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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 13.03.1997
Aktenzeichen: C-131/95
Rechtsgebiete: Verordnung 1408/71/EWG, EGV


Vorschriften:

Verordnung 1408/71/EWG Art. 67
Verordnung 1408/71/EWG Art. 71 Abs. 1a
Verordnung 1408/71/EWG Art. 13
EGV Art. 6
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Leistungen bei Arbeitslosigkeit betreffenden Vorschriften der Verordnung Nr. 1408/71 in ihrer durch die Verordnung Nr. 2001/83 geänderten und aktualisierten Fassung, insbesondere deren Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii in Verbindung mit Artikel 13, sind dahin auszulegen, daß der Staat der letzten Beschäftigung, in dem die Gewährung einer Folgeleistung nach einer Leistung bei Arbeitslosigkeit von der Voraussetzung abhängt, daß der Betroffene eine bestimmte Zeit lang Arbeitslosenunterstützung bezogen hat, die Arbeitslosenunterstützung, die der Grenzgänger gemäß Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii in seinem Wohnstaat bezogen hat, so zu berücksichtigen hat, als wäre sie im Staat der letzten Beschäftigung bezogen worden.

Wenn die vorgenannten Vorschriften des Artikels 71 auch eine Ausnahme vorsehen, nach der ein vollarbeitsloser Grenzgänger Leistungen bei Arbeitslosigkeit in seinem Wohnstaat erhält, als ob dieser Staat der Staat seiner letzten Beschäftigung gewesen wäre, so lassen sie doch den Grundsatz, daß zuständiger Staat für arbeitslose Arbeitnehmer der Staat der letzten Beschäftigung ist, unberührt. Die Verpflichtungen des letzteren ruhen nämlich nur so lange, wie der Arbeitslose in einem anderen Mitgliedstaat wohnt; nimmt der Betroffene, nachdem er in seinem Wohnstaat Leistungen bei Arbeitslosigkeit bezogen hat, seinen Wohnsitz im Staat seiner letzten Beschäftigung, so muß dieser den Verpflichtungen, die sich für ihn bezueglich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit aus der Verordnung ergeben, nachkommen oder wieder nachkommen.


Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 13. März 1997. - P.J. Huijbrechts gegen Commissie voor de behandeling van administratieve geschillen ingevolge artikel 41 der Algemene Bijstandswet in de provincie Noord-Brabant. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Raad van State - Niederlande. - Soziale Sicherheit - Vollarbeitsloser Grenzgänger - Leistungen bei Arbeitslosigkeit im zuständigen Mitgliedstaat - Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. - Rechtssache C-131/95.

Entscheidungsgründe:

1 Der Nederlandse Raad van State hat mit Urteil vom 25. Oktober 1994, beim Gerichtshof eingegangen am 21. April 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag zwei Fragen nach der Auslegung des Artikels 67 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6) geänderten und aktualisierten Fassung (im folgenden: Verordnung) sowie des Artikels 6 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2 Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Huijbrechts und der Commissie voor de behandeling van administratieve geschillen ingevolge artikel 41 der Algemene Bijstandswet in de provincie Noord-Brabant (Ausschuß für die Behandlung verwaltungsrechtlicher Streitigkeiten nach Artikel 41 des Allgemeinen Sozialhilfegesetzes in der Provinz Nord-Brabant; im folgenden: Commissie) über die Gewährung einer Folgeleistung nach einer Leistung bei Arbeitslosigkeit aufgrund der Wet inkomensvoorziening oudere en gedeeltelijk arbeidsongeschikte werkloze werknemers (Gesetz über die Versorgung älterer und teilweise arbeitsunfähiger arbeitsloser Arbeitnehmer, Stb. 1986, 565; im folgenden: IOAW).

3 Gemäß Artikel 4 Absatz 1 der IOAW wird eine Leistung namentlich "Arbeitslosen" gewährt; als Arbeitsloser gilt nach der Definition in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a dieses Gesetzes jeder, der

"1. arbeitslos ist und das 65. Lebensjahr noch nicht erreicht hat;

2. nach Vollendung des 50. Lebensjahres, jedoch vor Vollendung von 57,5 Lebensjahren arbeitslos geworden ist;

3. nach dem Verlust seiner Beschäftigung während der vollständigen Leistungsdauer gemäß Artikel 42 Absätze 1 und 2 oder Artikel 43 Absatz 2 und Artikel 49 Absatz 1 sowie, soweit anwendbar, Artikel 76 der Werkloosheidswet (Arbeitslosigkeitsgesetz, Stbl. 1986, 566) eine Lohnersatzleistung und eine Folgeleistung aufgrund dieses Gesetzes bezogen hat".

4 Frau Huijbrechts, die niederländische Staatsangehörige ist, arbeitete von 1968 bis 1982 in Bergen op Zoom (Niederlande), wohnte aber in Belgien. Nach ihrer Entlassung erhielt sie in Belgien Arbeitslosenunterstützung. Ende Dezember 1987 zog sie in die Niederlande um, wo sie noch weitere drei Monate lang nach den belgischen Rechtsvorschriften ihre Arbeitslosenunterstützung erhielt.

5 Am 5. April 1988 stellte sie beim Gemeindevorstand der Gemeinde Putte (Niederlande) einen Antrag auf Leistungen nach der IOAW. Dieser Antrag wurde am 15. August 1989 abgelehnt mit der Begründung, daß sie nicht die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Nummer 3 der IOAW genannte Voraussetzung erfuelle. Am 10. Oktober 1989 wies der Gemeindevorstand auch die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde zurück.

6 Frau Huijbrechts erhob daraufhin Klage bei der Commissie und berief sich auf Artikel 67 der Verordnung, der vorsehe, daß der Träger eines Mitgliedstaats im Hinblick auf den Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs bei Arbeitslosigkeit die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden seien, soweit erforderlich, zu berücksichtigen habe.

7 Am 27. August 1990 erklärte die Commissie die Klage von Frau Huijbrechts für unbegründet, weil die Klägerin nicht als Arbeitslose im Sinne der IOAW angesehen werden könne und weil die IOAW keine Versicherung im Sinne der Verordnung sei.

8 Frau Huijbrechts legte beim Nederlandse Raad van State Berufung gegen diese Entscheidung ein. In diesem Verfahren blieb sie bei ihrem Vorbringen, daß sie gemäß Artikel 67 der Verordnung die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Nummer 3 der IOAW aufgestellten Voraussetzungen erfuelle.

9 Unter diesen Umständen hat der Nederlandse Raad van State beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Wenn ein Mitgliedstaat die Gewährung einer Folgeleistung nach einer Leistung bei Arbeitslosigkeit wie im Fall von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Nummer 3 der IOAW von der Voraussetzung abhängig macht, daß nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Rechtsvorschriften über die Arbeitslosenunterstützung eine Leistung während der gesamten Leistungsdauer bezogen wurde, müssen dann nach Artikel 67 der Verordnung Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, die Zeiten, in denen in einem anderen Mitgliedstaat eine Leistung wegen Arbeitslosigkeit bezogen wurde, als Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten angesehen werden?

2. Wenn nein, stellt dann der Umstand, daß bei der Beurteilung der Frage, ob eine Voraussetzung erfuellt ist, wie sie in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Nummer 3 der IOAW aufgestellt wird, wonach gemäß den in dem zuständigen Mitgliedstaat geltenden Rechtsvorschriften über die Arbeitslosenunterstützung eine Leistung während der gesamten Leistungsdauer bezogen worden sein muß, eine in einem anderen Mitgliedstaat bezogene Leistung bei Arbeitslosigkeit nicht berücksichtigt wird, eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit im Sinne von Artikel 7 EWG-Vertrag (jetzt Artikel 6 EG-Vertrag) dar?

10 Diese beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, gehen ihrem Wortlaut nach nur dahin, ob in einem Fall wie dem des Ausgangsrechtsstreits entweder Artikel 67 der Verordnung oder Artikel 6 des Vertrages anwendbar ist.

11 Der Gerichtshof, der im Rahmen des Artikels 177 EG-Vertrag befugt ist, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben, kann sich jedoch zu diesem Zweck veranlasst sehen, Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen, auf die das vorlegende Gericht bei der Darlegung seiner Fragen nicht Bezug genommen hat (Urteil vom 2. Februar 1994 in der Rechtssache C-315/92, Verband Sozialer Wettbewerb, Slg. 1994, I-317, Randnr. 7).

12 In Anbetracht des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits und um dem nationalen Gericht eine zweckdienliche Antwort geben zu können, ist somit auch zu prüfen, ob im vorliegenden Fall ausser Artikel 67 noch andere Vorschriften der Verordnung anwendbar sind.

13 Der persönliche Geltungsbereich der Verordnung ist in Artikel 2 bestimmt. Gemäß Artikel 2 Absatz 1 gilt die Verordnung namentlich für "Arbeitnehmer und Selbständige, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, soweit sie Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sind".

14 Artikel 1 Buchstabe b der Verordnung definiert als "Grenzgänger" den Arbeitnehmer oder Selbständigen, der seine Berufstätigkeit im Gebiet eines Mitgliedstaats ausübt und im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt, in das er in der Regel täglich, mindestens aber einmal wöchentlich zurückkehrt.

15 Eine Arbeitnehmerin wie die Klägerin des Ausgangsrechtsstreits entspricht dieser Definition. Frau Huijbrechts übte nämlich in der Zeit von 1968 bis 1982 eine Berufstätigkeit in den Niederlanden aus, wohnte aber in Belgien, wohin sie täglich oder mindestens einmal wöchentlich zurückkehrte.

16 Bei der Auslegung der materiellen Vorschriften der Verordnung ist nach ständiger Rechtsprechung nicht nur der Wortlaut dieser Vorschriften zu berücksichtigen, sondern auch ihr Kontext und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehören, verfolgt werden (Urteil vom 2. Juni 1994 in der Rechtssache C-30/93, AC-ATEL Electronics, Slg. 1994, I-2305, Randnr. 21).

17 Die Bestimmungen des Titels II der Verordnung bilden ein vollständiges und einheitliches System von Kollisionsnormen, das bezweckt, die Arbeitnehmer, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, dem System der sozialen Sicherheit nur eines Mitgliedstaats zu unterwerfen, so daß die Kumulierung anwendbarer nationaler Rechtsvorschriften und die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben können, vermieden werden (Urteil vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-71/93, Van Poucke, Slg. 1994, I-1101, Randnr. 22).

18 Deshalb bestimmt Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung, daß "Personen, für die diese Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats [unterliegen]. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel." Gemäß Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a "[unterliegt] eine Person, die im Gebiet eines Mitgliedstaats im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt ist,... den Rechtsvorschriften dieses Staates, und zwar auch dann, wenn sie im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt".

19 Der Gerichtshof hat entschieden, daß diese letztere Vorschrift nur festlegen soll, welche nationalen Rechtsvorschriften für Personen gelten, die im Gebiet eines Mitgliedstaats im Lohn- oder Gehaltsverhältnis beschäftigt sind, daß sie aber nicht die Voraussetzungen definieren soll, unter denen eine Person einem System der sozialen Sicherheit beitreten kann oder muß (Urteil vom 3. Mai 1990 in der Rechtssache C-2/89, Kits van Heijningen, Slg. 1990, I-1755, Randnr. 19).

20 Die in Artikel 13 getroffene allgemeine Regelung wird hinsichtlich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit durch die Artikel 67 und 68 der Verordnung, in denen die Berechnungsmodalitäten für diese Leistungen festgelegt sind, sowie durch Artikel 69 konkretisiert, nach dem unter bestimmten Voraussetzungen der Anspruch im Staat der letzten Beschäftigung erhalten bleibt, wenn sich der Betroffene in einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten begibt, um dort eine Beschäftigung zu suchen.

21 Aus all diesen Vorschriften ergibt sich, daß der für Leistungen bei Arbeitslosigkeit zuständige Staat der Staat ist, in dem zuletzt eine Beschäftigung ausgeuebt worden ist (vgl. Urteil vom 7. März 1985 in der Rechtssache 145/84, Cochet, Slg. 1985, 801, Randnr. 14), so daß gemäß Artikel 1 Buchstaben o und q der Verordnung grundsätzlich dieser Mitgliedstaat diese Leistungen zu zahlen hat.

22 Allerdings sieht die Verordnung für Grenzgänger eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor. Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung bestimmt nämlich:

"(1) Für die Gewährung der Leistungen an einen arbeitslosen Arbeitnehmer, der während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates wohnte, gilt folgendes:

a) i)...

ii) Grenzgänger erhalten bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats für sie gegolten hätten; diese Leistungen gewährt der Träger des Wohnorts zu seinen Lasten."

23 Aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß ein vollarbeitsloser Grenzgänger keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung im Staat seiner letzten Beschäftigung hat, selbst wenn er dort Beiträge gezahlt hat, sondern daß er verpflichtet ist, sich dem System der sozialen Sicherheit in seinem Wohnstaat anzuschließen und in der Zeit, in der er dort wohnt, die Leistungen bei Arbeitslosigkeit nach den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats in Anspruch zu nehmen.

24 Nach dem Wortlaut des Artikels 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung zahlt der Mitgliedstaat, in dessen Gebiet der Grenzgänger wohnt, diese Leistungen, "als ob" er der Staat der letzten Beschäftigung gewesen wäre. Diese Rechtsfiktion lässt zwar die Verpflichtungen des Staates der letzten Beschäftigung so lange ruhen, wie der Arbeitslose im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnt, sie bringt sie jedoch nicht zum Erlöschen.

25 So hat der Gerichtshof im Urteil Cochet (a. a. O.) entschieden, daß zum einen Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung den Grundsatz, daß zuständiger Staat der Staat der letzten Beschäftigung ist, unberührt lässt (Randnr. 15) und daß zum anderen Artikel 69, der den Fall von "Arbeitslosen, die sich in einen anderen Mitgliedstaat als den zuständigen Staat begeben", regelt, nicht auf einen vollarbeitslosen Grenzgänger anwendbar ist, der nach Beendigung seiner letzten Beschäftigung im Hoheitsgebiet des zuständigen Mitgliedstaats, d. h. des Mitgliedstaats, in dem er zuletzt beschäftigt war, Wohnung nimmt.

26 Daraus folgt, daß in einem Fall wie dem des Ausgangsrechtsstreits die Tatsache, daß die Betroffene in Belgien wohnte und dort gemäß Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der Verordnung nach den belgischen Rechtsvorschriften Arbeitslosenunterstützung bezog, dem Staat ihrer letzten Beschäftigung, dem Königreich der Niederlande, nicht seine grundsätzliche Zuständigkeit nehmen konnte. Das Königreich Belgien hatte nämlich diese Unterstützung zu zahlen, "als ob" es der Staat der letzten Beschäftigung gewesen wäre.

27 Wenn die Betroffene nach ihrem Umzug in die Niederlande noch weiter drei Monate lang nach den belgischen Rechtsvorschriften Arbeitslosenunterstützung bezogen hat, so lag dem eine fehlerhafte Anwendung der Vorschriften der Verordnung zugrunde. Dieser Umstand kann daher die Rechtsstellung der Betroffenen nicht berühren.

28 Aus alledem folgt, daß die in Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii vorgesehene Ausnahme nicht mehr gilt, wenn ein arbeitsloser Grenzgänger, nachdem er in seinem Wohnstaat Leistungen bei Arbeitslosigkeit bezogen hat, seine Wohnung im Staat seiner letzten Beschäftigung nimmt; daher muß dann der Staat der letzten Beschäftigung den Verpflichtungen, die sich für ihn bezueglich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit aus der Verordnung ergeben, nachkommen oder wieder nachkommen. Die von dem Staat des vorübergehenden Wohnorts gezahlten Leistungen sind folglich bei der Anwendung der Rechtsvorschriften des Staates der letzten Beschäftigung so zu berücksichtigen, als seien sie von diesem selbst gezahlt worden.

29 Ohne daß eine Prüfung des Artikels 6 des Vertrages erforderlich wäre, ist somit auf die vorgelegten Fragen zu antworten, daß die Vorschriften der Verordnung über Leistungen bei Arbeitslosigkeit, insbesondere deren Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii in Verbindung mit Artikel 13, dahin auszulegen sind, daß der Staat der letzten Beschäftigung, in dem die Gewährung einer Folgeleistung nach einer Leistung bei Arbeitslosigkeit von der Voraussetzung abhängt, daß der Betroffene eine bestimmte Zeit lang Arbeitslosenunterstützung bezogen hat, die Arbeitslosenunterstützung, die der Grenzgänger gemäß Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii in seinem Wohnstaat bezogen hat, so zu berücksichtigen hat, als wäre sie im Staat der letzten Beschäftigung bezogen worden.

Kostenentscheidung:

Kosten

30 Die Auslagen der niederländischen und der spanischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

(Fünfte Kammer)

auf die ihm vom Nederlandse Raad van State mit Urteil vom 25. Oktober 1994 vorgelegten Fragen für Recht erkannt:

Die Leistungen bei Arbeitslosigkeit betreffenden Vorschriften der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten Fassung, insbesondere deren Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii in Verbindung mit Artikel 13, sind dahin auszulegen, daß der Staat der letzten Beschäftigung, in dem die Gewährung einer Folgeleistung nach einer Leistung bei Arbeitslosigkeit von der Voraussetzung abhängt, daß der Betroffene eine bestimmte Zeit lang Arbeitslosenunterstützung bezogen hat, die Arbeitslosenunterstützung, die der Grenzgänger gemäß Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii in seinem Wohnstaat bezogen hat, so zu berücksichtigen hat, als wäre sie im Staat der letzten Beschäftigung bezogen worden.

Ende der Entscheidung

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