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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäischer Gerichtshof
Urteil verkündet am 29.06.1995
Aktenzeichen: C-135/93
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 173
EG-Vertrag Art. 93 Abs. 1
EG-Vertrag Art. 190
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Ein Kläger kann nicht im Rahmen einer gegen eine Entscheidung gerichteten Nichtigkeitsklage die Rechtswidrigkeit einer früheren Rechtshandlung gleicher Art im Wege der Einrede geltend machen, deren Nichtigerklärung er unmittelbar hätte beantragen können. Würde dies zugelassen, so würde die mittelbare Anfechtung früherer Entscheidungen, die nicht innerhalb der Klagefrist des Artikels 173 EG-Vertrag angefochten worden sind, und somit die Umgehung dieser Frist ermöglicht.

2. Die Nichtigkeitsklage ist gegen alle Handlungen der Organe ° ungeachtet ihrer Rechtsnatur oder Form ° gegeben, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen zu erzeugen.

Dies ist bei einer Entscheidung der Fall, mit der die Kommission die Geltungsdauer des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen in einem bestimmten Wirtschaftssektor über den Zeitpunkt hinaus verlängert, zu dem dieser ohne eine Verlängerung abgelaufen wäre.

3. Indem Artikel 93 Absatz 1 des Vertrages vorsieht, daß die Kommission fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen überprüft und ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen vorschlägt, die die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erfordern, enthält diese Bestimmung eine Verpflichtung der Kommission und der Mitgliedstaaten zu regelmässiger und laufender Zusammenarbeit, von der sich weder die Kommission noch ein Mitgliedstaat für einen unbestimmten, allein vom Willen des einen oder anderen Teils abhängigen Zeitraum freimachen können.

4. Gestattet eine Bestimmung des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts mehr als eine Auslegung, so ist die Auslegung, bei der die Bestimmung mit dem Vertrag vereinbar ist, derjenigen vorzuziehen, die zur Feststellung ihrer Unvereinbarkeit mit dem Vertrag führt.


URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 29. JUNI 1995. - KOENIGREICH SPANIEN GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - NICHTIGKEITSKLAGE - AUF DER GRUNDLAGE VON ARTIKEL 93 ABSATZ 1 EWG-VERTRAG ERLASSENER RECHTSAKT - VERLAENGERUNG - ZULAESSIGKEIT. - RECHTSSACHE C-135/93.

Entscheidungsgründe:

1 Das Königreich Spanien hat mit Klageschrift, die am 5. April 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 173 Absatz 1 EWG-Vertrag Klage erhoben auf Feststellung der Inexistenz oder gegebenenfalls Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 23. Dezember 1992, den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen in der Kfz-Industrie nicht zu ändern und seine Geltung bis zur nächsten Überprüfung durch die Kommission zu verlängern, und Nichtigerklärung der Verlängerung der Geltung dieses Gemeinschaftsrahmens durch die Entscheidung 91/C 81/05 (ABl. 1991, C 81, S. 4), soweit diese die Grundlage für die Entscheidung vom 23. Dezember 1992 bildet.

2 Mit Schreiben vom 31. Dezember 1988 teilte die Kommission der spanischen Regierung mit, sie habe in ihrer Sitzung vom 22. Dezember 1988 und auf ihre Entscheidung vom 19. Juli 1988 hin, einen Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen in der Kfz-Industrie festzulegen, der auf Artikel 93 Absatz 1 des Vertrages beruhe, die Voraussetzungen für die Durchführung dieses Rahmens erlassen, die in einem dem Schreiben beigefügten Schriftstück enthalten seien. Dieses Schriftstück berücksichtige die wichtigsten Einwände, die die Vertreter der Mitgliedstaaten in einer multilateralen Sitzung vom 27. Oktober 1988 geäussert hätten. Sie ersuchte die spanische Regierung, ihr die Annahme des Rahmens binnen eines Monats mitzuteilen.

3 Der Rahmen war Gegenstand einer Bekanntmachung (89/C 123/03), die im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1989, C 123, S. 3) veröffentlicht wurde. Er sieht unter Punkt 2.2 eine Verpflichtung zur Anmeldung bestimmter Kategorien von Beihilfen sowie die Vorlage eines jährlichen Berichts durch die Mitgliedstaaten an die Kommission vor, in dem Informationen über sämtliche gewährte Beihilfen einschließlich derjenigen gegeben werden, für die keine Anmeldepflicht besteht.

4 Punkt 2.5 des Rahmens bestimmt, daß dieser "am 1. Januar 1989 in Kraft treten" wird, daß er "für zwei Jahre gültig" sein wird und daß "nach Ablauf dieses Zeitraums... die Kommission die Wirksamkeit und den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrahmens überprüfen" wird.

5 Bis zu seiner Annahme durch alle Mitgliedstaaten wurde die Umsetzung des Rahmens für zehn Staaten bis zum Ende des ersten Halbjahres 1989, für Spanien bis Januar 1990 und für Deutschland bis Mai 1990 hinausgeschoben. Mit Schreiben vom 5. Februar 1990 hatte die spanische Regierung nämlich die Anwendung dieses Rahmens auf Spanien erst mit Wirkung vom 1. Januar 1990 anerkannt.

6 Mit Schreiben vom 31. Dezember 1990 teilte die Kommission der spanischen Regierung mit, daß sie die Zweckdienlichkeit und den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrahmens überprüft habe und unter Berücksichtigung der Situation der Kfz-Industrie in der Gemeinschaft die Verlängerung seiner Geltung für erforderlich halte.

7 Die Entscheidung der Kommission, die Geltung des Rahmens zu verlängern, war ebenfalls Gegenstand einer Bekanntmachung (91/C 81/05), die im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1981, C 81, S. 4) veröffentlicht wurde. Im vierten Absatz dieser Bekanntmachung heisst es: "Die einzige Änderung besteht darin, daß, wie die Kommission entschieden hat, die Meldepflicht in der Bundesrepublik Deutschland nun auch für West-Berlin und das Territorium der ehemaligen DDR gilt."

8 Der fünfte Absatz bestimmt:

"Nach zwei Jahren will die Kommission den Gemeinschaftsrahmen erneut prüfen. Sollten sich dann Änderungen als erforderlich erweisen (oder der Gemeinschaftsrahmen hinfällig werden), wird die Kommission vor einer Entscheidung die Mitgliedstaaten hören."

9 Mit einem Schreiben des Leiters der Generaldirektion Wettbewerb vom 27. Januar 1993 erinnerte die Kommission die spanische Regierung zunächst daran, daß sie im Dezember 1990 entschieden habe, die Geltung des Rahmens auf unbestimmte Zeit zu verlängern, selbst wenn sie sich verpflichtet habe, ihn nach zwei Jahren zu überprüfen und nach Anhörung der Mitgliedstaaten gegebenenfalls zu ändern oder aufzuheben. Entsprechend ihrer in ihrem Schreiben vom 31. Dezember 1990 eingegangenen Verpflichtung habe sie diese Überprüfung zusammen mit den Mitgliedstaaten in einer multilateralen Sitzung am 8. Dezember 1992 vorgenommen, und im Laufe dieser Sitzung habe die grosse Mehrheit der Mitgliedstaaten sich befriedigt über die gegenwärtige Durchführung des Rahmens gezeigt und ihren Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß dieser in den nächsten Jahren beibehalten werden solle. Sie habe schließlich die spanische Regierung davon unterrichtet, daß sie infolgedessen am 23. Dezember 1992 entschieden habe, den Rahmen nicht zu ändern, und daß dieser "bis zu der nächsten von der Kommission zu organisierenden Überprüfung" weitergelte.

10 Diese Entscheidung der Kommission war ebenfalls Gegenstand einer Bekanntmachung (93/C 36/06), die im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. 1993, C 36, S. 17) veröffentlicht wurde.

11 Das Königreich Spanien ist der Ansicht, daß diese Entscheidung rechtswidrig oder sogar inexistent sei, da sie unter Verletzung wesentlicher Formvorschriften, des Artikels 190 des Vertrages und des Grundsatzes der Rechtssicherheit erlassen worden sei, und daß diese Rechtswidrigkeit auch die Ende 1990 beschlossene Verlängerung der Geltung des Rahmens erfasse, soweit diese der Entscheidung vom 23. Dezember 1992 als Grundlage diene; es hat daher die vorliegende Klage erhoben.

12 Mit besonderem Schriftsatz, der am 17. Mai 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat die Kommission gemäß Artikel 91 § 1 der Verfahrensordnung eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Der Gerichtshof hat mit Beschluß vom 14. Dezember 1993 nach Anhörung des Generalanwalts die Entscheidung über die Einrede dem Endurteil vorbehalten.

Zulässigkeit

13 Die Kommission macht geltend, daß die Entscheidung vom 23. Dezember 1992, soweit mit ihr die Geltung des Rahmens auf unbestimmte Zeit verlängert werde, eine Maßnahme darstelle, mit der lediglich eine frühere Entscheidung, nämlich die Verlängerungsentscheidung von 1990, bestätigt werde. Da mit der Entscheidung von 1992 der Inhalt des Rahmens nicht geändert werde, habe sie rein internen Charakter und ändere die Rechtsstellung des Klägers aufgrund der Verlängerungsentscheidung von 1990 nicht. Zu der Entscheidung von 1990 vertritt die Kommission die Ansicht, daß die Klage nicht innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist des Artikels 173 des Vertrages erhoben worden sei.

14 Das Königreich Spanien stellt in Abrede, daß die Verlängerungsentscheidung von 1990 ohne weiteres eine Verlängerung der Geltung des Rahmens auf unbestimmte Zeit habe bewirken können, da eine so grundlegende Änderung der Natur des Rahmens die ausdrückliche Zustimmung der Mitgliedstaaten erfordert hätte. Die Entscheidung vom 23. Dezember 1992 entfalte zwangsläufig Rechtswirkungen, da sie die Mitgliedstaaten verpflichte, die mit dem Rahmen getroffene Regelung während der Zeit zu beachten, für die dieser erstellt worden sei, und eine Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten zum Ausdruck bringe, die sich der Kommission geboten hätten.

15 Das Königreich Spanien macht sodann geltend, daß es die Verlängerungsentscheidung von 1990 nur mittelbar gemäß Artikel 184 des Vertrages anfechte, indem es zur Stützung der Klage gegen die Entscheidung vom 23. Dezember 1992 deren Rechtswidrigkeit rüge. Indem das Königreich Spanien in seinen Ausführungen zur Begründetheit der Klage die Existenz der Verlängerungsentscheidung von 1990 selbst in Frage stelle, rüge es Fehler, die von Amts wegen zu berücksichtigen seien und über die unabhängig davon zu entscheiden sei, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form sie gerügt würden.

16 Soweit die Klage gegen die Verlängerungsentscheidung von 1990 gerichtet ist, ist festzustellen, daß das Königreich Spanien in seiner Klageschrift die Rechtswidrigkeit dieser Entscheidung nicht als Klagegrund für die Nichtigerklärung der Entscheidung vom 23. Dezember 1992 anführt, sondern förmlich deren Nichtigerklärung beantragt. Eine solche Klage hätte innerhalb der Frist von zwei Monaten des Artikels 173 Absatz 3 des Vertrages erhoben werden müssen, um zulässig zu sein.

17 Jedenfalls würde die mittelbare Anfechtung früherer Entscheidungen, die nicht innerhalb der Klagefrist des Artikels 173 EG-Vertrag angefochten worden sind, und somit die Umgehung dieser Frist ermöglicht, wenn zugelassen würde, daß ein Kläger im Rahmen einer gegen eine Entscheidung gerichteten Nichtigkeitsklage die Rechtswidrigkeit einer früheren Rechtshandlung gleicher Art im Wege der Einrede geltend macht.

18 Was schließlich das Vorbringen angeht, schwere und offensichtliche Fehler, die geeignet seien, die Existenz eines Rechtsaktes selbst in Frage zu stellen, müsse der Gerichtshof unabhängig von dem Zeitpunkt prüfen, zu dem sich eine Partei auf sie berufe, ist darauf hinzuweisen, daß das Königreich Spanien nicht beantragt, die Inexistenz der Verlängerungsentscheidung von 1990 festzustellen. Im übrigen geht weder aus dem Schreiben vom 31. Dezember 1990, mit dem die Kommission die spanische Regierung von ihrer Entscheidung zur Verlängerung der Geltung des Rahmens unterrichtete, noch aus der entsprechenden Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften hervor, daß diese Entscheidung mit einem Rechtsfehler von so offensichtlicher Schwere behaftet wäre, daß sie von der Gemeinschaftsordnung nicht hingenommen werden könnte.

19 Die Klage ist somit als unzulässig abzuweisen, soweit sie gegen die Verlängerungsentscheidung von 1990 gerichtet ist.

20 Soweit die Klage gegen die Entscheidung vom 23. Dezember 1992 gerichtet ist, ist darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes die Nichtigkeitsklage gegen alle Handlungen der Organe ° ungeachtet ihrer Rechtsnatur oder Form ° gegeben ist, die dazu bestimmt sind, Rechtswirkungen zu erzeugen (Urteil vom 31. März 1971 in der Rechtssache 22/70, Kommission/Rat, Slg. 1971, 263, Randnr. 42).

21 Soweit die Klage gegen die Entscheidung vom 23. Dezember 1992 gerichtet ist, hängt ihre Zulässigkeit somit von der Frage ab, ob diese Entscheidung die Rechtslage aufgrund der Verlängerungsentscheidung von 1990 geändert hat.

22 Für die Beurteilung der Frage, ob dies der Fall ist, ist der Inhalt dieser zuletzt genannten Entscheidung anhand nicht nur ihres Wortlauts, sondern auch ihres Kontextes und ihres rechtlichen Rahmens zu untersuchen.

23 Nach Punkt 1 Absatz 4 der Bekanntmachung des ursprünglichen Gemeinschaftsrahmens war dieser auf Artikel 93 Absatz 1 des Vertrages gestützt.

24 Nach dieser Bestimmung überprüft die Kommission fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen. Sie schlägt ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen vor, die die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erfordern. Diese Bestimmung enthält damit eine Verpflichtung der Kommission und der Mitgliedstaaten zu regelmässiger und laufender Zusammenarbeit, von der sich weder die Kommission noch ein Mitgliedstaat für einen unbestimmten, allein vom Willen des einen oder des anderen Teils abhängigen Zeitraum freimachen können.

25 In Ansehung dieser Verpflichtung ist die Bedeutung der Entscheidung von 1990 über die Verlängerung der Geltung des Rahmens zu untersuchen.

26 Der ursprüngliche Rahmen berücksichtigte die durch Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag geschaffene Verpflichtung der Kommission und der Mitgliedstaaten zu regelmässiger und laufender Zusammenarbeit in vollem Umfang dadurch, daß er seine Durchführung von der Annahme durch die Mitgliedstaaten abhängig machte und eine Geltungsdauer von zwei Jahren vorsah, nach deren Ablauf die Kommission seine Wirksamkeit und seinen Anwendungsbereich überprüfen sollte.

27 Unter Berücksichtigung dieser Verpflichtung war mit der Verlängerungsentscheidung von 1990, die vorsah, daß eine erneute Prüfung nach einem Anwendungszeitraum von zwei Jahren erfolgen sollte, trotz einer leicht abweichenden Formulierung die Fortführung des Rahmens für einen weiteren Zeitraum von zwei Jahren beabsichtigt, nach dessen Ablauf eine Entscheidung darüber getroffen werden sollte, ob er beibehalten, geändert oder aufgehoben werden sollte.

28 Diese Absicht, die Klausel des Punktes 2.5 des ursprünglichen Rahmens betreffend dessen Geltungsdauer zu verlängern, wird im übrigen durch den vierten Absatz der entsprechenden Bekanntmachung bestätigt, wonach die einzige Änderung der Verlängerungsentscheidung von 1990 gegenüber dem ursprünglichen Rahmen in der Erweiterung seines Anwendungsbereichs auf West-Berlin und das Territorium der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik bestand.

29 Daher wäre der durch die Entscheidung von 1990 um weitere zwei Jahre ab 1. Januar 1991 verlängerte Rahmen ohne eine erneute Verlängerung am 31. Dezember 1992 abgelaufen. Somit hat die Entscheidung der Kommission vom 23. Dezember 1990, die Geltung des Rahmens über diesen Zeitpunkt hinaus zu verlängern, eigene Rechtswirkungen entfaltet.

30 Unter diesen Umständen ist die Klage zulässig, soweit sie gegen die Entscheidung der Kommission vom 23. Dezember 1992 gerichtet ist.

Begründetheit

31 Das Königreich Spanien stützt seine Klage auf mehrere Klagegründe, nämlich fehlerhafte äussere Erscheinungsform der Entscheidung vom 23. Dezember 1992, Unzuständigkeit der Kommission, Nichteinhaltung des Verfahrens des Artikels 93 Absatz 1 des Vertrages und Verletzung von Artikel 190 des Vertrages wegen fehlender Rechtsgrundlage.

32 Erstens erlaube der Wortlaut des Schreibens vom 27. Januar 1993, mit dem die Kommission Spanien davon unterrichtet habe, daß sie am 23. Dezember 1992 die Entscheidung erlassen habe, die Geltung des Rahmens zu verlängern, nicht die Prüfung, ob diese angebliche "Entscheidung" der Kommission die Mindestanforderungen dafür erfuelle, daß sie rechtlich existent sei.

33 Zweitens habe die Kommission durch ihre Entscheidung, die Geltung des Rahmens bis zur nächsten Überprüfung zu verlängern, die Natur des Rahmens selbst geändert, indem sie ihm eine unbestimmte Geltungsdauer verliehen habe. Mit einer solchen einseitigen Änderung des Wesens des Rahmens ohne vorherige Anhörung der Mitgliedstaaten und ohne Einholung ihrer Zustimmung habe die Kommission die Grenzen ihrer Befugnisse überschritten, die sich aus Artikel 93 Absatz 1 des Vertrages ergäben, und somit gegen diese Bestimmung verstossen.

34 Schließlich führt das Königreich Spanien aus, daß die Kommission in ihrem Schreiben vom 27. Januar 1993 zwar, wie im übrigen in der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichten Bekanntmachung, auf Artikel 93 Absatz 1 des Vertrages als Grundlage für den Rahmen, dessen Geltung sie zu verlängern beschlossen habe, verwiesen, jedoch nicht die Rechtsgrundlage für den Erlaß der Verlängerungsentscheidung selbst angegeben habe.

35 Der Kläger macht mit diesen Klagegründen geltend, daß die Kommission die Geltung des Rahmens nicht auf unbestimmte Zeit verlängern konnte, ohne die Mitgliedstaaten anzuhören oder ihre Zustimmung einzuholen.

36 Es ist jedoch nicht ersichtlich, daß die Kommission mit ihrer Entscheidung vom 23. Dezember 1992 tatsächlich eine Verlängerung der Geltung des ursprünglich mit den Mitgliedstaaten vereinbarten Rahmens auf unbestimmte Zeit vorgenommen hätte.

37 Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich dann, wenn eine Bestimmung des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts mehr als eine Auslegung gestattet, die Auslegung, bei der die Bestimmung mit dem Vertrag vereinbar ist, derjenigen vorzuziehen, die zur Feststellung ihrer Unvereinbarkeit mit dem Vertrag führt (Urteil vom 13. Dezember 1983 in der Rechtssache 218/82, Kommission/Rat, Slg. 1983, 4063, Randnr. 15). Daher ist die Bestimmung, nach der der Rahmen bis zu der nächsten Überprüfung durch die Kommission weitergilt, selbst dann, wenn sie mehrdeutig erscheint, in einem Sinne zu verstehen, der mit der Bestimmung des Vertrages in Einklang steht, deren Durchführung sie dient (als Beispiel für die Anwendung dieses Grundsatzes vgl. Urteil vom 25. November 1986 in den verbundenen Rechtssachen 201/85 und 202/85, Klensch u. a., Slg. 1986, 3477, Randnr. 21).

38 Wie in Randnummer 24 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, steht die Verpflichtung zu regelmässiger und laufender Zusammenarbeit, die sich aus Artikel 93 Absatz 1 des Vertrages ergibt, einer Prüfung bestehender Beihilferegelungen nach Regeln entgegen, die für einen unbestimmten, allein vom Willen der Kommission oder der Mitgliedstaaten abhängigen Zeitraum festgesetzt oder vereinbart worden sind.

39 Unter diesen Umständen ist die Entscheidung vom 23. Dezember 1992 so auszulegen, daß mit ihr die Geltung des Rahmens nur bis zu seiner nächsten Überprüfung verlängert worden ist, die wie die vorangegangenen nach einem weiteren Anwendungszeitraum von zwei Jahren erfolgen sollte.

40 Da die Klagegründe, mit denen das Königreich Spanien die Entscheidung vom 23. Dezember 1992, die Geltung des Rahmens bis zu seiner Überprüfung durch die Kommission zu verlängern, auf der unzutreffenden Prämisse beruhen, daß diese Entscheidung die Geltungsdauer des Rahmens durch eine Verlängerung auf unbestimmte Zeit geändert habe, sind sie somit nicht zu prüfen.

41 Daher ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

42 Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 69 § 3 kann der Gerichtshof jedoch die Kosten teilen oder beschließen, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein aussergewöhnlicher Grund gegeben ist. Ein solcher aussergewöhnlicher Grund ist im vorliegenden Fall gegeben, da die Klage des Königreichs Spanien zwar abzuweisen ist, dem von ihm vertretenen rechtlichen Standpunkt jedoch zu einem wesentlichen Teil zu folgen war. Daher erscheint es billig, zu entscheiden, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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