Deutsche Post AG und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften haben am 23. und 24. März 2006 zu dem Rechtsmittel Stellung genommen.

3 Die Rechtsmittelführerin, unterstützt durch die Deutsche Post AG, ersucht den Präsidenten des Gerichtshofes im Wesentlichen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, ihrem Streithilfeantrag stattzugeben oder, hilfsweise, die Sache an den Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts zurückzuverweisen und der Kommission die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

4 Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

5 Nach Artikel 57 Absatz 3 der Satzung des Gerichtshofes ergeht die Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel nach Maßgabe des Artikels 39 der Satzung.

Zum Rechtsmittel

6 Mit ihrem einzigen Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass der angefochtene Beschluss auf einer falschen Auslegung der Voraussetzung beruhe, von der nach Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes das Recht anderer Personen als der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaftsorgane, einem Rechtsstreit beizutreten, abhängt. Nach dieser Bestimmung können natürliche oder juristische Person nur dann einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, wenn sie ein berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machen.

7 Nach den Randnummern 17 ff. des angefochtenen Beschlusses wurde der Streithilfeantrag zurückgewiesen, weil die Rechtsmittelführerin kein solches Interesse glaubhaft gemacht habe. Sie könne ihren Streithilfeantrag nämlich nur auf die nachteiligen Auswirkungen stützen, die sich aufgrund der Ähnlichkeit zwischen ihrer Stellung als Universalpostdienstleister in Irland und der des entsprechenden deutschen Unternehmens Deutsche Post AG mittelbar aus einem Urteil ergeben könnten, mit dem der Antrag auf Nichtigerklärung der vor dem Gericht angefochtenen Entscheidung abgewiesen werde. Mit dieser Entscheidung werde die Unvereinbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften über die Erbringung von Postdienstleistungen durch die Deutsche Post AG mit den gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsbestimmungen festgestellt. Außerdem betreffe der dem Gericht unterbreitete Rechtsstreit die Vereinbarkeit von postrechtlichen Bestimmungen, durch die die rechtliche Stellung der Rechtsmittelführerin nicht berührt werde, und eine eventuelle Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung käme nur der Deutschen Post AG zugute.

8 Nach ständiger Rechtsprechung ist der Begriff des berechtigten Interesses am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Artikel 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes nach dem Gegenstand des Rechtsstreits selbst zu bestimmen und als ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse daran zu verstehen, wie die Klageanträge selbst beschieden werden, und nicht als ein Interesse an den geltend gemachten Angriffs- und Verteidigungsmitteln oder Argumenten. Denn unter dem "Ausgang" des Rechtsstreits ist die beim angerufenen Gericht beantragte Endentscheidung zu verstehen, wie sie sich im Tenor des Urteils niederschlagen würde (vgl. die Zusammenfassung der in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Beurteilung des Vorliegens eines berechtigten Interesses am Ausgang des Rechtsstreits im Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 17. Juni 1997 in den Rechtssachen C-151/97 P[I] und C-157/97 P[I], National Power und PowerGen, Slg. 1997, I-3491, Randnr. 53; vgl. auch Beschluss des Gerichts vom 4. Februar 2004 in der Rechtssache T-14/00, Coöperatieve Aan- en Verkoopvereniging Ulestraten, Schimmert en Hulsberg u. a./Kommission, Slg. 2004, II-497, Randnr. 11).

9 Außerdem ist nach der Rechtsprechung zwischen Antragstellern, die ein unmittelbares Interesse an der Entscheidung über die konkrete Handlung, deren Nichtigerklärung beantragt wird, glaubhaft machen, und solchen Antragstellern zu unterscheiden, die nur wegen der Ähnlichkeit ihrer Situation mit der Situation einer der Parteien ein mittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machen (Beschlüsse des Gerichtshofes vom 15. November 1993 in der Rechtssache C-76/93 P, Scaramuzza/Kommission, Slg. 1993, I-5715 und I-5721, Randnr. 11, und Beschluss des Gerichts in der Rechtssache Coöperatieve Aan- en Verkoopvereniging Ulestraten, Schimmert en Hulsberg u. a./Kommission, Randnr. 12).

10 Angesichts dieser Rechtsprechung lässt sich nicht feststellen, dass der angefochtene Beschluss auf einer falschen Auslegung des Artikels 40 Absatz 2 der Satzung des Gerichtshofes beruht.

11 Im Übrigen haben zwar die Gemeinschaftsgerichte das Beitrittsrecht von repräsentativen Vereinigungen weit ausgelegt, die sich mit dem Schutz ihrer Mitglieder in Rechtssachen befassen, die Grundsatzfragen aufwerfen, die sich auf diese Mitglieder auswirken können; doch soll diese Auslegung es ermöglichen, den Rahmen der Rechtssachen besser zu beurteilen und zugleich eine Vielzahl individueller Beitritte, die die Wirksamkeit und den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens beeinträchtigen könnten, zu vermeiden (vgl. Beschluss National Power und PowerGen, Randnr. 66, und Beschluss des Präsidenten der Vierten Kammer des Gerichts vom 9. März 2005 in der Rechtssache T-201/04, Microsoft Corp./Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 31).

12 Das gegen die Zurückweisung des Streithilfeantrags eingelegte Rechtsmittel ist daher zurückzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

13 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission beantragt hat, die Rechtsmittelführerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen, und diese mit ihrem einzigen Rechtsmittelgrund unterlegen ist, sind ihr die Kosten des vorliegenden Verfahrens aufzuerlegen. Die Deutsche Post AG, die eine Stellungnahme zur Unterstützung der Rechtsmittelführerin eingereicht hat, trägt ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen hat der Präsident des Gerichtshofes beschlossen:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsmittelführerin trägt die Kosten des vorliegenden Verfahrens. Die Deutsche Post AG trägt jedoch ihre eigenen Kosten.



Ende der Entscheidung

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